Ist das Mord?

Ist das juristisch Mord (oder Totschlag), StGb 211, 212?

Aus einem Krimi:

A weiß, dass die Person C nach seinem Leben trachtet. Er überredet darum den Obdachlosen B, der ihm entfernt ähnlich sieht, sich in seinem Hotelzimmer aufzuhalten.
A verschwindet (mit viel Geld, hinter dem C her ist) ins Ausland.
B wird, wie von A zumindest in Betracht gezogen, von C für A gehalten und erschossen.

Ist das von A Mord? Er kann ja nichts dafür, dass C ein Mensch ist, der es normal findet, Menschen in Hotelzimmern zu erschießen. Anderseits hat er genau das Erschießen ja in Kauf genommen.

Vermutlich hängt es von weiteren Bedingungen und Beweggründen ab.

Gruß
Karl

Hallo,

Ich sehe zumindest das Mordmerkmal der Habgier erfüllt. Da der Täter C sich auf die Tat vorbereitet, indem sie eine Waffe organisiert und damit in das Hotel geht, fällt auch die Schuldminderung durch den Affekt weg. Vielleicht kommt auch Heimtücke hinzu, wenn sich heraus stellt, dass C davon ausging, dass A nicht bewaffnet und damit wehrlos war.

Dass C „aus Versehen“ B ermordete, weil er ihn fälschlich für A hielt, macht aus meiner Sicht keinen Unterschied.

Grüße
Pierre

Es geht aber um A. Das C ein Mörder ist, steht mE außer Frage.

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Ich tippe mal auf Beihilfe… Was ist denn in dem Krimi rausgekommen?

Au weia. Das habe ich glatt übersehen. Ich bitte um Entschuldigung @Karl2.

In diesem Fall sehe ich in Deutschland zumindest §138 StGB „Nichtanzeige einer geplanten Straftat“ als erfüllt.

Und wie @Brian_Basco sehe auch ich §27 StGB „Beihilfe“ erfüllt.

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

Denn ohne den Vorsatz, den Obdachlosen B in das Hotelzimmer zu laden, wäre der Mord an ihm nicht möglich gewesen. Und dass C der Person A „nach dem Leben trachtet“ hast Du deutlich ausgeführt, @Karl2.

Aber das Mordmerkmal sehe ich nicht erfüllt. Denn A hat nicht aktiv an der Tötung teilgenommen. Er hat es „nur“ billigend in Kauf genommen, dass B zu Tode kommt.

Grüße
Pierre

Als Täter wird auch bestraft, wer die Straftat nicht selbst, sondern durch einen anderen begeht (§ 25 Abs. 1 Var. 2 StGB). Typisches Beispiel: Der Arzt zieht eine Spritze mit Gift auf, um eine Patientin zu töten. Die nichts ahnende Krankenschwester verabreicht die Spritze. Dieser Fall ist unproblematisch, weil die Krankenschwester als „Werkzeug“ des Arztes mangels Vorsatz straflos bleibt (§§ 15, 16 Abs. 1 S. 1 StGB).

Schwieriger sind die Fälle, in denen wie hier auch das „Werkzeug“ voll verantwortlich eine Straftat begeht. Diskutiert werden solche Konstellationen unter dem Stichwort „Täter hinter dem Täter“. Die herrschende Lehre in den Rechtswissenschaften hält eine Täterschaft des „Hintermanns“ unter anderem dann für möglich, wenn dieser bei dem „Vordermann“ einen Error in persona verursacht. Letzteres meint genau den Irrtum, dem C erliegt: Er irrt über die Identität des Opfers. Es geht, vereinfacht gesagt, um die Frage, ob der „Hintermann“ die Tat genug will und lenkt, um als Täter gelten zu können.

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Danke für die Erklärung @anon40760011

Bin ja juristischer Laie, und da kann man schnell auch mal komplett daneben liegen.

“Beihilfe“ (§27 StGB) kann ich mir aber nicht vorstellen. C möchte ja keinesfalls B, den er gar nicht kennt, töten. Von daher leistet A ja keine Hilfe, sondern täuscht C.

Von daher frage ich mich auch, ob § 25 hier den springenden Punkt trifft. A ist ja kein Mittäter und auch kein Täter im Hintergrund wie ein Mafiaboss (der zum Glück als Mörder gilt, wenn man ihm denn nachweisen kann, das er die Tat mitgeplant hat), sondern er vermutet, dass C ihn umbringen will und begeht nun eine eigene Tat: Er lässt den ahnungslosen B ins offene Messer laufen.
Extrem fies. Aber welche Tat hat er nun juristisch genau begangen?

Unstrittig dürfte sein, dass C mindestens Totschläger, höchstwahrscheinlich Mörder ist. Dass er B statt A erschießt, dürfte keine große Rolle spielen.

Guybrush, ich glaube, ich habe erst beim zweiten lesen deinen Beitrag richtig verstanden. Verstehe ich richtig: Wenn ein Gericht zu dem Schluss kommt, dass A, der C gewissermaßen auf B umlenkt, die Tat “genug will und lenkt“, würde es A als Mörder (oder Totschläger) verurteilen?

Du hast mich im Grunde richtig verstanden. Ich habe allerdings von der „herrschenden Lehre in den Rechtswissenschaften“ gesprochen, nicht von der Rechtsprechung. Die Gerichte äußern sich ja nur, wenn es einen konkreten Fall zu entscheiden gibt. Kann man dadurch zum (mittelbaren) Täter werden, dass man absichtlich einen Error in persona hervorruft? Die herrschende Lehre sagt Ja. Da sollte es mich fast ein bisschen wundern, wenn die Gerichte das zurückhaltender bewerten würden. Aber ob es einschlägige Entscheidungen gibt, weiß ich nicht.

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