Ist Erinnerung nostalgisch oder schwarzmalerisch?

Hallo Allemiteinander.

Wollte nur mal eben nachfragen, ob negative oder positive Erlebnisse besser in der Erinnerung verankert bleiben.

Einerseits sprechen Neurologen davon, dass negative Erinnerungen mehr wiegen als positive.
http://en.wikipedia.org/wiki/Negativity_bias
Irgendjemand sagte dazu neulich auf einer Website: „Some scientists suggest that you need about four positive events to equal the impact of one negative event.“
Muß wohl stimmen wenn’s im Internetz steht.

Andererseits verklärt man viele Erinnerungen zur Nostalgie

http://img-9gag-lol.9cache.com/photo/ag0YXpv_700b_v1…
http://s7.directupload.net/images/140927/7ii8kbf4.png

Kann jemand erklären, wie diese beiden gegensätzlich anmutenden Phänomene  koexistieren

E. malt in Gold
Hallo Zera,
zu dem Thema kenne ich nur den o. g. Spruch und als Kontrast dazu den Brauch des Schlagens eines jungen Zeugen bei einem „Grenztermin“ in alten Zeiten mit dem Zweck, dass dieser junge Mann sich auch viele Jahrzehnte später noch an den genauen Ort des Grenzsteins erinnern sollte. Eine positive Erinnerung zu erzeugen hätte wohl auch etwas mehr Hingabe und Phantasie seitens der Leitenden erfordert :wink:
Insgesamt halte ich die Beantwortung Deiner Frage für schwierig, denn sie setzt m. E. eine objektive und lineare Bewertungsskala voraus, die sowohl positive als auch negative Erlebnisse gerecht gewichtet.
Im nächsten Schritt müsste man dann herausfinden, wie intensiv diese Erlebnisse von verschiedenen Personen nach unterschiedlichen Zeitabständen noch erinnert werden.
Dabei würde ich große Unterschiede von Person zu Person erwarten, die die Auswertung erschweren.
Speziell zur Koexistenz beider Verzerrungen: Ich kann mir vorstellen, dass die gefühlte Qualität der Erinnerung auch von der Stimmung im Moment des Erinnerns abhängt. In einer Situation der Gefahr / Flucht / Angst könnten die negativen und schmerzlichen Erfahrungen in den Vordergrund rücken. In einer besinnlicheren Stunde wären wohl die positiven Erlebnisse an der Reihe, vielleicht um das Leben erträglicher zu machen :smile:
Hinzu kommt, dass negative Erfahrungen immer auch positive Aspekte beinhalten ( Lerneffekt, Reifung der Persönlichkeit ) und die schönen Erlebnisse süchtig machen können oder manchmal von wichtigen Dingen ablenken.
So wie Du bin auch ich gespannt, was die fachlich gebildeten User zu dem Thema zu sagen haben.
Freundliche Grüße
Thomas

Hallo,

Wollte nur mal eben nachfragen, ob negative oder positive
Erlebnisse besser in der Erinnerung verankert bleiben.

prüf dich doch mal selbst - es sind die negativen Erlebnisse auch weil sie i.R. bedeutend seltener sind und vor allem „unerwartet“ in dem Sinne, daß wir das positive Erleben als
uns zustehend betrachten, als „normaler“ (wie auch immer)

Sicher möchte man manches verdrängen…

Genau, und dies bedeutet, daß da „Handlungsbedarf“ besteht, weil eben negatives Erleben domoniert.

Andererseits verklärt man viele Erinnerungen zur Nostalgie

Mag sein, deshalb brauchen sie aber nicht stärker präsent zu sein.

Gruß Viktor

PS
Ein blödes Beispiel.
man hat viele Male normalen Sex - positive Erlebnisse.
Doch es geht mal was schief - eine Begegnung war peinlich ö.ä., egal warum
Letzteres bleibt eher in Erinnerung.

Nachfrage ‚i.R.‘
Moin!

Wollte nur mal eben nachfragen, ob negative oder positive
Erlebnisse besser in der Erinnerung verankert bleiben.

prüf dich doch mal selbst - es sind die negativen Erlebnisse
auch weil sie i.R. bedeutend seltener sind

Darf ich fragen, was hier „i.R.“ bedeutet???

Danke und Gruß

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Moin!

zu dem Thema kenne ich nur den o. g. Spruch

Darf ich fragen ob der Spruch wirklich " E. malt in Gold" heißt (also E Punkt malt in Gold) und woher der stammt.
Ist das vielleicht aus Österreich und gibt es da noch mehr Redewendungen, in denen man Abkürzungen verwendet?

Danke und Gruß, Fo

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Wieso haben sie „Sicher möchte man manches verdrängen…“ als Zitat geschrieben, obgleich es kein USer shrieb?

Hallo Fogari,

nein, das ist eine spontane Erfindung von mir. Gestern abend aus Faulheit. Ich bin kein Österreicher sondern Niedersachse. Folkloristisch kenne ich Abkürzungen nur von Schnitzereien oder Bildhauereien, da wird oft ein Buchstabe verdoppelt, indem man einen Querstrich darüber anordnet - nicht besonders effektiv.
Du scheinst Dich besonders für Abkürzungen zu interessieren. Hast Du dabei schon Erkenntnisse gewonnen?
Sicher weißt Du, dass i. R. „im Ruhestand“ bedeutet …

Freundliche Grüße
Thomas

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Es ist so wie mit der als "Mythos"aufbewahrten Erinnerung an das Paradies: kaum war es den Menschen erschaffen, da ging es ihnen auch schon wieder verloren.
Wahrscheinlich spiegelt sich in solchen hochambivalenten, d.h. zugleich nostalgisch-schwarzmalerischen Erinnerungen eine Tragödie wieder, die jeder Mensch in unserer von Grund auf neurotischen Kultur machen muß: kaum konnte sich das Gehirn so weit entwickeln, dass ihm die Erfahrung der wohligen Geborgenheit im Uterus abzuspeichern gelang ins Gedächtnis, da wird das Baby auch schon in die Arme eine Mutter geboren, die unfähig ist, ihm einen auch nur annähernden Ersatz zu vermitteln.

Hallo,

aus Gründen des Überlebens ist es wesentlich wichtiger sich Negatives zu merken als Positives.
Wo die guten Beeren wachsen ist weniger wichtig als die Gefahren, die dort herrschen…was nützen einem gute Beeren, wenn das Letzte der Blick darauf ist während man von einem Wolfsrudel gefressen wird!! :wink:

Gebunden ist das sicherlich auch mit der Intensität, die bei Negativem aber auch bei Positivem gilt.
Wenn etwas als „so richtig supergut“ empfunden wird- bleibt das genauso als Erinnerung bestehen.

Diese Verklärung - Nostalgie- ist tatsächlich recht spannend.
Ich ertappe mich dabei ebenso und beobachte dabei auch so manche Gedanken, die in mir aufkommen.
Und ich sehe dabei folgende Gründe:

  1. man vergisst, wie man sich in den Situationen genau gefühlt hat.
    Man lebt immer mit allen Sinnen und wenn man den Moment jetzt- hier beschreiben würde- kämen viele Worte zusammen…denn auf uns wirkt Vergangenheit und Gegenwart und dieser Moment ist von so vielem eingefärbt.
    Man kann sich noch an die Situationen in der Vergangenheit erinnern, aber man bekommt nicht mehr alle Empfindungen zusammen und wenn man es dann wie einen alten Film anschaut…kann es sich besser anfühlen.

  2. schaut man mit dem zusätzlichen Wissen von heute auf das Gestern.
    Genau das- lässt die Vergangenheit wertvoller und schöner erscheinen obwohl es evtl gar nicht so positiv war.
    Es gibt einige Situationen in meinem Leben, die ich jetzt als schön ansehe…die ich aber in der damaligen Situation nicht so empfunden habe.
    Heute- bekommen sie aber einen anderen Wert, weil ich darin auch das Geschenk sehe, was darin lag. Und mir ist sogar klar, dass ich das damals nicht erkennen konnte- denn mir fehlte der Blick, den ich heute habe.
    Und so passt auf jeden Fall der Spruch, dass man das Leben nach vorne lebt und nach hinten versteht.

Und sicherlich gibt es noch den Fall bei dem die Vergangenheit „umgeschrieben“ werden muss um sie zu ertragen. Wobei auch da die Gefühle in der Situation vergessen werden können…man wollte sie damals nicht spüren und heute sich erinnern -erst recht nicht… und dann kann viel Gutes übrig bleiben! :wink:

lg kitty

Hallo,

prüf dich doch mal selbst - es sind die negativen Erlebnisse
auch weil sie i.R. bedeutend seltener sind

Darf ich fragen, was hier „i.R.“ bedeutet???

muß man die wirklich verklickern, daß bei manchen Menschen die negativen Erlebnisse
dichter sind oder stärker die Befindlichkeit prägen, als bei den meisten ?

Gruß Viktor

Wieso haben sie „Sicher möchte man manches verdrängen…“
als Zitat geschrieben, obgleich es kein USer shrieb?

Weil ich mich vertan habe habe und feststellen wollte:
Sicher möchte man manches verdrängen und genau dies bedeutet, daß dazu „Handlungsbedarf“ besteht, weil eben negatives Erleben dominiert.

Hallo,

auf deine Erinnerungen hast du auch Einfluss!
Das, was du immer wieder in Erinnerung rufst, erzählst, ausschmückst, vielleicht Fotos davon anschaust… wird sich besser einprägen. So ähnlich funktioniert es auch bei Nostalgie, je öfter wir von unserer „schönen Jugend“ erzählen, umso schöner scheint sie in der Erinnerung.

Beim Erzählen „konstruieren“ wir auch unsere Erinnerung neu, was nicht heißen muss, dass wir lügen.

Wenn du also oft und genussvoll dich an positive Erlebnsise erinnerst, und Negatives eher etwas abschwächst, wird sich das Positive wahrscheinlich besser einprägen.

Eine Frage der Grundeinstellung
Hi!

Wollte nur mal eben nachfragen, ob negative oder positive
Erlebnisse besser in der Erinnerung verankert bleiben.

Das ist doch schlicht eine Frage der Grundeinstellung eines Menschen.
Es gibt welche, die deuten alles irgendwie positiv und andere ziehen alles ins Negative.

Irgendjemand sagte dazu neulich auf einer Website: „Some
scientists suggest that you need about four positive events to
equal the impact of one negative event.“

Bei einem negativ eingestellten Menschen mag das so sein. Der übersieht das Positive und da braucht es schon einen „Holzhammer“ um ihm mal ein schönes Erlebnis nahe zu bringen. Und umgekehrt gibt es das auch.
Kenne von beiden Extremen ein paar Beispiele in meiner Umgebung.

Kann jemand erklären, wie diese beiden gegensätzlich
anmutenden Phänomene  koexistieren

Sicher: Genauso wie unterschiedliche Menschen koexistieren tun es auch deren Einschätzungen der Erinnerungen.

Grüße
kernig