Ist begleiter Suizid Sterbehilfe oder Mord?

Liebe Community,

Die Ärztekammer hatte 2007 Sterbehilfe-Medikamente generell verboten. Nun urteilte das Berliner Verwaltungsgericht: Der begleitete Suizid ist ab sofort für Ärzte in Ausnahmefällen gestattet, bisher mussten Mediziner nach der Garantenpflicht in jedem Fall versuchen, einen Suizidkandidaten zu retten. Begleiteter Suizid bedeutet, unheilbar kranken Patienten Medikamente für den Selbstmord zur Verfügung zu stellen. Was haltet ihr davon? Sollte bei ausdrücklichem Wunsch die Chance zur Sterbehilfe garantiert werden? Oder ist Sterbehilfe Mord?

Auf der einen Seite ist es gut für die die nie mehr normal leben können und nur so vor sich hin vegetieren.
Aber auf der anderen Seite stehen die geldgeilen Erben die Ärzte bestechen könnten um an das Erbe zu kommen.

Das ganze ist also ein zweischneidiges Schwert!

Selbstmordhilfe / Mord sollte generell verboten werden. Und auch generell für Ärzte, da sie gegen ihren hippokratischen Eid verstoßen! Es ist verständlich, bei unheilbaren Krankheiten dem Menschen das Leiden zu nehmen, doch nur weil man früher oder später eh stirbt, ist das noch lange keine Rechtfertigung! Was ist, wenn man heute einen Menschen wegen AIDS sterben lässt und morgen das Gegenmittel draußen ist? Tja, hat der Arzt eine Seele mehr aufm Gewissen… Ich wäre NIE im Leben für sowas. Ich will keine Menschen leiden lassen und sehen, aber sowas geht dann doch entschieden zu weit. Genauso wie man als Vertrauensperson den Steckier ziehen lassen darf. Klarer Fall von Mord, was das Gewissen belastet…

hallo,
die Anfrage stellt ein Gemenge von Fragen dar.

Das krankt u.a. daran, dass der Begriff „Sterbehilfe“ – man möchte fast sagen – kein „Begriff“, sondern ein unklares Bündel von Vorstellungen ist. Ich empfehle dringend, nicht von „Sterbehilfe“ zu sprechen, sondern einen der 7 speziellen Begriffe zu verwenden, damit klar wird, was man meint, nämlich:
Der Begriff „Sterbehilfe“:

Fallgruppe 1
Sterbebegleitung (Pflege, Betreuung, Schmerzlinderung)
Fallgruppe 2:
starke Schmerzbekämpfung, sonstige invasive Medikamentengabe mit Nebenfolge Lebensverkürzung.
Fallgruppe 3:
Hilfe beim Freitod. Assistierter Suizid. Beihilfe zur Selbsttötung (nicht Selbstmord!)
Fallgruppe 4:
lebensverlängernde Behandlung Schwerstkranker beenden, Geräte abschalten usw, wenn KEINE Patientenverfügung:
Fallgruppe 5:
Unterlassen (weiterer) Eingriffe, also Behandlungsabbruch: wegen Verbots in der Patientenverfügung oder des Bevollmächtigten
Fallgruppe 6
Tötung auf Verlangen
Fallgruppe 7:
eigenmächtige Tötungen

Zur letzten Frage: Sterbehilfe kann höchstens in Fallgruppe 7 „Mord“ sein, wobei es sinnvoll ist, in Deutschland heute von „Mord“ nur dann zu sprechen, wenn eines der Mordmerkmale des § 211 StGB vorliegt, also „aus niedrigen Beweggründen“, „heimtückisch“, „grausam“ usw.

Statt „Selbstmord“ sollte man „Freitod“, „Suizid“ oder „Selbsttötung“ verwenden, je nachdem, ob der Schwerpunkt auf der Selbstbestimmtheit, dem freien Entschluss liegt oder nicht.

Und was man von dem oder jenem in diesem Zusammenhang halte? Du liebe Zeit, das hängt davon ab, wie man ethisch oder religiös gepolt ist. So allgemein gefragt, ist keine sinnvolle Antwort möglich.

Harry Harth
Rechtsanwalt in 73614 Schorndorf

Sterbehilfe in solchen Fällen ist meines Erachtens kein Mord,sondern ein Menschenrecht.
Dass Juristen darüber anderer Meinung sein können und diese auch in Ellenlangen nichtssagenden Gutachten belegen können steht auf einem anderen Blatt.
Gruss

haltet ihr davon? Sollte bei ausdrücklichem Wunsch die Chance
zur Sterbehilfe garantiert werden? Oder ist Sterbehilfe Mord?

Zunächst ist es völlig unpassend bei Menschen, die ihr Leid verkürzen wollen, von Selbstmord zu sprechen. Suizid oder Freitod wären dafür die angemesseneren Begriffe. Bei Mord sind immer niedere Beweggründe im Spiel, was bei einem unheilbar kranken Patienten, der sein Leiden beenden will, nicht angenommen werden kann.

Da ein Suizid nach deutschem Recht straffrei ist, ist rechtsdogmatisch auch die Beihilfe dazu straffrei. Entscheidend ist, dass der/die SuizidentIn die Tatherrschaft hat, d.h. den entscheidenden letzten Schritt selber tut.

Strafbar kann man sich bei der Beihilfe nur machen, wenn man dem Suizidenten illegal Medikamente dazu beschafft oder als so genannter Garant, bei Eintritt von Bewusstlosigkeit auf lebensrettende Maßnahmen verzichtet. Letzteres läßt sich allerdings mit einer schriftlichen Modifikation der Garantenpflicht beheben.

Es ist in Deutschland sehr schwer sich geeignete Medikamente selber zu beschaffen bzw. zu wissen, welche Medikamente in welcher Menge und Kombination geeignet sind. Darum sollte man sich gut informieren und vorbereiten. Dazu gehören auch die Auswahl eines vertrauenswürdigen Arztes, der bereit ist einen palliativ bis fast zuletzt zu begleiten.

Wenn möglich sollte die Familie aufgeklärt und einbezogen werden, damit das Sterben in einer vertrauensvollen und harmonischen Weise geschehen kann und niemand traumatisiert wird.

Wer es sich zutraut, kann sich auch mit der Methode des freiwilligen Verzichts auf Nahrung und Flüssigkeit vertraut machen, die gänzlich legal ist und auch in Hospizen und Pflegeheimen heute schon stattfindet. Nähere Informationen dazu finden sich auf der Website fvnf.de.