China ist hierzulande aktuell sehr negativ im Gespräch wegen Hamburger Hafen oder Parteitag. Andererseits scheint China nun doch auf dem Weg zur vielleicht größten Wirtschaftsmacht. Auch wenn es schwierig ist als Privatperson in China zu investieren/anzulegen, wie schätzt ihr die Situation ein? Würdet ihr ein wenig Platz im Portfolio freimachen?
Hallo,
diese Entwicklung ist seit mindestens einem Jahrzehnt offensichtlich.
Es gibt China ETFs, die jeder Privatanleger problemlos kaufen kann.
Es gibt ein enormes, politisches Risiko.
Ja, aber definitiv unter 10%.
Gruß,
Steve
Ich habe mal zusammengestellt weshalb ich nicht in China investieren würde:
Die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei ca. 20%!
Die Einzelhandels Realumsätze sind rückläufig!
Die Immobilienpreise fallen seit Sommer 21!
Die Kapitalflucht schnellt zur Zeit so hoch, dass der enorme Handelsbilanzüberschuss fast aufgezehrt wird!
Sogar das Wachstum der Online-Verkäufe in China ist im Moment unter 0% gesunken. Die großen Online-Unternehmen entlassen wegen der schlechten Wirtschaftslage und Rentabilität tausende Mitarbeiter.
Mit der Absenkung des Zinssatzes durch die Nationalbank und Erhöhung der öffentlichen Ausgaben durch die Regierung verhält sich China bereits wie in einer Wirtschaftskrise.
Nie in den letzten 30 Jahren hat China offiziell ein Negativwachstum zugegeben.
Und China wurde nicht nur einmal bei der Fälschung seiner Wirtschaftsdaten erwischt. Wahrscheinlich ist die Situation schlimmer als von offizieller Seite zugegeben.
Die grundlegende Probleme sind:
-
Die Funktionsweise der Wirtschaft.
Der BIP wird in China nicht gemessen sondern von der Regierung vorgegeben und anschließend alle Daten von den unteren Behörden so verfälscht, dass eben dieser vorgegebene BIP erreicht wird.
Z.B. werden öffentliche Infrastrukturen und Großbauaufträge, die völlig unsinnig und unnötig sind, vergeben und durchgezogen um politisch vorgegebene Wachstumsziele zu erreichen. Dass diese Bauten dann hinterher völlig nutzlos und die Wirtschaft belastend in der Landschaft stehen interessiert niemanden.
Staatsunternehmen wird befohlen Arbeiter einzustellen die nicht benötigt werden, als gäbe ist kein Morgen. Die Kreditvergabe wird ungebremst ausgeweitet damit Familien immer mehr Häuser und Apartments kaufen und so das Wachstum ankurbeln. Sie tun alles um das von oben vorgegebene Jahresziel zu erreichen.
Hinzu kommt, dass das Bankensystem in China zum allergrößten Teil staatlich ist, Das heißt, die Banken arbeiten für die Ziele der Regierung und der Partei. Wenn diese mehr Wachstum vorgeben, vergeben die Banken wie verrückt Kredite ohne Rücksicht auf Verluste.
Dadurch entstehen Geisterstädte in denen niemand wohnen will und Unternehmen deren Dienste niemand benötigt.
Statt sinnvoller wirtschaftlicher Aktivität gibt es nur Aktionismus der nach emsiger Betriebsamkeit aussieht und jede Menge Ressourcen verbraucht aber keine nachhaltigen Werte schafft.
Das geht so lange gut wie man die Illusion aufrechterhalten kann und die Ressourcen nicht ausgehen. Wenn aber dieser Punkt erreicht wird, dann kollabiert das System, je später desto stärker.
Früher war das kein Problem, weil China unterinvestiert war. Seit 10 bis 15 Jahren ist das anders. Die Projekte in die die Regierung investiert sind zum großen Teil nicht mehr rentabel. Die Verschuldung in China hat sich zwischen 2007 und 2017 vervierfacht!
Ein Anstieg größer als in jedem anderen Land. Im Verhältnis zum BIP haben die chinesischen Bürger heute sogar mehr Schulden, als die Bürger der Vereinigten Staaten. Das führt zum zweiten Problem: -
Starke Verschuldung und geringere Produktivität.
Das bedeutet, dass China sehr viel Ressourcen aufwenden muss um das Wachstum aufrecht zu erhalten. Es werden also mit Schulden Investitionen finanziert die unrentabel sind. Was geschieht, wenn diese Schulden nicht mehr bezahlt werden können? Dann hat China ein Problem - das heißt die Banken von China haben ein Riesenproblem und lösen einen Dominoeffekt aus. Das führt zum dritten Problem:
- Risiko einer Finanzkrise.
Wie nahe ist die Finanzkrise in China? Wie abhängig sind wir von China?
Seit 2008 stagniert das Produktivitätsniveau. Im Vergleich zu Europa und den USA ist es sehr niedrig. Um dennoch die von der Regierung vorgegebenen Wachstumsziele zu erreichen, muss das Land viel investieren, was mit Schulden finanziert wird - mehr als es in den USA oder Europa möglich wäre. In den letzten Monaten ist Chinas Ausfallsrate bei Hochzinskrediten (das sind die mit dem höchsten Risiko) im Diagramm ein Strich fast senkrecht nach oben und liegt bei ca 30%. Im zweiten Quartal 2022 verzeichnet China das schlechteste Wachstum der letzten 30 Jahre.
Jetzt stellt sich die Frage: kann der Verfall der Immobilienpreise eine Finanzkrise auslösen z.B. wie damals in den USA.
Die Unternehmenswerte der Bauträgerkonzerne fielen im ersten Halbjahr 2022 um 87%. Das ist ein echter Crash.
Mitte Juli drohte eine Gruppe von Mietern von im Bau befindlichen Immobilien ihre Hypotheken nicht mehr länger zu bedienen, wenn der Staat nicht garantiert, dass diese Bauten auch fertiggestellt werden. Es handelt sich dabei nicht um einen regionalen Vorgang sondern um einen Flächenbrand.
Mitte September waren bereits mehr als 343 Großprojekte in über 100 Städten von diesem Zahlungsboykott betroffen - Tendenz steigend. Bereits im Juli waren Projekte mit insgesamt 231 Millionen Quadratmetern gestoppt worden. Das sind 4% des gesamten chinesischen Wohnungsmarktes. Und in China reagiert der gesamte Wohnungsmarkt sehr empfindlich auf unfertige Wohnungen. Weil 90% der Wohnungen schon vor der Fertigstellung bezahlt werden. Die Deutsche Bank schätzt den Wert der von dem Boykott betroffenen Immobilien auf ca. 300 Milliarden Dollar.
Es brodelt so stark wie noch nie.
Das chinesische System ist auf Politfunktionären und Unternehmern aufgebaut, nicht auf dem Wahlvolk.
Im Laufe der Jahre waren die Banken gezwungen immer riskantere Kredite zu vergeben um die Ziele der Regierung zu ermöglichen. Die Immobilienpreise schossen in die Höhe.
Allein die Haushalte und die Immobilienentwickler haben 7,5 Billionen Euro Schulden. Dazu gerechnet werden muss dann noch, was Unternehmen im Immobilienmarkt an Schulden angehäuft haben - man kann also mit Fug und Recht von 11 Billionen Euro Schulden sprechen, wahrscheinlich ist es noch viel mehr.
Chinesische Banken müssen mit ca. 350 Milliarden Dollar Verlust rechnen. Fast ein Drittel aller Immobilienwerte werden als Ausfälle ausgebucht – im letzten Jahr waren es noch ein Viertel.
Im Juli beliefen sich die Kredite im chinesischen Bankensystem auf 30 Billionen Dollar. Das sind etwa 175% des chinesischen BIP (der von der Regierung vorgegeben wird).
Die Staatseinnahmen machen aber kaum 20% des BIP aus. Eine Bankenrettung wäre im Fall des Falles für den chinesischen Staat sehr, sehr schwierig.
Das chinesische Wirtschaftswachstum wird in 2022 voraussichtlich um 4% zurückgehen
- Implosion des Immobilienmarktes
Der Markt ist gigantisch. Allein im Jahr 2021 wurden in China 2,4 Billionen Dollar für Immobilien ausgegeben.
Der Sektor macht ca 30% der chinesischen Wirtschaft aus. Seit dem Sommer 21 geht es in diesem Sektor steil bergab. Investitionen, Immobilienverkäufe und Preise brechen ein.
Am 1. September 2022 melden 69 chinesische Städte sinkende Wohnungspreise – auch Peking. Die chinesische Immobilienkrise schlägt auf den Wert von Wohnungen durch.
Capital Oeconomics meldet:
Ende 2021 standen in China ca. 30 Millionen unverkaufte Immobilien und zusätzlich stehen ungefähr 100 Millionen zwar verkaufte aber unbewohnte Immobilien im Land.
Ein Kollaps dieses Sektors würde für die gesamte chinesische Wirtschaft äußerst schwere Folgen haben.
Millionen Arbeitslose, Pleite vieler Bauträger und Verarmung der Chinesen, denn Immobilienbesitz macht den größten Teil der Vermögenswerte chinesischer Familien aus. Sie landen beim Verfall der Immobilienpreise in der Verschuldung. Die Situation ist so verzweifelt, dass die Partei die Parteimitglieder und Bürger auffordert, selbst wenn sie schon zwei, drei, oder vier Immobilien besitzen, auch noch eine weitere dazu zu kaufen.
Mit solchen Maßnahmen wird die Blase weiter aufgebläht und der Zeitpunkt des Platzens wird verzögert und damit das Platzen dann auch noch stärker.
- Größeres geopolitisches Risiko
Durch den Ukraine Krieg und die Null Covid Politik der chinesischen Regierung wurde den Firmen klar gemacht, welches Risiko bei Unterbrechung der Lieferketten droht. Das hat viele multinationale Unternehmen veranlasst einen Teil ihrer Firmenaktivitäten zu verlagern und Neuinvestitionen außerhalb Chinas zu platzieren.
Und das ist zum großen Teil noch gar nicht geschehen, lässt also für die Zukunft einiges befürchten.
Dazu kommt dann noch Kaufkraftverlust durch Steigerung der Energiepreise in der Welt und das bedeutet: weniger Umsatz für China.
- Demografischer Abstieg
China altert in hohem Tempo und so wie es aussieht verringert sich die Bevölkerungszahl schon heute. Die Geburtenrate ist auf einem historisch niedrigen Stand. Die ein Kind Politik hinterließ tiefe Spuren und das spürt man heute noch.
Gleichzeitig explodieren die Lebenshaltungskosten und die Kosten für Bildung. Dadurch wird den Menschen die Möglichkeit der Familiengründung entzogen. Resultat: absinkende Heiratsquote.
Es liegt auf der Hand, dass eine schrumpfende und immer ältere Bevölkerung für immer größere Belastungen in der wirtschaftlichen Dynamik und erhöhter Pro-Kopf-Verschuldung führen wird.
Es ist auch klar dass eine alternde Bevölkerung die ehrgeizigen Pläne der Regierung nicht wird umsetzen können.
Die staatliche Akademie der Wissenschaften stellte schon 2019 die Prognose, dass dem staatlichen Rentenfond bis 2035 das Geld ausgehen wird. Das waren die offiziellen (gefälschten?) Zahlen vor der Pandemie.
Der Aufstieg Chinas war vorübergehend, der Stillstand und Abstieg wird folgen.
Das chinesische Modell könnte zusammenbrechen und eine wirkliche Reformbereitschaft ist nicht zu erkennen.
Seit 2012 haben sich die Wirtschaftsdaten mehr und mehr verschlechtert.
China ist an einem Kipppunkt angekommen, der explosive Wohlstandsschub existiert nicht mehr, Xi Jinping kümmert sich vorwiegend um Kontrolle und Überwachung in allen Bereichen aber nicht wirklich um wirtschaftliche Konsolidierung.
- Juli 22: China stellt 1,1 Billionen Dollar zu Unterstützung von Xis Infrastrukturschub bereit.
Dazu muss man wissen: eine der wichtigsten Geldquellen der kommunalen und regionalen Behörden ist der Verkauf von Grundstücken und Einnahmen aus dem Immobiliensektor. Dumm nur, dass die Grundstücksverkäufe in den letzten 12 Monaten um 30% zurückgegangen sind. Also werden wieder Schulden aufgenommen um Infrastrukturen zu finanzieren die nicht rentabel sind, weil sie nicht gebraucht werden. Nach der Fertigstellung tragen sie nicht mehr zum Wachstum bei aber die Schulden bleiben.
Alles in Allem: Wirtschaftlich stark ist für mich etwas anderes.
Magst du uns die Quelle(n) nennen?
Zumal ja ein sehr wesentliches Argument fehlt.
Quer durch das Internet, TV und Printmedien, deswegen habe ich ja geschrieben, daß es sich um eine Zusammenstellung handelt.
Wenn Dir ein wesentliches Argument fehlt, bring es doch ein.
Ich habe ja einen ellenlangen Artikel im Oktober geschrieben über die Frage *Investition in China".
Jetzt habe ich ein neues Video in YouTube entdeckt, der in die gleiche Richtung zielt:
Zum gleichen Thema ein neuer Artikel. China wird jetzt von seiner verfehlten Investitionspolitik im Ausland eingeholt.
Wenn es denn um eine Investitionspolitik geht. Ich meine: Eher nicht.
Investitionen spielten sich in diesem Rahmen in aller Stille ab: Flughäfen und Häfen in Europa usw. - die laufen aber, von einzelnen Ausrutschern abgesehen, die immer mal passieren, wenn man so in die Vollen geht, recht ordentlich.
Die oft völlig verpeilten Projekte der „Neuen Seidenstraße“ in nicht besonders reichen Ländern Südosteuropas, Afrikas, Südostasiens und sonstewo sehen so, wie sie aufgezogen wurden, nicht aus wie Investitionen, sondern wie Mittel, um diese Länder über ihre kaum bis nicht tilgbare Schuldenlast auf Dauer abhängig zu machen. Natürlich brauchte es eine hübsche Maske, um die Schuldenmacherei attraktiv erscheinen zu lassen - aber mit irgendwelchen langfristigen Erträgen haben die Kreditgeber wohl kaum gerechnet. Es genügt ja auch, wenn die Kreditnehmer daran glauben, dass die verwahrlosten Bergwerke in ihrem Land ganz von alleine wieder zu laufen beginnen, wenn man bloß ordentlich Autobahnen (egal ob mit oder ohne Zufahrten) baut.
Den Imperialismus aufbauen heißt von den imperialistischen Kräften lernen!
Schöne Grüße
MM
Dass diese Investitionen im Ausland vor allen Dingen politisch motiviert sind ist völlig richtig.
Aber eine solche Politik sollte man sich nur erlauben, wenn die eigenen Finanzen völlig sicher und überreichlich vorhanden sind.
Allerdings brauchte Xi Jinping, da im Inland die profitablen Investitionsmöglichkeiten nicht mehr vorhanden waren und Unsummen in Investitionen flossen, die weder profitabel noch zukunftsträchtig waren und nur der Beschäftigungspolitik und dem BIP dienten, die Auslandsinvestitionen.
Eigentlich ein ideales Mittel zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen.
Inzwischen ist China aber in einer wesentlich anderen Situation, als zu Beginn dieser Auslandsinvestitionspolitik.
Geld fehlt und die Schuldenberge steigen ins Unermessliche – die Gründe habe ich in meinem ET versucht deutlich zu machen.
Und von den unglaublichen Militärausgaben (man geht von ca. 200 Milliarden Dollar im Jahr aus) war bis jetzt noch nicht einmal die Rede.