Ist die Strahlung, die bei der Computertomographie zur Anwendung kommt, auch im Umfeld des Gerätes messbar? Wenn ja, wieweit und in welchem Umfang? Hat das Auswirkungen auf ÄrztInnen, ArzthelferInnen und PatientInnen, die sich sehr oft dort befinden?
Ist die Strahlung, die bei der Computertomographie zur Anwendung kommt, auch im Umfeld des Gerätes messbar?
Jein und Ja - die Primärstrahlung sollte neben dem Gerät bei funktionierender Kollimation kaum messbar sein, (dies gelingt nicht zu 100%, aber idealisiert sollte es so sein, weil dies ab einem bestimmten Ausmaß ein systematischer Fehler ist, der auf schlechte Kollimation hinweist). Was aber eigentlich messbar ist, ist die Streustrahlung, die durch den Patienten bzw. das untersuchte Objekt hervorgerufen wird. Da Menschen größtenteils aus Wasser bestehen und die in der CT verwendete Strahlungsenergie im Bereich von 100kV liegt, ist der Comptoneffekt die primär auftretende Wechselwirkung zwischen Röntgenstrahlung des CT und Patient bzw. Objekt.
Wenn ja, wieweit und in welchem Umfang?
Hauptsächlich ist dies abhängig von der verwendeten Energie der Strahlung (kV) sowie der Anzahl der Röntgenquanten (mAs). Die Energie liegt wie gesagt im Bereich von 100kV; die mAs wird der Objektdicke angepasst. Es gibt noch weitere Parameter, die kV- und mAs-Werte beeinflussen (Alter, Organ, Fragestellung, etc.), aber bleiben wir beim Wesentlichen. Dann ist natürlich bzgl. der Streustrahlung unbedingt die Masse des Patienten zu berücksichtigen. Ein adipöser Mensch wird logisch nachvollziehbar mehr Streustrahlung erzeugen, als ein schlanker. (Wenn Du mir deine Emailadresse schickst, dann könnte ich Dir das Scatterdiagramm zur Streustrahlenverteilung bei medizinischen CT-Untersuchungen aus einem Buch einscannen und mailen. Das wäre am anschaulichsten - dort ist qualitativ die Verteilung der Streustrahlung von Aufsicht und seitlicher Ansicht des CT dargestellt.)
Hat das Auswirkungen auf ÄrztInnen, ArzthelferInnen und PatientInnen, die sich sehr oft dort befinden?
Hier wird’s etwas komisch! Bei einer CT-Untersuchung sollte sich bei der Akquisition außer dem Patienten NIEMAND im Scannerraum aufhalten! In Ausnahmefällen bei sehr instabilen Patienten ist evtl. mal ein Anästhesist noch dabei - aber das war’s, definitiv. Ansonsten sollte mal der Strahlenschutzbeauftragte informiert werden. Dessen Aufgabe ist u.a. die Gewährleitung des personellen Strahlenschutzes und dazu gehört auch, darauf zu achten, dass eben niemand unnötig exponiert wird.
Bei Patienten gilt in der Radiologie grundsätzlich das ALARA-Prinzip: As Low As Reasonably Achievable; quasi so viel wie nötig und so wenig wie möglich. Bedeutet, dass grundsätzlich bei jeder Strahlenexposition vorher eine Nutzen/Risiko-Abwägung zu erfolgen hat. Dies ist leider in der Praxis nicht wirklich so, häufig werden leichtfertig Rö-/CT-Untersuchungen angefordert ohne Diagnostikmöglichkeiten ohne oder mit weniger Exposition in Erwägung zu ziehen - aber das ist ne lange Debatte und gehört nicht zum eigentlichen Thema.
Die Strahelnexposition muss allerdings bei jeder Untersuchung mit ionisierender Strahlung dokumentiert werden. In der CT wird der CTDI (Computer Tomography Dose Index) oder besser noch das DLP (Dose Length Product) angegeben. Im konventionellen Röntgen wird das Dosisflächenprodukt sowie bei digitalen Aufnahmen zusätzlich der Dosisindikator angezeigt.
Hoffe das beantwortet die Fragen soweit!?
Gruß Ti
Guten Tag Herr Illigen,
vielen Dank für die sehr ausführliche Antwort.
Die Streustrahlung hatte ich tatsächlich gar nicht berücksichtigt! Gerne schaue ich mir das Scatterdiagramm an, meine E-Mail-Adresse lautet pguen (at) gmx-topmail (punkt) de . Vielen Dank dafür!
Was die Strahlenexposition angeht, muss ich ergänzen, dass ich das ganze etwas falsch formuliert habe: damit meinte ich auch, ob die umgebenden Außenräume betroffen sind.
Die Frage kam bei mir auf, als ich in einer Praxis erlebte, dass sich eine Art Wartezimmer im Gang vor den CT-Räumen befindet.
Vielen Dank und schöne Grüße!
Was die Strahlenexposition angeht, muss ich ergänzen, dass ich das ganze etwas falsch formuliert habe damit meinte ich auch, ob die umgebenden Außenräume betroffen sind. Die Frage kam bei mir auf, als ich in einer Praxis erlebte, dass sich eine Art Wartezimmer im Gang vor den CT-Räumen befindet.
Es ist in Deutschland so, dass jede Röntgenanlage, wozu ja auch die CT-Installationen gehören, vor einer Inbetriebnahme oder nach baulichen Veränderungen, grundsätzlich von einem unabhängigen sachkundigen Gutachter - in der Regel jemand vom TÜV - abgenommen werden muss, bevor die Inbetriebnahme erfolgen darf. Hierbei werden auch Strahlungsmessungen durchgeführt, die gewährleisten, dass der bauliche Strahlenschutz eingehalten wird. Es gibt zum baulichen Strahlenschutz Datenblätter, die beinhalten Informationen dazu, welcher Baustoff Röntgenstrahlung unterschiedlicher Energie wie genau absorbiert. Anhand dieser Datenblätter werden die Räume gebaut. Egal ob Wartezimmer daneben oder bspw. Stationen im Krankenhaus darüber oder evtl. auch Wohnräume über einer Radiologischen Praxis, ohne die Einhaltung der baulichen Strahlenschutzbestimmungen, wird kein Strahler abgenommen werden. Eine Totalabsorption von Röntgenstrahlung ist physikalisch-mathematisch unmöglich, praktisch allerdings durchaus realisierbar insofern, als dass die Messwerte hinter einer Strahlenschutzwand bspw. im Wartezimmer im Bereich des Rauschens und somit unterhalb der Messschwelle liegen, was quasi Totalabsorption bedeutet.
Google mal nach Strahlenschutzbereichen und informier Dich über Sperrbereich, Kontrollbereich, Überwachungsbereich, da wirst Du noch ganz viel dazu finden.
Vielen Dank und schöne Grüße!
Gerne! Die Scatterdiagramme schicke ich alsbald ich aus dem verlängerten Osterwochenende zurück bin…
Vielen Dank nochmal, über die genannten Bereiche werde ich mich nochmal genauer informieren! Jetzt, wo diese Begriffe fallen, meine ich mich doch erinnern zu können, auch vor Ort in der Praxis von einem „Kontrollbereich“ gelesen zu haben!
Vielen Dank auch für den interessanten Quellenauszug! Tatsächlich hatte ich an den Patienten als Röntgenstrahler nicht gedacht… man lernt immer dazu.
Ebenfalls frohe „Nach-Ostern“ und schöne Grüße!