Ist DNR erlaubt?

Hello liebe wer-weiss-was-wissende…

Eine Bekannte von mir, welche Krankenschwester ist, hat gemeint, dass, wenn man sich die Buchstabenfolge „DNR“ (Do Not Reanimate) auf die Brust tätowieren lässt, oder man eine Art Hundsmarke mit identischer Buchstabenfolge trägt, bei einem Unglücksfall der Helfer(Sani, Arzt, Notarzt,…) diesen Wunsch befolgen muss.

Gestern wiederum hat eine Bekannte von mir, welche Rettungshelferin ist, genau das Gegenteil behauptet.

Was stimmt nun eigentlich? Diese Sache bezieht sich zwar auf Österreich, es wäre aber trotzdem interessant zu wissen, ob es da unterschiedliche Regelungen oder gar Gesetze in anderen Ländern gibt.

Danke schon jetzt für jegliche Infos. Bot.

Genausowenig wie Sterbehilfe
Hi,

genausowenig wie Sterbehilfe erlaubt ist, sagt mir mein gesunder Menschenverstand, dass die Pflicht zu helfen über einer ominösen Tätowierung oder Hundemarke steht - grade wenn man bedenkt, was sich jugendliche Revoluzzer heutzutage alles rauftätowieren oder an sich tragen - wenn man das alles ernst nehmen würde, na dann gute Nacht …

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‚Die Neue Regel‘
Hallo Bot
Das Problem beginnt ja schon viel früher, nämlich wenn ein normal gebildeter Arzt wie ich da einen Patienten zum Reanimieren bekommt, kann er er ja mit so ner Abkürzung wie DNR überhaupt nix anfangen.
Ich wäre nicht im Traum drauf gekommen, dass das „Do not reanimate!“ bedeuten könnte, sondern hätte es als irgendne tätoweirte Lieblings-Klamotten-Marke gedeutet oder sonstwas, z.B. „DU NUCKELST REGELMÄSSIG“, was ja als Tätowierung auf einer weiblichen Brust durchaus vorstellbar wäre. :wink:
Gruß,
Branden

Hallo,

ähnlich ist es mit den Motorradhelmen „nur von einem Arzt abnehmen lassen“. Das musst du solange befolgen, wie der Verunglückte nicht bewusstlos ist und sich dagegen wehrt. Wird er bewusstlos, musst du ihm helfen. Das bedeutet aber, den Helm abzunehmen und ggf. Reanimation zu machen. Es ist immer abzuwägen, was die geringere Gefahr ist. Vorausgesetzt du weißt, wie der Helm abzunehmen ist (mit einem Helfer, lernt man beim Erste-Hilfe-Kurs), ist das die gebotene Maßnahme um ein Drehen in die stabile Seitenlage zu ermöglichen. Andernfalls ist die Gefahr, dass der Verunfallte am eigenen Erbrochenen erstickt, zu groß.

Gruß, Niels

Hallo,

Eine Bekannte von mir, welche Krankenschwester ist, hat
gemeint, dass, wenn man sich die Buchstabenfolge „DNR“ (Do Not
Reanimate) auf die Brust tätowieren lässt, oder man eine Art
Hundsmarke mit identischer Buchstabenfolge trägt, bei einem
Unglücksfall der Helfer(Sani, Arzt, Notarzt,…) diesen Wunsch
befolgen muss.

Zunächst einmal zur Bekanntheit dieser Akürzung: Nutz mal Google zum Thema und sei ernüchtert. Mir als Anwalt mit Spezialisierung im Bereich Patientenverfügungen ist sie so jedenfalls noch nicht untergekommen. Es ist ein medizinischer Terminus, den man ggf. in die Unterlagen im Krankenhaus schreibt, wenn sich jemand verständig so geäußert hat (z.B. durch Patientenverfügung), und der baldige Tod ohnehin absehbar ist, zur Sache mit der Tätowierung habe ich bei aktueller Google-Suche aber auf den ersten Blick nur einen einzigen Link, mit einem weiterführenden Link gefunden http://www.rettungsforum.com/forums/lofiversion/inde…, und das Thema ist schon Jahre alt.

Tatsächlich geht es hier um ein juristisches Problem. Die Juristen haben immer schon gesagt, dass der ärztliche Eingriff zunächst einmal als Körperverletzung anzusehen ist, und nur deshalb straffrei bleibt (ich lasse jetzt mal die Diskussionen über Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe weg), weil er eben im Einverständnis, oder zumindest im vermuteten Einverständnis des Betroffenen erfolgt. Dies bedeutet aber andererseits auch, dass ein Arzt der ganz genau weiß, dass dieses Einverständnis gerade nicht vorliegt, sich strafbar machen kann, wenn er sich über den eindeutig geäußerten Willen des Betroffenen hinwegsetzt.

Die verfasste Ärzteschaft (das ist wichtig, weil einzelne Ärzte es immer schon anders gesehen haben) hat sich lange auf einen Standpunkt gestellt, der diese juristische Sichtweise in Abrede gestellt hat. Sie ging davon aus, dass nur der Arzt als „Fachmann“ weiß, was für den Patienten zu tun ist, oder eben auch nicht, und hat den Patientenwillen gerade am Lebensende vielfach recht übel ignoriert. Diagnose und Behandlung bis zum bitteren Ende (oder wie es in dem Link steht „bis der Koffer leer ist“) waren zum Nachteil der Betroffenen die Folge.

Über die letzten Jahrzehnte ist hingegen eine langsame aber doch beständige 180°-Drehung der verfassten Ärzteschaft zu beobachten. Hieß es dann erst, dass selbstverständlich auch der Patientenwille zu beachten sei, ist man inzwischen bei einer Aussage angelangt, die diesem überragende Bedeutung zumisst. Insoweit werden Patientenverfügungen heute deutlich häufiger recht unproblematisch umgesetzt, als noch vor 20 Jahren, was aber nicht heißt, dass es trotzdem immer noch Fälle gibt, in denen ich als Anwalt Arbeit bekomme. Einen mittelprächtigen Fall habe ich gerade hinter mir, wo nach und nach drei Ärzte alarmiert wurden, weil ein Angehöriger eine Behandlung verweigerte, und erst der dritte Arzt dann die Kollegen zurückgepfiffen hat.

Insoweit müsste man also zunächst einmal sagen, dass eine entsprechende Tätowierung durchaus zu beachten wäre, es alleine aber schon problematisch sein dürfte, dass nicht jeder etwas mit der Abkürzung wird anfangen können. Weiterhin muss natürlich auch die Ernsthaftigkeit einer solchen Tätowierung hinterfragt werden. Ohne weitergehende Infos würde ich diese zumindest bei nicht offensichtlich schwer kranken Menschen auf jeden Fall ignorieren. Tätowierungen sind aktuell einfach so wahnsinnig angesagt, und die Leute verunstalten ihren Körper mit so unglaublich viel angeblich coolem Unsinn, dass ich diese alleine nie als ausreichend ansehen würde, um von einer ernsthaften Aussage auszugehen. Und das Blöde ist ja auch, dass man die Dinger so schlecht wieder ausradieren kann. D.h. wenn schon bei Verfügungen auf Papier diskutiert und gerne auch empfohlen wird, diese regelmäßig zu erneuern, dann haben wir das Problem in diesem Fall um so mehr.

BTW: Was da in dem Link bzgl. Pflicht zur notariellen Beurkundung zu lesen steht ist Unfug! Patientenverfügungen sind privatschriftlich nicht mehr und nicht weniger wert. Es gibt hierzu aktuell keine gesetzlichen Formvorschriften.

Gruß vom Wiz

Hallo,
in einer Notfallsituation an einem Bewusstlosen wird immer Hilfe geleistet, egal was da vielleicht irgendwo steht. Selbst wenn jemand eine beurkundete Patientenverfügung bei sich trägt ist das für Ersthelfer und auch Rettungspersonal irrelevant.

Da ist überhaupt keine Zeit über irgendwelche Tatoos nachzugrübeln (zumal nicht über Akronyme), oder Hundemarken zu entziffern oder das Portemonee zu durchwühlen, ob zwischen den alten Tankfquittungen vielleicht noch ein „Patientenwille“ steckt. Mal ganz abgesehen davon, dass dann auch gar keine Möglichkeit besteht die Echtheit und Gültigkeit eines solchen „Dokumentes“ zu bestimmen.

In einer echten Therapiesituation, wo Arzt und Patient sich kennen oder die vorliegenden Dokumente eindeutig zuzuordnen sind, stellt sich das sicher anders dar, aber nicht bei Notfallreanimationen, da klärt man die Fragen hinterher.

Gruß
Werner

Hallo,

an dem zitierten Fall:

Einen
mittelprächtigen Fall habe ich gerade hinter mir, wo nach und
nach drei Ärzte alarmiert wurden, weil ein Angehöriger eine
Behandlung verweigerte, und erst der dritte Arzt dann die
Kollegen zurückgepfiffen hat.

finde ich durchaus diskussionswürdig, dass man erst mal drei Ärzte ruft um Ihnen dann zu sagen, dass es schön sei, dass sie da wären, aber es wäre ihnen verboten etwas zu machen. Da brauchen wir uns um die Kosten im Gesundheitswesen ja keine Sorgen mehr zu machen. Leider ist das kein Einzelfall - wir erleben das im Notarztdienst regelmäßig, dass wir zu Patienten gerufen werden, die ein Tumorleiden haben und nicht an Schmerzen leiden. Wir sollen dann kommen, weil diese Patienten gerade sterben, machen sollen wir aber nichts.

Insoweit müsste man also zunächst einmal sagen, dass eine
entsprechende Tätowierung durchaus zu beachten wäre, es
alleine aber schon problematisch sein dürfte, dass nicht jeder
etwas mit der Abkürzung wird anfangen können.

Zur Tätowierung auf der Brust: Egal was dort steht - die Reanimation fängt schon an, wenn die Brust noch nicht freigelegt ist. Außerdem ist der mutmaßliche Wille des Patienten zu befolgen und den kann ich in einer solchen Situation nicht abklären - es sind 5, maximal 10 Minuten Zeit bis zum Beginn der Reanimation oder ich brauche keine mehr zu machen. Der mutmaßliche Wille kann eben gerade nicht durch die Tätowierung „DNR“ erklärt werden und auch nicht durch die Tätowierung „Ich will sterben !“.

Also: Für die Notfallreanimation durch Laien oder Rettungspersonal oder Notärzte bei unbekannten Personen gibt es keine rechtlich bindenden Tätowierungen oder Schriftstücke. Selbst der Selbstmörder wird reanimiert, wenn es medizinisch sinnvoll ist. Eine Klage gegen die Reanimation eines Notarztes bei einer ihm sonst unbekannten Person hat noch keiner gewonnen.

Dr. J. Sauer

3 Like

vielen dank ihnen allen für das feedback! wie gesagt, da ich kein arzt bin, wusste ich nicht, ob diese abkürzung bei ärzten oder helfern generell bekannt ist, vielleicht sogar anwendung findet oder eben nicht. schließlich haben die ja für so einige sachen abkürzungen (CT, MR, und was weiß ich… - bin ja kein arzt).

jedenfalls danke nochmal für so manche horizonterweiternde antworten.

lg. bot

Hallo Bot,

Zum Glück stand ich ja nie vor einer solchen Situation. Aber rein juristisch betrachtet ich denke man begeht „unterlassene Hilfeleistung“ wenn man jemand eine Wiederbelebungsmaßnahme weigert. Denn im schlimmsten Fall, woher weiß man daß der Mensch das genau genau gemeint hat und nicht etwas anderes?

Also ich, als Krankenschwester würde mich nie und niemals darauf verlassen und immer die Herzmassage ansetzen. Wenn der Mensch nicht wollte, daß ich ihn wieder belebe, kann sich ja später beschweren. Wenn er wollte, daß ich es belasse, dan hat er schlich pech gehabt. Ich bin allein von Gesetz (aber auch von meinen Gefühlen und meinem Gewissen) her verpflichtet alles mögliche zu tun um einen Menschenleben zu retten. Und ich werde verdammt mich bemühen, zu einem Erfolg zu bringen. Ich kann mich schlich und ergreifend NICHT darauf verlassen diese drei Buchstaben so zu interpretieren wie derjenige sich das wünscht und für große -und lange- Überlegungen hat man in solchen Fällen gar keine Zeit.

Etwas ganz anderes ist, wenn im Krankenhaus, in die Akte eines Patienten diese Bemerkung steht (allerdings meistens voll geschrieben und nicht nur mit Initiallen). Dann weiß das jeder (damit gemeint ist das Personal) bescheid und im echten Fall, kann man ja noch jemand fragen (obwohl es schon bestimmt 1000 mal besprochen worden ist). Aber dann ist es nicht tatöwiert.

So kenne ich das.

Schöne Grüße,
Helena

Hallo,

finde ich durchaus diskussionswürdig, dass man erst mal drei
Ärzte ruft um Ihnen dann zu sagen, dass es schön sei, dass sie
da wären, aber es wäre ihnen verboten etwas zu machen.

Zemetn mal, davon hat keiner was geschrieben. Der Sachverhalt war genau umgekehrt: Patient liegt im Pflegeheim und es tritt plötzliche Verschlechterung des Zustands ein. Pflegeheim ruft Notarzt und Angehörigen obwohl bekannt ist, dass Angehöriger weitere Behandlung ablehnt. Notarzt und Angehöriger kommen ungefähr gleich an, Angehöriger verweigert Behandlung. Notarzt ruft weiteren Kollegen, beide versuchen Angehörigen von seinem fest stehenden Entschluss abzubringen, schließlich rufen die beiden einen dritten Arzt hinzu. Der endlich versteht den Angehörigen und pfeift seine Kollegen zurück.

Also bitte mal vorsichtig mit bösen Unterstellungen bzgl. vorsätzlicher Kostentreiberei. Wäre es nach dem Angehörigen gegangen wäre gar kein Arzt gerufen worden. Die weiteren Ärzte wurden von den Kollegen aufgeboten. Der Angehörige hätte es sich gerne erspart, sich mit drei Ärzten in der ohnehin schon mehr als belastenden Situation auseinander setzen zu müssen.

Was ich vom Verhalten der Ärzte halte, mit Masse statt Klasse auf die nachvollziehbare Entscheidung des Angehörigen zu reagieren, brauche ich wohl nicht sagen.

Gruß vom Wiz

Hallo,
hier fehlt nun noch die entscheidende Information, dass der Angehörige ein Betreuungsrecht hatte, ansonsten macht das keinen Sinn.
Gruß
Werner

Hallo,

  • erstens war mir diese Abkürzung bisher nicht geläufig

  • zweitens gibt es den § 323c des StGB http://de.wikipedia.org/wiki/Rechtliche_Aspekte_bei_…

  • und drittens würde ich auch bei Kenntnis der ABkürzung und Nichtvorhandneseins des 323c immer reanimieren, allein um mich vor den Streithanseln zu schützen, die mich bei Nichtreanimation mit Prozessen überhäufen würden.

Und jeder Heilkundige, Sani etc. würde mit Sicherheit ähnlich denken und somit kannst Du Dir diese Verunzierung schenken.

Gandalf

Aus Sicht des Rettungsdienstpersonal
Hallo!

Ich bin Hauptberuflich bei der Berufsfeuerwehr und werde auch auf dem Rettungswagen eingesetzt und wurde schon öfters mit diesen Situationen konfrontiert. Zumindest in NRW ist es -für das Rettungsdienstpersonal- rechtlich ganz klar: Werden wir gerufen, MÜSSEN wir helfen!!!Wir nehmen keine Rücksicht auf Patientenverfügung!Der Hintergrund ist, das wir in der Notfallsituation vor Ort nicht klären können, wenn uns ein „Angehöriger“ sagt: „Der Patient hat eine Verfügung!“ ob diese Verfügung tatsächlich echt ist und dem aktuellen Wunsch des Patienten entspricht! Wenn wir vom Rettungswagen gerufen werden, gehe ich davon aus, dass ich retten soll und das tue ich dann auch und schaue nicht erstmal nach der Verfügung!
Was dann später im Krankenhaus passiert ist eine andere Sache. Z.B. mit Operationen! Wenn denn tatsächlich eine gültige Verfügung vorliegt und die Ärzte (nicht Krankenschwestern) dies geprüft haben, kann dann von einer Operation abgesehen werden!
Fallbeispiel wie ich es erlebt habe: Ich werde mit dem Rettungswagen von dem Sohn in ein privates Haus gerufen wo die Mutter mit Krebs im Endstadium liegt, nun an Luftnot und schlechten Allgemeinzustand etc… leidet. Der Sohn empfängt uns mit den Worten: Ich glaub meine Mutter stirbt gleich, ich habe aber eine Patientenverfügung!
Leider Pech für Ihn!Jetzt MÜSSEN wir seine Mutter retten, weil ich davon ausgehe, dass es aktuell sein Wille ist, dass wir das tun, schließlich hat er uns gerufen!Mit der patientenverfügung hatte er das Recht gehabt NICHTS zu tun und seine MUTTER zu Hause sterben zu lassen! So MUßTEN wir seine Mutter in das Krankenhaus mitnehmen!
Der Diensthabende Arzt dort vor Ort hatte nun die Verfügung und den Sohn im Gespräch prüfen…wo die Mutter dann verstorben ist!

Was mit Krankenschwestern in einem Krankenhaus ist…ich würde sagen der Diensthabende Arzt ist Weisungsbefugt!Außerdem sollten die Schwestern über Verfügungen und die Vorgehensweise bei den jeweiligen Patienten dann informaiert sein!Ich denke es ist immer als Einzelfall zu sehen!

In einem Altersheim:
Ist wie bei einem Privathaus zu sehen: Rufen die Schwestern des Heimes den Rettungswagen…retten wir!!!Auch mit Verfügung!

Ich hoffe ich konnte es anschaulich aus meiner Sicht darstellen!
Gruß
Thomas

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