vielleicht geht es euch auch so, dass euch die schwer zu erschließende Bedeutung von manchen Liedtexten jahrelang beschäftigt… oder vielleicht haltet ihr mich auch für verrückt, dass es mir so geht. Einer meiner härtesten Fälle jedenfalls ist das Lied „Sebastian“ von Cockney Rebel.
Ich komme einfach mit der Deutung des Liedes nicht weiter als dass ein Mann, der möglicherweise - oder auch nicht - Sebastian heißt, depressiv abhängt, langsam (an der Liebe zu einer eher zynischen und fordernden Frau??) wahnsinnig wird, und vielleicht jemanden umgebracht hat…
Was geht da bloß vor?? Hilfe!! Da ist sogar „Reel Around the Fountain“ von The Smiths kristallklar dagegen…
Also dass er es später neu gewidmet hat, und zwar dem ehemaligen Bandkollegen, der umgekommen ist, weisst du wahrscheinlich. Ist aber natürlich keinerlei Hinweis auf den Hintergrund des Liedes. Habe das ganze Netz durchforstet und es mir mehrmals angehört und komme auch nicht viel weiter. Was ich fand war lediglich:
„What would you do with a tune as weird as ‚Sebastian‘? Slow, gothic in stature (but not in tone), depressed and depressing, with a complaintive, humble, slightly electronically encoded vocal part and gorgeous orchestration, and a chorus that simply goes ‚Somebody called me Sebastian… somebody called me Sebastian…‘ Harley seems to complain about his society-corrupted girlfriend in the lyrics, but what has that to do with being called Sebastian? What Sebastian? There’s no answer, but there really shouldn’t be one. There’s just the depression of this decadent, ultimately meaningless world, which is what matters. Guess we should all be called Sebastian at some point.“
Hm. Antwort: Keine Antwort. Sorry, kann auch nicht helfen, aber wollte mal „senfen“
also ich lese da erst einmal etwas von einer problematischen Beziehung. Er scheint davon überzeugt zu sein, dass dies eigentlich nicht geht und doch ist er bereit sich darauf einzulassen.
Der Name Sebastian könnte eine Anspielung auf das Martyrium des Heiligen Sebastian sein. Dieser römische Hauptmann hatte den christlichen Glauben angenommen und wurde deshalb an einen Baum gebunden und mit Pfeilen beschossen. Der Legende nach überlebte er und überraschte den Kaiser mit seiner Wiederkehr, was natürlich „abermals“ zur Hinrichtung führte.
Meist wird Sebastian mit einem Pfeil in der Brust dargestellt, was gleichzeitig wieder an Armors Pfeile erinnert.
Dance on my heart, laugh, swoop and dart, la-di-di-da
Stimme dir absolut zu in Sachen problematischer Beziehung, wie auch immer sie nun aussieht. Vielleicht spricht er mit einer Frau, die nicht identisch mit derjenigen ist, die ihn so umtreibt - aber er sieht einfach in jeder Frau nur die eine; darauf komme ich, weil er die Frau in der ersten Strophe nicht zu kennen scheint, über diejenige in Strophen 2 und 3 jedoch deutlich mehr weiß, als bei so kurzer Bekanntschaft wahrscheinlich scheint.
Oder aber, die Beziehung entwickelt sich im Laufe der drei Strophen schlicht „a la Zeitraffer“ weiter…
Wobei „your lips, ruby blue, never speak a sound“ für mich noch immer suggeriert, dass das lyrische Ich eventuell die/eine Frau umgebracht hat. Kann aber auch sehr gut sein, dass ich da viel zuviel hineindeute.
Der Name Sebastian könnte eine Anspielung auf das Martyrium
des Heiligen Sebastian sein.
Das ist ein sehr interessanter Gedanke! Dann wäre „Sebastian“ also das Opfer zahlloser Liebespfeile, die ihn langsam umbringen. Gefällt mir.
Ja, das Lied hat glaube ich bisher so ziemlich jeden verwirrt, der es gehört hat, die Kritiker eingeschlossen. Habe auch schon die Meinung gelesen, dass gerade das Bruchteilhafte und Undeutbare das Wesentliche an dem Text ist - es gehe nur um die Atmosphäre, die das Lied aufbaut, und die fast „gothischen“, dusteren und zerrissenen Textfetzen würden prinzipiell keine Deutung zulassen.
Ähnlich schulterzuckend verweisen Kritiker und Kommentatoren bei The Smiths immer gerne darauf, dass die Texte unter Drogeneinfluss entstanden sind und deshalb keinen Sinn machen.
In beiden Fällen mag das ja durchaus sein… aber ich suche trotzdem immer nach Deutungen. Vielleicht nur ein Symptom von jemandem, der vergeblich versucht, eine sinnlose Welt in das Schema einer sinnhaften Ordnung zu zwängen.
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Die Frage nach der Interpretation dieses Liedes findet in der Antwort von Horst seinen komplementär in einer Haltung, die, finde ich, Kunst nicht gerecht wird.
Bei der Frage nach der Interpretation schwingt immer ein Suchen nach einer korrekten Antwort mit. Wie in der Schule: ja was wollte der Künstler denn damit sagen? Idiotischer als diese Schulfrage kann man nicht mit Kunst umgehen. Ausser wenn der Künstler stumm ist, hätte er wohl gesagt oder geschrieben was er sagen wollte. Wenn er eine andere Kunstform gewählt hat, zeugt es von Beschränktheit, wenn man wieder in Worte umwandeln will, was jemand vielleicht einfach nur gemacht hat, damit jemand etwas erlebt. Eine Ästhetik. Keine Ästhetik. Etwas anderes. Nichts. Verwirrung. Verarbeitung. Alles, was unsere "Human condition eben hergibt.
Es wirkt so schrecklich „intelligent“ wenn man aus irgendeinem Jahrhundert dekliniert was denn die Bedeutung des Heiligen X mit dem Symbol Y - und irgendwann kommt der Pseudosatz "Schon die alten Griechen - - - " und damit ist dann alles klar.
Viele Künstler wollen frei sein, und freies ausdrücken. Der Künstler hat etwas in die Welt gesetzt, und es resoniert mit mir. Ist das nicht genug Wunder, ohne die rapporthafte Erfüllung auf eine Interpretationsfrage die vielleicht mit „das hast du gut gesagt, ja, so stimmt das, setzen“ beantwortet werden will?
Es gibt mit etwas recherche schon etwas zu diesem Lied - und in dem Fall hat der Schöpfer des Liedes sogar wirklich Worte gewählt um zu sagen, was für die eigene Bedeutung ja garnicht wichtig sein muss.
Es ist, für ihn, Poesie.
Wieso denn immer fragen „Was ist die Interpretation“ die nur so binäres „so ist die Interpretation“ zulässt?
Wieso die Verzauberung, die „Sebastian“ in allen hier auslöst, nicht einfach teilen, und sich daran freuen dass jeder etwas anderes dabei fühlt? Ist nicht jede Assoziation, die ein Lied auslöst die richtige Interpretation? Ist nicht die unendliche Möglichkeit der Anordnung aller existierenden Atome - manchmal zu Interpretationsneuronen - so wundervoll, und so spezifisch, dass einfach jede Assoziation gleich wundervoll ist?
Wieso so pseudointellektuell was von indwelchen Symbolen schreiben, wenn man einfach assoziieren kann?
Ich will hier niemand zu Nahe treten aber deutlich schreiben.
ich höre in dem Lied jemanden, der viel intensiver fühlt als die meisten Menschen und daran zugrunde zu gehen droht, dass in dem äusseren Glamour der Welt so viel Beziehungslosigkeit ist. So willkürlich wie jemand, der offensichtlich anders heißt, fälschlicherweise „Sebastian“ genannt wird und sich in dieser falschen Nennung eines fremden Namens so simpel aber so brutal zeigt, dass die Welt nicht einmal den eigenen Namen richtig zu nennen versteht.
Sehnsucht in einer Intensität wie sie vielleicht Menschen, die besonders traurig sein können, um so intensiver erleben - und deren Erfüllung diese vielleicht auch glücklicher macht als manch ausgeglichenere Menschen - wabert durch jede Note, ohne lächerlich zu werden.
So viele einsame Gefühle und dann nennt einen die Welt beim falschen Namen. Was könnte tragischer sein, nach all den Mühen des Lebens?
So ungeordnet Assoziationen sind, aber sie zusammen doch ein ganzes Leben ausmachen, denn das ist was uns auf dem Sterbebett bleibt - Erinnerungen - ist der Text und daher so vollständig.
Weil keine Biographie vollständig ist. Keine Kunst. Auch das Universum kann nicht vollständig sein, weil es nur werden kann.
Gefühle werden im Lied ständig, ohne vollständig werden zu können.
Beziehungslose Gefühlswallungen die allein auf die Welt prassen.
Ich liebe das Lied und freue mich über alle freien, individuellen Assoziationen.
Sebastian heißt im südameriaknischen Dialekt „Mann“ . Ähnlich wie Andreas ( stammt aus dem griechischen andras= Mann) . Sebastian ist aber auch der Sexsklave , der Suborientierte Mann, der devote (der Begriff wird aber heute nicht mehr so oft in der Szene benutzt) . Mit dem Text " no no yes" will er also seinen Widerstand ausdrücken , wo er dann aber doch noch beugt.
soviel ich weiß, wußte steve harley selbst nicht so genau, um was es in diesem song geht. sei es dahingestellt, daß drogen mit im spiel waren (in den siebzigern hasch und lsd nichts besonderes) oder alkohol oder beides. auf jeden fall sah er diesen song als gothic poems, z,B.
BlockquoteDeine persischen Augen funkeln
Deine Lippen, rubin-blau, geben nie einen Laut von sich
BlockquoteBlasses Engelsgesicht, grüner Lidschatten
Der Glitzer bleibt außen vor
Den Song finde ich genial, habe es seit langen wo ich noch Windows XP hatte, von meiner Musikkassette auf den PC geladen. die Bedeutung über dieses Song habe ich mir keine Gedanken gemacht. Wichtig für mich ist, das es sich super anhört.
Liebe Sylvia, und wenn es Dir provokant vorkommen mag. Der Song ist eine Ikone meiner Zeit, JG 62 !!! den hab ich heute noch im Ohr mit Gänsehaut dazu. MIR reicht genau dieses musikalische Erlebnis und Erinnerung. Ich kann gut bis sehr gut englisch, habs mir aber wie noch in den 70ern jeden Song verstehen und übersetzen zu wollen, wirst naaarisch zvuil im Hirn, von Zappa bis AC/DC … mir bietet die Musik, der Rhythmus, der Takt immense Freude und wer dann dazu EPIKUR kennt, dann verspür ich auch LUST, Lust was er darunter verstand … Let’s get ready to rumble -