Hallo,
kann es sein, dass es an der devoten bis friedlichen Art des Islam liegt, dass die Muslime in muslimischen Ländern sich so unterdrücken lassen und mit ihrem Leben zufrieden sind?
Gruss
René
Hallo,
kann es sein, dass es an der devoten bis friedlichen Art des Islam liegt, dass die Muslime in muslimischen Ländern sich so unterdrücken lassen und mit ihrem Leben zufrieden sind?
Gruss
René
Es könnt auch gut sein, dass ein Muslim unser System als Unterdrückung empfindet.
Ich nenne jetzt bewusst keine Beispiele, um eine Diskussion zu ermöglichen.
Hallo,
das hat mit „friedlich“ oder „unfriedlich“ nichts zu tun.
Vielmehr hat sich in weiten Teilen der islamischen Welt etwas Vergleichbares wie die Aufklärung geistesgeschichtlich in breiten Kreisen der muslimischen Bevölkerung nicht wirklich durchgesetzt. Dies führt dazu, daß Religion und Politik im Bewußtsein breiter Kreise der muslimischen Welt untrennbar miteinander verknüpft sind.
Dabei wird bei der oft undifferenzierten Debatte über „den“ Islam gerne vergessen, daß die Kritik am politischen Anspruch der Religion im Islam schon sehr früh verbreitet war. Sie setzte bereits im 8. Jhdt u.a. mit dem Perser Ibn al-Muqaffa ein und führte bis weit in das 12. Jhdt mit den sog. „Mu-tazila“; mit Averroes und Avicenna immer wieder zu breiten Diskussionen - konnte sich aber letztendlich nicht durchsetzen.
Trotzdem gibt es auch heute Diskussionen in der muslimischen Welt, in denen eine strikte Trennung von Religion und Politik gefordert wird. Einer der bekanntesten Protagonisten heutzutage ist zB der türkische Theologe Yasar Nuri Öztürk.
Spannend wird in der Zukunft zu beobachten sein, ob sich der „Rückzug“ des Säkularen in der türkischen Politik weiter fortsetzt und wie die neue tunesische Verfassung in diese Debatte hineinwirkt.
Für „christlich-abendländische“ Überlegenheitsgefühle ist dabei aber nicht so viel Anlass, wenn man sich vor Augen führt, das auch in einigen europäischen Ländern zum Ende des letzten bzw. zu Beginn des derzeitigen Jhdts. noch regelrechte „Kulturkämpfe“ (Spanien, Irland, Polen) um den religiösen Einfluß auf die Politik geführt wurden und auch der letzte gewalttätige auch religiös begründete Konflikt in Europa (Nordirland) ja erst 1998 weitgehend (aber nicht vollständig) beigelegt werden konnte.
Auch im protestantischen Bereich gibt es nicht nur freikirchliche Bewegungen, die die Trennung von Kirche und Staat weiterhin ablehnen. Innerhalb der EKD gibt es durchaus im pietistischen bzw. calvinistischen Sprektrum ebenfalls derartige Strömungen.
So akzeptierte die „Evangelische Brüdergemeinde Korntal“ das Frauenwahlrecht für Synodalwahlen Anfang der 1990er Jahre erst dann, als die Evangelische Landeskirche Württemberg mit der Auflösung des Kooperationsabkommens drohte.
Das ist natürlich nur ein völlig verknappter Abriss, kann doch das Thema der „islamischen Aufklärung“ alleine locker ganze Bibliotheken füllen.
&Tschüß
Wolfgang
Vielen Dank für die breite Antwort.
das hat mit „friedlich“ oder „unfriedlich“ nichts zu tun.
Vielmehr hat sich in weiten Teilen der islamischen Welt etwas
Vergleichbares wie die Aufklärung geistesgeschichtlich in
breiten Kreisen der muslimischen Bevölkerung nicht wirklich
durchgesetzt. Dies führt dazu, daß Religion und Politik im
Bewußtsein breiter Kreise der muslimischen Welt untrennbar
miteinander verknüpft sind.
Ist Aufklärung nicht ein liebes Wort für eine dauerhafte Rebellion aus Sicht des gewinnenden Rebellen? Deshalb meine Frage: Folgt der Islam nicht dem Aufruf nach Devotismus, Ruhe, Zurückhaltung, Erfurcht?
Vielen Dank für die breite Antwort.
Bitte sehr
Ist Aufklärung nicht ein liebes Wort für eine dauerhafte
Rebellion aus Sicht des gewinnenden Rebellen? Deshalb meine
Frage: Folgt der Islam nicht dem Aufruf nach Devotismus, Ruhe,
Zurückhaltung, Erfurcht?
Diese Elemente beinhaltet der Koran auch. Er ist grundsätzlich genauso ambivalent (und damit interpretierbar) in seinen Aussagen wie die Bibel.
„Aufklärung“ hat auch nicht zwingend was mit Rebellion zu tun. Auch in säkularen Gesellschaftsordnungen (die ja nicht automatisch demokratisch sein müssen) kann „Friedhofsruhe“ und kritiklose Akzeptanz von Autoritäten als erstrebenswerter Wert gelten und vermittelt werden.
&Tschüß
Wolfgang
Es könnt auch gut sein, dass ein Muslim unser System als
Unterdrückung empfindet.
Ja und?
Das hatten Bader&Co auch.
Ein System kann man ändern, der Prozzes ist dauernd im Gange. Relis nicht.
„Aufklärung“ hat auch nicht zwingend was mit Rebellion zu tun.
Auch in säkularen Gesellschaftsordnungen (die ja nicht
automatisch demokratisch sein müssen) kann „Friedhofsruhe“ und
kritiklose Akzeptanz von Autoritäten als erstrebenswerter Wert
gelten und vermittelt werden.
…Wo wäre das so?
…Wo wäre das so?
War aber zumindest wo ich aufwuchs genau so:smile:
…Wo wäre das so?
zB im früheren sog. „real existierenden Sozialismus“
zB bei autoritären Phasen des Kemalismus
Und du sagst, das Volk dieser Gesellschaften hat sich während der Existenz dieser sozialistischen/kemalistischen Gesellschaft ohne Rebellion aufgeklärt? Es war keine Rebellion/Krieg, welches diese aufgeklärten Gesellschaftsformen entstehen ließen?
Islamische ´Aufklärung´?
Hi.
das hat mit „friedlich“ oder „unfriedlich“ nichts zu tun.
Unterdrückung hat mit „unfriedlich“ immer etwas zu tun. Islamische Sozialisation beinhaltet die Verinnerlichung koranischer Strafandrohungen für den Fall des Abfalls vom „Glauben“ und der Nichtbefolgung islamischer Grundregeln. Ein sehr unfriedliches Beispiel aus dem Koran:
Sure 16:106
Diejenigen, die nicht an Allah glauben, nachdem sie gläubig waren - außer wenn einer (äußerlich zum Unglauben) gezwungen wird, während sein Herz (endgültig) im Glauben Ruhe gefunden hat, - nein, diejenigen, die frei und ungezwungen dem Unglauben in sich Raum geben, über die kommt Allahs Zorn, und sie haben (dereinst) eine gewaltige Strafe zu erwarten.
Bereits vor der zu erwartenden ewigen Höllenqual im Jenseits hat ein muslimischer Apostat auf Erden u.U. mit der Todesstrafe zu rechnen, z.B. in Saudi-Arabien und in Afghanistan. Aber unabhängig davon, ob sich diese Praxis aus dem Koran ableiten lässt oder nicht - die Androhung der Jenseitsstrafe ist psychische Gewalt pur und damit „unfriedlich“ par excellence.
Dabei wird bei der oft undifferenzierten Debatte über „den“
Islam gerne vergessen, daß die Kritik am politischen Anspruch
der Religion im Islam schon sehr früh verbreitet war. Sie
setzte bereits im 8. Jhdt u.a. mit dem Perser Ibn al-Muqaffa
ein
Über Ibn al-Muqaffas Anliegen hättest du etwas mehr Recherche betreiben sollen als den oberflächlichen Blick auf die Erwähnung in einem Wiki-Artikel. Es ging diesem Verwaltungsbeamten am Hof des Kalifen Al-Mansur darum, dass der Kalif an Stelle von Islamgelehrten die Oberhoheit über die Rechtsprechung erlange. Mit einer Trennung von Religion und Politik hat das aber nichts zu tun, da das Kalifat die weltliche und religiöse Oberhoheit in sich vereint. Der Kalif ist kein ausschließlich weltlicher Herrscher, sondern zugleich das religiöse Oberhaupt des muslimischen Staates. Al-Mansur begriff sich selbst als Abkömmling des „letzten Propheten“ (Mohammed) und damit als oberste Autorität in Glaubensfragen. Insofern hätte sich der von dir so genannte „politische Anspruch der Religion im Islam“ (wieso eigentlich ´der Religion im Islam´? Der Islam ist doch eine Religion) in der Hand des obersten geistlichen Führers befunden - was mit Aufklärung und Trennung von Politik und Religion gar nichts zu tun hat.
und führte bis weit in das 12. Jhdt mit den sog.
„Mu-tazila“; mit Averroes und Avicenna immer wieder zu breiten
Diskussionen - konnte sich aber letztendlich nicht
durchsetzen.
Auch über Averroes hast du nicht recherchiert, sonst wüsstest du, dass er einen islamischen Idealstaat auf der uneingeschränkten Basis der Scharia ganz nach dem Muster der ersten vier Kalifen befürwortete. Von Aufklärung im modernen Sinne ist das viele Lichtjahre weit entfernt.
Trotzdem gibt es auch heute Diskussionen in der muslimischen
Welt, in denen eine strikte Trennung von Religion und Politik
gefordert wird. Einer der bekanntesten Protagonisten
heutzutage ist zB der türkische Theologe Yasar Nuri Öztürk.
Öztürk propagiert eine Rückkehr zum Koran, die alles verwirft, was im islamischen Denken in den letzten 800 Jahren theologisch hinzuersonnen wurde. In Anlehnung an Atatürk befürwortet er zwar eine Trennung von Staat und Religion, klopft aber Sprüche wie folgende, die seinen Ruf als „Luther des Islam“ in sehr fragwürdiger Weise bestätigen:
(Der verfälschte Islam, 11)
Die Verführungskraft des Teufels beruht auf abergläubischen
Handlungen, die nichts sind als Gespinste und irrige Behauptungen.
Mit seinen Versprechungen verführt der Teufel die Menschen,
Worte auszusprechen, deren Bedeutung sie selbst nicht kennen. Er
bringt die Menschen dazu, an nicht existente Dinge zu glauben,
und sorgt so dafür, daß sie sich ihm verschreiben.
Schreibt so eine glaubwürdiger Vertreter der Säkularisierung des Staates? Ich würde von Hr. Öztürk jedenfalls nicht regiert werden wollen. An anderen Stellen beruft er sich, wieder im Teufelskontext, auf einen Autor, der zur Stammlektüre vieler Dschihadisten gehört (Ibn Taimiya, 14. Jh.), sowie, ebenfalls im Teufelskontext, auf Ibn Al-Dschauzi (um 1200), einen Befürworter der Genitalverstümmelung bei Frauen. Auch zitiert Öztürk gerne Al-Wahhab, den von mir in diesem Brett schon öfters erwähnten geistigen Ahnen der Ideologen des ´Islamischen Staates´.
So viel zu den von dir bemühten ´Aufklärern´.
Für „christlich-abendländische“ Überlegenheitsgefühle ist
dabei aber nicht so viel Anlass, wenn man sich vor Augen
führt, das auch in einigen europäischen Ländern zum Ende des
letzten bzw. zu Beginn des derzeitigen Jhdts. noch regelrechte
„Kulturkämpfe“ (Spanien, Irland, Polen)…
Was heißt ´_„christlich_-abendländische“ Überlegenheitsgefühle´? Die europäische Aufklärung war weitgehend anti-christlich. Die Kirchen haben sich ihr nur widerstrebend gebeugt. Wie kann ein heutiger Christ angesichts dieser Tatsache also Überlegenheitsgefühle generieren? Hier kommt zu deiner oben aufgezeigten Oberflächlichkeit eine gewisse Gedankenlosigkeit hinzu.
Chan
Hallo,
kann es sein, dass es an der devoten bis friedlichen Art des Islam liegt, dass die Muslime in :muslimischen Ländern sich so unterdrücken lassen und mit ihrem Leben zufrieden sind?
Gruss
René
Moin René,
liegt eher an Mangel an Bildung und Ausbildung. Ebenso liegt es an Mangel an Bildung und Ausbildung, dass es muslimische Extremisten gibt, denen man auch mit dem besten Willen nicht devot nennen kann. (Al Quaida, Al Fatah, Bokom Haram, Isis, Hamas etc. etc.)
Zudem habe ich den Eindruck, dass sowohl das Christentum als auch der Islam starke Neigungen, Vorlieben zu Gewalt haben. Was ich bei Hindi und Budhisten nicht so sehr sehe.
Gruss: Gerrit
Evt. kann das mit dem Klima zu tun haben.