Ist Hilbert Meyer populistisch?

Hallo!
Ich studiere Englisch und Biologie für das Lehramt am Gymnasium (SekI/II) und befinde mich gerade in der Prüfungsphase. Für mein mündliche Prüfung in Erziehungswissenschaft werde ich unter anderem über das Thema „Unterrichtsmethoden“ geprüft. Bei der Vorbereitung habe ich neben den Werken von Klingberg, Aschersleben und Kron vor allem die beiden Bücher (Theorie- und Praxisband)„Unterrichtsmethoden“ von Hilbert Meyer herangezogen. In der letzten Sprechstunde eröffnete mir jedoch mein Prüfer, daß er meine Wahl Hilbert Meyers sehr bedenklich fände, da dieser lediglich populistische und wenig fundierte Thesen darlege. Ich jedoch hatte bisher den Eindruck, daß diese sehr an der Praxis orientiertes Bände mir für meine zukünftige Unterrichtsplanung von großer Hilfe sein könnten.Ich wäre nun interessiert daran, andere Meinungen über Hilbert Meyers Buch zu erfahren. Sehen Ihr es auch so kritisch und wenn ja,warum? Ich würde mich sehr freuen, Eure Meinung dazu zu hören, da ich nun sehr verunsichert bin - bin ich wirklich auf „den Meyer hereingefallen“, wie mein Professor behauptet?

In der Hoffnung auf aufschlußreiche Antworten,
Ciao, Lynn

interessante Frage!!!

Er hat auf jeden Fall die Tendenz, in seinen Büchern überall kleine bunte Eulen und Lehrer mit Zeigefingern zu verteilen, die dem angehenden Pädagogen zeigen sollen, wos langgehen soll, so nach dem Motto „Ich nehme dich jetzt an die Hand uns zeige dir alles über Unterricht, Du.“ Etwas albern, finde ich.

Dennoch sind die Bücher praxisorientiert, vielseitig und in den meisten Lehrerseminaren vielgelesene Standards, nichtzuletzt dehshalb, weil sich in ihnen Übersichten über wichtige Themengebiete und weiterführende Veröffentlichungen anderer Autoren zu Themen wie z.B. „Unterrichtsstörungen“ finden.
Ideal, um in Prüfungen ein gesundes Halbwissen vorzutäuschen… :wink:

J.

Ich stimme Jens zu: auch im Studienseminar Mainz (Referendariat Gymnasien) ist H. Meyer die Bibel.
Wir Refs finden aber, dass er gar nicht so sehr praxisorientiert ist, denn meistens bleibt er bei Allerweltsweisheiten stecken und wird nicht konkret.

Ich denke aber, für das Wesentliche kannst du ihn sicher in der Prüfung verwenden.

Anja*

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Ich stimme mit Jens uns Anja überein: Hilbert Meyer liefert zwar einen guten Überblick über Didaktik und Methodik; häufig drängt sich aber der Eindruck auf, dass der Autor den IQ seiner Leser nicht allzu hoch einschätzt. Schreibstil und Aufmachung machen seine Bücher zu einer Art Kasperle-Theater im Bereich Erziehungswissenschaft. Wem das egal ist, der wird bei Meyer vieles finden, was in Prüfungen gern gehört wird.

Nee, die anderen sind bloß zu faul.
Hi Lynn,

also m.E. ist das - in der sehr stark an der Realität orientierten Wissenschaft Päd - ein Standardwerk. Außerdem kann man es gut lesen. Und: Nur weil sich ein Prof Mühe gibt, seine Veröffentlichungen aufzupeppen, ist er noch lange kein Idiot. Die anderen sind bloß zu faul oder zu unfähig (und m.E. neidisch). Auch wenn das die superintellektuellen Profs das ungerne zugeben.
Das würde ich so auch in der Päd-prüfung sagen.

Viel Erfolg

Helge

Danke für Eure Anworten - was mir noch nicht ganz klar ist: Wie beurteilt Ihr den Inhalt von Meyer? Was haltet Ihr von seinen Thesen? Vor allem im Vergleich mit den theoretischen Ansätzen von Klingberg und Aschersleben? Daß man sich an Schreibstil und Aufmachung anstoßen kann, war mir klar - sowas wird immer Kritik erregen - aber wie steht’s mit Meyers Aussagen?

Lieber Lynn,
ich möchte eine allgemeine Antwort geben: Die Erziehungswissenschaft und die Pädagogik ist keine exakte sondern eine Erfahrungswissenschaft, d.h. hier spielen Deutungen und Bewertungen eine bedeutsame Rolle. Dabei unterliegen Deutungen und Bewertungen den Zielen und Wertvorstellungen, die ihrerseits nicht objektiv sein können, weil sie vom - ich nenne es einmal - „Zeitgeist“ also von Strömungen innerhalb dieser Erfahrungswissenschaft abhängig sind. Konkret heißt das, dass die wissenschaftlichen Ergebnisse und Befunde sehr verschieden ausfallen (können), so dass ihre Interpreten und Apologeten ganz und gar unvereinbare unversöhnliche Kontrapositionen einnehmen und diese dann auch noch als absolute Wahrheit verkünden um nicht zu sagen: „predigen“.
Ich will zwei Gegenpositionen bei den Unterrichtsmethoden nennen: Handlungsorientiertes Lernen in Gruppen bis hin zum selbst organisierten Lernen wo der Lehrer als Moderator wirkt, als sogenannte neue Unterrichtsmethode auf der einen Seite, steht einem gut strukturierten straff organisierten zielorientierten lehrerzentrierten Frontalunterricht unter Berücksichtigung konstruktivistischen Lernens auf der anderen Seite gegenüber. Dabei wird von beiden Seiten alleinige und Nur-Wirksamkeit reklamiert.
Für Deine Prüfung empfehle ich daher: Finde den Standort Deines Prüfers heraus, bearbeite die empfohlene Literatur, nimm dann selber einen gut begründeten Standort ein, hierbei solltest Du zwischen „wissenschaftstheoretischen“ und „wissenschaftspraktischen“ Bezügen differenzieren. Dann begib dich in die Prüfung und Du wirst höchstwahrscheinlich sehr erfolgreich sein.

Viel Erfolg, beste Grüße
Karl-Ludwig

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