Ist das ein Scherz, Geisteskrankheit oder Ernst?

Hallo alle,

gerade habe ich mit tiefer Bestürzung diese Seite hier entdeckt:

http://www.theatermussnichtsein.de/

Kann sowas wirklich wahr sein? Obwohl heute der erste April ist: Selbst dann wäre das in Zeiten radikaler Kultureinsparungen und Stellenreduzierungen kein guter Scherz im Angesicht tausender arbeitsloser Theaterschaffender. Laut DENIC ist die Seite übrigens seit Anfang März schon online.

Was meint Ihr dazu? Was kann man da machen?

Ratlose Grüße

Alex

*dermitbegeisterungamtheaterarbeitet*

P.S. Hier die ursprüngliche Kampagne des Deutschen Bühnenvereins FÜR das Theater:

http://www.buehnenverein.de/th_muss.htm
(Da kann man sogar kostenlos Material, z. B. ein T-Shirt bestellen!)

Theater
Es ist eine Meinung. Und zwar eine, die provoziert. Ja, Theater muss nicht sein. Manches kannst du auch so klären. Aber dein Lebensunterhalt MUSS abgesichert sein, wenn du Theater machen willst. Das ist wichtig. Ist er nicht abgesichert, solltest du Theater machen und zwar gewaltig.

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

gerade habe ich mit tiefer Bestürzung diese Seite hier
entdeckt:
http://www.theatermussnichtsein.de/

Hallo Alexander,

die Stadt Hamburg leistet sich wie viele andere Städte diverse Stadtsbühnen und etliche aus öffentlichen Mitteln alimentierte Theater. Gleichzeitig soll im Stadtstaat der zweite Bildungsweg über die Fachoberschule abgeschafft werden - wg. Geldmangel! In Schleswig-Holstein wird das Angebot an Abendgymnasien aus dem gleichen Grund zusammen gestrichen, aber auf ungezählten Bühnen wird aus Steuergeldern finanziert, was man für Kultur hält.

Es ist nicht angemessen, den Begriff Kultur von Zweckfreiem und Schöngeistigem besetzen zu lassen. Unser ganzes Leben in allen Facetten ist unsere Kultur. Viele wichtige Gebiete, für die das Geld zu knapp geworden ist, wie z. B. die Schulbildung, gehören auch dazu. Deshalb darf es keine heilige Kuh sein, über Prioritäten neu nachdenken.

Viele Theater und Musicalhäuser wirtschaften ohne Subventionen. Warum soll das nicht überall und grundsätzlich möglich sein?
Für Bestürzung sehe ich keinen Anlaß.

Gruß
Wolfgang

Theater und Kultur
Hi Wolfgang,

Du stellst „alimentiertes“ Theater gegen Fachschule und Abendgymnasium gegenüber. Es wird

aus Steuergeldern finanziert,
was man für Kultur hält.

Noch stärker betonst du weiter:

Es ist nicht angemessen, den Begriff Kultur von Zweckfreiem
und Schöngeistigem besetzen zu lassen. Unser ganzes Leben in
allen Facetten ist unsere Kultur. Viele wichtige Gebiete, für
die das Geld zu knapp geworden ist, wie z. B. die
Schulbildung, gehören auch dazu. Deshalb darf es keine heilige
Kuh sein, über Prioritäten neu nachdenken.

Das ist gerade das Problem der heutigen Kultur, daß die Gesellschaft sich so stark geändert hat, daß die eigenen Wurzeln nicht mehr present sind. Die europäische Kultur basiert sich u.a. auf der antiken Tradition. Die Rolle des Theaters in der griechischen Antike sowie seine staatliche und kultische Funktion kennst du vielleicht aus den Büchern.

Das Theater ist keinesfalls zweckfrei und schöngeistig wie auch alle andere Künste. Unter anderem - ja, aber nicht ausschliesslich.

Eine neue Definition der heutigen Kultur ist fällig, ja. Alle Medien gehören dazu auch. Sport in der Medienform auch. Finanzieren sie sich alle?

Schulwesen ist im Eimer, da gebe ich dir Recht. Da fängt es an. Dann kommt Verzicht auf das Theater, andere musische Künste fast zwangsläufig, weil die Schule die Übernahme der Tradition nicht mehr vermittelt. Es sind nicht nur Politiker und Ingeneure, auch Künstler wissen bald nicht mehr, was zur Kultur gehört.

Viele Theater und Musicalhäuser wirtschaften ohne
Subventionen. Warum soll das nicht überall und grundsätzlich
möglich sein?

Weil die Kunst die Sache der Gesellschaft und des Staates ist, die sich dadurch definieren. Die Kunst ist nur bedingt ein privates Vergnügen.

Für Bestürzung sehe ich keinen Anlaß.

Wenn du vergleichen würdest, wieviel Zeit du für das Theater, Konzert, deine eigene künstlerische Aktivitäten einerseits und für das Fernsehen andererseits ausgibst, und dann dazu parallel Staatsausgaben für die Kultur, Bürokratie, Militär vergleichst, sind wir vielleicht in einem anderen Brett :smile:

Viele Grüße

Ernst gemeint oder Provokation?
Hallo alle.

Daß es sich bei dieser Aktion um etwas „Geistesgestörtes“ handelt, wage ich einfach mal zu bezweifeln. Und ob es ernst gemeint ist oder „nur“ provozieren soll, sei auch einmal dahingestellt.

Aber schon die Diskussion hier zeigt doch, mit welchen unterschiedlichen Reaktionen verschiedene Menschen mit verschiedenen Hintergründen diese Aktion aufnehmen.

Und die Fragen, die durch diese Aktion aufgeworfen werden, müssen erlaubt sein:
„Ist staatlich subventioniertes Theater nötig?“
„Wem nützt es, außer den am Theater beschäftigten?“
„Hat die staatliche Förderung des Theaters in Zeiten leerer Kassen, drohender Rezession und hoher Arbeitslosigkeit noch eine Berechtigung?“

Oder einfacher(?):
Was gibt der Kulturschaffende der Gesellschaft für die Gelder, die er erhält, zurück?

Und ich wage sogar, noch einen Schritt weiterzugehen:
Jeder, der als aktiver Künstler in den Genuß staatlicher Förderung kommt, muß sich diese Fragen selber stellen!

Denn Kultur, so schön sie auch sein mag, ist wertlos, wenn sie sinnlos ist.

… Meine bescheidene Meinung …

Grüße,
der GUido

Hallo Wolfgang,

Du schreibst:

Viele Theater und Musicalhäuser wirtschaften ohne
Subventionen. Warum soll das nicht überall und grundsätzlich
möglich sein?

Bildung und Kultur müssen meines Erachtens bezahlbar sein. Und zwar auch für einen Arbeitslosen oder Kinder oder gleich finanziell schlechtgestellte Menschen in unserer Gesellschaft. Ich denke doch, darüber sind wir uns aus bitteren Erfahrungen in der Vergangenheit alle einig.

Ich persönlich verdiene ganz gut, aber eine Musical-Karte kann ich mir gerade mal so leisten.

Mach die Augen auf: Ein Theater, das gute Stücke aufführt und aber bezahlbare Eintrittspreise nimmt, arbeitet niemals wirtschaftlich. Das ist eine Mähr’!

Für Bestürzung sehe ich keinen Anlaß.

Ich allerdings auch nicht. Zwischen den Radikalen liegt die beste Lösung.

Viele Grüße
Jana

Woher sollen wir das wissen?
Moin Alexander!
Moin an alle, die schon was dazu geschrieben haben!

Ich finde es gibt hier sehr interessante Diskussionsansätze.
Aber die Frage ist doch:

Was meinen die Macher der Seite denn nun wirklich mit ihrem Aufruf?

Sie halten es ja anscheinend noch nicht einmal für nötig Argumente und Erklärungen zum Thema zu liefern.
Sie sagen lediglich, dass man unterschreiben soll und dass sie die Unterschriften öffentlich machen wollen.

Ich habe mir auch das .pdf-Dokument angeschaut, da hat man auch nicht die Möglichkeit selbst anzugeben, warum man meint, dass Theater nicht sein muss.

Ich selbst habe in einem recht bekannten Amateurtheater gespielt und musikalische Beiträge für einige Stücke geliefert.
Dort kamen auch schonmal Sprüche, was das Ganze überhaupt soll und ob das einen Sinn hat.

Ich würde da gar nicht weiter drüber nachdenken, weil ohne Argumente und klare Aussagen über das „Warum?!“ sind solche Aktionen nicht viel mehr als blaue Luft!

Das ist zumindest das, was ich erlebt habe.
Wenn jemand konstruktive Kritik oder realisierbare Verbesserungsvorschläge anbringt, dann sieht das natürlich anders aus.

Beiträge wie „…weil es kein Freibier gibt.“ oder „…weil ich lieber ins Kino gehe.“ (siehe Link „Meinungen“) sind einfach nur Blabla.

Auf Fragen, deren Beantwortung mehr Einblick in die Ziele dieser Aktion bringen könnten wie „who the fuck ist Brettschneider ???“ (zugegeben: keine schöne Formulierung, aber eine berechtigte Frage) und „sorry, ich habe die aktion nicht verstanden. was genau ist bitte euer ziel?“ wird anscheinend überhaupt nicht eingegangen, obwohl diese Beiträge schon seit mehreren Tagen drinstehen.
Jemand, der sich für den Erfolg seiner Sache einsetzt würde darauf eingehen und die Seite schnellstmöglich entsprechend ändern bzw. erweitern.

Ganz ehrlich, für mich ist das so lange nur die blödsinnige Idee eines Theaterhassers, bis diese Person selbst (also Herr Brettschneider) in der Lage ist vernünftig zu erklären, welche Hintergründe die Aktion hat und wofür sie letztendlich gut sein soll!

Gruss
Lanzelot

Guten Abend, Peet!

der Initiator der diese Diskussion auslösenden Internetseite ist nach meiner Einschätzung ein Mensch, der etwas „um die Ecke denkend“ seinem Protest gegen Subventionskürzungen im Theaterbereich Ausdruck geben möchte. Das ist sein gutes Recht. Mich stört daran nur die Gleichsetzung von Kultur und Theater sowie der fehlende Bezug zu den Beträgen, um die es geht.

Theatersubventionen sind keine Peanuts. Es geht bei einigen Häusern jährlich um 9stellige Beträge. Sieht man sich die Dinge im Detail an, muß das Steueraufkommen ganzer Industriegebiete nur für den Unterhalt eines einzigen Theaters aufgewendet werden. Einige Verantwortliche scheinen den Bezug zur Realität verloren zu haben. Zur Veranschaulichung: Das gesamte Aufkommen an Lohn- und Einkommensteuer von etwa 10.000 Vollzeit-Berufstätigen wird Jahr für Jahr nur für den Betrieb der Hamburger Staatsoper eingesetzt. Sieht man sich den Haushalt eines Bundeslandes an - ich nehme nicht den Extremfall Berlin mit haarsträubenden Schieflagen der Prioritäten - und vergleicht die Theater -und Orchestersubventionen mit den Kosten für eine komplette Universität, dem gesamten Berufsschulwesen oder den allgemeinbildenden Schulen, reichen die „Kultur“-Subventionen in die gleiche Größenordnung.

Konkret: Das Thalia-Theater in Hamburg hat einen Etat von 35. Mio, davon sind 30 Mio. Subventionen (1994). Bei 216.000 Besuchern jährlich wird jeder Besucher mit 138 DM subventioniert.
Die Hamburgische Staatsoper wird mit ca. 100 Mio. jährlich subventioniert (1994). Bei 400.000 Besuchern liegen jeden Abend auf jedem Stuhl DM 250,–. Um wieder das rechte Verhältnis zum Geld herzustellen, vergegenwärtige man sich, daß ein Angestellter etwa 1.000 DM Lohnsteuer im Monat bezahlt, also etwa 45 DM/Tag. 5 bis 6 Steuerzahler arbeiten für nichts weiter, als diesen einen einzigen Sitzplatz während einer einzigen Vorstellung zu finanzieren. Wird der Irrwitz deutlich?

Diese beiden Häuser habe ich nicht zufällig ausgewählt, denn in deren kaufmännische Struktur hatte ich um das Jahr 1994 intime Einblicke. Dabei darf man offenkundig keinem Kulturschaffenden mit den Niederungen des Geldes begegnen. Eine schier unglaubliche Arroganz läßt die Verantwortlichen an jedem Spieltag Millionenbeträge buchstäblich verbraten und treibt jedem kaufmännisch denkenden Menschen die Tränen in die Augen. Mit dem eigentlichen Spielbetrieb ist nur eine Minderheit des Personals befaßt. Ein gewaltiger Administrationswasserkopf macht aus den Theatern Beschäftigungsmaschinen mit einer großen Zahl von Beschäftigten, bei denen niemand genau weiß, womit sie den Tag verbringen. Strukturen des öffentlichen Dienstes, gepaart mit Kulturbetrieb- das Ergebnis ist ein Apparat zur Geldvernichtung und Kritiker der Verhältnisse finden sich als Kulturbanausen mundtot gemacht am Pranger.

In Berlin sehen die Verhältnisse noch weit schlimmer aus. Die Stadt ist pleite und pumpt Jahr für Jahr einen Milliardenbetrag nur in die Theater! Ursprünge in der griechischen Antike hin oder her, es hat sich eine massive Schieflage in den Ausgaben der öffentlichen Hand eingebürgert, wenn es gleichzeitig durch Schuldächer regnet.

Gruß
Wolfgang

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Hallo Guido,

ich finde es gut, dass Du konstruktive Fragen stellst - darauf möchte ich eingehen:

Und die Fragen, die durch diese Aktion aufgeworfen werden,
müssen erlaubt sein:

Das sind sie auch, solange sie - wie bei Wolfgang Dreyer beispielsweise - sachlich begründet sind. Aber die Macher der Homepage haben sich leider noch keine Mühe gemacht, solche vorzubringen.

„Ist staatlich subventioniertes Theater nötig?“

Ich denke: Ja, solange es nicht ein schwarzes Loch ist, in dem Milliarden spurlos verschwinden und wenn sich die Bevölkerung mehrheitlich mit dem Theater identifizieren kann. Außerdem muss die Verhältnismäßigkeit gegenüber anderen Kultureinrichtungen gewahrt bleiben.

„Wem nützt es, außer den am Theater beschäftigten?“

Es nützt den Menschen, solange die Theatermacher den Menschen im Blickpunkt haben und nicht primär ihre eigene Karriere oder irgendwelche gedanklichen Spinnereien (obwohl das einem Künstler ab und zu auch mal erlaubt sein muss; es muss ja nicht Millionen kosten!).
Beispiel: Das Theater, an dem ich arbeite, hat seit einem Wechsel der Theaterleitung ein ganz anderes Flair: Vorher traditionelle, seriöse Theaterarbeit mit teilweise altgedienten Kräften, aber wenig Bezug zur Jugend der Stadt. Heute tummeln sich bei Vorstellungen viele junge Leute (Kinderchor, Schüler als Statisten) hinter der Bühne, die irgendwie immer in die Theaterarbeit eingebunden werden. Das schafft Bezüge und gibt den Jugendlichen eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung. Die staatlichen Subventionen dafür kann man sich später bei der Bekämpfung von Jugendkriminalität schon wieder einsparen…!!!

„Hat die staatliche Förderung des Theaters in Zeiten leerer
Kassen, drohender Rezession und hoher Arbeitslosigkeit noch
eine Berechtigung?“

Ja, denn warum sollen alleine die Künstler die manchmal sehr dilettantische Finanzpolitik der Kommunen alleine ausbaden? Ich habe den Eindruck, dass bei Finanzministerien die Leute viel zu oft nach dem Parteibuch und nicht nach der sachlichen Kompetenz ausgesucht werden. Warum müssen immer die Künstler zuerst den Gürtel enger schnallen?
Beispiel: Die Auflösung eines Theaters spart für Kommunen oft gar kein Geld oder erst nach 20-30 Jahren, weil die entlassenen Mitarbeiter per Gesetz mit langfristigen Sozialplänen abgesichert werden müssen. Oft ist es finanziell sinnvoller, ein Theater in abgespeckter Version zu erhalten und sich Gedanken um neue Finanzierungsmöglichkeiten (Sponsoring) oder neue inhaltliche Ausrichtungen (Publikumsgewinnung) zu machen. Da gibt es schon verblüffende Ergebnisse!

Oder einfacher(?):
Was gibt der Kulturschaffende der Gesellschaft für die Gelder,
die er erhält, zurück?

Der Künstler hält - im Idealfall - der Gesellschaft einen Spiegel vor, er warnt vor kultureller Verwahrlosung (Beispiel: NS-Zeit) und rüttelt wach bei gesellschaftlicher Gleichgültigkeit. Oft ergreifen Künstler in schweren politischen Zeiten das Wort und initiieren oder begleiten einen neuen Aufbruch (Beispiel: Kurt Masur während der Wende in Leipzig).

Und ich wage sogar, noch einen Schritt weiterzugehen:
Jeder, der als aktiver Künstler in den Genuß staatlicher
Förderung kommt, muß sich diese Fragen selber stellen!

Das tue ich und ich wünsche mir, dass dies alle Künstler tun! Ich weiß, dass ich teilweise von Steuergeldern lebe, aber selber zahle ich auch nicht gerade wenig Steuern…! :wink:

Denn Kultur, so schön sie auch sein mag, ist wertlos, wenn sie
sinnlos ist.

Wie definierst Du „sinnlose“ im Gegensatz zu „sinnvoller“ Kultur?

… Meine bescheidene Meinung …

…die interessiert mich…! (Die der anderen auch!)

Herzliche Grüße

Alex

Hi Wolfgang,

deine Relativierung des Vorwurfes kommt mir gut entgegen.

Wenn es um die Entbürokratisierung des Theaters geht, um seine Entfernung vom Betrieb, um sein Wiederkehr zu der Kunst, bin ich voll dabei. Man könnte dann wirkich viel sparen.

Auch dann würde die Subventionierung nötig bleiben. Auch dann würde das Theater ein Teil der öffentlichen Kultur bleiben.

Und dann könnte man vielleicht auch an anderen Stellen genauso vorangehen und sparen. Es wäre vielleicht möglich, noch weiter Utopien sich vorzustellen.

Aber in der Realität wird es zunächst an den Schulen, dann an der Kunst gekürzt. Weil es mit den Vorgaben besser so ist. Man habe doch für die Kultur immer weniger Geld, ja, ja…

Viele Grüße

Auch dann würde die Subventionierung nötig bleiben. Auch dann
würde das Theater ein Teil der öffentlichen Kultur bleiben.

Hallo Peet,

zu Subventionen gibt es unterschiedliche Meinungen, die Größenordnung ist es aber, die eine breite, öffentliche Diskussion erforderlich macht.

Teils offen, teils unterschwellig schwang seit Jahrzehnten immer die gleiche Lobby die Argumentationskeule, daß im Dritten Reich ja auch die Theater und die Freiheit der Kunst zurecht gestutzt wurden. In die Nähe solchen Verdachts möchte niemand kommen und so ließ man lieber eine abgehoben arrogante Kaste gewähren, der es völlig gleichgültig zu sein scheint, wo das angeblich erforderliche Geld letztlich erwirtschaftet werden muß.

Um ein paar Millionen in einem Landeshaushalt braucht man nicht lange zu diskutieren. Aber hier geht es um 3 Zehnerpotenzen höhere Beträge, die in jedem einzelnen Landesetat einfach verschwinden. Wer sich darüber aufregt, muß sich anhören, das sei alles nötig, um den einfachen Leuten den Theaterbesuch zu ermöglichen. So wursteln sie dann weiter und halten einen 1000-Mann-Betrieb aufrecht, um Theater zu spielen.

Gruß
Wolfgang

Hallo,

wer sich über Kosten und Personalstand einiger ausgewählter Häuser der Theaterszene informieren möchte, kann dies z. B. hier tun: http://www.google.de/search?q=cache:uvDC90rmr6gC:www…

Gruß
Wolfgang

zu Subventionen gibt es unterschiedliche Meinungen, die
Größenordnung ist es aber, die eine breite, öffentliche
Diskussion erforderlich macht.

Also die Größenordnung. Wie viele Theater wieviel Subvention bekommen. Und wofür.

Die große Theaterkultur der nach-Shakespeare-Zeit ist aus der Hofkultur entstanden. Bürgerliche Instituten machten nach, was kein Hof mehr kann. Die Städte wollten es übernehmen, der Staat auch. Warum? Weil es ein Konsens in der Gesellschaft darüber herrschte.

Es waren aber früher die Geldgeber, die die Kunstaufträge bestimmten, die einen entlassen und ein Werk verbieten konnten.

Heute sind es meist Intendanten, die Insitution hat sich verselbständigt, wie auch viele andere.

Es wird nicht nach der Qualität der Kunst gerechnet, sondern nach dem Betriebsprinzip. Eigentliche Geldgeber - die Politiker - haben kein Verständnis für die Kunst und wagen es nicht, auf sich eine Entscheidung zu nehmen, was bleibt und was geschlossen wird. Alle andere Hintergründe kennt man, ich muß hier nicht alles referieren.

Teils offen, teils unterschwellig schwang seit Jahrzehnten
immer die gleiche Lobby die Argumentationskeule, daß im
Dritten Reich ja auch die Theater und die Freiheit der Kunst
zurecht gestutzt wurden. In die Nähe solchen Verdachts möchte
niemand kommen und so ließ man lieber eine abgehoben arrogante
Kaste gewähren, der es völlig gleichgültig zu sein scheint, wo
das angeblich erforderliche Geld letztlich erwirtschaftet
werden muß.

Aus meiner Sicht lässt es sich eher mit der allgemeinen Entwicklung der Kultur erklären. Deine Idee finde ich zu weit geholt und zu ideologisch. Es ist keinesfalls nur innerdeutsches Problem.

Um ein paar Millionen in einem Landeshaushalt braucht man
nicht lange zu diskutieren. Aber hier geht es um 3
Zehnerpotenzen höhere Beträge, die in jedem einzelnen
Landesetat einfach verschwinden. Wer sich darüber aufregt, muß
sich anhören, das sei alles nötig, um den einfachen Leuten den
Theaterbesuch zu ermöglichen. So wursteln sie dann weiter und
halten einen 1000-Mann-Betrieb aufrecht, um Theater zu
spielen.

Darüber hätte man auch streiten können. Ein Theaterbesuch soll für einfache Leute erst dann möglich sein, wenn ihr Bildungsniveau (=schulische Vergangenheit) sie daran teilnehmen lässt, was eine Kunst ist. Es betrifft Regisseuere genauso. Die Kunst ist an sich elitär. Strassentheater (OFF etc.) sind auch gut, und Kasperl auch, und sie leben auch ohne Subvention. Andererseits für Wagner brauchst du wirklich Hunderte von Mitarbeiter. Und die kannst du nicht nur einmal im Jahr beschäftigen. Und so schwebt es schon vor, daß alle Elemente der Kultur zusammenhängen. Und wenn ein Teil runter geht, dann gehen auch die anderen, nur ganz bisschen später.

Und dann bleibt genug Geld für alles , nur nicht für Kultur. Dann werden wir auch nicht mehr streiten. :smile:

Liebe Theaterfans,

der Bund Deutscher Amateurtheater hat mal einen Aufkleber herausgebracht, der lautete: „Theater muss sein!“, weniger diktatorisch als vielmehr ironisierend und abfedernd an die Redewendung anlehnend „muss denn so ein Theater sein?“

Nun lassen sich Menschen, vor allem aus dem Milieu der Künstler, nicht gerne mit Aufklebern konfrontieren, die sagen, was sein müsse. Und so begreife ich die debattierte Homepage nicht nur in der Umkehrung dieses Slogans, sondern auch in ihrer optischen Gestaltung an den Aufkleber anlehnend, als gewollt, und nicht als gemeint.
Als Hinweis darauf mag auch das Guestbook genannt sein, dessen Kommentare doch ganz offensichtlich designt sind.

Um zurück und letztendlich zu den Künstlern zu kommen, die meinen Kreis schließen sollen, so passt nicht nur ins Bild, dass eine derartige Ironisierung Einblick in das Amateurtheaterwesen voraussetzt, sondern auch die Gewissheit, dass eine derartige Provokation einen großen Meinungsaustausch forciert.

In Wahrheit haben wir es also mit Theaterfreunden zu tun, und ich glaube, ihr Plan hat funktioniert.

Beste Grüße,
Freleng