Hallo Oliver,
wow, ich habe eine Antwort bekommen! Danke!
Du schreibst auf einer sehr objektiven und wissenschaftlichen Ebene - das gefällt mir und obwohl ich sehr emotional in diesem Thema bin, habe ich noch ein Paar Rückfragen:
zur Frage, was Integration ist, gibt es mehrere Antworten, da
es keine einheitliche Definition des Begriffs Integration
gibt. Je nach Forscher und Disziplin (z.B. Soziologie,
Politikwissenschaft) unterscheiden sich die Definitionen.
Also es ging mir primär um die Integration an Grundschulen (von Migranten, Behinderten, Lernschwachen und Hochbegabten). Gibt es da tatsächlich keinen gemeinsamen Nenner was Ingegration eigentlich ist?
Bedeutet das, dass es von vielen Seiten unqualifiziert herumexperimentiert wird? Ist man sich im Klaren darüber, was das Ziel des Einzelnen bei der Integration sein soll? Wenn jeder auch nur ein bisschen anders darüber denkt, dann kann am Ende doch nur Unzufriedenheit und Chaos bei rauskommen?
Eine soziologische Definition lautet, daß Integration die
Teilhabe einer Person an einer Gesellschaft bzw. einem
Subsystem einer Gesellschaft ist (Definition von Esser).
Wie definiert man dann Teilhabe? In welcher Ausprägung von Teilhabe, ist die Integration erreicht?
Hoffmann-Nowotny definiert Integration dagegen als Teilhabe
nur an der Struktur einer Gesellschaft, während Assimilation
die Teilhabe an der Kultur einer Gesellschaft sein soll.
Wie definiert es der Bildungsenator?
Indem Personen z.B. zur Hauptschule gehen oder das Gymnasium
oder gar keine Schule besuchen (Partizipation am Schulsystem:
Hauptschule: gering, Gymnasium: hoch, keine Schule: gar
nicht).
Oder indem Personen Berufe mit unterschiedlichem Prestige
oder Einkommen haben: hohes Prestige oder Einkommen - starke
Integration, niedriges Prestige oder Einkommen - schwache
Integration.
Das finde ich interessant! Das höre ich zum ersten Mal - ist es tatsächlich so, dass Integration nach der Höhe der Bildung bzw. des Presiges gemessen wird?
Mit dieser Frage wechselst Du die Begriffsebene. Hier fragst
Du nämlich nach Arten oder Typen der Integration
(Partizipation). Esser zufolge kann man unterscheiden
zwischen:
Ich dachte eher in die Richtung „leben und leben lassen“, Inklusion oder eben ein neuer Ansatz, da die Integration in der Praxis anscheinend überwiegend Verlierer mit sich bringt.
Eine Gesellschaft muß nicht homogen sein, um zu
funktionieren. Die meisten Gesellschaften sind auf irgend eine
Weise differenziert. Das ist heute so, das war in der
Vergangenheit so. „Moderne“ Gesellschaften zeichnen sich
insbesondere durch funktionale Differenzierung aus:
Verschiedene Personen und verschiedene Gruppen verfügen in
unterschiedlichem Ausmaß über gesellschaftlich relevante Güter
und nehmen unterschiedliche Funktionen in der Gesellschaft
ein. Dadurch begründen sich Beziehungen zwischen Personen /
Gruppen mit unterschiedlicher Ressourcenausstattung und
Funktionen und es entstehen funktionale Verzahnungen und
Abhängigkeiten.
Du kannst dann bitteschön Frau von der Leyen, Herrn Zöllner und die Eheleute Sarrazin ein oder mehrere Nachhilfestunden geben!
Wenn es darum geht für die Gesellschaft funktionierende Mitglieder auszubilden, dann läuft doch etwas verkehrt, wenn ausgerechnet die Kinder, die integrierbedürftig sind, erst in der ersten Klasse mit der Gesellschaft in Berührung kommt.
Beispiel: Lehrkräfte verfügen über Wissen und Kenntnisse, die
für das Bildungswesen hoch relevant sind. Dieses Wissen und
diese Kenntnisse werden benötigt, um Kindern z.B. Lesen,
Schreiben und Rechnen zu lehren. Dafür werden die Lehrkräfte
bezahlt.
Sie müssen viel mehr leisten: zunehmend Erziehungsarbeit, Integrationsarbeit und sie müssen sich mit dem Bombardement von Reformen herumschlagen. Das JüL, die Einschulung ab 5 und deren Folgen (Raumprobleme und erhebliche Unterschiede in den Kenntnissen und Fähigkeiten der Kinder) lassen die Lehrer bis über ihre Grenzen treten. Dafür sind sie nicht ausreichend ausgebildet und dafür werden sie lediglich mitbezahlt.
Da Menschen mehrere Identitäten haben bzw. ihre Identität
mehrere Aspekte hat (weil Menschen meistens mehreren Gruppen
angehören), ist es nicht immer und nicht unbedingt notwendig,
eine Identität aufzugeben, wenn eine andere erworben wird. Die
direkte Aufforderung, eine Identität anzunehmen, geschieht im
Vergleich zur „indirekten“ Identitätsentwicklung außerdem
seltener. Identität entwickelt sich vielmehr über Erlebnisse
und Erfahrungen, die Personen machen, die einer Gruppe nicht
oder noch nicht vollständig angehören machen, wenn sie mit
Vollmitgliedern zusammentreffen und an Aktivitäten teilnehmen,
die Vollmitglieder ausüben.
Beispiel: Kinder gehen nach ihrer Einschulung in die Schule,
lernen Rechnen, Schreiben, Lesen im Klassenverband, gehen auf
Klassenfahrt, bleiben sitzen usw. Dadurch erwerben sie die
Identität von Grundschulkindern.
Ist es möglich Migrantenkinder zu integrieren ohne dass ihre
Eltern integriert sind?
Ja. Das ist sogar die klassische Annahme: Mit steigender
Einwanderergeneration nimmt die Integration in die
Aufnahmegesellschaf zu (Assimilation).
Das Problem sind die Mütter! Die Frauen, die zu Hause hocken und keine Arbeit haben und keinen Anschluss finden - sie schenken ihren Kindern ein Bild, das die Integration erschwert, z.T. auch unmöglich macht.
Da wird sehr viel gefordert: sie haben zu Hause ein anderes Leben als in der Schule. Ein ganz anderes Leben. Hier in Berlin gibt es an Brennpunktschulen ein neues Wort: „Inländerfeindlichkeit“.
Viele Grüße