Interne und Externe Stundensätze - Wie berechnen ?

Hallo,

ich bin Existenzgründer und betreibe mit 2 Partnern eine kleine Unternehmensberatung. Sieht auch alles bisher ganz gut aus und wir kommen gut klar.

Mich würde interessieren wie ich am besten einen internen Stundensatz ausrechnen kann, bzw. nach was ich diesen kalkuliere. Je nach Gebiet verkaufen wir unsere Dienstleistungen für 45 € bis 85 € die Stunde. Aber damit rechne ich doch nicht intern. Wenn ich z.B. eine Aushilfe beschäftige, dann bekommt die 12 € die Stunde. Der Auftraggeber zahlt aber 20-24 € die Stunde.

Wie machen wir das am besten ? Haben andere schon Erfahrung ?

Würde mich über Antwort sehr freuen.

Vielen Dank,

Visionsurfer

Wenn ich z.B. eine Aushilfe
beschäftige, dann bekommt die 12 € die Stunde. Der
Auftraggeber zahlt aber 20-24 € die Stunde.

Hallo!

Die Aushilfe erhält eine Entlohnung auch dann noch, wenn sie krank ist, Urlaub hat oder einfach nur auf dem Klo sitzt. Darüber hinaus ist das Klo geheizt, der Arbeitsplatz hoffentlich auch und das kostet Geld. Du zahlst Miete, Müllabfuhr und Strom. Das Firmenauto kostet Geld, auch wenn es nur herumsteht. Der PC, den die Aushilfe traktiert, hat auch Geld gekostet und hält nicht ewig. Alle paar Jahr ist ein neuer fällig und in dem Zusammenhang redet der Steuerberater von Abschreibung. Wenn alle im Büro sitzen und Kaffee trinken, entstehen Kosten. Die Kosten laufen sogar weiter, wenn Du von draußen abschließt.

Du addierst also alle festen Kosten, die ganz unabhängig von Aufträgen entstehen, wie Miete, Strom, Abschreibungen, Kfz-Versicherung, Leasingraten usw. Diese Summe dividierst Du durch die Anzahl der monatlichen Anwesenheitsstunden aller im Betrieb Arbeitenden. So erhältst Du einen Betrag, mit dem jede Arbeitsstunde von vornherein belastet ist. Dazu addierst Du den Stundenlohn einschließlich aller Sozialabgaben für den einzelnen Beschäftigten und kommst im Ergebnis auf den Stundensatz, der mindestens dem Kunden in Rechnung zu stellen ist. Das wäre dann reine Geldwechselei, weil noch kein Gewinn enthalten ist.

So funktioniert die Sache grundsätzlich. Tatsächlich kommen noch Kosten von Leuten dazu, die überhaupt nicht direkt mit Auftragsbearbeitung beschäftigt sind. Das reicht vom Lohn der Verwaltungskräfte (evtl. einschließlich des Chefs) bis zur Putzfrau. Diese Kosten gehören ebenfalls zu den Gemeinkosten und werden auch auf alle Stunden derjenigen Mitarbeiter umgelegt, die mit Auftragsbearbeitung beschäftigt sind.

Die mit der Auftragsbearbeitung beschäftigten Mitarbeiter haben einen Wirkungsgrad von weit unter 100%. Die Hälfte der Zeit sitzen sie auf dem schon erwähnten beheizten Klo, blättern in Reiseprospekten, rauchen, trinken Kaffee und surfen privat im Internet. Das verteuert die Kosten pro Arbeitsstunde um den Reziprokwert des Wirkungsgrads. Wird also die Hälfte der Arbeitszeit verdröhnt, mithin nur 50% der Zeit gearbeitet, Kehrwert davon ist 2, also Verdoppelung der Kosten pro Stunde.

Mit dieser Methode kommt man auf Mindestsätze, die man einem Kunden in Rechnung stellen muß, um nicht in die Verlustzone zu geraten. Der tatsächlich berechnete Stundensatz orientiert sich an Marktüblichkeiten. Wenn Dein straff organisierter Laden mit 15 €/h auskommt (reine Theorie), am Markt sind aber 30 € üblich, wärst Du schön dumm, den billigen Jakob zu spielen. Ein Problem hast Du, wenn Deine Kosten 15 € betragen, marktüblich ist aber ein geringerer Preis. Dann mußt Du entweder die ganz besondere Leistung bieten, die der Kunde zu honorieren bereit ist oder Du mußt die Kostentreiber im Betrieb aufspüren und beseitigen oder den Laden schnellstmöglich schließen.

Gruß
Wolfgang

Hallo Wolfgang,

vielen Dank für deinen Beitrag. Ich habe jetzt schon einige Beiträge von dir hier gelesen und muss sagen, es ist jedes mal toll das zu lesen :smile: Darf ich fragen was du so machst ? Interessiert mich irgendwie.

Aber zurück zu meiner Frage.
Soweit habe ich deine Antwort verstanden.
Das mit der Aushilfe und der Kraft ist auch gar nicht das Problem. Wir haben bisher eigentlich noch kein Personal. Ich bin Geschäftsführer und Inhaber meiner Firma. Meine Partner haben sich mit einem gewissen Prozentsatz in die Firma gekauft. Sie bekommen natürlich auch nur den gewissen Prozentsatz Gewinn. Zusätzlich stellen Sie aber Rechnungen für erbrachte Leistungen beim Kunden.

Daher versuchen wir für uns gerade einfach mal einen „internen“ Stundensatz zu errechnen. Diesen wollen wir auch Projekten usw. zuordnen können um mal zu sehen, wieviel wir eigentlich verlangen müssten, das es sich auch wirklich rechnet.

Über weitere Tipps bin ich sehr dankbar.

Viele Grüße,

Visionsurfer

Hallo Visionsurfer,

an Deinen Zeilen erkenne ich, dass Du Dich mit dem Bereich der Kalkulation noch nicht wirklich beschäftigt hast. Nachdem aber eine der Hauptursachen für Firmenpleiten in einer mangelhaften Kalkulation zu finden sind, halte ich das Thema für sehr wichtig.

Leider wird der gesamte Bereich der Finanzen oftmals dem Steuerberater überlassen, nach dem Motto „er wird mir schon sagen, wenn was falsch läuft“. Irrtum !!!

Ein Steuerberater berät Dich in Sachen Steuer und Buchhaltung, also allem, was Du gegenüber Vater Staat an Aufwand treiben mußt. Ein guter Steuerberater macht auch noch Bilanzanalyse und unterstützt Dich in der Vorbereitung von Bankgesprächen.

Aber: Ein Steuerberater macht niemals Deine Kalkulation ! Schon alleine deshalb nicht, weil jede Branche andere Kalkulationsarten braucht.

Daher mußt Du das Thema schon selbst in die Hand nehmen. Dazu ist erstmal (neben der Logik) ein bischen Fachwissen gefragt, beginnend beim Thema Buchhaltung. Man sollte schon wissen, wie eine Buchung funktioniert und auch die BWA sollte kein Buch mit 7 Siegeln sein.
Hintergrund: idealerweise übernimmt man für die interne Kalkulation die Werte aus der Buchhaltung, denn nirgendwo werden Kosten so genau erfasst wie hier.

Allerdings muß man die Buchhaltung etwas „aufpeppen“, damit sie der Kalkulation genüge tut. Das könnte z.B. sein, dass man relevante Kosten sogenannten Kostenstellen (z.B. Dir und Deinen beiden Partnern)
oder direkt den Aufträgen zuordnet.
Wichtig ist dann noch die Erfassung der geleisteten Arbeitsstunden (Arbeitszeit x 365 - Wochenende - Feiertage - Urlaub - Krankheit usw.), sowie die Zuordnung der Arbeitszeit zu den einzelnen Aufträgen (Projektdatenerfassung).
Ich würde jetzt die Kosten in variable und fixe Kosten aufteilen. Die variablen Kosten sind i.A. diejenigen, die nur anfallen, weil Du einen Auftrag hast. Im Allgemeinen kannst Du diese Kosten mit dem Auftraggeber abrechnen. Der Rest muß, wie bereits durch meinen Vorredner beschrieben, auf die verrechenbaren Stunden umgelegt werden.

Wichtig: nicht nur eine Vorkalkulation ist erforderlich, sondern auch eine Nachkalkulation !!! Und zwar für jeden einzelnen Auftrag !!!

Das Ganze ist nicht nur wichtig, um einen Mindestkostensatz festzulegen, sondern auch, um nicht lukrative Aufträge von vorneherein abzulehnen ! Denn was bringt Dir ein Auftrag, wenn die Kosten höher sind als der Erlös ? (Ausnahme: Du hast momentan gar keine Aufträge, dann ist es besser einen Auftrag unterhalb der Vollkosten, aber oberhalb der variablen Kosten anzunehmen - aber Vorsicht: zerstör’ Dir nicht Deinen Marktpreis !)

Also: mach’ ein Seminar zum Thema Buchhaltung / Kalkulation mit. Als Büchertipp empfehle ich Dir:
„Professionelle Kostenrechnung und Kalkulation im Kleinbetrieb“ von Udo Cremer, ISBN 3-478-85150-5 Buch anschauen, mvg-Verlag (war damals 29,80 DM).

Grüsse

Sven