Zunächst: abgesehen von den Ureinwohnern, die man in den vergangenen 400 Jahren nicht aktiv umgebracht, durch Krankheiten getötet und durch Umsiedlung, Ausgrenzung, Zerstörung der Lebensgrundlage usw. ausgerottet hat, ist jeder Mensch, der in Kanada lebt, ein Einwanderer. Vom Ingenieur über den einfachen Arbeiter bis hin zu drogensüchtigen Dieben und Sozialschmarotzern.
Ohne das im Detail jetzt nachschlagen zu wollen (hättest Du übrigens vorab machen können, wenn es Dir um eine differenzierte Betrachtung gegangen wäre), wurden dann irgendwann Einwanderungsgesetze eingeführt, die die Voraussetzungen für eine Einwanderung bzw. Arbeitserlaubnisse bzw. Staatsbürgerschaft regelten und zwar dergestalt, dass man Sprachkenntnisse und Fertigkeiten nachweisen muss und so sichergestellt ist, dass die Menschen auf dem Arbeitsmarkt unterkommen können.
Weiterhin sollte man berücksichtigen, dass man Kanada nur per Schiff oder Flugzeug erreicht, was die Kontrolle und Kanalisierung der Einwanderung sehr erleichtert (wenn man mal unterstellt, dass die USA ihren Beitrag leisten, dass illegale Einwanderer nicht über Land nach Kanada kommen).
Deutschland hingegen hat eine ganz andere Vergangenheit. Ohne bis zur Völkerwanderung und den Hugenotten zurückblicken zu wollen, ist Deutschland natürlich auch immer schon ein Einwanderungsland gewesen. Man braucht sich nur die typischen Nachnamen im Ruhrgebiet mal anzusehen, um zu erkennen, dass die Einwanderung zu Erwerbszwecken keine Erfindung des 20. Jahrhunderts ist.
Nach dem 2. Weltkrieg hat der Staat diese Einwanderung gefördert und weil die Zahl der IT- und Hightech-Buden zu der Zeit überschaubar, suchte man vor allem Menschen im Ausland, die nach kurzer Anlernphase einfache körperliche Tätigkeiten ausüben konnten.
Neben den schon in Deutschland befindlichen Gastarbeitern kamen dann in den 80ern vermehrt Asylbewerber nach Deutschland, was die Union ganz im Sinne ihrer christlichen Traditionen dazu nutzte, das Thema Asyl in den 80ern im Westen sehr stark negativ zu besetzen und von Asylmissbrauch und Wirtschaftsflüchtlingen zu sprechen.
Gleichzeitig hielt sich die Zahl der Ausländer im Osten sehr in Grenzen und beschränkte sich i.W. auf Arbeitskräfte und Studenten aus sozialistischen Bruderländern wie Vietnam, Kuba, Mosambik und Angola.
Dies führte Anfang der 90er zu folgender Gemengelage: kaum Ausländer im Osten, aber auf einmal ganz viel Arbeits- und Perspektivlosigkeit. Viele Ausländer im Westen bei gleichzeitig wachsender Wirtschaft. Und als wenn das alles nicht reichen würde, kamen dann Anfang der 90er größere Mengen von Asylbewerbern insbesondere aus Südosteuropa.
Das ganze kulminierte dann in so unschönen Vorfällen wir die Angriffe in Lichtenhagen, Hoyerswerda, Sassnitz usw. Natürlich gab es auch im Westen Anschläge (Mölln, Solingen), aber im Osten ging die Saat, die von rechtsorientierten Medien und Parteien, aber eben auch der großen, im Osten anfänglich noch sehr angesehenen CDU, besonders gut auf und führte zu einem fremdenfeindlichen Klima, was den Ruf Deutschlands im Ausland nicht unmittelbar gut tat.
So, und dann war da noch die Union, die trotz der offensichtlichen Dämlichkeit dieses Gedankens, der Ansicht war, dass Deutschland kein Einwanderungsland ist und es deswegen in den Herrschaftsjahren des Kohlkönigs verabsäumte, vernünftige Regelungen zur Einwanderungen in Kraft zu setzen.
Wir haben also die Situation, dass wir gut ausgebildete Ausländer nicht gerade anlocken, schlecht ausgebildete eigentlich nicht wollen, aber dafür recht viele davon haben. Gleichzeitig ist die Bevölkerung in weiten Teilen so negativ ggü. Ausländer eingestellt (und da sind so Leute wie Du, die permanent in dem, was man heute soziale Medien nennt, Stimmung gegen Ausländer und bestimmte Teilmengen davon macht, auch nicht hilfreich), dass gut ausgebildete Ausländer ihr Glück doch lieber woanders suchen, wenn sie die Wahl und das Bedürfnis haben, in ein anderes Land zu ziehen.
Insofern beschreibst Du das Ergebnis zwar richtig, aber Du blendest die Hintergründe und Ursachen völlig aus. Natürlich kann man erwarten, dass die Regierung ein neues Gesetzt strickt, dass die Bedürfnisse Deutschlands in den Vordergrund stellt und die Zuwanderung in unser aller Sinne reguliert. Nur bringt das halt nichts, wenn Deutschland voll mit dummen Arschlöchern ist, die nicht begreifen, dass ihre Hautfarbe und Staatsangehörigkeit nicht das Ergebnis irgendeiner Leistung ist, sondern das Ergebnis der großen Spermienlotterie, und deswegen glauben, dass Menschen mit anderer Hautfarbe und anderer Staatsangehörigkeit per se erst einmal irgendwie schlechter sind.
Kurz: so lange in Deutschland Willkommenskultur, Gutmensch und Weltverbesserer negativ konnotierte Begriffe sind und in weiten Teilen des Landes eine negative Grundstimmung bzgl. Zuwanderern und Zuwanderung besteht und sich diese negative Grundstimmung nicht nur in Gewalttaten gegen Ausländern (und solchen, die irgendwie danach aussehen) und Diskriminierung von Ausländern (und solchen, die irgendwie danach aussehen) in praktisch jeder Lebenssituation niederschlägt, sondern auch noch im Deutschen Bundestag und nahezu jedem Land- und Kreistag und Stadtrat lautstark verbreitet wird, kann man die Einwanderung so gestalten, wie man will: nur wer doof, arm, verzweifelt, hungrig oder Flüchtling ist, kommt unter diesen Umständen nach Deutschland.
Drolligerweise halten wir mit unseren Gesetzen dann auch die aus den vorgenannten Gruppen selbst die noch vom Arbeiten hab, die qualifiziert genug dazu sind.
Noch kürzer: nicht die Regierung ist schuld an Situation und Entwicklung, sondern der Teil der Bevölkerung, der Ausländern (und denen, die so aussehen) negativ gegenüber steht und dafür sorgt, dass hier ein ausländerfeindliches Klima herrscht.
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