Hallo Soul85,
evtl. hilft dir meine persönliche Geschichte etwas weiter.
Mein Ex-Mann hat Fernmeldeelektroniker gelernt und für eine damals noch sehr großen Firma diverse Großanlagen betreut. Mit dem Lernen hat er sich immer etwas schwer getan, und lief in der Schule schon immer im Mittelfeld mit. Mittlere Reife hatte er mit viel Anstrengung und Nachhilfe mittelmäßig abgeschlossen.
Irgendwann (1990) gab es von der Firma aus das Angebot, nebenberuflich den Fernmeldetechniker zu machen. Weil ihm seine Arbeit an sich viel Spaß gemacht hat, hat er sich dann - eben auch wie du - dazu entschlossen den Techniker oben drauf zu setzen, weil auch mit „mehr Geld, mher ansehen, mehr Verantwortung“ geworben wurde.
Die Lehr-Veranstaltungen waren - wie bei dir - an den Wochenenden - und er dachte, wenn er sich dann evtl. noch 1-2 Tage abends zum Lernen hinsetzen würde, würde das völlig reichen.
Was ihm überhaupt nicht klar war, und was auch so nicht vorher kommuniziert wurde:
Die Nebenberufliche Fortbildung zum Techniker ist wie ein Vollzeit-Fachhochschulstudium, nur eben zusätzlich zum eigentlich Job und mit viel, viel weniger fachlicher Anleitung und in der Hälfte der Zeit. Nebenberuflich schaffen das wirklich nur die, die auch ein Studium auf einer Po-Backe locker nebenher abgesessen hätten, weil ihnen fachlich eh alles zufliegt und die deswegen nicht viel zusätzlich lernen müssen, weil sie auf Anhieb alles verstehen.
Das sind aber nicht die, die die Mittlere Reife mit Ach und Krach und Nachhilfe geschafft haben.
Das Ende vom Lied war, dass er Schlafstörungen hatte und in eine Depression abrutschte, weil er überhaupt nicht mehr hinterherkam, was sich auf sein Selbstwertgefühl extrem negativ ausgewirkt hat - in Folge war er auch in seinem eigentlich Job, der ihm vorher so viel Spaß gemacht hat, nur noch unglücklich. Durch den Dauerstress und den Schlafmangel wurde er nämlich auch da schlechter. Naja und unserer Beziehung hat es auch nicht gut getan - einen dauerhaft überforderten und unglücklichen Partner an seiner Seite zu haben ist auch kein Spaß
Wir haben viele Abende und Nächte darüber geredet, bis er dann letztendlich 1/2 Jahr vor der Prüfung feststellte, dass er aufgibt.
Denn selbst wenn er die Prüfung (sehr unwahrscheinlich) geschafft hätte, hätte er danach einen Job mit viel mehr mehr Verantwortung machen müssen. Das heißt der Stress und die Schlaflosigkeit wären ihm geblieben und ihm wurde klar, dass er das nicht lange aushalten würde - auch nicht für mehr Geld und dass er vorher ruhiger und glücklicher war!! UND ihm wurde klar, dass diese Fortbildung eine Sackgasse war , die er dann doch nicht weiter gehen wollte
Ich befürchte schon hinsichtlich der sehr, sehr kurzen Zeit bis zur Prüfung, dass du auch in eine Sackgasse gelaufen bist. In der kurzen Zeit kannst du das Wissensdefizit nicht aufholen - kleine Lücken könnte man mit Intensivtraining schließen, aber bei dir scheint das aktuell ja fast alle Fächer zu betreffen
Deswegen rate ich dir darüber nachzudenken, was im schlimmsten Fall passieren würde, wenn du nicht zur Prüfung antrittst (außer dem finanziellen Verlust, den du als Lehrgeld abhaken müsstest und dem Gesichtsverlust gegenüber dir selber) - was du aber im Gegenzug an Lebensqualität wiedergewinnen würdest …
Viele Grüße
hex