Ist Glueck kulturell / international verschieden?

Betrachtet man die unterschiedlichen Wünsche, Gewohnheiten der Leute, scheinen diese doch recht unterschiedlich zu sein. Die Vorstellung von Glück, was das denn sei, ist NICHTS Angeborenes… wohl, so meine Meinung, etwas kulturell entwickeltes!
Zwar mögen alle Menschen Hunger und Durst, Schmerzen und Lebensbedrohungen als Unglück betrachten, doch beim „Glueck“ glaube ich nicht, dass das einheitlich ist.
Haben asiaten, Afrikaner, Europaer, Lateinamerikaner nicht unterschiedliche „Perspktiven“ oder Vorstellungen (Definitionen) von GLUECK anthropologisch entwickelt?

Wisst Ihr genaueres?

Mike („MultiVista“)

Hi

Ich glaube eher, dass Glück vom finanziellen und gesellschaftlichen Status abhängig ist.

Die meisten Kulturen wünschen sich irgendwo irgendwann Wohlstand, ein lange Leben/Unsterblichkeit, viele-viele Kinder und manchmal sogar einen liebenden Partner.

Ist die gesellschaft arm/unterentwickelt und jeder muss um sein Leben kämpfen, wünscht man sich Wohlstand. Man wünscht sich nicht, wie der Nachbar, mit 30 zu sterben ohne irgendwas geschafft zu haben. Wenn man schon so ein kurzes Leben hat, wünscht man sich Ruhm, solange irdische Unsterblichkeit nicht gegeben ist.
Muss man denn schon sterben, will man im Alter und im Jenseits gut versorgt sein - dafür braucht man viele Kinder, in den meisten Kulturen Söhne. die Menge machts - wohlhabende Kinder bedeutet wohlhabende Eltern.

Ist die Gesellschaft weiterentwickelt und teilweise recht Wohlhabend, entsteht ein Zeitüberschuss, der in die Kultur investiert werden kann.
Man wünscht sich Unterhaltung, man wünscht sich weiterhin Ruhm. Arbeit jenseits der Selbstversorgung erhält mehr Achtung, dadurch kann man sich mehr Achtung verdienen, geliebt und gepriesen werden. Man kann gesellschaftlich aufsteigen, sich viel leisten, einen besseren Partner abkriegen, die Kinder besser versorgen, ein Vorbild sein und in der Erinnerung der Menschen unsterblich werden. Man wünscht sich lange oder ewig zu leben, um dies zu erlangen oder länger genießen zu können. Man braucht Kinder als Stammhalter und das Vermögen zusammen zuhalten, egal wie klein es sein mag.

Ist die Gesellschaft eine kapitalistische rückt das Streben nach Wohlstand in den Vordergrund. Ruhm und Bedeutung sind immernoch erwünscht, rücken aber in den Hintergrund. Geld ist der Schlüssel zu allen anderen Glücksfaktoren, daher wird es primär angestrebt. Durch Geld erhält man Ansehen, gesellschaftlichen Aufstieg, bessere Partner von denen man eventuell nix hat, man lebt länger durch bessere medizinische Versorgung. Es werden weniger Kinder erwünscht, die dafür aber viel intensiver gefördert werden und nun nicht mehr dem Wohlstand dienen, sondern zum Aufpolieren des gesellschaftlichen Ansehens.

Kommt dann der große Reichtum über lange Zeit, wird der Wohlstand zur Normalität und verliert seinen Ziel- und Besonderheitsstatus. Eine Rückbesinnung auf das Selbst kann hier neue Schwerpunkte legen, z.B. mehr Wunsch nach gesellschaftlicher Bedeutung (durch gute Taten, durch Wissen) was letztendlich wieder das Streben nach Unsterblichkeit ist, die wir ja immer noch nicht erreicht haben.
Kinder sind weiterhin kein Multiplikationsfaktor mehr, sondern Werbemittel. Eventuell wünscht man sich einfach eine liebende Familie, da sonst alles da ist.

Das würde es jetzt interressant machen, was Glück wohl in einer Gesellschaft bedeutet, wo Unsterblichkeit möglich ist.

lg
Kate
(Ein Sonderfall sind chronisch oder unheilbar Kranke, die sind wahrscheinlich schon sehr froh, wenn sie wieder gesund wären)

Danke Kate. Ich sehe Deine „Definition/en“ bzgl. des Gluecks als eine
Art von „Negatives Glueck“.

Es wird ja fast ausschliesslich ueber das ausbleiben/eliminieren von negativen Eigenschaften/Zustaenden hergeleitet.

Ich kann dem von meiner Natur aus zustimmen, denn ich mag die Weisheiten wie

„Glueck ist die Abwesenheit von Unglueck“

oder aus soziologischer Ecke, denn da stimme ich

Gehlen zu, der da vom „Maengelwesen Mensch“ sprach.

Um es mal profan auszudruecken, was Du schriebst:

Glueck heisst Fressen, Saufen, Sex… und dann ist noch Ansehen (iEitelkeit) nicht unwichtig. Wenn man dann noch gesund ist und wohlhabend genug
„kulturellen Spielereien“ in genuegendem Umfang beizuwohnen bzw. sich daran zu ergoetzen ist die Welt die bester alle Welten :smile:.

Ein kleiens Bonmot noch:

Der Fussballer Wegmann sagte nach einem Spiel:
„Wir hatten kein Glueck und dann kam noch Pech hinzu“

Wie gesagt: Glueck ist die Abwesenheit von Unglueck, daran musste ich heute wieder denken als ich im Radio eine ausfuehrliche Reportage zur Armut in Bulgarien hoerte.

Meine Gluecksformel ist:

"Jammere nicht ueber das, was du nicht hast,
erfreue dich an dem (durchaus vielen) was Du hast.

MultiVista

Fuer mich - aber ich denke auch fuer die allermeisten anderen - ist Bildung eine Form hoechsten Glueckes.

Nicht nur wegen moeglicher beruflicher Vorteile, sondern weil es freier macht.

Wir brauchen „besser gebildete Menschen in Deutschland“
Bildungsforscher fordert barrierefreie Weiterbildungsoffensive.
Als Konsequenz aus dem deutschen Abschneiden bei PIAAC, dem Erwachsenen-PISA der OECD, möchte Klaus Hurrelmann, Bildungsforscher der Hertie School of Governance,
eine Weiterbildungsoffensive starten. Die Angebote müssten Schamgrenzen
überwinden…***)

es bringt uns die Studie deutliche Perspektiven, wie wichtig es ist, auch im täglichen Leben eine gute Bildung zu haben. Die Untersuchungsergebnisse werden hier immer dichter. Der schnelle Wandel der gesellschaftlichen Verhältnisse macht es nötig, dass ich fit bleibe. Das gilt politisch, das gilt gesundheitlich, das gilt für meine tägliche Lebensorganisation.

Je besser ich gebildet bin, desto besser komme ich mit meinem Leben zurecht, desto besser fühle ich mich, desto gesunder bin ich. Insofern glaube ich, ist das jetzt wirklich eine Chance, diese Studie zu nehmen und zu sagen, wir brauchen in dem Sinne besser gebildete Menschen in Deutschland, als sie einfach aktiver, lebendiger, teilhabeorientierter sind, als das bisher der Fall ist. aus: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/campus/2280433/

***)

MultiVista meint:

Schamgrenzen (Bildungsangst) ueberwinden?
Wie waere es statt mit „Geiz ist geil“ mal mit „Bildung ist geil“ ?
Uebrigens, wenn man uber Welt und Gesellschaft bescheid weiss, wie und warum sie so und nicht anders zusammenhaengen, das macht FREI und zufriedener.
Wer mehr weiss, der regt sich nicht mehr so schnell auf!

Hi

Da bin ich nicht ganz sicher. Ich finde eher, dass Bildung unglücklich macht. Wenn man zuviel weiß, und vor allem gelernt hat Dinge kritisch zu betrachten, Situationen zu durchschauen, nicht jeder Propaganda zu glauben, und sieht wie andere Menschen immer und immer wieder die selben Fehler machen und man selbst kaum etwas ändern kann, zumindest nicht genug… das frustriert.

lg
Kate

Na ja man/frau :smile: muss mit Bildung auch KLUG :smile: umgehen koennen …

Aber Du hast schon recht. Viele scheuen deshalb zuviel Klugheit/Bildung… denn - wie du ja sagst - mach der DURCHBLICK oft krank…

Gruss

MultiVista

Na bitte:

http://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/iq-wissensc…