Hallo,
Eine Bekannte von mir, welche Krankenschwester ist, hat
gemeint, dass, wenn man sich die Buchstabenfolge „DNR“ (Do Not
Reanimate) auf die Brust tätowieren lässt, oder man eine Art
Hundsmarke mit identischer Buchstabenfolge trägt, bei einem
Unglücksfall der Helfer(Sani, Arzt, Notarzt,…) diesen Wunsch
befolgen muss.
Zunächst einmal zur Bekanntheit dieser Akürzung: Nutz mal Google zum Thema und sei ernüchtert. Mir als Anwalt mit Spezialisierung im Bereich Patientenverfügungen ist sie so jedenfalls noch nicht untergekommen. Es ist ein medizinischer Terminus, den man ggf. in die Unterlagen im Krankenhaus schreibt, wenn sich jemand verständig so geäußert hat (z.B. durch Patientenverfügung), und der baldige Tod ohnehin absehbar ist, zur Sache mit der Tätowierung habe ich bei aktueller Google-Suche aber auf den ersten Blick nur einen einzigen Link, mit einem weiterführenden Link gefunden http://www.rettungsforum.com/forums/lofiversion/inde…, und das Thema ist schon Jahre alt.
Tatsächlich geht es hier um ein juristisches Problem. Die Juristen haben immer schon gesagt, dass der ärztliche Eingriff zunächst einmal als Körperverletzung anzusehen ist, und nur deshalb straffrei bleibt (ich lasse jetzt mal die Diskussionen über Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe weg), weil er eben im Einverständnis, oder zumindest im vermuteten Einverständnis des Betroffenen erfolgt. Dies bedeutet aber andererseits auch, dass ein Arzt der ganz genau weiß, dass dieses Einverständnis gerade nicht vorliegt, sich strafbar machen kann, wenn er sich über den eindeutig geäußerten Willen des Betroffenen hinwegsetzt.
Die verfasste Ärzteschaft (das ist wichtig, weil einzelne Ärzte es immer schon anders gesehen haben) hat sich lange auf einen Standpunkt gestellt, der diese juristische Sichtweise in Abrede gestellt hat. Sie ging davon aus, dass nur der Arzt als „Fachmann“ weiß, was für den Patienten zu tun ist, oder eben auch nicht, und hat den Patientenwillen gerade am Lebensende vielfach recht übel ignoriert. Diagnose und Behandlung bis zum bitteren Ende (oder wie es in dem Link steht „bis der Koffer leer ist“) waren zum Nachteil der Betroffenen die Folge.
Über die letzten Jahrzehnte ist hingegen eine langsame aber doch beständige 180°-Drehung der verfassten Ärzteschaft zu beobachten. Hieß es dann erst, dass selbstverständlich auch der Patientenwille zu beachten sei, ist man inzwischen bei einer Aussage angelangt, die diesem überragende Bedeutung zumisst. Insoweit werden Patientenverfügungen heute deutlich häufiger recht unproblematisch umgesetzt, als noch vor 20 Jahren, was aber nicht heißt, dass es trotzdem immer noch Fälle gibt, in denen ich als Anwalt Arbeit bekomme. Einen mittelprächtigen Fall habe ich gerade hinter mir, wo nach und nach drei Ärzte alarmiert wurden, weil ein Angehöriger eine Behandlung verweigerte, und erst der dritte Arzt dann die Kollegen zurückgepfiffen hat.
Insoweit müsste man also zunächst einmal sagen, dass eine entsprechende Tätowierung durchaus zu beachten wäre, es alleine aber schon problematisch sein dürfte, dass nicht jeder etwas mit der Abkürzung wird anfangen können. Weiterhin muss natürlich auch die Ernsthaftigkeit einer solchen Tätowierung hinterfragt werden. Ohne weitergehende Infos würde ich diese zumindest bei nicht offensichtlich schwer kranken Menschen auf jeden Fall ignorieren. Tätowierungen sind aktuell einfach so wahnsinnig angesagt, und die Leute verunstalten ihren Körper mit so unglaublich viel angeblich coolem Unsinn, dass ich diese alleine nie als ausreichend ansehen würde, um von einer ernsthaften Aussage auszugehen. Und das Blöde ist ja auch, dass man die Dinger so schlecht wieder ausradieren kann. D.h. wenn schon bei Verfügungen auf Papier diskutiert und gerne auch empfohlen wird, diese regelmäßig zu erneuern, dann haben wir das Problem in diesem Fall um so mehr.
BTW: Was da in dem Link bzgl. Pflicht zur notariellen Beurkundung zu lesen steht ist Unfug! Patientenverfügungen sind privatschriftlich nicht mehr und nicht weniger wert. Es gibt hierzu aktuell keine gesetzlichen Formvorschriften.
Gruß vom Wiz