Ist Jazz eigentlich hauptsächlich Improvisiert?

Hallo

Ich höre ab und zu mal ganz gerne einen Jazz-Channel und dort gibt es ja häufig lange Piano-Solos, bzw. ist es meistens eh das Hauptinstrument.
Und da frage ich mich, ob diese langen Phasen eigentlich komplett von vorne bis hinten „eingeübt“ sind - also z.B. Live bei jedem Auftritt gleich klingen - oder ob sie vom Pianisten nach „Lust und Laune“ nach einem Schema gespielt werden, also eher Improvisiert sind?

Vielleicht kennt sich ja jemand aus, oder hat mal einen Künstler öfters Live gehört.

Vielen Dank

Gruß
Taki

tendenziell ja
improvisation ist ein wichtiger teil des jazz. punkt.

wenn man ein wenig ins detail geht, sieht die sache etwas differenzierter aus. es gibt sehr viele verschiedene stilrichtungen im jazz, ich kenn mich eher nur mit den historischen (1900-1980) ein wenig aus, dürfte aber heutzutage auch nicht wirklich einheitlicher sein.

im swing zum beispiel (big-band-ära, zb. glenn miller) wird sehr wenig improvisiert und sehr viel von noten gespielt. ähnliches gilt für dixieland in der ursprünglichen form.

new orleans jazz hingegen, die überhaupt erste art des jazz, ist bekannt für die sogenannte kollektivimprovisation, wo an bestimmten stellen gleichzeitig mehrere/alle instrumente improvisieren.

die improvisation findet meistens in den soli statt, und wieviel platz die im ablauf eines songs haben, ist ebenfalls sehr unterschiedlich. wenn du richtig lange solopassagen hörst, dürften die größtenteils improvisiert sein, wobei natürlich jeder solist bestimmte figuren bevorzugt, die er immer wieder verwendet.

Moin,

Vielleicht kennt sich ja jemand aus, oder hat mal einen
Künstler öfters Live gehört.

das Thema und die Zwischenspiele sind meist eingeübt und klingen (bei guten Gruppen)mehroder weniger immer gleichbzw. ähnlich, die Soli sind üblicherweise improvisiert.
Bei Bigbands sind üblicherweise mehr Teile einstudiert als bei kleinen Gruppen und es gibt Richtungen, da wird sehr wenig standardisiert gespielt.

Nun wundert mich aber, daß Dir das Klavier als das Hauptinstrument aufgefallen ist, dem ist nach meiner Erfahrung nicht so.

Gandalf

Ja, über das „Hauptinstrument“ kann man sich sicherlich streiten - oder auch nicht.
Ich hatte mich da wohl doof ausgedrückt, da ICH den Fokus aus EIGENEM Interesse auf das Klavier gelegt habe. Weil ich halt auch gerne dieses höre.

Aber stimmt natürlich. Das kann natürlich auch auf jedes andere Instrument in der Band zutreffen.

Meine Frage bezog sich jetzt halt nur speziell aufs Klavier, weil ich da halt etwas genauer hinhöre :smile:

Tach,

das Thema und die Zwischenspiele sind meist eingeübt und
klingen (bei guten Gruppen)mehroder weniger immer gleichbzw. ähnlich,

da gibts aber auch entsprechende Gegenbeispiele, z.B. die „Watermelon“-Originalversion von Hancock (1964) und seine Headhunters-Version…

das wird auf die Dauer auch ziemlich oed, immer die gleiche Version (auch der eigenen Komposition) zu spielen - deswegen hat auch Bobby McFerrin irgendwann „Dont Worry“ verweigert,

zur Ausgangsfrage: gerade, wenn das Thema (meist) 32 Takte dauert, ist man in knapp einer Minute fertig - was dann? Dann geht der Spass erst richtig los, man is eingeladen, sich ueber die gegebene Melodie geschmackvolle Variationen,… auszudenken, man erzaehlt von dem Song ausgehend eine neue Geschichte, das melodisch-rhythmisch-harmonische Vokabular dazu laesst sich bis zu einem gewissen Grad antrainieren,

swingende Gruesse,
Dsharlz

hallo,

wenn wir die ganze Big-Band-Vom-Blatt-Abspielerei nicht beachten, wird generell ad hoc improvisiert. Dabei stellen jedoch oft die Musiker fest, daß sich die Improvisations-Methode 9 für Song 11 besonders gut eignet, und sie werden dies weiter ausfeilen, als weitere Methoden auszuprobieren, siehe auch Methodenliste unter http://www.educatium.de/jazzimprovisation/ . Also könnte der Hörer ähnliche Töne wie einige Wochen zuvor bei demselben Song vernehmen, siehe Miles Davis, gute Impros, die mit der Zeit immer besser wurden, jedoch ähnlich blieben.

Dann kommt noch Tagesform, etc. dazu und schon sind es etwas spontane, etwas gelernte Impros mit Vorlieben des Spielers,


Richtig lächerlich wird es, wenn klassische Musiker in einer Big-Band Jazz spielen sollen, siehe Filmmusik „Frühstück bei Tiffany“, im Film explodierende Jazzmusiker, als LP gähnende Studiomusiker, man hört das Suchen nach notierten Noten.

netten Winter…

Moin

das wird auf die Dauer auch ziemlich oed, immer die gleiche
Version (auch der eigenen Komposition) zu spielen - deswegen
hat auch Bobby McFerrin irgendwann „Dont Worry“ verweigert,

Ok, aber „dont…“ würde ich auch nicht unbedingt als Jazz bezeichnen.

ansonsten stimme ich zu.

swingende Gruesse,
Dsharlz

auf 1 und 3 klatschende Grüße :wink:

Fronk

Moin,

da gibts aber auch entsprechende Gegenbeispiele, z.B. die
„Watermelon“-Originalversion von Hancock (1964) und seine
Headhunters-Version…

schon klar, ich meinte das Spiel in einer Saison, also Aufführung am 20.11 und am 22.11. des gleichen Jahres.

Gandalf