Islamisierung des arabischen Frühlings?

Hallo,

ich kann mich erinnern, das hierzulande in den Medien die Aufstände in den arabischen Ländern zunächst sehr positiv dokumentiert wurden.
Jetzt sieht es so aus, als ob die Muslimbruderschaften, die seit Jahrzehnten in den Regionen etabliert und gut organisiert sind, letzlich die Gewinner dieser Revolutionen sind.

Mich wunderte schon seinerzeit die großartige Berichterstattung. Dass es diese Bruderschaften überall in der arabischen Welt gibt und sie nicht ohnmächtig sind, dürfte neben mir (kannte das nur von Kommilitonen aus der Region) auch unseren Politikern und den Medien bekannt gewesen sein.
Ebenfalls, dass dies eine Gefahr für die von den arabischen Revolutionären angestrebten Demokratien sein würde.

Aber erstmal wurde nur gejubelt, obwohl Organisationen mit Anspruch auf Schariah-Staaten offensichtlich vor der Tür standen.

Sind unsere Politiker / Journalisten zu dumm dergleichen zu erkennen?
Den dortigen jungen Revolutionären kann ich keinen Vorwurf machen.
Sie waren sehr jung und glaubten an einen Rückhalt aus der Bevölkerung, der so nicht gegeben war - sie haben sich verm. wirklich verschätzt. Mit 20 passiert einem sowas halt.

Unsere Politiker und Auslandsjounalisten sind deutlich älter, haben bessere Übersicht, mehr Erfahrung und ihre Nachrichtendienste. Sie hätten die Gefahr direkt sehen müssen - wenn sie auch nur im geringsten fähig sind, ihre Jobs zu machen.

Was soll man jetzt von dieser seltsamen Situation halten?
Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass da tatsächlich einige extrem religiöse Staaten entstehen? Sollte man unter diesen Umständen Assad unterstützen oder stürzen? Warum haben die streng-islamischen Organisationen (Bruderschaften) solch starken Zulauf?
Und wie geht man damit am sinnigsten um?

An die MOD:
dies ist teils eine politische Frage, aber da es ganz wesentlich um Religion geht, eher eine Religiöse - fände es daher unsinnig, ins Auslandspolitikbrett verschoben zu werden - was sicher der erste Gedanke de MOD sein wird.

Religion ist hier m.E. das Kernproblem, daher sollte dies auch im Religionsbrett diskutiert werden dürfen.

Religion kann sich nicht einfach von Politik abgrenzen.
Religion ist und war immer ein Teil der Politik. Das muss man auch mal annehmen können und trotzdem die religiösen Aspekte diskutieren.
Vor allem, wenn sie Grundlage der Politik zu werden drohen.

Gruß, Paran

Ja
http://hpd.de/node/12342

Sein und auch mein Fazit:

Die Kräfte, die vorhanden sind, religös motiviert und gefärbt sind stehen schon parat am Start und greifen nach der Macht bzw. hatten sie im Hintergrund die ganze Zeit inne. Da man aber mit 1400 Jahre altem Stammesdünkel kein modernes Staatswesen für so viele Menschen auf die Reihe kriegen wird, ist ziemlich abschätzbar, dass es erst einmal im Chaos enden wird.

Erst danach können Alternativen wie Formen der Demokratie oder des faktenfundierten Dirigismus aufleben.

Sind unsere Politiker / Journalisten zu dumm dergleichen zu erkennen?

Die Selbstdenkenden schon.

Gruß

Stefan

Hallo!

Es stimmt zwar, dass über die Revolutionen in Tunesien, Ägypten, Libyen und dann in Syrien sehr positiv berichtet wurde. Allerdings darf man nicht allen Journalisten vorwerfen, damals „blind“ oder „dumm“ gewesen zu sein, denn ich erinnere mich sehr wohl daran, dass damals auch mahnende Worte gesagt wurden. Gerade in Ägypten wurde von Anfang an davor gewarnt, dass den jugendlichen facebook-Revolutionären die Macht entgleiten könnte und dass die Muslim-Brüderschaft der große Nutznießer sein könnte.

Dennoch ist es bei allen Konflikten so, dass die Medien simplifizieren: Sie teilen die Konfliktparteien zunächst in zwei Lager ein und verschweigen, dass oft sehr verschiedene Interessen im Spiel sind. Und dann wird dem einen Lager der Stempel „die Guten“ aufgedrückt. Damit sind die anderen automatisch „die Bösen“.

Und dann leistet man sich gerne noch ein schlechtes Gedächtnis: Wer in Afghanistan unter der Sowjetischen Besatzungsmacht die Guten waren, sind heute die Bösen.

Dieses Schwarz-Weiß-Spiel machen nicht alle Medien gleichermaßen mit. Es macht schon einen Unterschied, ob man „Die Zeit“ liest oder N24 glotzt. Aber letztenendes ist die Medienwelt auch nur ein Markt, und der Verbraucher kriegt die Angebote, die er am liebsten konsumiert.

Michael

Hallo Michael,

als ich deinen Beitrag las, musste ich sofort an „Die Zeit“ denken, die hervorragende Analysen bietet. Da du sie dann selbst erwähnt hast, kann ich mir den Hinweis jetzt verkneifen und dich be-*-en.

Gruß
fliegerbaer

Qualitätsmedien
Hallo,

„Die Zeit“ ist mir bei diesem Thema in Hinsicht journalistischer Qualität bislang eigentlich nur mit einem Artikel sonderlich aufgefallen - nämlich diesem hier: http://www.zeit.de/2012/31/Syrien-Bundesregierung, wo man mal nachlesen kann, wo außer den Finanziers der revolutionären Söldner in Qatar und Saudi-Arabien und der Waffenschleuser in der Türkei (deren Job soll ja demnächst die Bundeswehr abschirmen) sonst noch Unterstützer sitzen.

Man hätte sich allenfalls noch etwas mehr Hintergrundinformationen über diese ‚Stiftung Wissenschaft und Politik‘ gewünscht, die da so großzügig - aus rein wissenschaftlichen Gründen vermutlich - Schützenhilfe leistet. Etwa, dass der Präsident der Stiftung Hans-Peter Keitel gleichzeitig auch Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie ist und unter vorbildlich demokratischer Wahrung des Parteienproporzes von Hans-Ulrich Klose (SPD, Stellv. Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses) und Ronald Pofalla (CDU, Chef des Bundeskanzleramtes) als Vizepräsidenten flankiert wird. Wenn man sich dann weiterhin anschaut, wer da noch alles im Präsidium sitzt (neben den Statthaltern von Deutsche Bank AG und Allianz SE sowie Herrn Otto, Chef des Einzelhandelskonzerns Otto Group u.a. hochrangige Beamte des Auswärtigen Amtes, des Bundeskanzleramtes und diverser Bundesministerien sowie einige Bundestagsabgeordnete), dann versteht man diese Aussage:
„Direkte Regierungsbeteiligung gibt es wohlweislich nicht“
erst richtig. Nämlich so:
" Direkte Regierungsbeteiligung gibt es wohlweislich nicht"

Etwas mehr Deutlichkeit hätte man sich da von den Qualitätsjournalisten der Zeit schon gewünscht …

Freundliche Grüße,
Ralf


MOD: off-topic-Bemerkung gelöscht!

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Hallo,

ich kann mich erinnern, das hierzulande in den Medien die
Aufstände in den arabischen Ländern zunächst sehr positiv
dokumentiert wurden.

ja, wenn Despoten und Diktatoren abgeschafft werden, ist
das aus unserer Sicht ja erst mal ein durchaus positives
Ereignis.

Jetzt sieht es so aus, als ob die Muslimbruderschaften, die
seit Jahrzehnten in den Regionen etabliert und gut organisiert
sind, letzlich die Gewinner dieser Revolutionen sind.

Das wundert mich gar nicht.
Das in diesen Ländern eine demokratische Revolution zu den
Ergebnissen führen sollte, wie wir es gerne sehen würden,
war nur ein frommer Wunsch :frowning:

Nicht zuletzt wurden viele der obige Dikatoren und Despoten
deshalb so lange vom Westen geduldet und unterstützt,
weil sie mehr oder weniger „Geschäftsleute“ waren und sich
schon aus reinem Eigennutz nicht strengen religiösen Normen
unterworfen haben. Die waren also in gewisser Weise das,
was wir uns nun wünschen aber nicht bekommen werden,
nämlich säkular orientiert.
Dass nun statt demokratischer Kräfte eher religiöse
Fundamentalisten das Sagen haben, scheint mir logisch zu sein.

Aber erstmal wurde nur gejubelt, obwohl Organisationen mit
Anspruch auf Schariah-Staaten offensichtlich vor der Tür
standen.

Ja, aber trotzdem kann man ja sich nicht hinstellen und
Diktatoren immer weiter Diktatoren unterstützen, nur weil
diese neben allen Demokraten auch die Fundamentalisten
klein halten.

Sind unsere Politiker / Journalisten zu dumm dergleichen zu
erkennen?

???

Den dortigen jungen Revolutionären kann ich keinen Vorwurf
machen.

Die wären wohl sowieso noch lange nicht staatstragend.

Sie waren sehr jung und glaubten an einen Rückhalt aus der
Bevölkerung, der so nicht gegeben war - sie haben sich verm.
wirklich verschätzt. Mit 20 passiert einem sowas halt.

Es war schon immer so, Revolution ist schnell gemacht.
Aber danach einen Staat und Regierung neu aufbauen?

Unsere Politiker und Auslandsjounalisten sind deutlich älter,
haben bessere Übersicht, mehr Erfahrung und ihre
Nachrichtendienste. Sie hätten die Gefahr direkt sehen müssen

  • wenn sie auch nur im geringsten fähig sind, ihre Jobs zu
    machen.

??? Und was sollten sie dann machen?
Doch besser die Revolutionäre bekämpfen?

Sollte man unter diesen Umständen Assad unterstützen
oder stürzen?

Wasch mich, aber mach mich nicht nass!?

Gruß Uwi

Hallo,

soweit schon mal Danke für Eure Komentare.
Was mich aber immernoch umtreibt, sind diese Bruderschaften, die, wenn ich die Infos meiner Kommilitonen recht in Erinnerung habe, schon oder besonders in den 80er Jahren sowohl im arabischen Raum als auch in Asien (konkret Indonesien) rel. stark wurden.

Woher damals diese wohl schon recht extreme Religiösität kleiner Gruppen und jetzt der massenhafte Zulauf?

Liegt die heute sehr große Akzeptanz in der Bevölkerung überwiegend an den humanitären Einrichtungen, die diese Organisationen teils betreiben? Wer finanziert das überhaupt alles - Saudi Arabien? Privatleute?
Oder geht es den Menschen in diesen Staaten derart schlechter, dass sie daher stärker zur Religion neigen?

Kennt sich hier jemand aus damit?

Habe leider zu den arabischen und indonesischen Kommilitonen schon lange keinen Kontakt mehr, sind alle retour nach Hause.
Diese sahen die Bruderschaften damals sehr kritisch bis beängstigend, also durchaus nicht als Volksparteien, aber schon als teilweise rel. mächtig. Zumindest der indonesische Flurkollege hatte auch etwas Sorge wegen einiger Bruderschaftsstudenten aus Indonesien im Wohnheim.

Gruß, Paran

Hallo,

mal sehen, ob ich hier erneut zensiert werde …

ich kann mich erinnern, das hierzulande in den Medien die

[snip]

Und wie geht man damit am sinnigsten um?

(ich erspare mir, den ganzen offtopic-Kram zwischen diesen beiden Sätzen zu zitieren)

Würdest Du mir bitte mal verdeutlichen, was dieser ganze längliche Sermon mit Religionswissenschaft zu tun hat?

An die MOD:
dies ist teils eine politische Frage, aber da es ganz
wesentlich um Religion geht, eher eine Religiöse

Das ist - mit Verlaub - Kappes. Islamismus ist keine Religion, sondern eine politische Ideologie, die sich auf islamische Wurzeln beruft. So, wie sich der Konservatismus der CDU/CSU auf „christliche Grundwerte“ beruft. Nur „droht“ das da nicht erst, „Grundlage der Politik zu werden“ - damit müssen wir schon seit Jahrzehnten leben. Dadurch wird die Politik der CDU/CSU noch lange nicht zu einem religionswissenschaftlichen Thema.

Religion ist hier m.E. das Kernproblem,

Aber vielleicht kannst Du das ja einigermaßen vernünftig begründen. Was meinst Du mit „hier“, was meinst Du mit „Problem“ überhaupt und speziell mit „Kernproblem“? Und inwiefern soll ausgerechnet Religion das Grundproblem sein? Ich dachte eigentlich, Korruption, brutale Willkürherrschaft, Verarmung breiter Bevölkerungsschichten, steigende Lebenshaltungskosten und hohe Arbeitslosigkeit seien das Kernproblem in den arabischen Staaten. Und da ist die Religion dran schuld? Im Ernst? Ausgerechnet in Tunesien, Algerien, Lybien, Ägypten, Jemen und Syrien? Alles Länder, die bislang betont laizistische Regimes hatten bzw. noch haben (Syrien)? Oder meinst Du mit „Kernproblem“, dass in diesen Ländern keine Nachfolgeregierungen an die Macht gekommen sind bzw. kommen werden, die dem Westen als Partner so genehm sind wie ihre Vorgänger - die der Westen ja dann auch lange genug gestützt hat? Dass die Menschen in diesen Ländern von ihren neu erworbenen demokratischen Freiheiten auf eine Art Gebrauch machen, die der Politik im Westen nicht passt? Ist da nicht eher die Demokratie das „Kernproblem“ und nicht die Religion? Tja - dann sollten wir da vielleicht Truppen hinschicken und ‚nation building‘ machen, bis die dort gelernt haben, wie Demokratie zu funktionieren hat.

Nochmals - was bitteschön hat das alles mit Religionswissenschaft zu tun?

Freundliche Grüße,
Ralf

Hallo,

Woher damals diese wohl schon recht extreme Religiösität
kleiner Gruppen und jetzt der massenhafte Zulauf?

ob der Zulauf generell so massenhaft ist und sein wird,
muß sich erst zeigen. Ich befürchte es aber schon,
bis auch diese Leute sich genügend korrumpiert und
kompromittiert haben.

Liegt die heute sehr große Akzeptanz in der Bevölkerung
überwiegend an den humanitären Einrichtungen, die diese
Organisationen teils betreiben?
Oder geht es den Menschen in diesen Staaten derart schlechter,
dass sie daher stärker zur Religion neigen?
Kennt sich hier jemand aus damit?

Ich habe da nur eine persönliche Meinung zu.

Ich denke, die säkularen Kräfte sind eben genau durch die
abgeschafften Despoten und Diktatoren schwer kompromittiert.

Religiöse Kräfte haben dagegen die Moral und Ethik gepachtet.
Das sieht man ja auch in anderen Religionen (z.B. bei uns
das Christentum).
Kein Wunder, das also diese Kräfte jetzt erhöhtes Ansehen
genießen.
Außerdem muss man beachten, dass die Bevölkerung in den
Ländern eh sehr religiös ist und religiöse Normen
schon immer als Handlungsmaxime publiziert wurden.
Gruß Uwi

Hallo,

es ging mir nicht in erster Linie darum, dass von anderen / unseren Staaten etwas hätte gemacht werden sollen sondern in erster Linie um den dusseligen Medien- und Politikerjubel.
Den hätte man sich sparen können und statt dessen differnzierter informieren. Statt jetzt zu jammern, dass die Revolutionen möglicherweise in Islamstaaten enden.

Und es ging mir um Erklärungen für diesen Trend zum extremen Islam. Was treibt die Menschen an, mittelalterliche (oder eher vormittelalterliche, im Mittelalter waren die islamischen Staaten schließlich ausgesprochen fortschrittlich) Religionsdeutungen anzustreben? Macht die Not religiös? Reichen Armut und Ohnmacht, um Menschen an Gottesstaaten glauben zu lassen, in denen sie schließlich ebenso arm und ohnmächtig sind?

Eingreifen in die Innenpolitik fremder Staaten ist immer eine sehr heikle, meist eine falsche Sache.
Wenn man es sachte und hilfreich angeht, wie manche Entwicklungsprojekte es tun, ist das gut. Aber mit Waffen oder Geld dafür für bestimmte Gruppierungen sollte man sehr, sehr vorsichtig sein - siehe Taliban, die ehem. Lieblingstruppe der USA.

Daher Thema Syrien. Da ist noch alles offen und die Frage zur Einmischung besteht weiterhin - bzw. Einmischung besteht schon, mehr oder weniger.

Hoffe, das war jetzt nicht zusehr Kuddelmuddel.

Gruß, Paran

Lieber Tychiades, die Frage - bzw. das Problem - war nicht widerspruchsfrei formuliert. Ihre bzw. seine Präsenz in diesem Forum in Frage zu stellen halte ich aber für ungerecht.
Die Instrumentalisierung (vermeintlicher) religiöser Setzungen zu politischen oder gar kriegerischen Zwecken ist sehr wohl Gegenstand der religionswissenschaftlichen Diskussion. Und für meine Wahrnehmung treffen die vielen aufgeworfenen Fragen genau ins Zentrum eines aktuellen rel-wsch Diskurses: Wie grenzen wir offenbarte Glaubensinhalte gegen instrumentalisierte ab?
Dazu muß man aber zunächst Religion und Sektierertum voneinander trennen. Das ist einfach - Religion heißt Verbindung (meinetwegen: „Rückverbindung“) zu allen und allem. Sektierertum heißt Mißbrauch von Glaubensinhalten (besser: Glaubensmotiven; noch besser: Glaubensfiguren) zum Zweck, andere Ziele zu verfolgen als die Verbindung zu allen und allem.
Jesus Christus lehrt etwas ganz einfaches: Wann immer eines der Teilsysteme in einer differenzierten Gesellschaft sich anmaßt, sich alle anderen Teilsysteme unterzuordnen oder sie sich zu unterwerfen, müssen wir aufpassen. Wir erleben das heute mit dem Teilsystem Wirtschaft, wenn etwa ein Landesminister erklärt, Bildungspolitik sei immer auch Wirtschaftspolitik.
Wer Bomben schmeißt, kann sich auf seinen Haß berufen, aber nicht auf Jesus Christus und nicht auf Moses und nicht auf Abraham und nicht auf Mu’ammad und nicht auf Buddha. Der Koran weist einen anderen Weg. D’aouon al Lynh, einer der Lehrer Mu’ammads, schrieb: „Nun habt ihr eure Feinde vernichtet, aber was habt ihr gewonnen? / Das Land hatten sie euch zu Lehen überlassen, aber ihr wolltet es besitzen / und in ihre Häuser haben sie euch aufgenommen / ihr aber habt ihre Häuser verbrannt. / Wo sollt ihr jetzt wohnen auf ihrem Land?“ Folgerichtig schrieben Mu’ammads Chronisten dann in den Koran, daß Gewalt nur als Notwehr zuläßig sei.
Wer „Ideale“ (Freiheit, Glaube, Demokratie) bemüht, um die Entfaltung seiner destruktiven Triebe zu begründen, muß immer falsch liegen, da Ideale innerhalb des Bewußtseins für die Unzulänglichkeit jeder Existenz angestrebt werden müssen - im Bewußtsein, sie nicht erreichen zu können. UND OB das ein religionswissenschaftliches Thema ist! Paulus hat ganze Briefkaskaden darüber geschrieben. Und der Offizier Trakl hat vor seinem frühen Tod geschrieben: „Wanderer tritt still herein; / Schmerz versteinerte die Schwelle. / Da erglänzt in reiner Helle / Auf dem Tische Brot und Wein.“ (2. Fassung)
Tritt still herein" - das erträgt nun mal keine AK 47 oder wie diese Dinger heißen, die manchmal treffen, und es erträgt keine Bomben.
So wenig, wie wir Spitäler ausschließlich für Angestellte im Gesundheitswesen bauen, kann unser Glaube Gegenstand der Erörterung nur seiner selbst sein.
Kurz: Gewalt geht nicht. Wer vermeintliche Glaubensinhalte dazu benutzt, Gewalt zu rechtfertigen, handelt blasphemisch. Wer schießt, trennt sein Opfer von sich selbst - Religion ist das Gegenteil. Wie sagte der geniale Rabbi doch so schön: „Was ihr dem Geringsten der meinen angetan habt, das habt ihr mir getan.“

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möglicherweise die Metaebene ‚was ist RelWiss.‘…

Das ist - mit Verlaub - Kappes. Islamismus ist keine Religion,
sondern eine politische Ideologie, die sich auf islamische
Wurzeln beruft. So, wie sich der Konservatismus der CDU/CSU
auf „christliche Grundwerte“ beruft. … Dadurch wird die Politik der
CDU/CSU noch lange nicht zu einem religionswissenschaftlichen
Thema.

Die Politik der Christsozialen ist über weite Strecken auch nicht (oder nur unterschwellig - wie die Politik aller politisch Handelnden) von weltanschaulich-religiösen Themen oder Dogmen bestimmt. Bei der Muslimbruderschaft dürfte das schon anders aussehen. Hier kann man durchaus erwarten (befürchten, hoffen… wie auch immer man das persönlich bewerten mag), daß religiöse Vorstellungen das Handeln deutlich bestimmen werden.

Das ändert wohl kaum etwas dran, daß -ismus selten Religion denn mehr Ideologie ist, im Fall des Islamismus aber eine mit stark religiösen Einflüssen. Von daher sehe ich die Frage durchaus auch im RelWiss. Brett als berechtigt an.

Martinus

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[MOD] Der Artikel bleibt im Brett
Weitere öffentliche Diskussionen hierzu sind unerwünscht.

fliegerbaer [MOD]

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Hallo

Aber erstmal wurde nur gejubelt, obwohl Organisationen mit
Anspruch auf Schariah-Staaten offensichtlich vor der Tür
standen.

Sind unsere Politiker / Journalisten zu dumm dergleichen zu
erkennen?

Westliche Politik handelt nicht nach menschlicher Vernunft oder im Sinne elementarer Freiheitsrechte, sondern allein im Kontext wirtschaftlicher und strategischer Gewinnoptimierung. Medien sind da in der Regel durch die Politik gebunden, weshalb sich im Mainsteram der Medien auch nur selten Unterschiede sichtbar machen.

Bsp. Syrien; Obwohl schon 2011 Insider und Journalisten vor Ort von bewaffneten islamistischen Gruppen berichtet haben und selbst die erste UN-Mission der arabischen Liga dies in ihrem Bericht festgehalten hat, haben die westlichen Medien nahezu geschlossen solche Berichte als „Assad-Propaganda“ abgetan.

Heute wissen wir das dies nicht war ist und selbst Medien wie das ZDF, die NYT oder der Spiegel „räumen ein“ das diese islamistischen Kampfeinheiten vermutlich schon sehr viel länger aktiv sind bzw. waren.

Den dortigen jungen Revolutionären kann ich keinen Vorwurf
machen.
Sie waren sehr jung und glaubten an einen Rückhalt aus der
Bevölkerung, der so nicht gegeben war - sie haben sich verm.
wirklich verschätzt. Mit 20 passiert einem sowas halt.

Sie spielen meist schon nach den ersten erfolgreichen Protesten keine Rolle mehr, denn die Majoritäten in islamischen Ländern, akzeptieren keine Demokratischen Strukturen und Freiheitsrechte, wie sie etwa durch die UN niedergeschrieben sind.

Unsere Politiker und Auslandsjounalisten sind deutlich älter,
haben bessere Übersicht, mehr Erfahrung und ihre
Nachrichtendienste. Sie hätten die Gefahr direkt sehen müssen

  • wenn sie auch nur im geringsten fähig sind, ihre Jobs zu
    machen.

Die Veränderungen in den arabischen Ländern sind Teil einer geopolitischen Agenda, bei der die westlichen Länder, allen voran die USA, ganz eigene Interessen verfolgen. Zentrales Ziel ist der Iran. Und um es mal ganz deutlich zu machen, die radikalen und islamistischen Strömungen, die der Westen jetzt protegiert, stehen als sunnitisch, salafistische Strömungen ALLE gegen den schiitischen Iran.

Solange man den Iran geschwächt sieht, ist es dem Westen schlicht egal, was dort passiert. Beispiel: Afghanistan, Irak, Libyen

Was soll man jetzt von dieser seltsamen Situation halten?
Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass da tatsächlich
einige extrem religiöse Staaten entstehen?

Wenn sich diese Kräfte durchsetzen, dann 100%.

Sollte man unter
diesen Umständen Assad unterstützen oder stürzen?

Das wäre sicher zuviel des Guten, aber man sollte auf jeden Fall mehr zwischen den Zeilen und in größerer Breite lesen, wenn man sich informieren möchte. Den westlichen Medien wird nicht umsonst Parteilichkeit und Einseitigkeit in der Syrien-Berichterstattung vorgeworfen. Mit Recht.

Warum haben
die streng-islamischen Organisationen (Bruderschaften) solch
starken Zulauf?
Und wie geht man damit am sinnigsten um?

Dazu gibt es einige Theorien, doch dieses Thema ist in seiner Komplexität mehr als dieser Thread fassen kann.

An die MOD:
dies ist teils eine politische Frage, aber da es ganz
wesentlich um Religion geht, eher eine Religiöse - fände es
daher unsinnig, ins Auslandspolitikbrett verschoben zu werden

  • was sicher der erste Gedanke de MOD sein wird.

Religion ist hier m.E. das Kernproblem, daher sollte dies auch
im Religionsbrett diskutiert werden dürfen.

Ich will mich hier nicht in die Entscheidung einmischen, aber ich meine das hier im Themenbereich „Arabischer Frühling“ die Religion schlicht für politische und strategische Zwecke instrumentalisiert wird. Vom Westen ebenso, wie von Seiten der Golfstaaten.

Religion kann sich nicht einfach von Politik abgrenzen.
Religion ist und war immer ein Teil der Politik. Das muss man
auch mal annehmen können und trotzdem die religiösen Aspekte
diskutieren.
Vor allem, wenn sie Grundlage der Politik zu werden drohen.

Kann sie sich doch. Dies geschieht in säkularen Staaten, die es auch in der muslimischen Welt gab. Aber bis auf Syrien und den Libanon, wurden bis dato alle diese Staaten beseitigt und zu islamischen Staaten gemacht. (Irak, Libyen, Afghanistan, Ägypten)

Insofern spielt der religiöse Konflikt zwischen Riad und Teheran schon eine große Rolle, denn für Sunniten und Salafisten sind solche säkularen Staaten gleich mit „gottlosen Staaten“

Gruß