Hallo Josephine,
meine erste Frage wäre um was für ein Studium es sich
denn da handelt. So wie ich das bisher in meinem
Bekanntenkreis erlebt habe, ist das Studium für den
späteren internationalen Einsatz wesentlich(!)
entscheidender als die Länderspezialisierung. Ich räume
aber gerne ein, daß dies vor allem für technische
Fächer gilt.
Im Personalbereich sind sehr häufig Juristen
beschäftigt, und Kenntnisse der lokalen Gesetzgebung
sind unabdingbar. Da wirst Du im Vergleich zu lokalen
Fachkräften grundsätzlich Nachteile haben (was ganz
logisch ist). Denkbar wäre eine Tätigkeit in der
„Entsendeabteilung“, die zuständig für den
Fachkräfteaustausch ist. Da sind Menschen mit
Kenntnissen zu beiden Ländern gefragt, zum Entsendeland
und zum Empfängerland (also z. B. Japan und
Deutschland). Im Personalbereich sehe ich eine weitere
Anforderung: Fließendes (eher: verhandlungssicheres)
Beherrschen der jeweiligen Landessprache. Da helfen
auch Aussagen à la „in Land XY können ja alle Englisch“
recht wenig - die Gesetze als auch die Behörden
arbeiten in der Amtssprache, und man sollte mit den
betroffenen Mitarbeitern auch in deren Muttersprache
kommunizieren können.
Ich will aber jetzt mal auf Deine Fragen eingehen:
-
Auf jeden Fall mal in den USA arbeiten: Ziele im
Sinne von „auf jeden Fall mal“ sind immer kritisch. Und
wieso willst Du in den USA arbeiten, wenn es gar nicht
in Deinen Interessen auftaucht? Geht es hier wirklich
um berufliche Zukunft, oder doch eher um Träume über
„american way of life“…?
Ich sag’s mal so: Personalbereich und USA - ich sehe
wenig Chancen. Millionen anderer Studenten haben das
gleiche Ziel - insbesondere aus den Schwellenländern,
aber auch aus Deutschland. Es wird sehr sein, hier zum
„idealen Kandidaten“ zu werden. Was kannst Du, was ein
Amerikaner nicht können kann? Oder ein Inder? Oder
andere Deutsche?
-
Wäre USA taktisch klüger?
Siehe 1 - Du wärst dann eine von tausenden anderen mit
„ich habe Länderkenntnisse über USA“. Ich denke
taktisch solltest Du Dein langfristiges Ziel im Auge
haben. Wo willst Du langfristig hin? Welches Land?
Nicht nur mal „für ein paar Jahre (zum Spaß)“, sondern
als berufliche Zukunft!
-
Welcher Kulturraum hat wirtschaftlich mehr Zukunft?
- USA wird immer ein wichtiges Wirtschaftsland sein.
- Schweden taucht in der Liste der Top5-
Wirtschaftsregionen nicht auf, und wird es wohl auch
nie (zu klein!).
- Russland ist ein Land mit großer Zukunft,
- gleiches gilt für Indien.
- Japan ist ein wichtiges Land, man wird sehen, wo es
sich im Rennen der aufstrebenden Länder Brasilien,
Russland, Indien und China platzieren wird.
- Ostasien ist ein sehr weit gefasster Sammelbegriff.
China? Mit Sicherheit eines der wichtigsten Länder der
Zukunft, vielleicht langfristig ebenso bedeutend wie
USA. Philippinen, Vietnam? Derzeit sehr aufstrebend,
wirtschaftliche Entwicklung deutlich erkennbar, Vietnam
ist das neue Billiglohnland für die
Fertigungsindustrie. Kann mir da einen steigenden
Bedarf an Fachkräften gut vorstellen. Indonesien?
Myanmar? Noch relativ unerschlossen, wirtschaftlich
unter „ferner liefen“, werden vielleicht nach Vietnam
mal wichtig werden. Malaysia, Singapur? Wichtige
Länder, in denen bereits heute viele internationale
Unternehmen tätig sind (Malaysia für Fertigung,
Singapur als Finanz- und Logistikzentrum der Region).
- Fachkräfteaustausch
Japan, USA, West-EU: Wieso sollen die Fachkräfte mit
Deutschland austauschen? Beide Länder haben
gleichwertige Kenntnisse.
Ost-EU: Polen und Tschechien sowie die weiteren Länder
im Osten werden sicher wichtig sein und Fachkräfte
austauschen.
Lateinamerika, Indien, Russland, China: Wichtig,
aufgrund der Größe sicher immer wichtig, vor allem
durch die unterschiedlichen Entwicklungsstände der
Regionen dort wird es noch lange Bedarf für Austausch
geben (für China dann eben nicht mehr mit Peking und
Shanghai, sondern mit Hohot oder Chongqing).
OK, vielleicht schweife ich schon ein wenig ab. Ist alles
meine rein persönliche Einschätzung aus einer sehr
begrenzten Erfahrung (mit rund 30…), keinesfalls möchte
ich mir hier anmaßen, wirtschaftliche Entwicklungen
vorhersagen oder zukünftige Berufsfelder qualifiziert
einschätzen zu können (schon gar nicht den
Personalbereich).
Vielleicht als kleine Zusammenfassung:
a) in welchen Ländern wirst Du mit Deinen Kenntnissen
Vorteile gegenüber lokalen Kräften haben? Bedenke: Als
Ausländerin bist Du erstens teurer und zweitens
kulturell wesentlich unbeholfener als ein Inländer.
Also musst Du andere Stärken haben. „Mal was über
Schweden im Studium gehabt zu haben“ reicht nicht!
b) in welchen Ländern wirst Du die Landessprache
verhandlungssicher beherrschen können? Es gibt sicher
Ausnahmen (es gibt auch Deutsche Personaler in China,
die kein Chinesisch können), aber im Sinne von a) erhöht
das Deine Chancen erheblich.
c) Welche Branche und welcher Unternehmenstyp
(Mittelstand, Großkonzern) soll es mal werden? Danach
musst Du im Studium Deine (internationalen) Praktika
ausrichten.
d) Und letztendlich die entscheidende Frage: Was ist
Dein berufliches Fernziel? Was willst Du machen, wenn
Du 35 oder 40 bist? Wo willst Du sein? Im Sinne der
Position, der Aufgabe, des Ortes! Chefin der
Personalabteilung von Siemens in Vietnam? Dann musst Du
was anderes lernen als als Personalreferentin für
internationale Entsendungen (ohne spezielle
Länderzuständigkeit) bei Trumpf (auch ein
Weltunternehmen!). Mit lernen meine ich nicht nur
Studium, sondern auch Praktika, erste Berufserfahrung
etc.
Versuche Dir mal Deine Zukunft vorzustellen.
Und „mal für ein paar Jahre in USA zu arbeiten“ sollte
keine hohe Priorität haben. Richte Dich an Deinen
langfristigen Interessen aus, nicht an
„Zwischenepisoden“. Die ergeben sich so oder so. Mein
beruflicher Einsatz in China war eigentlich reiner
Zufall (zur richtigen Zeit am richtigen Ort) und wäre
unmöglich planbar gewesen. Aber erst durch diesen
Einsatz habe ich wirklich erkannt, dass ich in dieser
Region meine langfristige Zukunft entwickeln möchte.
Deshalb noch ein wichtiger Tipp: Informiere Dich
genauer über die Regionen. Geh auf internationale
Länderabende und Veranstaltungen (z. B. Asien-Pazifik-
Wochen in Berlin, 7.-18.10.2009). Lies’ Stellenanzeigen
(was wird gesucht, und warum?), schau mal auf ein
Business-Portal (z. B. www.xing.com). Lies’
Fachzeitschriften über internationale Entwicklungen (z.
B. www.owc.de). Schau mal bei www.interculture.de
vorbei für Informationen über interkulturelle
Veranstaltungen.
Ich wünsche Dir auf jeden Fall viel Erfolg!
Natürlich kannst du mir gerne wieder schreiben, wenn Du
noch Fragen hast, ich freue mich drauf.
Viele Grüße
André
Liebe IM Experten!!!
ich bin gerade dabei ein Studium zu beginnen. Dafür
kann ich
mir ein Kulturraum auswählen, über den ich alles
Wichtige über
Wirtschaft, Doing Business, Kultur, etc. lerne.
Zur Auswahl stehen:
Lateinamerika
USA
Japan
Ostasien
Schweden
Italien
Frankreich
Dänemark
Polen
Russland
Spanien
Indien
Meine Interessen tendieren eher zu Indien, Japan/
Ostasien,
vielleicht noch Russland und Schweden.
Später habe ich auf jeden Fall mal vor für ein paar
Jahre in
den USA zu arbeiten (wäre da USA eher taktisch klüger?
?)
Was meinen Sie, welcher Kulturraum hat wirtschaftlich
gesehen
mehr Zukunft??
Ich will später mal in einem internationalen
Unternehmen
arbeiten (Personalbereich), die auch ihre Mitarbeiter
in die
jeweiligen Länder entsenden.
Also in welchen Ländern wäre der Fachkräftaustausch
eher hoch
in Zukunft??