Ist der Begriff Altweibersommer unangemessen?

Liebe Experten, ich schreibe immer wieder für unsere Betriebszeitung und habe letztens Beschwerden bekommen, weil ich vom Altweibersommer geschrieben habe. Ist der Begriff heute wirklich nicht mehr angemessen oder kann man ihn durchaus verwenden?
Dankeschön!

Altweibersommer
Der Altweibersommer, auch gerne als die fünfte Jahreszeit bezeichnet, wird auch "der Sommer auf den Verlass ist " genannt. Nach einem eher kühlen und regenreichen Sommer vermag er uns wieder versöhnlich zu stimmen und präsentiert uns die Natur von der schönsten Seite. Jetzt heisst es den Garten noch einmal richtig geniessen! Diese Farbenpracht, das herrliche Licht und überall diese silbernen Spinnenfäden, am morgen Tau behangen, glitzern sie wie kostbare Perlenketten. Für viele Menschen die schönste Zeit im Jahr.
 
Aus meteorologischer Sicht
Die Meteorologen bezeichnen den Altweibersommer als eine Singularität, einen so genannten Witterungsregelfall. Damit sind Wetterlagen gemeint, die zu bestimmten Zeitabschnitten im Jahr mit überdurchschnittlicher Wahrscheinlichkeit auftreten.
Der Altweibersommer ist eine spätsommerliche Schönwetterperiode mit stabilem warmem, sonnigem Wetter. Meist beginnt er Mitte/Ende September und dauert bis etwa Mitte/Ende Oktober, vereinzelt auch bis Anfang November. Häufig entsteht zu dieser Zeit ein für mehrere Tage oder Wochen beständiges Hochdruckgebiet über Mitteleuropa, mit kühlen, klaren Nächten und warmen, fast windstillen Tagen. Es entsteht durch ein Angleichen der Temperaturen von Land und Wasser, mit der Folge geringer Luftdruckunterschiede.
Andere in unseren Breiten bekannte Witterungsregelfälle sind die Hundstage, die Eisheiligen und die Schafskälte.
 
Herkunft und Bedeutung
Die Bezeichnung ‚Altweibersommer‘ ist erst seit etwa 1800 gebräuchlich. Vorher teilte man die Jahreszeiten nur in Sommer und Winter ein. Den Frühling bezeichnete man als jungen Weibersommer, den Herbst als alten Weibersommer. Weib oder noch schlimmer altes Weib klingt in der heutigen Zeit alles andere als schmeichelhaft. Die altdeutsche Herkunft des Wortes ‚weiben‘ hat aber nichts mit unserem heutigem Sprachgebrauch zu tun. ‚Weiben‘ stand ganz allgemein für weben, insbesondere jedoch auch für das Knüpfen von Spinnweben.
Über dem warmen Boden entwickeln sich tagsüber Aufwinde. Von diesen lassen sich junge Spinnen an ihren Fäden in die Höhe tragen, um dann mit einer seitlichen Luftströmung durch die Luft zu schweben. Sie tun das, um sich ein eigenes Revier zu suchen und gleichzeitig einen Platz für die Überwinterung zu finden. Nach kühlen Nächten bilden sich Tautröpfchen auf den herumschwebenden Fäden und den Spinnnetzen. Diese glitzern in der Morgensonne wie sorgfältig, aufgereihte Perlen.
 
Mythologie
Die feinen grau glänzenden Spinnfäden erinnern an die Haare alter Frauen, das ist eine Erklärung für den Namen „Alt-Weiber-Sommer“. Früher als die Menschen noch vertrauter waren mit Mythen, glaubten sie jedoch Lebensfäden zu sehen, gesponnen von alten weisshaarigen Schicksalsgöttinnen. Vielerorts wurde auch die Jungfrau Maria als Urheberin der Seidenfäden betrachtet. So sprach man auch vom ‚Mariensommer‘, ‚Marienfäden‘, ‚Marienseide‘ oder von ‚Marienhaar‘. Verfingen sich solche Spinnfäden in den Kleidern, so sollte dies Glück bringen. Oder kranke Augen sollte man mit dem Tau, der in den Spinnweben hängt, befeuchten. Ausserdem hielt der Volksglaube die Spinnfäden auch für Gespinste von Elfen und Zwergen.
 
Altweibersommer im Garten
Charakteristisch für den Altweibersommer sind, neben dem schönen Wetter, eine relativ plötzliche und starke Laubverfärbung. Diese wird durch die grossen Temperaturschwankungen von Tag und Nacht ausgelöst.
Bäume, Sträucher und Stauden verzaubern den Garten mit ihrem neuen Farbkostüm. Es ist ein grosses Finale, das uns die Natur so beschert. Die Tage des draussen sitzen, essen und feiern sind gezählt. Ein Hauch von Melancholie und Abschied hängt in der Luft. Denn auf den Altweibersommer folgt leider meist nasses, kaltes Herbst- und Winter-Wetter. Eine Bauernregel besagt denn auch:
„Wenn viele Spinnen kriechen, sie schon den Winter riechen“.

Es dreht sich um eine Lautverschiebung von weben zu weiber…
Der Altweibersommer hat seinen Namen von den Spinnweben (-fäden), mit denen sich im Herbst kleine Spinnen vom Winde verwehen lassen.
Im Englischen nennt sich der Altweibersommer neben der üblicheren Bezeichnung Indian Summer auch gossamer und das wiederum hängt ebenfalls mit den feinen Spinnweben zusammen, die wie gaze (sic… auch hier die selbe Wortwurzel wie gossam) leicht und luftig durch die Landschaft segeln.

Mir erscheint der Begriff überhaupt nicht sexistisch, falls Ihre Kolleginnen und Kollegen das meinen. Alte Frauen werden in unserer Gesellschaft viel zu wenig gewürdigt. Allerdings hat das Wort „Altweibersommer“ von seinem Ursprung gar nichts mit alten Frauen zu tun, sondern mit der Bezeichnung für das Spinnen von Fäden. Es ist daher mit den Spinnweben, nicht den Spinnweibern verwandt.
Die Artikel hierzu könnten Regale füllen, googeln Sie einfach ein bisschen. Ein gelungenes Beispiel finden Sie hier: http://www.wasistwas.de/natur-tiere/die-themen/artik…

Meiner Meinung nach kann man feststehende, historisch überlieferte und landläufig gebräuchliche Begriffe aus der Volksetymologie nicht einfach einer sprachlichen Mode opfern. Der Begriff ‚Altweibersommer‘ leitet sich von ‚weiben‘ = ‚weben‘ (von Spinnweben zwischen den Bäumen im Wald) her und wurde in der Volkssprache eben zum Altweibersommer. Sie könnten diesen Begriff in Anführungszeichen setzen und ihn somit auf eine höhere Metaebene hieven - damit wäre der Forderung Ihrer Kritiker Genüge getan, weil Sie damit auf die allgemeine Gebräuchlichkeit hinweisen, ohne jedoch ‚einzuknicken‘.
Um unserer Sprache willen: BITTE BLEIBEN SIE STANDFEST! Verändert ist schnell mal was - es geht letztendlich auf Kosten der Identität und Sprachschönheit. ALLE Sprachen haben solche Besonderheiten, genau das macht ja auch das Heimatgefühl - sprich: die Identifikation der Sprachbenutzer mit ihrer Sprache aus (ich BIN Linguistin!). Stellen Sie sich mal vor, Kanada würde den berühmten ‚Indian Summer‘ einer entsprechenden Forderung opfern und in etwas Passendes aus der Biologiesprache umbenennen! Undenkbar!

Man sieht ja, was (im deutschsprachigen Raum) passieren kann, wenn man verkopfte Bürokraten und lieblose Regulierer ranlässt: ‚Weihnachtsengel‘ wurde zur ‚geflügelten Jahresendfigur‘ - no comment! Wo kämen wir hin, wenn schöne alte, emotional besetzte Begriffe durch demokratische Abstimmung entsorgt und umbenannt würden!

Alles Gute - und bitte setzen Sie sich durch!

Hallo Timo,

all Deine Fragen beantwortet:
http://de.wikipedia.org/wiki/Altweibersommer

Gruß,
Andreas

Wie man hier http://www.anwaltseiten24.de/toplinks/presse/pressem… nachlesen kann, ist der Begriff nicht frauenfeindlich - falls das mit angemessen gemeint war.

Hallo Timo,

keine Sorge, den Begriff kannst Du bedenkenlos verwenden - zumindest, solange keine Emanzen der unwissenden, ignoranten und angriffslustigen Art in Deiner Nähe sind.

Der Begriff „Altweibersommer“ hat nämlich nichts mit alten Frauen zu tun, die aus heutiger Sicht etwas abwertend bezeichnet werden, sondern mit den (alten) Spinnweben (= „weiben“), die im Herbst bei Sonnenlicht auf den Wegen und in den Büschen glitzern.

Übrigens war der Begriff „Weib“ früher auch nicht abwertend, sondern der reguläre Begriff für Frauen: man und wîb/wîp. Die frouwe hingegen war eine Edelfrau, mit der sich der gemeine Mann nicht abgeben durfte: herre und frouwe.
Insofern sind die Frauen also im Laufe der Zeit uns gegenüber aufgestiegen und heute zumindest sprachlich alle adlig. :wink:

Schöne Grüße
Frank

Ist der Begriff
heute wirklich nicht mehr angemessen oder kann man ihn
durchaus verwenden?
Dankeschön!

Servus,

man muss schon wenig gelesen haben, wenn man sich über die Verwendung des Begriffs ‚Altweibersommer‘ mokieren will. Das ist wohl einer der Fälle, wo die Neigung zum Meckern nach einem Objekt (oder Subjekt?) sucht.

Hier passende Links:

http://wortschatz.uni-leipzig.de/abfrage/
http://www.dwds.de/?qu=Altweibersommer

In der ‚Zeit‘ findet der DWDS 119 Fundstellen mit ‚Altweibersommer‘ und diese Zeitung ist ja nicht gerade für einen reißerischen Umgang mit der Sprache bekannt.

Gruß und nicht unterkriegen lassen

Kai Müller

Hallo Timo,

der Begriff Altweibersommer ist richtig, siehe Definition.

MfG
Lothar

hi,
ich denke dazu folgendes:

ein begriff / ein wort ist nicht per se angemessen oder unangemessen, sondern immer nur in bezug auf eine sprachgemeinschaft oder eine sprecherInnengruppe.

in einer gruppe mit erhöhtem feministischen sprachinteresse mag „altweibersommer“ unangebracht sein. „weib“ ist heute ein abwertendes wort für „frau“, obwohl das historisch nicht stimmt. „wîp“ war mittelhochdeutsch die normale bezeichnung für einen menschen weiblichen geschlechts; „frouwe“ war die weibliche form zu „fro“, was „herr“ hieß. (heute noch in „fronleichnam“.) „frouwe“ war also die „herrin“.

in verbindung mit „alt“ hören manche menschen halt eine abwertung von frauen. „alte weiber“ hat viele abwertende „konnotationen“ (assoziationen); das ist halt so.

in einer sprachgeschichtlich sehr reflektierten gemeinschaft, die das alles kennt, mag der begriff sogar „nett“ sein. in einer gruppe, die sprachlich mit sehr wenig sensibilität ausgestattet ist, fällt der begriff nicht als unangemessen, sondern allenfalls als unbekannt auf. (wenn ich manche schüler fragen würde, was sie unter A. verstehen, würde ich auf große verwunderung über ein noch nie gehörtes wort stoßen.)

wenn du einen text schreibst, schreibst du ihn für ein publikum; für leserInnen. wenn du weißt, wie deine leserInnen „ticken“, kannst / sollst / musst du dich z.t. nach ihnen und ihren erwartungen richten, damit du gut verstanden wirst. d.h. nicht, dass du dich sprachlich anbiedern oder prostituieren sollst. du musst die leserInnen aber dort „abholen“, wo sie sind.

ist das wort „geil“ angemessen? in einem bericht an den aufsichtsrat vermutlich ja. im leserbrief an eine „coole“ jugendzeitung vermutlich nein. ist das wort „humanressourcen“ unangemessen? im bericht an den aufsichtsrat vermutlich nicht. im zeitungsartikel über die drohende entlassungswelle vielleicht schon.

m.

Hallo Timo,
Altweibersommer bezeichnet eine Jahreszeit, in der kleine Spinnen ihre Fäden fliegen lassen, die wie silberne Haare aussehen. Der Begriff ist durchaus gebräuchlich und m.E. durchaus nicht unangemessen oder gar beleidigend. Vielleicht sollten sich die Kollegen einmal näher über ihn informieren…
Gruß Renate

Ist der Begriff „Altweibersommer“ heute wirklich nicht
mehr angemessen oder kann man ihn durchaus verwenden?
Dankeschön!

Lieber Timo,
ausnahmsweise finde ich es sehr brauchbar, was Wikipedia dazu sagt (s.u., besonders das Ende). Vielleicht greifst Du das Thema in der nächsten Ausgabe nocheinmal auf?
LG, Matuja

Begriffsherkunft

Der Name leitet sich von Spinnfäden her, mit denen junge Baldachinspinnen im Herbst durch die Luft segeln. Mit „weiben“ wurde im Althochdeutschen das Knüpfen der Spinnweben bezeichnet. In norddeutschen Dialekten nennt man die Altweibersommerfäden Metten, Mettken oder Mettjen (als Verkleinerungsform von Made, das heißt, man hielt sie für Raupengespinst). Wegen der lautlichen Ähnlichkeit wurde dieser Begriff wohl volksetymologisch zu Mädchen umgedeutet.

Im Volksglauben wurden diese Spinnweben aber auch für Gespinste von Elfen, Zwergen, der Nornen oder der Jungfrau Maria („Marienfäden“, „Mariengarn“, „Marienseide“, „Marienhaar“ oder „Unserer Lieben Frauen Gespinst“, „Mutter Gottes Gespinst“) gehalten. Weitere Bezeichnungen sind Ähnlsummer, Frauensommer, Mädchensommer, Mettensommer, Mettkensommer, Metjensommer, Witwensömmerli, Liebfrauenhaar und fliegender Sommer. Im Volksglauben nahm man an, dass es baldige Hochzeit verheißt, wenn sich fliegende Spinnfäden im Haar eines jungen Mädchens verfangen.

Das Landgericht Darmstadt hat im Jahr 1989 festgestellt, dass die Verwendung des Ausdrucks Altweibersommer durch die Medien keinen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte von älteren Damen darstellt.[1]

Hallo Timo,
ich glaube nicht, dass es eine Frage der Zeit ist, ob dieser Begriff angemessen ist. Dieser Begriff ist ein fester Bestandteil der deutschen Sprache und jeder kann damit was anfangen. Natürlich sagt heute niemand mehr „Altweiber“ oder auch „Weiber“. Ich denke, der Begriff ist schon sehr, sehr alt. Aber wie soll man die Zeit der weißen Fäden sonst beschreiben. Jeder weiß, welche Zeit im Jahr gemeint ist. Frag doch die Leute einfach mal, welchen Begriff sie selbst für diese Zeit vorschlagen oder schreib einfach Spätsommer.
Grüße von Angelika