Ist eine Chemotherapie hier sinnvoll?

Hallo Ihr Lieben…nun leider eine doch sehr wichtige Frage…vielleicht könnt ihr mir ein wenig helfen mich zu entscheiden…

Ich bin 32 Jahre alt
Vor drei Wochen haben die bei mir Brustkrebs festgestellt
Vor zwei Wochen gabs dann die OP und jetzt bin ich zu Hause. Leider hat der Chefarzt das gestrige Gespräch zu der Weiterbehandlung auf nächste Woche verschoben. Aber mich mit der Info „auf grund Ihres Alters gehen Sie davon aus dass Sie die Chemo bekommen sollten“

Super dachte ich mir…

Also hier paar Daten:

Mammakaziom links
pT2 (2,1cm)
G2
pN0 (0/1 sn)
M0 L1 V0 R0
ER 100%
PR70%
HER 2 neu negativ
Resektionsränder ausnahmlos Tumorfrei
Tumorfreie Haut
Lymphknoten:tumorfrei mit reaktiven Veränderung, tumorfreies perinodales Fettgewebe

Invasiv-duktales Karziom mäßigen Differenzsgrades sowie eine kleine, intratumorale, intraduktale Tumorkomponente als high-grade-duktales Carcinoma in sitiu mit einzelnen Komedonerkrosen

Stahlentherapie ist mir klar…die Antihormonbehandlung auch…aber Chemo???

Hallo,

ist eine Chemotherapie hier sinnvoll?

Ja, JA, 100% JA!

Um zu verhindern, das sich erneut Tumore bilden oder sogar Fernmetastasen entstehen,
sollte man alle Mittel nutzen.

Notfalls auch mit Kanonen auf Spatzen schießen!

Jedes Jahr sterben in Deutschland 17.000 Frauen an Brustkrebs - hier ein Risiko einzugehen ist wirklich lebensgefährlich.

Ein Jahr Chemo ist schlimm - kommt der Krebs zurück wird es aber viel schlimmer.
Eine einzige Krebszelle, die nicht entfernt wurde, könnte ein neuer Tumor werden…

Mach die Chemo und geh auf Nummer sicher - auch wenn es momentan sehr schwerfällt.

Ich wünsche dir alles Gute und viel Kraft.

Yvisa

Chemo ist grausam…
…dachte ich bis vor ca. anderthalb Jahren…

und dann erwischte es mich: Niederschmetternde Diagnose mit vollem Programm incl. Organisation meiner eigenen Beerdigung…

Irgendein Onkologe faselte dann was von Chemo… war mir scheissegal, ich war mittlerweile sehr leidensfähig, es gab kaum Etwas, was meine Situation verschlimmern konnte…

Die erste Chemo wurde mir quasi „untergejubelt“: Ich lag noch stationär im Krankenhaus nach Operation, bekam sowieso jede Menge Infusionen… nur Diese dauerte deutlich länger und ich wurde statt von Hilfskräften andauernd von Ärzten angekuckt…

Nach ca. 6 Stunden verschiedener Flaschenwechsel:Na, wie geht’s?
Ich: Ganz ok… die Ärzte: OK, dann machen wir so weiter…

Dann bekam ich im regelmaessigen 3 Wochenrhytmus meine Dröhnungen - das lief schon ambulant… Ein heller freundlicher Raum mit ca 30 Liegesesseln, sehr entspannte Atmosphäre…
Zu ersten Chemo lies ich mich von meiner Frau fahren + wieder abholen - ich befürchtete Schlimmstes, dass ich orientierungslos durch die Gegend stolpern würde… mitnichten: Der einzige Effekt, den ich hatte, war ein tierischer Fressflash ( wahrscheinlich durch die Cortisonbeigaben ) .

Zur zweiten Chemo fuhr ich dann eigenständig mit Auto und wieder zurück - völlig ohne Probleme! Und gegen den Fressflash hatte ich reichlich Kartoffelchips und Erdnüsse dabei…

Es folgte die Dritte, Vierte…usw… immer schön brav selbst gefahren … absolut ohne Probleme. Die Kartoffelchips und Erdnüsse wurden durch edle Sandwiche ersetzt…

Eine Chemo ist nicht so, dass man da eine einzelne Infusion bekommt, sondern es ist ein abgestimmter Cocktail, der nach + nach abgereicht wird… so ca 5 Flaschen incl. Spülung sind wohl normal. - dauert ca 4 - 6 Stunden… Irgendwann bekamm ich ein Mittel, das beim Pinkeln den Urin so dermaßen rot färbte, dass ich dachte, es kommt reines Blut aus meiner Blase… war aber nicht - man hatte lediglich vergessen, mir zu sagen, dass es bei diesem Mittel so ist…
Ist aber nach einem halben Tag vorbei…
Dann hatte ich nach 6 Zyklen = 13 Chemos incl der ersten Testchemo mein Programm durch.

Am unangenehmsten bei der Chemo war eigentlich, dass die Räume für Handyempfang abgeschirmt waren - man konnte also nicht mit dem Smartphone spielen, sondern musste schnöde was lesen oder schlafen, um die Zeit zu überbrücken… Es gibt Schlimmeres…

Danach wurde ich von meinem behandelnden Onkologen durch den CT gejagt - Ergebnis: Komplette Remission - das heisst: Der Tumor ist weg!

Damit kann man leben… sehr gut sogar!!

Natürlich hatte ich Nebenwirkungen: Mir gingen komplett die Haare aus - das war aber letzten Sommer ganz angenehm, ich hätte sie mir sowieso kurz geschnitten.
Frauen scheinen darunter mehr zu leiden, als Männer, aber ich habe dann während der Behandlung + danach in der Reha jede Menge Leute kennengelernt, die sehr selbstbewusst mit dieser Unwichtigkeit umgehen konnten. Man lernt dann auch sein Umfeld besser kennen und weiss zu sortieren, wer Einen nach Äußerlichkeiten oder Person beurteilt… sehr wichtige Erfahrung!!

Und übrigens: Nach der Chemo wachsen die Haare schöner, voller und lockiger, als jemals zuvor!!

Dann gibts es angeblich bei der Chemo das berüchtigte Fatigue-Syndrom = der Drang, sich permanent ausruhen zu wollen, keine Belastung anzunehmen… Kann schon sein, aber ich habe es nicht erfahren, weil ich mich die ganze Zeit überredet habe, meine Krankheit nicht so wichtig zu nehmen, und mich den Dingen zu stellen, die mich fordern…

Ich erzähle dir das Alles, um guten Mutes in die Chemo zu gehen!!

Man ist da mit gezielter Methode offensichtlich so weit, den Tumor gut zu bekämpfen und die Nebenwirkungen deutlich zu reduzieren.

Ich habe auf meinem Weg einige Leute kennengelernt, die um eine Chemo gebettelt haben, sie aber nicht bekamen, weil bestimmte Konstellationen im Blutbild das nicht zuliessen! Die leben zum Teil nun auch nicht mehr…

Nimm es an! Bring es hinter dich, und spätestens in einem Jahr kannst du dann wie ein alter Frontkämpfer von deinen Erlebnissen berichten… irgendwann kommt man sowieso in ein Alter, wo man nur noch über Krankheiten redet… hätte ich bei mir auch nicht gedacht…

Gruß

Hummel

Super Erfahrungsbericht…
…und dafür ein Sternchen! :smiley:

Danke dir, Hummel:smile:)

Jeder kann zwischen den Zeilen lesen - dennoch: unaufgeregt, informativ, mutmachend, motivierend, beeindruckend.

Nochmal Dank, Maresa

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