Ist die Einwirkung des Internets auf Journalismus / Berichterstattung wirklich so negativ?

Ist es nicht vorallem auch eine Chance für mehr Mündigkeit. Die Chance für den Einzelnen, seine persönlichen Ansichten mit einem großes Publikum zu teilen. Ist eine Welt in der jeder die gleichen Publikationsmöglichkeiten hat nicht im Endeffekt aufgeklärter, wissender und gerechter, da nicht nur die Meinung einzelner priviligierter Journalisten sondern auch die der Allgemeinheit bekannt ist, gehört wird und zählt?!

Meiner Meinung nach nicht.
Um so mehr Informationen man erhält, um so mehr muss man wieder bewerten und aussortieren.

Möchte ich wirklich die Meinungen aller Einzelpersonen des Internets lesen (bzw. wie lange bräuchte ich dazu)?
Was ist „die Allgemeinheit“?

Das Internet und damit die sofortige Echtzeitverfügbarkeit von Informationen zu aktuellen Sachverhalten hat meiner Meinung nach mit dazu geführt, dass es heutzutage selbst bei früher als seriös angesehenen Medien kaum noch tiefergehende Recherche und objektive Berichterstattung gibt, weil jeder schneller sein will als der andere, mehr Reichweite, mehr Klicks,… und dann kommt gleich wieder was Neues…alles ist oberflächlicher geworden.
Die Glaubhaftigkeit von Informationen wird geringer, wem soll ich bei widersprüchlichen Daten vertrauen???

Beatrix

Alles was du sagst ist richtig… Ja die Art wie wir Informationen aufnehmen ändert sich. Wir bekommen mehr Informationen, widersprüchliche Informationen - Informationen die Evaluation und Meinungsbildung erfordern. Aber das finde ich positiv. Es gibt nunmal verschiedene Sichtweisen auf die Dinge die passieren. Um mir ein realistisches Bild zu machen muss ich möglichst viele hören und nicht nur die eines Redakteurs!
Die Allgemeinheit, das ist die Masse aller Individuen und diese werden nun mehr gefordert als zuvor. Es gibt nicht mehr eine absolute Wahrheit die in der Tagesschau gezeigt wird. Es gibt - wie ich schon sagte - verschiedene Blickwinkel, Meinungen, Ansichten. Ich glaube man sollte den Menschen zutrauen sich mich der Realität auseinander zu setzen.

Nein, traue ich ihnen nicht zu.
Man stimmt dann den Meinungen zu, die man sich selbst zu eigen gemacht hat und blendet die anderen aus.

Ich habe z.B. auch keine Zeit, mich mit tausenden von Beiträgen auseinanderzusetzen, ich habe auch noch ein „richtiges“ Leben. Ich würde mir tatsächlich mehr echte Faktenbeiträge wünschen, diese gibt es nur kaum noch.

Beatrix

@Beabel Ja ich verstehe dich da. Natürlich liegt ein gewisses Gefahrenpotenzial darin dem Einzelnen mehr zuzutrauen und auch mehr zuzumuten. Trotzdem denke ich, dass es notwenig ist dieses auf sich zu nehmen. Der Einzelne hat in einer Demokratie die Chance und die Macht Wählen zu gehen und Entscheidungen treffen die unsere Welt maßgeblich beeinflussen. Wie soll man hier kluge Entscheidungen erwarten, wenn ein Großteil der Bevölkerung nur einen von Journalisten und Redakteuren ausgewählten und subjektiven Blick auf das Zeitgeschehen erhascht?! Das Prinzip der Demokratie erfordert für mich aufgeklärte, gebildete Bürger, die in der Lage sind sich eine eigene Meinung zu kontrovers diskutierten Sachverhalten zu bilden.
Einen anderes großes Plus stellen zum Beispiel Blogs da. Regimekritiker in Russland oder Syrien können sich so durch einfachste Mittel ein Gehör (auch in der westlichen Welt) verschaffen, während jegliche oppositionellen Radio- und Fernsehsender sowie Verlage zensiert oder geschlossen werden.

Es sind nicht immer die Klugen, die im Internet veröffentlichen.

Ob ich mir meine Meinung bilden möchte aufgrund der Äußerungen derjenigen, die am lautesten schreien?

Wohl kaum.

Gruß

Servus,

ich denke nicht.

Das Problem ist, dass die Mediennutzung zwar immer mehr zunimmt, gleichzeitig aber die Medienkompetenz meiner Meinung nach immer mehr schwindet.

Wenn ich die vielen Beträge in Foren oder z.B. bei Twitter lese, erkenne ich immer mehr, dass viele Menschen einfach nicht mehr in der Lage sind kritisch zu Hinterfragen. Da werden Gerüchte aufgeschnappt und ungeprüft weitergeplappert. Wahrscheinlich war das früher auch schon so, doch damals ging es eben von „Waschweib“ zu „Waschweib“ oder blieb am Stammtisch. Heute kann jeder D**** seine Meinung kundtun und findet tausende Gleichgesinnte, die ihm nachplappern.

Da ist mir ein geschulter Journalist , der gelernt hat (oder gelernt haben sollte) wie man mit Nachrichten umgeht, tausendmal lieber. Klar, auch hier gibt es Fehleinschätzungen, politische Einfärbungen und Meinungsmache, allerdings im viel überschaubareren Rahmen, als eben in den „sozialen Netzen“. Immerhin muss der Journalist für seinen falsch recherchierten Beitrag oder eine fragwürdige Aussage gerade stehen, der Hobby-Schreiber im Internet hingegen kann schon morgen ungestraft die gegenteilige Ansicht vertreten.

So werden Gerüchte zu Wahrheiten.
Verschwörungstheorien zu Fakten.
Und der feige Mob kann sich in Shitstorms, „Petitionen“ und „Anonymous“ austoben und sich dabei gleichzeitig in der Anonymität des Internets verstecken.

Außerdem sollte man nicht dem Trugschluss unterliegen, dass soziale Netze, Foren, Blogs, etc. frei von Propaganda oder Einflussnahme wären. Nicht zuletzt die Russland-Ukraine-Krise hat gezeigt, mit welchen Mitteln Staaten massiv in den neuen Medien ihre Propaganda verbreiten können. Das ging im Ausland sogar deutlich leichter, als die Beeinflussung offizieller Zeitungen oder Nachrichten.

Gruß,
Sax