Ist der Bundestag noch eine Volksvertretung?

Was meint ihr?

Ich meine, dass ich das Problem überhaupt nicht verstehe.

Die „Juristen im Bundestag“ setzen sich ja nicht von selbst da rein, sondern werden von ihren Wählern in dem Wahlkreis reingewählt. Und wenn die das so wollen, dann ist es halt so.

Viel mehr wundert es mich dabei, dass es Wahlkreise gibt, die 18-jährige ohne jede fachliche Ausbildung und Lebenserfahrung in den Bundestag wählen.

Aber wie gesagt, das muss jeder selbst wissen, wo er sein Kreuz macht.

Gruß
Dea

Hallo

Ich meine, dass ich das Problem überhaupt nicht verstehe.
Die „Juristen im Bundestag“ setzen sich ja nicht von selbst da
rein, sondern werden von ihren Wählern in dem Wahlkreis
reingewählt. Und wenn die das so wollen, dann ist es halt so.

Die Juristen im Bundestag darfst du ruhig ohne Gänsefüßchen schreiben, die sind nämlich real. Und direkt in den Bundestag gewählt wird auch nur die eine Hälfte der Parlamentarier, und die auch oft nur mit relativer Mehrheit, die andere Hälfte rutscht über die Landesliste der gewählten Partei rein.

Dass der Bundestag formal nach wie vor eine gewählte Volksvertretung ist, ändert nichts an dem realen Problem, dass er es faktisch eben doch nicht ist und in seiner Zusammensetzung für die ihm verliehenen Machtbefugnisse wenig fachkundig und handlungsfähig - mit allen Folgeproblemen. Welche dies aus meiner Sicht sind, habe ich ausführlich geschildert.

Viel mehr wundert es mich dabei, dass es Wahlkreise gibt, die
18-jährige ohne jede fachliche Ausbildung und Lebenserfahrung
in den Bundestag wählen.

Und damit wäre der 18-jährige ein (seltener) originärer Vertreter der wahlberechtigten Heranwachsenden. Die Frage ist, welche weitergehende „Lebenserfahrung“ ein Jurist mitbringt, der gewohnt ist, jeglichen Sachverhalt durch die §§-Brille zu betrachten. Der kennt das „wahre Leben“ doch wohl auch eher nur aus zweiter Hand, nämlich von seinen Mandanten. Wenn er überhaupt jemals in die Verlegenheit kam, nach dem Studium etwas anderes gemacht zu haben als Politik.

Aber wie gesagt, das muss jeder selbst wissen, wo er sein
Kreuz macht.

Freilich muss er das, wenn er sein Wahlrecht dauerhaft legitimieren will. Aber man darf wohl die Diskussion darüber anstoßen, ob jeder Wähler dieser Verpflichtung, zu wissen was er in der Wahlkabine tut, auch immer nachkommt.

Gruß
smalbop

Hallo,

Schwerlich. Aber ein gewisser Prozentsatz Selbstdarstellung
statt Inhalt ist schon seit der Antike auch in der Politik
erlaubt und vom Publikum sogar gewünscht, ein anderer Shooting
Star hat damit gerade einen Riesen-Wahlerfolg eingefahren,
obwohl seine Partei mit ihrer neoliberalen
Laissez-faire-Ideologie zu den geistigen Wegbereitern der
Weltfinanzkrise gehörte.

wovon er freilich nichts mehr wissen will,
grad neulich bei der Illner hat so dezidiert
von der „sozialen Marktwirstschaft“ parliert
die er vertritt, als wäre er Ludwig Erhard
persönlich! :wink:

Aber vielleicht wollte der Wähler in
seinem unerforschlichen Ratschluss ja nur, dass der Herr als
Vizekanzler nun die Suppe auslöffelt, die er uns mit
eingebrockt hat. :smile:

Den Teufel mit dem Beelzebub austreiben hat eine
lange Tradition!

Gruß
Powenz

Hallo,

Naja, wenig reizvoll? Glücklicherweise (?) gibt es für den
Bundestag nach wie vor mehr Bewerber als freie Plätze.

gewiss, aber gemessen den potentiell in Frage
kommenden und den Erwünschten ist die
Zahl ein rechtes Armutszeugnis. Gehe einmal
zu einer Ortsverein- oder Kreistagssitzung,
dann siehst du was ich meine.

Vielleicht waren das halt eher die Intellektuellenparlamente
der 70er Jahre mit ihrer anderen parteipolitischen
Zusammensetzung. Findest du nicht auch, dass die Reden damals
geschliffener und die Debatten interessanter waren?

Ja, das mag aber auch mit meiner Parteiverdrossenheit
zusammenhängen und damit, dass mir die Geduld fehlt
diesen gebetsmühlenartigen, stereotypischen
aussagelosen Reden zuzuhören. Meine Frau freut
sich immer, wenn ich ihr bei einem Interview
sage, was gleich für eine Antwort kommt.
Die sind schlimmer, als die Interpretationen
der Fußballspieler nach einem Spiel.

Das traurige ist exakt, dass heute ein Bürgermeister allein
mit gesundem Menschenverstand und mit dem Sachverstand, die
Nöte der Mehrzahl seiner Wähler zu verstehen, nicht mehr
arbeiten kann.

Und nicht nur das, das zieht sich durch die gesamte
Gesellschaft. Ein Könner ohne Studium hat in
keinem Unternehmen mehr eine Chance z.B.
Ein soziologisches Unding eigentlich.

Gruß
Powenz

Hallo,

Soviel ich weiß, war bei Thoma nur die Rede vom
„Einser-Juristen“. Das ist dann anscheinend eine Mutation, die
ohne Paragrafen zu denken nicht mehr in der Lage ist.

Wovon dieser alte Witz handelt:

Gib einem Philosophie- und einem Jurastudenten ein
Telefonbuch in die Hand, der Philosoph fragt:
„Was soll ich damit.“
Und der Jurist fragt: „Bis wann muss ich das
auswendig können.“

Gruß
Powenz

Gluabst du denn, dass Minister wirklich viel bewegen? Die
Ministerialbürokratie aller Ressorts sitzt die doch auf einer
Popobacke aus und schmeißt den Laden weiter, egal, wer pro
forma am Ruder sitzt.

Hi,

smalbop!

Das dachte ich auch. Bis ich einige Kultusminister/Innen erlebte und mir frühere zurückwünschte. (Mal ganz abgesehen, was man aus der Ministerialbürokratie so hörte …) Es ist NICHT egal.
Oder denk an: Schily, Ulla usw.
Hannes

Ja. Wo ist das Problem?

Mit jeder Wahlperiode verstärkt sich der Prozess, dass der
Bundestag sich immer einseitiger aus Angehörigen einer ganz
bestimmten Berufsgruppe zusammensetzt […]
Juristen.

In Summe sind das in der jetzt zuende gegangenen Wahlperiode
16 etwa 25% aller "Volks"vertreter, bei 0,25 %
Bevölkerungsanteil entspricht das einer einhundertfachen
Überrepräsentierung.

Ja, und? Die Verfassung schreibt nicht vor, dass im Parlament jede Berufs-, Glaubens-, Volkstanz- und sonstige Gruppe mit dem ihr in der Gesellschaft zukommenden Gewicht (und nur mit diesem) vertreten sein müßte.

Entscheidend ist: Das Volk hat sie gewählt. Bei den direkt gewählten Kandidaten versteht sich das von selbst. Bei nach Nachrückern über die Listen der Parteien hat der Wähler dadurch, dass er der Partei seine Zweitstimme gegeben hat, es der Partei überlassen zu entscheiden, wer in das Parlament einzieht. In diesem Sinne sind alle Abgeordeten - ob Jurist oder nicht - vom Wahlvolk legitimiert und damit eine echte Volksvertretung.

Wenn dem Wähler nicht paßt, wer da so auf den Parteilisten steht, dann hilft nur eins: selbst politisch aktiv werden, will heißen sich in einer Partei engagieren oder einen eigenen Laden gründen. Das macht allerdings Arbeit. Da ist nörgeln zugegebenermaßen um einiges einfacher (fast so wie Nichtwählen).

Fachkompetenz ist offensichtlich zweitrangig. Hauptsache, man
hat gelernt, zu reden und um Paragrafen herumzulavieren. Und
genauso sieht unser Land mittlerweile auch aus.

Job des Parlaments ist es, Gesetze zu gestalten und zu beschließen. Da ist es nicht per se verkehrt, wenn im Parlament jemand sitzt, der von Berufs wegen weiß, wie Gesetze funktionieren, und deshalb auch weiß, was er tut. Man läßt ja auch sein Auto in der Regel lieber vom Automechaniker als vom Friseur reparieren. Und gemessen an dem (rechtlichen) Unfug, der bisweilen das Parlament verläßt, können im Parlament eigentlich gar nicht genug Juristen sitzen. Und im übrigen ist es mitnichten so, dass Juristen nur Recht und sonst nichts können …

Richter, Rechtsanwälte, Staatsanwälte, Notare

ja, das sind in der Tat Juristen. Immer.

Rechtspfleger,
„Verwaltungsfachleute“ (ja, auch dort machen sie sich breit,
das sind beileibe nicht alles Verwaltungsfachwirte),
„Wahlbeamte“, Abgeordnete (als Berufsangabe, ***grins***),
„Präsidenten, Minister, Senatoren“ (wo kann ich das
studieren?), „Partei-, Gewerkschafts-, Verbandssekretäre und
-funktionäre“

Nein. Das können Juristen sein, müssen aber nicht. Und ich bin sicher: nicht mal ein Viertel derer, die im Parlament diese Bezeichnungen führen, ist tatsächlich Jurist.

Es liegt auf der Hand, dass diese Berufsgruppe im Parlament
nicht das mindeste Interesse daran hat, deregulierend zu
wirken,

Das ist eine Behauptung, die wir ohne empirischen Beleg (den es kaum geben dürfte) ohne weiteres als Unfug abheften können. Im übrigen irrt gewaltig, wer meint, weniger Regelung bedeute automatisch auch weniger Streit. Da lehrt die Praxis anderes.

im Gegenteil, denn damit würde sie sich und ihren
Partnern in der nebenberuflich weiter betriebenen
Anwaltssozietät ja den Ast absägen, auf dem sie sitzt.

Ach daher weht der Wind. Es ist der gute alte Neid: die bösen Juristen machen sich schon im Job wider das gesunde Volksempfinden die Taschen voll und bekommen dann auch noch aus dem Steuersäckel fette Diäten obendrauf. Das erklärt einiges (und entwertet das wenige was nicht schon aus anderen Gründen wertlos war).

Bekanntlich ist Wissen = Macht, und Rechtswissen so ist „dank“
immer mehr ausufernder Gesetze mittlerweile notwendiges
Herrschaftswissen in Politik und Verwaltung geworden.

Gesetze sind öffentlich, können im Internet problemlos heruntergeladen werden. Und wer Gesetze nicht versteht, kann sich für klar berechenbare Kosten (RVG) an jeder Ecke jemanden anheuern, der sie ihm erklärt.

Was meint ihr?

Forget it.

Das ist eine Schande für einen
Abgeordneten. Entweder ist er Volksvertreter, dann darf das
Volk auch wissen ob er für sie arbeitet, weil er vom Bürger
bezahlt wird oder er arbeitet für andere Interessengruppen.

Der Abgeordnete ist nach der Verfassung seinem Gewissen verpflichtet und sonst niemandem. Und er ist erst recht kein Anstreicher, der vom Bürger gesagt bekommt, wo und wie er zu malen hat, und dafür ein Honorar bekommt. Das nennt sich freies Mandat.

Kann der
Wissen, was des Volkes Begehr ist?

Muß er nicht und soll er auch nicht von der Grundidee her (Empfiehlt sich aber, wenn er wiedergewählt werden will).

Gib einem Philosophie- und einem Jurastudenten ein
Telefonbuch in die Hand, der Philosoph fragt:
„Was soll ich damit.“
Und der Jurist fragt: „Bis wann muss ich das
auswendig können.“

Hmmm, ich hab das mit Medizinern (bis wann) und Juristen (warum?) kennen gelernt.
Ist wohl vielseitig und je nach Bedarf einsetzbar :smile:

Hmmm, ich hab das mit Medizinern (bis wann) und Juristen
(warum?) kennen gelernt.

Sowas wird natürlich gerne adapiert! :smile:)

Ist wohl vielseitig und je nach Bedarf einsetzbar :smile:

Das natürlich auch!

(…) Hauptsache, man hat gelernt, zu reden (…).

So ist es.
Das Wichtigste ist, dass man Reden kann.
Joschka Fischer ist wohl das beste Beispiel dafür.
http://www.hdg.de/lemo/html/biografien/FischerJoschk…

Gruß
karin

Hallo,

Mit jeder Wahlperiode verstärkt sich der Prozess, dass der
Bundestag sich immer einseitiger aus Angehörigen einer ganz
bestimmten Berufsgruppe zusammensetzt.

wie hättest du es denn gern ?
Quoten-Regelung ? Auswahl nach dem Zufallsprinzip ?
Letzteres wäre eine interessante Idee.
Keine Wahl mehr, sondern entsprechend eine Auswahl von etwas über
1000 Bürgern mit den Methoden der Meinungsforscher ermittelt.
Diese werden dann verdonnert, 4 Jahre lang zum „bundestagsabgeordnen“
(tolle Wortschöpfung, was ?) mit entsprechender Entlohnung natürlich.
Das wäre dann eine richtige Volksvertretung ohne Fraktionen im
Parlament.
Die fachlich qualifizierten Regierungsmitglieder könnten ja dann von
den Parteien den Volksvertretern vorgeschlagen und von diesen gewählt
werden.
Diese müßten dann jedesmal ihre Gesetzesvorlagen,nur vor dem Parlament
den Volksvertretern schmackhaft machen.
Gruß VIKTOR

Hallo

Wie ich es gerne hätte?

Ich hätte gern, dass sich die Bürger ein bisschen mehr Gedanken darüber machen, warum sich in diesem Land seit Jahrzehnten immer weniger bewegt - und mit ihrer Wahlentscheidung helfen, diesen Zustand der Stagnation zu überwinden. Das Prinzip der Wahl der Abgeordneten durch die Wähler stellte und stelle ich nicht infrage und ich wüsste nicht, wo man das meinen Ausführungen entnehmen kann.

Gruß
smalbop

Mit jeder Wahlperiode verstärkt sich der Prozess, dass der
Bundestag sich immer einseitiger aus Angehörigen einer ganz
bestimmten Berufsgruppe zusammensetzt […]
Juristen.

In Summe sind das in der jetzt zuende gegangenen Wahlperiode
16 etwa 25% aller "Volks"vertreter, bei 0,25 %
Bevölkerungsanteil entspricht das einer einhundertfachen
Überrepräsentierung.

Ja, und? Die Verfassung schreibt nicht vor, dass im Parlament
jede Berufs-, Glaubens-, Volkstanz- und sonstige Gruppe mit
dem ihr in der Gesellschaft zukommenden Gewicht (und nur mit
diesem) vertreten sein müßte.

Die Verfassung schreibt das nicht vor, aber du musst dich von dem Gedanken freimachen, dass alles, was man in diesem Lande als gut und richtig oder falsch und schlecht benennt, nur dann gut und richtig oder falsch und schlecht ist, wenn es auch ein Gesetz gibt, dass das so definiert. Ich bin einfach der Meinung, dass die gegebene Zusammensetzung des Bundestages nach Berufsgruppen von Übel ist und nehme mir das zu äußern heraus - einfach so und ohne Paragrafen.

Entscheidend ist: Das Volk hat sie gewählt. Bei den direkt
gewählten Kandidaten versteht sich das von selbst.

Na, wenn man die relative Stimmenmehrheit als echte Legitimation gelten lassen will…die kann nämlich durchaus auch bei nur 30 % aller Erststimmen liegen. Damit wird der Volks- dann wohl eher zum Minderheitenvertreter.

Bei nach
Nachrückern über die Listen der Parteien hat der Wähler
dadurch, dass er der Partei seine Zweitstimme gegeben hat, es
der Partei überlassen zu entscheiden, wer in das Parlament
einzieht. In diesem Sinne sind alle Abgeordeten - ob Jurist
oder nicht - vom Wahlvolk legitimiert und damit eine echte
Volksvertretung.

In diesem Sinn, genau. Dieser Sinn ist aber eher Unsinn, da das Volk in seiner Vielfalt nicht mal dem Papier nach noch vertreten wird.

Wenn dem Wähler nicht paßt, wer da so auf den Parteilisten
steht, dann hilft nur eins: selbst politisch aktiv werden,
will heißen sich in einer Partei engagieren oder einen eigenen
Laden gründen. Das macht allerdings Arbeit. Da ist nörgeln
zugegebenermaßen um einiges einfacher (fast so wie
Nichtwählen).

Keineswegs ist das die einzig mögliche Abhilfe. Es würde genügen, einen Moment innezuhalten, den Wahlzettel zu lesen, nachzudenken und erst dann seine zwei Kreuzchen zu machen.

Fachkompetenz ist offensichtlich zweitrangig. Hauptsache, man
hat gelernt, zu reden und um Paragrafen herumzulavieren. Und
genauso sieht unser Land mittlerweile auch aus.

Job des Parlaments ist es, Gesetze zu gestalten und zu
beschließen.

Unter anderem. Falls er feststellt, dass es eines Gesetzes bedarf.

Da ist es nicht per se verkehrt, wenn im
Parlament jemand sitzt, der von Berufs wegen weiß, wie Gesetze
funktionieren, und deshalb auch weiß, was er tut.

Meines Erachtens wäre es wichtiger zu wissen, wie sich Gesetze auswirken. Die sind ja kein Selbstzweck. Und ob die sehr einseitig vorgebildeten Abgeordneten sich über die Auswirkungen ihrer Gesetze in allen Lebensbereichen immer so recht im klaren sind, wage ich zu bezweifeln. Sonstwäre die mittlere Halbwertszeit unserer Gesetze ja auch nicht in stetigem Sinken begriffen. Zumindest aber wissen die Abgeordneten, wie man Gesetze so formuliert, dass der Durchschnittsbürger aber auch ganz bestimmt einen Juristen braucht, um sie zu verstehen.

Man läßt ja
auch sein Auto in der Regel lieber vom Automechaniker als vom
Friseur reparieren.

Nur, wenn es wirklich etwas zu reparieren gibt. Die Frage ist doch erst mal, ob das der Fall ist. Im Zweifel darf man aber wohl davon ausgehen, dass der Automachaniker immer etwas finden wird, ganz gleich, wie der Zustand des Fahrzeugs ist.

Und gemessen an dem (rechtlichen) Unfug,
der bisweilen das Parlament verläßt, können im Parlament
eigentlich gar nicht genug Juristen sitzen.

Bezüglich Halbsatz 1 bin ich einer Meinung, deine Schlussfolgerung in Halbsatz 2 finde ich allerdings ausgesprochen lustig. Ich bin schon darauf gespannt, ob in der Zukunft der Grad des Unfugs schneller oder langsamer wächst als der Anteil der Juristen im Parlament - oder vielleicht eine direkte Proportionalität besteht. Man könnte es auch kurz und knackig formulieren mit dem altbekannten Sprichwort: „Zu viele Köche verderben den Brei.“

Rechtspfleger,
„Verwaltungsfachleute“ (ja, auch dort machen sie sich breit,
das sind beileibe nicht alles Verwaltungsfachwirte),
„Wahlbeamte“, Abgeordnete (als Berufsangabe, ***grins***),
„Präsidenten, Minister, Senatoren“ (wo kann ich das
studieren?), „Partei-, Gewerkschafts-, Verbandssekretäre und
-funktionäre“

Nein. Das können Juristen sein, müssen aber nicht. Und
ich bin sicher: nicht mal ein Viertel derer, die im Parlament
diese Bezeichnungen führen, ist tatsächlich Jurist.

Man könnte deine Sicherheit wie gesagt durch die Lektüre der betreffenden Lebensläufe erschüttern, aber es ändert sowieso nichts an der bestehenden Schieflage, die, völlig zugegeben, vom in der Masse eher unkritischen Wähler selbst verursacht ist.

Es liegt auf der Hand, dass diese Berufsgruppe im Parlament
nicht das mindeste Interesse daran hat, deregulierend zu
wirken,

Das ist eine Behauptung, die wir ohne empirischen Beleg (den
es kaum geben dürfte) ohne weiteres als Unfug abheften können.

Was man primär „abheften“ kann, ist die Gesetzesflut ohne praktische Notwendigkeit. Und ich bin ja auch nicht der erste, der die abnehmende Qualität und zunehmende Quantität dessen, was den Bundestag verlässt, untersucht.
http://www.abendblatt.de/politik/deutschland/article…
Aber vielleicht bin ich der erste, der das mit der zunehmenden Anzahl an angeblichen „geborenen Fachleuten für Gesetzestexte“ im Parlament in Verbindung bringt.

Im übrigen irrt gewaltig, wer meint, weniger Regelung bedeute
automatisch auch weniger Streit. Da lehrt die Praxis anderes.

Die Praxis lehrt, dass in Deutschland pro Jahr derzeit 1,9 Millionen Streitigkeiten bei den erstinstanzlichen Gerichten enden. Ich habe gerade keine Zahl parat, wage aber einfach mal die Behauptung, dass es zu Kaiser Wilhelms Zeiten signifikant weniger waren. Der Gegenbeweis darf gerne angetreten werden.

im Gegenteil, denn damit würde sie sich und ihren
Partnern in der nebenberuflich weiter betriebenen
Anwaltssozietät ja den Ast absägen, auf dem sie sitzt.

Ach daher weht der Wind. Es ist der gute alte Neid: die bösen
Juristen machen sich schon im Job wider das gesunde
Volksempfinden die Taschen voll und bekommen dann auch noch
aus dem Steuersäckel fette Diäten obendrauf. Das erklärt
einiges (und entwertet das wenige was nicht schon aus anderen
Gründen wertlos war).

Das einzige was hier wertlos ist, sind deine Unterstellungen meiner angeblichen Beweggründe einschließlich tendenziöser Wortwahl („gesundes Volksempfinden“).

Bekanntlich ist Wissen = Macht, und Rechtswissen so ist „dank“
immer mehr ausufernder Gesetze mittlerweile notwendiges
Herrschaftswissen in Politik und Verwaltung geworden.

Gesetze sind öffentlich, können im Internet problemlos
heruntergeladen werden. Und wer Gesetze nicht versteht, kann
sich für klar berechenbare Kosten (RVG) an jeder Ecke jemanden
anheuern, der sie ihm erklärt.

Es wird wie gesagt schon dafür gesorgt, dass sie keiner versteht.
Und das RVG (Erstfassung übrigens 1935) ist auch nur so ein protektionistisches Schutzgesetz von denjenigen und für diejenigen, die allen anderen Wasser (das freie Spiel der Kräfte am Markt) predigen, selbst aber lieber „BRAGO“-Wein trinken.

smalbop

Hallo

Wie ich es gerne hätte?
Ich hätte gern, dass sich die Bürger ein bisschen mehr
Gedanken darüber machen, warum sich in diesem Land seit
Jahrzehnten immer weniger bewegt

das wäre ein anderes Thema.

Wahlentscheidung helfen, diesen Zustand der Stagnation zu
überwinden. Das Prinzip der Wahl der Abgeordneten durch die
Wähler stellte und stelle ich nicht infrage und ich wüsste
nicht, wo man das meinen Ausführungen entnehmen kann.

Doch, indirekt schon.
Dein ganzer Beitrag beschäftigt sich NUR mit der Zusammensetzung des
Parlaments.
Wenn man diese verändern wollte ginge es eben nicht mehr wie bisher.
Man müßte das (Grund-)Gesetz ändern
Man könnte auch eine Proporz-Demokratie installieren:
http://de.wikipedia.org/wiki/Proporzdemokratie
oder auch ein Proporz-Parlament, wie Dir es genehmer wäre…
Wie dies zu zustande kommen könnte, da habe ich nur ein mögliches
Beispiel für die Schaffung einer paritätischen Parlamentsbesetzung
genannt.(etwas humoristisch formuliert)
Mit unserem Wahlsystem ist es nicht zu machen.Die Parteien selbst
bestimmen im Voraus die Kandidaten.Wenn dies zu 90% Menschen aus
Dienstleistungsberufen sind hat der Wähler kaum Einfluß auf eine
paritätische Parlamentsbesetzung ob er sich nun „mehr Gedanken“
macht (Dein Wunschdenken, s.oben) oder nicht.

Gruß VIKTOR

falsches Untersuchungsobjekt
Hallo,

Ich hätte gern, dass sich die Bürger ein bisschen mehr
Gedanken darüber machen, warum sich in diesem Land seit
Jahrzehnten immer weniger bewegt

ich frag mich, warum Du Dich mit den Bundestagsabgeordneten beschäftigst. Wer sitzt denn demnächst zusammen und klamüsert den Koalitionsvertrag aus, nach dem das Land dann in den nächsten vier Jahren regiert wird? Der Bundestag oder Abordnungen von drei Parteien?

Die Bundestagsabgeordneten werden dann in den Ausschüssen noch die Details diskutieren und dann hat sich die Sache. Will sagen: Seit ich politisch interessiert bin, wird Politik nicht im Bundestag gemacht, sondern in Parteigremien. Vor gut zehn Jahren gab es dazu mal einen sehr interessanten Artikel in der ZEIT, den ich hier aber nicht griffbereit habe. Darin wurde schön herausgearbeitet, daß unser politisches System seit Jahrzehnten verfassungswidrig ist, weil eben die Entscheidungen nicht im BT getroffen werden.

Dein lustiges Beruferaten solltest Du also in den Führungsgremien der Parteien (gut, ist bei der SPD eher eine Lebensaufgabe) und in den Regierungen (d.h. bei den Ministern) fortsetzen. Da wirst Du m.E. zu anderen Ergebnissen kommen, ohne daß ich das jetzt nachgeschaut hätte. Zumindest bei rot-grün erinnerte die Regierungsbank ja mitunter an eine alternative Kommune.

Gruß
C.

Hallo
Währe schön wenn es nur so ein wenig an der Verfassung vorbei ginge.
die Abgeordneten lassen sich zu oft von Lobbyisten manipulieren.Die haben ja schon des öfteren einen Schreibtisch in Ministerien und arbeiten an der Gestaltung von Gesetzen.Im Stern habe ich einen Artikel mit der Überschrift ( Sind wir eine Zuschauerdemokratie )gelesen.Ich meine dies trifft zu.Wie oft geschieht es das die Wirtschaft Politik erpresst.Einige Politiker halten auch Reden in denen gesagt wird: wir müssen uns der modernen Globale Marktwirtschaft anpassen.die Zeiten von sozialpolitisch geprägter Politik sind von Gestern.
Sie übersehen allerdings das die Globale Weltwirtschaft nach den Regeln wie vor der 4000 Jahren weiter geführt wird, und die Mehrheit der Länder Diktatorisch regierte Länder oder Scheindemokratien sind.

Hallo

Dein lustiges Beruferaten solltest Du also in den
Führungsgremien der Parteien (gut, ist bei der SPD eher eine
Lebensaufgabe) und in den Regierungen (d.h. bei den Ministern)
fortsetzen.

Gute Idee, mache ich gleich.

Da wirst Du m.E. zu anderen Ergebnissen kommen,

Das befürchte ich auch, nämlich zu noch extremeren.

ohne daß ich das jetzt nachgeschaut hätte.

Ich auch nicht, aber bei den Bundesministern weiß ich ungefähr, wer was gelernt hat. Schaun mer mal.
http://www.bundesregierung.de/Webs/Breg/DE/Bundesreg…

Aaaaaalso:
SPD: 8 Minister, davon 4 Juristen = 50 %
Union: 7 Minister + 1 Kanzlerin, davon 4 Juristen = 50 %

Regierung Merkel I insgesamt somit 50 % Juristen.

Zumindest bei
rot-grün erinnerte die Regierungsbank ja mitunter an eine
alternative Kommune.

Schaun mer auch da mal.

http://de.wikipedia.org/wiki/Kabinett_Schr%C3%B6der_II

SPD: 10 Minister + 1 Kanzler, davon 5 Juristen = 45 %
Grüne: 3 Minister, davon 0 Juristen = 0 %

Kabinett Schröder II somit 33 % Juristen.

Auch noch schlimm genug, wenngleich ich mir unter einer alternativen Kommune etwas anderes vorstelle. (Zumindest beherrschte in dem Kabinett - im Gegensatz zum designierten - der Außenminister ein verhandlungssicheres Englisch.)

Und: Seeehr fraglich, ob Merkel II weniger als die bisher erreichten 50 % zustande bringt.

Gruß
smalbop

Hallo,

Auch noch schlimm genug, wenngleich ich mir unter einer
alternativen Kommune etwas anderes vorstelle. (Zumindest
beherrschte in dem Kabinett - im Gegensatz zum
designierten - der Außenminister ein verhandlungssicheres
Englisch.)

Fischer spricht auch kein dolles Englisch, wie ich an anderer Stelle schon erwähnte. Er hat sich damit nicht nur einmal blamiert, was ihn aber nicht zu einem schlechten Außenminister machte.

So oder so kann ich Deine Abneigung gegen Juristen nicht verstehen. Sie sind mir allemal lieber als Massen von Ungelernten, Sozialpädagogenn und Lehrern - zumindest als Abgeordnete.

Gruß
Christian

Hallo Christian

So oder so kann ich Deine Abneigung gegen Juristen nicht
verstehen.

Das hört sich so an, als hätte ich eine generelle Abneigung gegen Juristen. Das ist nicht der Fall. In deutschen Kanzleien, Gerichtsgebäuden und Staatsanwaltschaften könnte ich mir, der Klassenjustiz der Kaiserzeit, der Reaktionsjustiz der Weimarer Zeit, der Terrorjustiz der Nazizeit, der Verharmlosungsjustiz der Adenauerzeit und der Kuscheljustiz der Jetztzeit zum Trotz keine besseren Mitarbeiter vorstellen als deutsche Juristen. Aber eben nicht im Parlament.
Sie sind mir allemal lieber als Massen von
Ungelernten, Sozialpädagogenn und Lehrern - zumindest als
Abgeordnete.

Mir nicht, aus oben angedeuteten Gründen.

Gruß
smalbop