Das kommt darauf an, was mit „Physik an sich“ gemeint sein soll. Die Gesamtheit wissenschaftlicher Methoden, mit der „Natur“ (d.h. Strukturen des Universums und der Materie in allen beobachtbaren raumzeitlichen Größenordnungen) beobachtet wird, hat selbstverstödlich eine Geschichte. Mit der Entwicklung der Relativitätstheorien einerseits, der Quantenmechanik und Quantenfeldtheorien hat sich selbstverständlich die theoretische „Physik an sich“ geändert. Damit ist verbunden, daß immer mehr Eigenschaften und Entitäten der Materie und des Universums beobachtbar wurden und mit den entwickelten Theorien erklärbar wurden.
Die meisten Theorien haben allerdings einen (meist wohldefinierten) Gültigkeitsbereich, definiert jeweils durch räumliche, zeitliche oder energetische Größenordnungen. Aber es gibt auch „Prinzipien“, denen universelle Gältigkeit zugeschrieben werden können. So ist z.B. das → „Hamiltonsche Prinzip“ Grundlage aller Bewegungsgleichungen, sowohl derer der Newtonschen Mechanik, der Elektrodynamik, der allgemeinrelativistischen Feldgleichungen, sowie der Quantenfeldtheorien. Auch andere Prinzipien sind universal gültig, z.B. das Pauli-Prinzip oder die Unbestimmtheitrelation oder das Quark-Confinement usw… Sie sind zwar - historisch betrachtet - „entdeckt“ worden, aber ihre Gültigkeit ist Voraussetzung für die Möglichkeit von Beobachtung. Denn Beobachtungstechniken und theoretische Voraussetzungen sind wechselweise voneinander abhängig.
Daß das Universum selbst eine Geschichte hat, ist nicht die Voraussetzung von Physik, sondern umgekehrt das Resultat von (mit Hilfe vorhandener physikalischer Theorien möglichen) Beobachtung und deren Interpretationen (mit Hilfe vorhandener physikalischer Theorien).
Und daß diese Geschichte einen „zeitlichen Anfang“ (zugleich mit einem räumlich punktuellen mit anschließender Expansion) hat ist eben eine Interpretation von Beobachungs-Deutungen (die Ende der 1940er von Fred Hoyle mit polemisch-ironischer Intention „Big Bang“ genannt wurden). Es liegt in dem Ausdruck „Anfang“ aber zugleich ein mythisches Missverständnis, das wegen seiner ungeheueren populärwissenschaftlichen Verbreitung zu physikalisch sinnlosen Fragen geführt hat (und immer wieder führt), wie z.B. „Was war vor dem Urknall“ oder „Was ist außerhalb des Universums“.:
Denn der zeitlich retrospektive (!) (und theoretisch rekonstruierte) Verlauf der Beobachtungsdeutungen bezieht sich ausschließlich auf die immanente Zeit des Universums. Der Zeitparameter in der Robertson-Walker-Metrik bedeutet so etwas wie die innerhalb eines jeweils früheren Zustands maximale Zeitspanne innerhalb der Entwicklungsphase. Es gibt in keiner der zahllreichen Urknalltheorien soetwas wie eine dem Universum externe Uhr! Bei der bis vor einiger Zeit noch vorausgesetzten retrospektiven räumlichen Reduktion des Raums bis auf einen Punkt (nzwischen als falsch erwiesen) gehen die internen Zeitspannen eben gegen Null. Nichts anderes ist da mit „Anfang“ gemeint. Von einer universums-externen Zeit ist in den kosmologischen Theorien überhaupt nicht die Rede. Ebensowenig wie von einem externen Raum, in dem das Universum „eingebettet“ ist (weshalb die Frage, was außerhalb sei, physikalisch unsinnig ist: Es gibt kein „außerhalb“)… Abgesehen davon ist inziwischen auch deutlich geworden, daß das Universum (im Gegensatz zu dem beobachtbaren Teiluniversum), als räumlich unbegrenzt anzusehen ist.
Und noch zu der Hauptfrage:
Das sogenannte „kosmologische Prinzip“ besagt, daß das beoabachtbare Universum zumindest in Größenordnungen von einigen Mia Lichtjahren sowohl homogen (strukturell gleichförmig) ist, als auch isotrop (in jeder Richtung betrachtet gleichförmig). Das ist sozusagen die Bedingung, unter der Beobachtungen stattfinden können. Damit ist dann ebenfalls die Hyposthese verbunden, daß auch die Physik, also die physikalischen Gesetze in ihrer Gesamtheit, überall dieselbe ist. Das heißt, wenn man diese Voraussetzung nicht machen würde, wäre ja jede Beoachtung sinnlos, denn man könnte sie ja nicht interpretieren.
Ew ist also nicht die Frage, ob die Physik überall dieselbe ist - und immer dieselbe war - sondern es muss vorausgesetzt werden, daß es so ist - und war. Daß etwas beobachtet wird, was aktuell nicht erklärbar ist (wie z.B. daß die Bewegungen großräumiger Strukturen mit der newtonischen bzw. der allgemeinrelativistischen Gravitationstheorie nicht erklärbar sind), bedeutet daher lediglich, daß man irgendwelche Eigenschaften der Materie noch nicht vollständig verstanden hat. Daß man also weiter genauer beobachten muß und ggf. das theoreitische Gerüst der Teil-Theorien variieren muß. Nicht aber, daß die Physik in toto „dort“ nicht gültig ist. Daß man eventuell (falls nicht bisher unbekannte Elementarteilchen gefunden werden, die das Phönomen bewirken) an den Gravitationstheorien ein wenig „schrauben“ muß, ist ja derweil aktuelles Forschungsprogramm der bestehenden theoretischen Pjysik.
Daß die Newtonsche Mechanik und die klassiche Elektrodynamik sich in großen Räumen und in subatomaren Räumen als nicht anwendbar erwiesen hatte, bedeutete ja auch nicht, daß sie „falsch“ waren, sondern nur, daß ihr Güligkeitsbereich nicht in allen Größenordungen (räumliche Ausdehnung, Geschwindigkeit, Energiebereich usw.) unbeschränkt ist.
Gruß
Metapher