Islam gleich Krieg und Terror?

Hallo,

Der Islam ist 600 Jahre jünger als das Christentum, und wenn
wir in dessen Geschichte 600 Jahre zurückgehen, landen wir
exakt bei Zizka und den Taboriten, einem in mancherlei
Hinsicht sehr ähnlichen Phänomen wie ISIS. Warten wir also mal
noch 600 Jahre ab… aber ich werde einfach etwas fuchsig,
wenn jemand suggerieren möchte,

Selbst wenn es so wäre (auch wenn Du das hier nur unterstellst),

der Musel von nebenan warte
nur auf eine Gelegenheit, uns „Allahu akbar“ brüllend die
Kehle durchzuschneiden. Oder ist jeder Christ ein verkappter
Torquemada, der enttäuscht drüber ist, die Ketzer und
Ungläubigen vom ersten Stock nicht auf den Scheiterhaufen
bringen zu können…?

sollte es Dir darum gehen, darüber nachzudenken, wie die insbesondere im arabischen Raum so religös aufgeheizte Luft sich wieder abkühlen lässt.

Es gibt Grund sich darüber wirklich aufzuregen.

Gruß mki

Jerusalem 1099 hatte mit dem Christentum nicht zu tun.
Béziers hatte mit dem Christentum nichts zu tun.
Die Hussitenkriege hatten mit dem Christentum nichts zu tun.
Jim Jones hatte mit dem Christentum nichts zu tun.
Waco hatte mit dem Christentum nichts zu tun.
John Brown hatte mit dem Christentum nichts zu tun.
Timothy McVeigh hatte mit dem Christentum nichts zu tun.
Die Ermordung von Abtreibungsärzten hatte mit dem Christentum
nichts zu tun.
Anders Breivik hatte mit dem Christentum nichts zu tun…

Wird offenbar schwierig für dich, da auf die Schnelle genug zu finden, vor allem was die heutige Zeit betrifft. Dass du schon Waco und Breivik heranziehen musst, ist schon bezeichnend.

Dabei hast du im Kern aber sogar recht. Natürlich sind Unrecht und Verbrechen im Namen der christlichen Religion Unrecht und Verbrechen im Namen der christlichen Religion. Es geht nicht um Schuldzuweisungen, es geht darum, als Mitglied der Glaubensgemeinschaft zumindest Verantwortung zu übernehmen.

Dein Ansatz ist daher auch nicht überzeugend. Nicht, dass dein Ansatz falsch wäre. Die Unstimmigkeit liegt darin, dass er von dir kommt. Wo ist denn deine Kritik am Islam, wenn du schon so sehr Wert auf das böse Christentum legst? Damit gibst du ja mehr oder weniger offen zu, mit zweierlei Maß zu messen. Und wo ist die Übernahme von Verantwortung in der muslimischen Welt? Es wird immer nur gerechtfertigt. Es wird immer nur gesagt, das habe mit dem Islam nichts zu tun.

Hinzu kommt der Aspekt, dass man die Unrechtstaten des Christentums kaum mit religiösen Grundsätzen in Einklang bringen kann. Gebote wie „Du sollst nicht töten“ oder dem der Nächstenliebe sind nun mal existent, wenngleich einzelne sie auf ihre spezielle Art und Weise auslegen. Und in Koran und Scharia? Hast du dich mal damit auseinandergesetzt, wie sehr kriegerische Aspekte dort behandelt werden? Ob im Islam ein säkulares Staatswesen angelegt ist? Wie es mit Glaubens- und Meinungsfreiheit aussieht?

Und dass der Islam jünger sei und noch Zeit brauche, ist ja wohl das lächerlichste Argument, das hier je jemand vorgebracht hat. Wir leben in einer aufgeklärten Welt. Nie waren Bildung und Information so leicht verfügbar, nie war es so leicht, sich durch Aufklärung von fundamentalem religiösen Gedankengut abzusetzen. Und du willst einem Moslem von heute, der beispielsweise in Großbritannien aufwächst, zugestehen, dass er erstmal 600 Jahre lang im Irak Menschen köpft? Das ist schon eine - aus meiner Sicht - implizit antihumane Sichtweise, die du an den Tag legst, wenn du den Anhängern einer Religion pauschal Persilscheine erstellst und von der Verantwortung freisprichst.

Hallo,

schon seit Jahren distanzieren sich ständig alle möglichen muslimischen Organisationen und einzelne herausragende Muslime von Terror jeglicher Machart. Wenn du bei Google die Stichwörter „Muslime“, „distanzieren“ und „Terror“ eingibst, wirst du von entsprechenden Infomationen fast erschlagen.

Dafür, dass die deutsche Öffentlichkeit das einfach nicht zur Kenntnis nehmen will, können die Muslime nichts.

Und was Ali Normalmuslim angeht: Würdest du auch von Otto Normalchrist erwarten, dass er sich im Alltag ständig von irgendwelchen fundamentalistischen Christen distanziert, die Homosexuellen ans Leben gehen wollen?

Grüße

=^…^=

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Hallo =^…^=,

danke für Deinen Hinweis (*).

Dafür, dass die deutsche Öffentlichkeit das einfach nicht zur
Kenntnis nehmen will, können die Muslime nichts.

Die deutsche Öffentlichkeit ist sicher nicht unwillig. (*) wieder zurück.

Und was Ali Normalmuslim angeht: Würdest du auch von Otto
Normalchrist erwarten, dass er sich im Alltag ständig von
irgendwelchen fundamentalistischen Christen distanziert, die
Homosexuellen ans Leben gehen wollen?

Nicht ständig sondern selbstkritisch.

Gruß mki

… die EU und die Öffentlichkeit (Du und ich) es zulassen, wie Boots-Flüchtlinge von Grenzpatroullien aufs Meer zurückgezogen und ihrem Schicksal ausgesetzt werden. Viele der Flüchtlinge, darunter auch Kinder, erleiden dort laut PRO ASYL einen erbärmlichen Tod.

Gruß _ mki _

schon seit Jahren distanzieren sich ständig alle möglichen
muslimischen Organisationen und einzelne herausragende Muslime
von Terror jeglicher Machart. Wenn du bei Google die
Stichwörter „Muslime“, „distanzieren“ und „Terror“ eingibst,
wirst du von entsprechenden Infomationen fast erschlagen.

Ich hatte mich erst gewundert, was du meinst. Denn so extrem erschlagen von Bekenntnissen zu Demokratie, Meinungs- und Religionsfreiheit (die auch in islamischen Mehrheitsgesellschaften gelten sollen) fühle ich mich grade nicht.

Aber jetzt ist mir eingefallen, was du wohl meintest. Du meintest wohl die Anhänger bestimmter innermuslimischen Strömungen, wenn sie sich von den Taten der Vertreter anderer innermuslimischer Strömungen abgrenzen.

Hi.

Das funktioniert auch in die andere Richtung.

Ja.

Der Unterschied ist aber trotzdem gewaltig.
Manche Ismen hat man schon durch die Zeiten so weit wie gut
flächendeckend domestiziert.
Den Islam offensichtlich noch nicht ganz.

Der Islam ist 600 Jahre jünger als das Christentum, und wenn
wir in dessen Geschichte 600 Jahre zurückgehen, landen wir
exakt bei Zizka und den Taboriten, einem in mancherlei
Hinsicht sehr ähnlichen Phänomen wie ISIS.

Warten wir also mal noch 600 Jahre ab…

Vergesse nicht, die Geschwindigkeit wie solche Prozesse ablaufen ist alles andere als konstant.
Es kulminiert offensichtlich. Von den ersten WK. bis zum Zweiten?
Ich schätze (hoffe?) max. noch ein gutes Jahr und ist der Spuk vorbei.
Es muss leider (Erfahrung) eine Grenze erreicht werden wo dann für alle unerträglich wird.

Aber ich werde einfach etwas fuchsig, wenn jemand suggerieren möchte, der Musel von :nebenan warte nur auf eine Gelegenheit, uns „Allahu akbar“ brüllend die
Kehle durchzuschneiden.

Sicher ist das nicht der Fall hier und jetzt.
Wo aber die Idis die Macht übernehmen können dort schon:smile:))

Oder ist jeder Christ ein verkappter
Torquemada,

Die sind schon domestiziert:smile:

Balázs

Immer das gleiche Schema
Liebe Leute,

dieser User postet in mehr oder minder regelmäßigem Abstand immer nach diesem Schema: Aussage „Der Islam ist gewalttätig“, verpackt in eine Alibifrage.

Und regelmäßig springen die Scharen darauf an und bekunden ihre Meinung.
Das ganze als reinen Schlagabtausch, im großen und ganzen ohne erkennbares Erkenntnisinteresse an Ursachen, Zusammenhängen, geschweige denn Differenzierungen.

Ich zitiere mal eben aus der Brettbeschreibung:

Unerwünscht ist jedoch in diesem Brett:

  1. Hetze interreligiöser oder antireligiöser Art.
    Siehe besonders auch diesen Artikel: Aggressionspotential in Religionen

  2. bloße persönliche Bekundungen von Bekenntnissen irgendeiner Richtung, wenn sie nicht mit einem Frage-Posting im Sinne der wer-weiss-was-Konzeption verbunden sind

  3. bloßes persönliches Abreagieren von Aggressionen religiöser oder antireligiöser Art

  4. missionarisches Verhalten sowohl religiöser Art jeder Richtung als auch antireligiöser Art jeder Richtung

Ich weiß, dass im Relibrett Hopfen und Malz verloren ist. Trotzdem weise ich darauf hin, dass es hier um echte Fragen gehen sollte, mit dem Ziel, irgendetwas besser zu verstehen.

Die reine „alles böse“-Hetze, mit dem offenbar alleinigen Ziel, hier immer wieder eine Plattform zu finden, gehört hier nicht her. (Genauso, wie reine „alles toll“-Bekundungen hier her gehören. Die lese ich aber nicht, allenfalls in manchen Antworten, aber seltenst als Starter eines Threads.)

@MOD: Ich wäre echt dankbar, wenn sich da eine Lösung finden ließe.

Entnervte Grüße,

Jule

Oder ist jeder Christ ein verkappter
Torquemada,

Die sind schon domestiziert:smile:

Balázs

„Nicht ihre Menschenliebe, sondern die Ohnmacht ihrer Menschenliebe hindert die Christen von heute, uns zu verbrennen.“
(Friedrich Nietzsche, Jenseits von Gut und Böse)

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dieser User postet in mehr oder minder regelmäßigem Abstand
immer nach diesem Schema: Aussage „Der Islam ist gewalttätig“,
verpackt in eine Alibifrage.

was ist denn die Grundlage? Ich kann es sagen: der Koran. Da steht fast nur Gewalt und Hass drin. Lesen bildet.

Hi

Richtig. Lese bildet. Dann tus doch mal und fang mit dem Koran einfach mal an, was du da gechrieben hast ist nämlich Unsinn.

lg
Kate

4 Like

Ich hoffe es war klar, dass ich das sarkastisch meinte. Zu den Bootsflüchtlingen: Brutal, ja. Ich will das keinesfalls rechtfertigen. Ich schäme mich für die fehlende Unterstützung für Italien aus der EU.

maria

…bei der Aufnahme der Flüchtlinge meine ich.

dieser User postet in mehr oder minder regelmäßigem Abstand immer nach diesem Schema: Aussage „Der Islam ist gewalttätig“, verpackt in eine Alibifrage.

Und regelmäßig springen die Scharen darauf an und bekunden ihre Meinung.

@MOD: Ich wäre echt dankbar, wenn sich da eine Lösung finden ließe.

Dem schließe ich mich bedingungslos an.

Metapher

Fülltext Fülltext Fülltext Fülltext Fülltext Fülltext Fülltext Fülltext Fülltext Fülltext Fülltext Fülltext Fülltext Fülltext Fülltext Fülltext Fülltext Fülltext Fülltext Fülltext Fülltext Fülltext

„Nicht ihre Menschenliebe, sondern die Ohnmacht ihrer
Menschenliebe hindert die Christen von heute, uns zu
verbrennen.“
(Friedrich Nietzsche, Jenseits von Gut und Böse)

Obwohl ich ihn sehr zu schätzen gelernt habe, irrt er sich da.
Wir haben denen den Giftzahn gezogen:smile:))

Theismus und Gewalt
Hi.

Die hanafitische Rechtsschule lehrt, dass es die Pflicht der Muslime sei, die „Dar al-Harb“ (Haus des Krieges), die Welt der Ungläubigen, durch kriegerische Mittel der „Dar al-Islam“ (Haus des Islam), der islamisch regierten Welt, einzugliedern. Als dritte und später hinzugekommene Kategorie gilt im islamischen Denken die „Dar al-ahd“ (Haus des Vertrags), also Vertragsschließungen zwischen Muslimen und Ungläubigen. Allerdings haben solche Verträge gemäß islamischem Verständnis nur eine Haltbarkeitsdauer von 10 Jahren; sie können zwar erneuert werden, das ´Dar al-ahd´-Konzept ist aber wegen seiner evidenten Kompromisshaftigkeit nur als künstliches Konstrukt anzusehen, das nicht zum genuin islamischen Denken passt, welches die Unterwerfung der Ungläubigen zum Ziel hat. Das Ansinnen des dar al-ahd-Konzepts zielt ja nicht auf die Tolerierung Andersgläubiger, sondern nur darauf, Muslimen in (noch!) nicht eroberten Gebieten ihre Religionsausübung zu ermöglichen. Der taktische Hintergedanke beim dar al-ahd ist also evident.

Es macht freilich keinen Sinn, die Apologeten (= Schönredner) des Islam mit solchen Argumenten oder mit aggressiven Zitaten aus dem Koran zu konfrontieren. Sie sind dagegen immunisiert, weil es ihr schöngeistiges Islam-Bild stört, ähnlich wie Raucher die Krebs-Warnhinweise auf Zigarettenschachteln wahrnehmungspsychologisch ausblenden. Ich versuche daher eine andere Argumentation, natürlich nicht, um Islam-Apologeten zu überzeugen, was aus psychologischen Gründen unmöglich ist, sondern um eine Erklärung für die intrinsische Gewaltbereitschaft des Islam - und des Monotheismus überhaupt - anzubieten.

Wem das zu offtopic erscheint, der muss es ja nicht lesen. Ich meine jedenfalls, dass es ähnlich wie bei der psychoanalytischen Rekonstruktion der individuellen Vorgeschichte einer Neurose auch für die Erklärung der Gewaltbereitschaft des Islam nützlich ist, die Vorgeschichte der islamischen (bzw. monotheistischen) Idee zu rekonstruieren.

Ein beliebtes apologetisches Argument ist, dass religiöse Gewalt in Wahrheit nur politisch, aber nicht wirklich religiös motiviert sei. Es gehe dabei ´nur um Macht´, auch wenn von den Aggressoren religiöse Motive behauptet würden. Ähnlich hat Tychiades vor einigen Wochen argumentiert und - aus unerfindlichen Gründen - ´Sex´ hinzugefügt (@Tychiades: Handlungstheorie gehört zur Soziologie). Bei Argumentationen dieser Art wird eine grundsätzliche religionshistorische Wahrheit übersehen, nämlich, dass theistische Religion (im folgenden ´Theismus´ genannt) immer eine machtpolitische, also auf Gewalt basierende Komponente beinhaltet, die Teil ihres Wesens ist. Ein Theismus ohne Gewaltbereitschaft ist von seinen Wurzeln entfremdet, er verleugnet einen wichtigen Teil seines Wesens. Er gleicht einem Tiger, der sich zu vegetarischer Kost bekennt, im Innersten aber darauf lauert, seine Zähne in saftiges Fleisch zu schlagen.

Theismus entwickelte sich historisch als Ideologie der patriarchalischen Herrscherelite (Könige und Priester) und hatte vor allem die Funktion, die Herrschaft dieser Elite zu legitimieren. Ein Spezialfall dieser Legitimation war die Rechtfertigung von Eroberungsfeldzügen als durch einen Gott beauftragt. Natürlich spielten im theistischen Denken auch andere Aspekte eine Rolle, z.B. Fruchtbarkeit und Welterklärung, doch auch diese waren in das herrschaftsideologische System integriert.

Die Etablierung theistischer Systeme geschah immer im Zuge der gewaltsamen Machtaneignung einer Minderheit über das Volk. Theistische Gesellschaften ab dem 5. Jt. vuZ basierten grundsätzlich auf Gewalt. Vormals freie Bauern wurden zu Arbeitskräften degradiert, die einen Großteil ihres Ertrags an König und Priester abführen mussten. Soziale Organisation konvergierte auf die Spitze der Pyramide, den obersten Stadt- oder Staatsgott, den der König irdisch repräsentierte.

Diese Grundstruktur polytheistischen Staatsdenkens wurde in den monotheistischen Religionen bewahrt, freilich mit Verschiebung der königlichen Vermittlerfunktion auf:

  • das ´Gesetz´ (die Tora als irdische Manifestation des göttlichen Willens)

  • eine göttliche Sohn-Gestalt (Christus), die den Willen Gottes an die Menschen kündet

  • eine Mischung aus ´König´ und gottberufenem Mittler der göttlichen Gesetze (Mohammed)

Hier stellt sich die Frage, wie und warum es überhaupt eine Entwicklung vom Polytheismus zum abrahamistischen Monotheismus gab. Wieso entwickelte sich im israelitischen Denken die Idee der exklusiven Verehrung eines männlichen Gottes?

Die Herausbildung des jüdischen Monotheismus steht im engsten Zusammenhang mit der politischen Situation Israels zwischen dem 8. und dem 6. Jahrhundert vuZ. Im 8. Jahrhundert, zweihundert Jahre vor der Exilierung seiner Oberschicht nach Babylon, stand Israel unter massivem politischen Druck seitens der mächtigen Assyrer, deren grausame Kriegsführung alles übergipfelte, was im ohnehin grausamen Alten Orient bis dahin bekannt und üblich war. Die assyrischen Großkönige sahen sich als irdische Stellvertreter ihres Staatsgottes Assur, in dessen Auftrag sie Kriege führten, Gesetze erließen und Verträge mit unterworfenen Vasallenstaaten schlossen. Ihre imperiale Ideologie - die Expansion des assyrischen Reichs im Auftrag des Gottes Assur - war ein Erbe der akkadischen Ideologie des Sargon von Akkad (23. Jh. vuZ), der sich als ´Herrscher über die vier Weltgegenden´ bezeichnen konnte, also den Anspruch erhob, (fast) die gesamte bekannte Welt zu beherrschen. Das assyrische Reich war ab dem 12. Jh. vuZ noch wesentlich umfangreicher als das schon längst vergangene akkadische, der Machtanspruch und -hunger der assyrischen Könige noch größer. Ich zitiere aus den Annalen des Königs Sanherib (um 700):

Sanherib, der große König, der mächtige König, der König der ganzen Welt (…), der erste unter den Königen, der große König, der diejenigen verschluckt, die sich ihm nicht unterwerfen, der die Frevelhaften mit dem Blitz erschlägt - Assur hat mir (= Sanherib) ein Königtum über alle, die in Palästen wohnen, überreicht (…), er hat die Macht meiner Waffen vergrößert (…), mächtige Könige fürchten sich vor meinem Ansturm.

Hier erscheint der Gott Assur als höchste göttliche Instanz überhaupt, er verleiht seinem irdischen Stellvertreter (dem König) die Macht, über alle anderen Könige (und, implizit, über deren jeweilige Götter) sich hinwegzusetzen. Der Staatsgott Assur ist also im Begriff, sich an die Spitze eines ´internationalen´ Pantheons zu setzen und zum allmächtigen Gott aufzuschwingen.

Manche Forscher, vor allem der bekannte Assyriologe Simo Parpola, sehen im Gott Assur sogar einen proto-monotheistischen Gott im Sinne des sog. inklusiven Monotheismus (= alle fremden Götter sind nur Organe eines einzigen Gottes). Auch der neubabylonische Gott Marduk hat, einigen Gelehrten zufolge, das Gepräge eines ´inklusiv monotheistischen´ Gottes. Die Idee des Monotheismus lag also, eng verknüpft mit der Weltreichsideologie des assyrischen und neubabylonischen Reiches, bereits in der Luft, als israelitische Jahwe-Monolatristen um neue Konzepte rangen.

Ein wichtiger Protagonist der israelitischen Jahwe-allein-Bewegung in der 2. Hälfte des 8. Jh. vuZ, Jesaja, übertrug den globalpolitischen Anspruch des assyrischen Gottes auf den Staatsgott des von Assyrien massiv bedrängten Juda, Jahwe. Zu diesem Zeitpunkt war Judas Religion im ganzen noch polytheistisch, es bestand aber bei einer sich berufen fühlenden Minderheit, zu der Jesaja zählte, ein starker Hang zur Monolatrie (Alleinverehrung) des Jahwe. Gänzlich von der traditionellen Vorstellung abweichend, dass ein Gott nur so stark ist wie das Reich, dem er vorsteht, schreibt Jesaja Jahwe das Vermögen zu, die assyrischen Heerscharen zu lenken:

(Jes 5,26)

Ein Panier pflanzt er (= Jahwe) auf für ein Volk aus der Ferne (= die Assyrer) und pfeift es herbei von den Enden der Erde. Und siehe, in Eilmärschen kommt es heran.

Gemeint ist damit der Angriff der Assyrer auf das israelitische Nord- und Südreich. In einer für das israelitische Denken fortan typischen Dialektik, die dem Widerspruch zwischen Judas politischer Ohnmacht und extremer Jahwe-Verehrung entsprang, wurden die assyrischen Attacken nicht mehr dem feindlichen Gott Assur zugeschrieben, sondern dem eigenen Gott Jahwe. Als Motiv galt dessen Zorn auf das eigene Volk, das sich - in den Augen der Jahwe-Monolatristen - durch die Anbetung anderer Götter als Jahwe versündigt habe und bestraft gehört. Nur mit diesem dialektischen Kniff konnte die Jahwe-Monolatrie ´glaubwürdig´ aufrechterhalten werden.

Deuterojesaja treibt das monotheistische Denken in der Phase des babylonischen Exils (Mitte des 6. Jh. vuZ)dann auf die Spitze:

(Jes 45,21)

Es ist kein Gott außer mir! Einen rechtwaltenden und rettenden Gott gibt es nicht neben mir.

Ähnlich wie Jesaja zu Zeiten der assyrischen Übermacht stellt Deuterojesaja in Zeiten der babylonischen und persischen Übermacht Jahwe als Dirigenten der Weltgeschichte hin; diesmal hat Kyros (= Kores), der persische König und Eroberer Babylons, wo die exilierten Israeliten festsaßen, als Handlanger (sogar ´Gesalbter´) des Jahwe gedient, nunmehr als Befreier, nicht als Bestrafer:

(Jes 45,1)

So spricht der HERR zu seinem Gesalbten, dem Kores, den ich bei seiner rechten Hand ergreife, dass ich die Heiden vor ihm unterwerfe und den Königen das Schwert abgürte, auf dass vor ihm die Türen geöffnet werden und die Tore nicht verschlossen bleiben…

Der jüdische Monotheismus entstand also aus dem Bedürfnis, die politische Ohnmacht Israels auf der Ebene religiöser Phantasie in eine nationenübergreifende Allmacht des Jahwe umzubiegen. Die traditionelle polytheistische Struktur Staatsgott - König - Volk wurde in die Struktur Allgott Jahwe - Volk Israel transformiert. Jahwe herrscht über die ganze Welt, sein erwähltes Volk aber sind die Juden.

Die Idee eines Gottes, der zwar unbegrenzt herrscht, aber nur von einer Minderheit verehrt wird, beinhaltet natürlich notwendig die Idee, den ungläubigen Rest der Welt von der exklusiven Wahrheit des einen Gottes zu überzeugen, und zwar mit Gewalt. Das gewaltsame Aufzwingen des eigenen Gottes und das damit verbundene Verbot von Fremdkulten ist typisch monotheistisch, wie die Geschichte des Christentums und des Islam überdeutlich zeigt, wobei die islamische Ideologie die Muslime explizit in die Pflicht nimmt, die Ungläubigen zum wahren Glauben zu bekehren - wenn es sein muss, mit Gewalt. So hielten es aber auch die Juden in der kurzen Phase weltlicher Macht (nach dem Makkabäeraufstand 166 vuZ für ca. ein Jahrhundert), als sie die umliegenden Stämme kriegerisch unterwarfen und ihnen den Jahwe-Kult aufzwangen und die eigenen Kulte verboten. Polytheistische Eroberer, z.B. die Römer, gestatteten Unterworfenen dagegen immer, ihre Kulte fortzuführen.

Ich denke, diese notgedrungen vereinfachende Darstellung des Entstehungsprozesses der monotheistischen Idee zeigt, wie sehr Macht- und Gewaltdenken ein intrinsisches Element des Theismus im allgemeinen und des Monotheismus im besonderen ist. In den letzten zwei Jahrhunderten haben sich die monotheistischen Religionen (der Islam durch den Kontakt mit dem Westen) zwangsläufig an die im Westen vorherrschenden ethischen Werte anpassen müssen, aber diese Anpassung kann nur als eine äußerliche zu verstehen sein, da das moderne Wertsystem auf einer gänzlich anderen Basis gründet (Menschenrecht, individuelle Freiheit, Demokratie) als die theistischen Systeme.

Die ideologische Basis des Islam steht im diametralen Gegensatz zu den westlichen Werten des Menschenrechts und der individuellen Freiheit. Es bedarf schon zweier zugedrückter Augen, um zu verkennen, dass Gewaltbereitschaft untrennbar zum islamischen Denken gehört; sie ist in dessen religiösen Dogmen und Texten fest verankert. Ein Islam, der sich als friedfertig ausgibt, ist kein Islam.

Chan

Hallo,

ein Austausch mit Dir erscheint als sinnlos , wenn Du nicht
gelten lässt, dass der Glaube ein Bestandteil der Würde jedes
Menschen ist.

Welcher Glaube? Wovon schwafelst du?

Falls es dir um „religösen Glauben“ geht, eine genauere Differenzierung bei der Verwendung des Wortes scheint dir nicht möglich zu sein, so weise ich deine Behauptung dies wäre „ein Bestandteil der Würde jedes Menschen“ strickt zurück.

Ich benötige solchen nicht um Würde zu haben. Ich komme auch ohne die selbst auferlegten Zwänge einer infantilen Weltsicht mit irrationalen Dogmen gut zurecht, die genau das bewirkt, was du in deinem Posting an Kate so geäußert hast
wie z.B.
Glaube ist schlicht begründete Hoffnung.

Wo hast du diesen Unsinn her?

Wer mit solche These kommt, der ist offenbar nicht weit entfernt von fundamentalistischen Gedankengut.
Aber natürlich sind immer nur die anderen Gläubigen die Bösen, nicht wahr.

Und um es gleich klarzustellen.
Ich stelle die Religionsfreiheit nicht in Frage, solange diese im privaten Rahmen gepflegt wird und mit nicht als Notwendigkeit aufgezwungen wird (von wegen Würde des Menschen)!

Mit einer wie auch immer gearteten Wissenschaftlichkeit (schließlich heißt das Brett ja Religionswissenschaft) haben deine Einlassungen nichts zu tun.
Es ist nur eine Ansammlung beliebiger schwülstiger Klischees.
Und innerhalb deiner Textes machst du auch einige 180°-Wenden, freilich ohne es überhaupt zu merken.

Zuerst kommt dies:
Zitat:
" …die weltweite Aufteilung der Menschen in Gläubige und Ungläubige, erzeugt unnötige Barrieren und Abgrenzungen."

Und dann oben :
Zitat:
dass der Glaube ein Bestandteil der Würde jedes

Menschen ist.

Was willst du nun überhaupt?
Menschliche Würde, die auf religiösen Glauben basiert oder keine Abgrenzung zwischen Gläubigen (Menschen mit Würde) und „Ungläubigen“ (würdelosen Menschen)?

Ein gedanklicher Austausch erscheint auch als
zwecklos , wenn Du dich nur auf Wikipediaseiten beziehst, ohne
sie wiriklich zu lesen, geschweige denn einen Sinnzusammenhang
herzustellen.

Genau, es fehlt der Sinnzusammenhang zwischen Wörtern und deren Bedeutungen.
Genau das war der Anlass, dir zu antworten.

Deshalb hast du völlig recht. Wer in einer philosophischen Diskussion sich Wortbedeutungen beliebig zurecht biegt und neu definiert, mit dem kann man sich nicht gedanklich auseinander setzen.
Aber das ist es ja noch nicht. Es werden auch gleich noch neue Grundsätze der Menschenwürde in den Ring geworfen.
Na dann, träume mal schon weiter.

Hitlers Judenhass

Der jüdische Monotheismus entstand also aus dem Bedürfnis, die
politische Ohnmacht Israels auf der Ebene religiöser Phantasie
in eine nationenübergreifende Allmacht des Jahwe umzubiegen.
Die traditionelle polytheistische Struktur Staatsgott - König

  • Volk wurde in die Struktur Allgott Jahwe - Volk Israel
    transformiert. Jahwe herrscht über die ganze Welt, sein
    erwähltes Volk aber sind die Juden.

Was mich in diesem Zusammenhang interessiert, aus welchem Motiv Hitler die Juden so abgrundtief hasste, dass er sie alle ausrotten wollte. Wäre der Grund dafür der, wie zuvor beschrieben, dann wäre Hitlers Hass nicht allein nur aus Neid gegenüber den jüdisch gesellschaftlichen Einflüssen auf das deutsche Volksbewusstsein mittels wirtschaftlicher, politischer sowie intellektueller Macht zu erklären, sondern (Hitler bezog bekanntlich große Teile seiner persönlichen Weltanschauung von den „Ariern“ mit ihren Wurzeln in Indien) sozusagen aus RELIGIÖSEN Gründen? Das wäre eine neue Sichtweise auf Hitlers Judenhass, wie sie bisher in keiner serösen Interpretation zu lesen ist. Der Grund könnte darin liegen, dass die tradierten christlichen Werte in der Öffentlichkeit immer noch weitgehend tabuisiert werden. Oder wie Nietzsche es interpretiert: die Christen würden die ganze Welt - wörtlich - „verjüdeln“. Richtete sich evtl. der abgrundtiefe Judenhass Hitlers als ein tiefes RELIGIÖSES eigenes Motiv, in Wahrheit gegen diesen jüdischen „allmächtigen Gott“, einem Gott, der erfunden wurde, zuerst nur für die Juden allein und ihr politisches Existenzbedürfnis?
CJW

In „Mein Kampf“ heißt es unter anderem: „So glaube ich heute im Sinne des allmächtigen Schöpfers zu handeln: indem ich mich des Juden erwehre, kämpfe ich für das Werk des Herrn“, Aber das Christentum ist beim Eklektiker Hitler eben nur eine von vielen Quellen, aus denen sich seine Weltanschauung und Ideologie speist.

Hi Claus.

Was mich in diesem Zusammenhang interessiert, aus welchem
Motiv Hitler die Juden so abgrundtief hasste,

Behauptung (vorerst:smile:.

dass er sie alle ausrotten wollte.

Wollte er das wirklich?

Meine These: er hat erkannt (im Wien wo damals der wiener Kreis die Richtung angab) was das Judentum zu dieser offensichtlichen Macht verholfen hat.
Und das ist nur ein einziger Satz: ihr seit das auserwähltes Volk Gottes.
Also warum diese Macht des Satzes nicht für sein „Volk“ nutzen.
Nach dem Motto: wenn ein Trick irgendwo schon gezogen hat wird für immer (in vergleichbaren Situation) ziehen.

Also ihr seid Übermenschen.
Und nanu, das hat genau so gefunkt.
Übrigens Stalin hat das auch abgekupfert.
Mann muss (und kann:smile: die angeborene Moral damit im Schah halten.
Der Trick zieht.
Wir sind besser, ist doch logo:smile:

Wäre der Grund dafür der, wie zuvor
beschrieben, dann wäre Hitlers Hass nicht allein nur aus Neid
gegenüber den jüdisch gesellschaftlichen Einflüssen auf das
deutsche Volksbewusstsein mittels wirtschaftlicher,
politischer sowie intellektueller Macht zu erklären, sondern
(Hitler bezog bekanntlich große Teile seiner persönlichen
Weltanschauung von den „Ariern“ mit ihren Wurzeln in Indien)
sozusagen aus RELIGIÖSEN Gründen?

Aber nein.

Das wäre eine neue Sichtweise auf Hitlers Judenhass, wie sie bisher in keiner
serösen Interpretation zu lesen ist.

Was gerade in diesem Land bis heute nicht möglich ist, anderswo schon:smile:). Aber wir wissen auch, der hat den jüdischen Doktor wer seine krebskranke, mittellose Mutter bis zu ende liebevoll begleitet hat persönlich geschützt.

Richtete sich evtl. der abgrundtiefe Judenhass Hitlers als ein tiefes RELIGIÖSES
eigenes Motiv, in Wahrheit gegen diesen jüdischen
„allmächtigen Gott“, einem Gott, der erfunden wurde, zuerst
nur für die Juden allein und ihr politisches
Existenzbedürfnis?

Ja, (für mich) ist das mehr als offensichtlich.

CJW

Balázs