Hallo, wir waren uns gerade uneins über die Interpretation zweier libanesischer Sprichworte, die es so bestimmt auch ähnlich in anderen Kulturen gibt, und ob sie noch zeitgemäß sind und hätten gerne Input von außen. Die Sprichworte:
Tu Gutes und wirf es ins Meer
Gegen Regen hilft nur Hagel und gegen Bitterkeit hilft nur noch mehr Bitterkeit
Wir würden uns über Input und ähnliche Sprichworte aus anderen Kulturen freuen.
Insbesondere: ist „gegen Bitterkeit hilft nur noch mehr Bitterkeit“ eigentlich ironisch gemeint? Hagel hilft ja nicht gegen Regen.
Oder ist das eine Metapher für etwas ganz anderes?
es ist grundsätzlich immer schwierig solche Sprichworte auf andre Sprachen zu übertragen…
„Morgenstund’ hat Gold im Mund; Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen; Kommt Zeit kommt Rat“ erkläre das mal jemandem der nicht aus unserem Kulturkreis kommt… es ist möglich aber machbar… (<-auch sowas!)
zu den Fragen:
Tu Gutes und wirf es ins Meer <- Tue Gutes und rede nicht drüber
Gegen Regen hilft nur Hagel und gegen Bitterkeit hilft nur noch mehr Bitterkeit <- k. A.
Es könnte bedeuten, dass etwas noch schlechteres dazu führt, dass man den vorigen Zustand auf einmal als gar nicht so schlimm empfindet.
Wenn es hagelt, wäre man froh, es würde „nur“ regnen. Und wenn etwas richtig bitter schmeckt, ist das nur etwas bittere auf einmal fast süß dagegen.
Das ist aber schwer zu sagen, wenn man nur eine wörtliche Übersetzung des Sprichworts ohne das Original (und ohne die zugehörigen Sprachkenntnisse) hat.
Original „Fais quelque chose de bien et jette-le à la mer“ manchmal mit dem Zusatz „Même si les poissons l’ignorent, Dieu sait tout“ („auch wenn die Fische es nicht wissen, Gott weiß alles“) und „Seule la grêle aide à lutter contre la pluie. Seule une plus grande amertume aide à lutter contre l’amertume.“
Ich bezweifle, dass ein arabisches Sprichwort im Original einen französischen Wortlaut hat. Auch wenn es in meinem Fall egal ist, da mein Arabisch fast auf der gleichen Stufe ist wie mein Französisch.
Das erste Sprichwort findet man übrigens auch per Googlesuche, zum zweiten finde ich gar nichts, weder auf Deutsch noch Französisch.
Aus welcher Quelle stammen denn diese beiden Sprichwörter?
Quelle? Es sind einfach die zwei für mich persönlich „unlogischsten“ Sprichwörter, die mir jemals untergekommen sind. Jemand hat das gesagt und respektvoll wie ich bin habe ich nicht nachgefragt, was das bedeutet
Du möchtest vielleicht wissen, warum ich gerade jetzt danach frage. Ich habe mich gestern mit einem Large Language Model über ein französisches Sprichwort unterhalten, weil ich mich für die Entstehungsgeschichte interessierte.
Das Modell bot mir weitere Fragen an. Unter anderem ging es darum, wie sich Sprichworte in verschiedenen Kulturen unterscheiden.
Da ich seine Ausführungen interessant fand, fragte ich nach diesen beiden libanesischen Sprichworten und tatsächlich gab er mir eine sehr interessante Interpretation und führte aus, wie sie durch die libanesische Geschichte, Literatur und Kultur geprägt seien.
Da ich das hochinteressant fand, erwähnte ich es in einem Gespräch über künstliche Intelligenz. Leider teilten nicht alle meine Begeisterung. Stattdessen gab es auch die Meinung, dass das falsch interpretiert sei und sogar, dass das zweite Sprichwort früher zwar eine Relevanz gehabt habe, die aber mit der Zeit verloren gegangen sei.
Ich habe noch eine deutsche Quelle für dich gefunden: „Bitterkeit kann nur durch größere Bitterkeit entfernt werden“ und „Tu Gutes und wirf es ins Meer. Wenn es von undankbaren Menschen nicht geschätzt wird, wird es von Gott gewürdigt“. Auf arabisch sagt man افعل الخير وارميه في البحر (Tu Gutes und wirf es ins Meer).
Bei unserem Gespräch ging es darum, ob Large Language Models „fantasieren“. Ich erhoffte mir, dass ich vielleicht zufällig hier auf einen Experten für Sprichworte stoße, der die Aussagen des Modells bestätigt.
„Rekurrier nicht darauf, mach kein Aufhebens davon,“ Was ist daran nicht zu verstehen?
Ich bin überzeugt davon, daß hier „amertume“ nicht mit „Bitterkeit“ zu übersetzen ist, sondern mit „Verbitterung“ (die psychische Disposition). Oder möglicherweise kokketiert der Spruch gerade mit der Doppeldeutigkeit des Begriffs - falls der Begriff im Dialekt des libanesischen Arabisch ebenfalls doppeldeutig ist.
Und ob „aide à lutter contre …“ bzw. „kann entfernt werden“ das arabische Original korrekt wiedergibt, möchte ich auch bezweifeln.
Eine ähnliche Logik (Kontrastierung eines Übels mit einem weniger großen Übel), aber mit invertierter Semantik bzw. konträrer Pointe haben wir im Sprichwort „Unter 8linden ist der Einäugige König“.
Sollen wir hier jetzt das Ergebnis aus deinem Dialog mit einem KI-unterstützten Chat diskutieren? Das Ergebnis, dessen Inhalt wir ja gar nicht kennen?
Wir wollten eigentlich nur sehen, ob ihr das selbe schreibt, wie das Language Modell und ob ihr glaubt, dass das Sprichwort kulturtypisch ist.
Falls ja - Punkt für mich.
Ich kann aber gerne nur zusammenfassen, was es schrieb. Es war ein ziemlich lange Unterhaltung.
Kernpunkte:
Interpretation Language Model: Bitterkeit spielt in der libanesischen Literatur eine zentrale Rolle
Autoren wie Suhaib Ayoub thematisieren die Bitterkeit des Exils
Sie wird in der libanesischen Literatur zur Reflexion über die libanesische Geschichte eingesetzt
Sie wird kollektiv erlebt
Das unterscheidet vom Erleben in anderen Ländern wie extremes Gegenbeispiel USA
Es geht also um gemeinsame Opfer und Anstrengungen
Kollektive Bitterkeit kann entfernt werden indem der einzelne Bitterkeit auf sich nimmt (=sich opfert)
Die libanesische Literatur handelt von Resilienz und Überlebenswillen
Interpretationen von uns:
Eigene Interpretation: Dies ist eventuell ironisch gemeint, weil Hagel nicht gegen Regen hilft
Weitere Interpretationen: dies ist nicht mehr aktuell. Das Sprichwort ist ohne Relevanz
Weitere Interpretationen: Jede Kultur hat ähnliche Sprichworte, wie beispielsweise „die gute Tat trägt ihren Lohn in sich“
Weitere Interpretationen: Die libanesische Kultur ist nicht kollektivistisch. Die Grundannahme ist falsch
Weitere Interpretationen: Die libanesische Literatur hat viele Themen. Bitterkeit spielt keine besondere Rolle
die Doppeldeutigkeit beginnt hier bereits auf der ganz konkreten Seite der Metapher, und dort scheint mir das Sprichwort darauf hinzuweisen, dass „bitter“ dort genauso wie hier verschiedene Geschmäcker bedeuten kann. Bitterkeit im Sinn von Gerbsäure kann, weil adstringierend, bitteren Geschmack im Sinn von Wermut dämpfen. Ob diese freilich als noch bitterer als die andere empfunden wird, hängt von sprachlichen Nuancen ab, die man von außen kaum fassen mag.
Kann es sein, dass Du keine Vorstellung davon hast, wie es ist, wenn eine ausgewachsene mediterrane Tiefdruckfront anrollt, zumal wenn sie auf ausgedörrten Boden trifft?
Als vor einigen Jahren zwischen Tende und Airole das halbe Royatal weggeschwommen ist, wäre man höchst glücklich gewesen, wenn der sturzbachartige Regen schnell von einer Hagelfront abgelöst worden wäre (wie das passieren kann, kann Dir jeder Wetterkundler erklären), deren Eismassen langsam geschmolzen wären und nicht die Kraft gehabt hätten, ganze Talwände zum Abrutschen zu bringen.
So ist es, wenn Hagel gegen Regen hilft. Das geht natürlich nur dann und dort, wenn und wo Regen als zerstörende Gewalt auftritt.
Mit einer Zusammenfassung eines KI-Chats kann niemand etwas anfangen. Ich habeschon oft betont, daß eine KI-Antowrt sehr entscheidend davon abhöngt, wie das Prompt formuliert wurde. Denn die Chats reagieren sehr sensibel nicht nur auf die Frage, sondern auf ihre Forulierung. Zu erklären, warum das so ist, ist obsolet. Es hat damit zu tun, wie ein KI-Textgenerator funktioniert, und das wissen die meisten ja eh nicht.
Und was soll das hier
nun bedeuten!? Was ist das? Und was überhaupt für ein Exil? Wenn man ein Sprichwort schon nicht spontan versteht, was macht das für Sinn, ein einzelnes Wort zu diskutieren? Von dem unsäglichen Kokolores des Inhaltes deiner „Zusammenfassung“ gar nicht zu reden.
Hast du das etwa auf Deutsch mit dem Chat diskutiert?? Nicht auf Arabisch? Wo es doch ganz gezielt um die Frage geht, ob der Spruch endemisch arabisch oder gar spezifisch libanesisch arabisch zu interpretieren sei?
Und ich hab doch auch (unter anderem) auf die (ganz sicher nicht unbedeutende) Mehrdeutigkeit des französischen Begriffs hingewiesen. Kein Kommentar dazu, ob sich das beim zugrundeliegenden arabischen Ausdruck genauso verhält?
Sollte das arabische Wort tatsäclich ausschließlich gustatorisch gemeint sein (also eine „Metapher“ im originären Sinn), dann dürfte das Sprichwort tatsächlich idiosnkratisch dem arabischen (aber auch dem indischen) Sprachraum zuzuordnen sein. Und mit Soziologie oder nationaler Historie hat der Spruch überhaupt nichts zu tun. Es ist eine Alltags-Gnome!
Auch kaum anzunehmen, daß das arabische Ursprungswort zum übersetzten „amertume“ ebenfalls die psychische Disposition („Verbitterung“) impliziert. Das ist eine Idiosynkrasie des romanischen und germanischen Sprachraums, eine (ebenfalls originäre) Metapher, die sich vom korrespondierenden Gesichtsausdruck herleitet.
Französisch. Ich klickte größtenteils auf die Fragen, die die KI mir anbot. Daraus ergab sich eine interessante Diskussion. Im Verlauf fragte ich nach den Sprichwörtern. Der Prompt war „Wie sind in diesem Kontext folgende libanesische Sprichwörter zu interpretieren?“. Kontext war, dass französische Sprichwörter stark von der französischen Kultur geprägt sind.
„Bitterkeit“ wird im Libanon Stand jetzt genau so verstanden wie in Deutschland oder Frankreich. Der Tod, eine schwere Krankheit oder eine furchtbare Erfahrung sind bitter. Die Liebe oder das Leben können süß sein. Bitter und süß bezeichnen dabei sowohl den Geschmack als auch einen guten oder schlechten Zustand. Ob das auch zur Zeit der Entstehung des Sprichwortes schon so war weiß ich nicht.
Das erste Sprichwort ist auch in anderen Ländern verbreitet, aber man sagt es sei ursprünglich ein libanesisches Sprichwort. Beim zweiten weiß ich es nicht.
Unter „Bitterkeit des Exils“ ist wohl zu verstehen, dass diese Schriftsteller ungern im Exil leben und dies in ihren Texten verarbeiten.