Hallo Guido,
ich finde es gut, dass Du konstruktive Fragen stellst - darauf möchte ich eingehen:
Und die Fragen, die durch diese Aktion aufgeworfen werden,
müssen erlaubt sein:
Das sind sie auch, solange sie - wie bei Wolfgang Dreyer beispielsweise - sachlich begründet sind. Aber die Macher der Homepage haben sich leider noch keine Mühe gemacht, solche vorzubringen.
„Ist staatlich subventioniertes Theater nötig?“
Ich denke: Ja, solange es nicht ein schwarzes Loch ist, in dem Milliarden spurlos verschwinden und wenn sich die Bevölkerung mehrheitlich mit dem Theater identifizieren kann. Außerdem muss die Verhältnismäßigkeit gegenüber anderen Kultureinrichtungen gewahrt bleiben.
„Wem nützt es, außer den am Theater beschäftigten?“
Es nützt den Menschen, solange die Theatermacher den Menschen im Blickpunkt haben und nicht primär ihre eigene Karriere oder irgendwelche gedanklichen Spinnereien (obwohl das einem Künstler ab und zu auch mal erlaubt sein muss; es muss ja nicht Millionen kosten!).
Beispiel: Das Theater, an dem ich arbeite, hat seit einem Wechsel der Theaterleitung ein ganz anderes Flair: Vorher traditionelle, seriöse Theaterarbeit mit teilweise altgedienten Kräften, aber wenig Bezug zur Jugend der Stadt. Heute tummeln sich bei Vorstellungen viele junge Leute (Kinderchor, Schüler als Statisten) hinter der Bühne, die irgendwie immer in die Theaterarbeit eingebunden werden. Das schafft Bezüge und gibt den Jugendlichen eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung. Die staatlichen Subventionen dafür kann man sich später bei der Bekämpfung von Jugendkriminalität schon wieder einsparen…!!!
„Hat die staatliche Förderung des Theaters in Zeiten leerer
Kassen, drohender Rezession und hoher Arbeitslosigkeit noch
eine Berechtigung?“
Ja, denn warum sollen alleine die Künstler die manchmal sehr dilettantische Finanzpolitik der Kommunen alleine ausbaden? Ich habe den Eindruck, dass bei Finanzministerien die Leute viel zu oft nach dem Parteibuch und nicht nach der sachlichen Kompetenz ausgesucht werden. Warum müssen immer die Künstler zuerst den Gürtel enger schnallen?
Beispiel: Die Auflösung eines Theaters spart für Kommunen oft gar kein Geld oder erst nach 20-30 Jahren, weil die entlassenen Mitarbeiter per Gesetz mit langfristigen Sozialplänen abgesichert werden müssen. Oft ist es finanziell sinnvoller, ein Theater in abgespeckter Version zu erhalten und sich Gedanken um neue Finanzierungsmöglichkeiten (Sponsoring) oder neue inhaltliche Ausrichtungen (Publikumsgewinnung) zu machen. Da gibt es schon verblüffende Ergebnisse!
Oder einfacher(?):
Was gibt der Kulturschaffende der Gesellschaft für die Gelder,
die er erhält, zurück?
Der Künstler hält - im Idealfall - der Gesellschaft einen Spiegel vor, er warnt vor kultureller Verwahrlosung (Beispiel: NS-Zeit) und rüttelt wach bei gesellschaftlicher Gleichgültigkeit. Oft ergreifen Künstler in schweren politischen Zeiten das Wort und initiieren oder begleiten einen neuen Aufbruch (Beispiel: Kurt Masur während der Wende in Leipzig).
Und ich wage sogar, noch einen Schritt weiterzugehen:
Jeder, der als aktiver Künstler in den Genuß staatlicher
Förderung kommt, muß sich diese Fragen selber stellen!
Das tue ich und ich wünsche mir, dass dies alle Künstler tun! Ich weiß, dass ich teilweise von Steuergeldern lebe, aber selber zahle ich auch nicht gerade wenig Steuern…!
Denn Kultur, so schön sie auch sein mag, ist wertlos, wenn sie
sinnlos ist.
Wie definierst Du „sinnlose“ im Gegensatz zu „sinnvoller“ Kultur?
… Meine bescheidene Meinung …
…die interessiert mich…! (Die der anderen auch!)
Herzliche Grüße
Alex