Ist Programmierer (Licht, Theater) ein freier Beruf

Hallo zusammen,

programmiere mit Lichtdesignern Theatershows und weiss nicht ob der Beruf zu den freien Berufen gehört oder ob man dafür ein Gewerbe anmelden muss. Mir ist klar dass die endgültige Entscheidung das Finanzamt trifft, aber vielleicht hat ja jemand von euch Erfahrung damit.

Vielen Dank,
Andrea.

Hallo,
der Beruf, den Du da anscheinend ausübst, ist nichts anderes als der (ggf. mit „Programmierkenntnissen getunte“) eines Beleuchters, neudeutsch auch als Fachkraft für Veranstaltungstechnik „ver-BWL-t“. In Theatern ist aber immer noch von Oberbeleuchter, Beleuchtungsmeistern und vorgenanntem Beleuchter die Rede, im anglisierten Filmjargon von Gaffer und ggf. Best Boy u.ä…

Nun mag es sein, das sich Nischen rund um die Lasertechnik entwickelt haben, die wären dann aber wohl eher im Bereich von Diskotheken und Großveranstaltungen und dem entsprechenden „Eventmanagement“ verortet.

Im Theaterbereich sind die vorgenannten in aller Regel fest (am jeweiligen Haus) angestellte mit gewöhnlichen Arbeitsverträgen und Berufsausbildungen. Hier sind mir keine „Freischaffende“ begegnet. Das wäre auch ungewöhnlich, da diese Berufe nebenher an derartigen Häusern noch andere elektrotechnische Aufgaben wahrnehmen können, angefangen vom einfachen Glühbirnenwechsel im Treppenhaus bis hin zur aufwendigen Reparataur und Wartung von elektrisch betriebenen Bühnenteilen und daher ständig vor Ort sein müssen. Im zweitgenannten mag das abweichen, hier könnten befreundete oder freundliche Eventagenturen Auskunft geben, wie derlei gehandhabt wird.

Gruß vom
Schnabel

Servus,

wenn die Tätigkeit einer künstlerischen Tätigkeit ähnelt (d.h. nicht nur Vorgaben umsetzt, sondern wesentlich eigene Schöpfung enthält), oder wenn sie der Tätigkeit eines Ingenieurs ähnelt (d.h. es sich im eigentlichen Sinn um Programmieren und nicht bloß um die Arbeit mit einer vorhandenen Anwenderoberfläche handelt). geht es um eine freiberufliche Tätigkeit. Sonst um ein Gewerbe.

Übrigens: Das Finanzamt spricht hier nicht das letzte Wort - wenn es pfaltsch entscheidet, kann man ihm auf die Finger klopfen.

Schöne Grüße

MM

Servus,

zwischen selbständig und nichtselbständig ist hier nicht zu entscheiden, sondern zwischen Gewerbe und freiberuflicher Tätigkeit. Die Kriterien dafür stehen in dem unseligen §18 Abs 1 EStG und natürlich den zugehörigen Richtlinien, Hinweisen und einem halben Telefonbuch voll einschlägiger Rechsprechung.

Schöne Grüße

MM

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Das kommt eben sehr auf den künstlerischen und intellektuellen Anteil und Anspruch an.
Tendenziell ist es aber eher eine gewerbliche Tätigkeit wenn du keine eigenen/ eigenständigen Lichtshows entwickelst.

Ziemlich oft entscheidet es aber auch pfaltsch zugunsten des Steuerbürgers, und Herr Schäuble beißt abends wieder in seine Einkommensteuer-Handausgabe, vor lauter Wut…

Genauer gesagt: Das Finanzamt hat überhaupt nicht zu entscheiden, ob es nun 18 oder 15 ist. Entweder es ist - oder es ist nicht.

Streitigkeiten, das eine oder andere zu erkennen, legt man bei, indem man entweder die Ansicht des Finanzamts akzeptiert oder dagegen klagt.

Ach ja? Also sind selbständige Programmierer in der Regel Freiberufler? Auch dann, wenn sie gar nicht z.B. Informatik studiert haben, sondern nur Fachinformatiker sind (Ausbildungsberuf) oder sich gar das Programmieren selbst beigebracht haben?

Und Webdesigner?

Servus,

eine Regel gibt es dafür nicht - entscheidend ist, ob im konkreten Einzelfall die Tätigkeit derjenigen eines Ingenieurs bzw. Informatikers entspricht. Wenn jemand z.B. „nur“ vorgefertigte Module entsprechend den jeweiligen Anforderungen verknüpft, reicht das sicherlich nicht für eine freiberufliche Tätigkeit. Andererseits habe ich einer abgebrochenen Romanistin, die vor ungefähr hundert Jahren Dampfrechner aus der Reihe IBM /36 an der Hotline („systemnah“) betreute, zur Aufhebung der ergangenen Gewerbesteuermessbescheide verholfen - zäh an dem Einspruchsverfahren war, den Sachbearbeiter am FA dazu zu bringen, dass er einsah, dass er das auch nicht beurteilen konnte, und dass das Sache für einen vereidigten Gutachter wäre. Danach ging es dann leicht: Die beiden verabredeten sich an einem Samstagmorgen zum Kaffee, der Mann überzeugte sich davon, dass U. nicht nach ‚Schema F‘ arbeitete, sondern wusste, was sie tat, und sich das nötige Wissen mit erheblicher Anstrengung angeeignet hatte, und bescheinigte ihr dann, dass ihre Tätigkeit derjenigen eines ‚richtigen‘ Informatikers ähnelte.

Schöne Grüße

MM

Hi,

Ok, aber wo ist denn definiert, was ein Informatiker so macht? Normales Programmieren ist ja für einen Informatiker fast schon zu profan. Dafür braucht er ja nur einen Bruchteil seines Studiums.

Na ja, ein Programmierer tut ja normalerweise mehr, also nur Module zu verknüpfen oder Anwender zu beraten, sondern er schreibt Programme. D.h. er überlegt sich Algorithmen für Probleme/Funktionen und setzt sie in Code um. Schema F ist das nie.

Dein Beispiel aus der Praxis hört sich mehr so an, als ob die Entscheidung darüber in der Realität mehr von pragmatischen Überlegungen oder auch Sympathie bestimmt wurde (z.B. ob man sich den Gutachter leisten will, oder auch ob man lieber einen Kaffee trinkt oder sich auf einen langen Streit einlässt). Lohnt sich das denn mit der Gewerbesteuer? Zahlt sie dafür nicht mehr für Versicherungen als Freiberuflerin? Und lohnt es sich, das aufzuteilen, wenn jemand beides betreibt, z.B. für andere programmiert, aber auch noch eigene Projekte betreibt, die klar gewerblich sind? (Eigene Web-Angebote zum Beispiel.) Oder hat man dann mehr bürokratischen Aufwand, als die Sache wert ist?

LG

Servus,

genau das ist der Punkt. Die Anforderungen, die die Tätigkeit an die Kenntnisse und Fertigkeiten dessen stellen, der sie ausübt, sind entscheidend.

Nun ja - es gibt ja nicht wenige Anwendungen, die nur deswegen eine riesige Rechenkapazität brauchen, weil sie aus „Fertigbauteilen“ zusammengeklebt sind, die eben nur unter anderem die in diesem Zusammenhang benötigte Funktion erfüllen, aber gleichzeitig auch jede Menge Zeugs enthalten, das einfach nur „on idle“ mitrödelt.

Wegen der sehr, sehr unglücklichen Formulierung des einschlägigen § 18 Abs 1 EStG gibt es eben keine klare Abgrenzung der freiberuflichen Tätigkeit vom Gewerbebetrieb - was nicht bedeutet, dass nicht Hunderte von Handzettelverteilern, Probestandbetreuern im Lebensmittelhandel usw. usw. vollkommen eindeutig einem Gewerbe nachgehen, auch wenn sie sich zehnmal „Freiberufler“ nennen (was in diesem Fall nur eine unglückliche Übersetzung von „freelancer“ ist). In konkreten Einzelfällen wurde die Abgrenzung von der Finanzgerichtsbarkeit weiter entwickelt - „wurde“ deswegen, weil seit der pauschalen Anrechnung der GewSt auf die ESt bei Einzelunternehmern die Abgrenzung keine so große Bedeutung mehr hat und auch deswegen, weil sehr, sehr viele konkreten Einzelfälle bereits durch die Instanzen geklagt worden sind - Vorsicht! Wenn man hier Präzedenzurteile sucht, niemals nur den Tenor oder Leitsatz lesen, sondern immer auch lesen, welcher Sachverhalt genau Gegenstand des Verfahrens war.

Es lohnte sich im zwanzigsten Jahrhundert, konkret bis zum 31.12.2000, als die Gewerbesteuer bei Einzelunternehmern noch nicht auf die Einkommensteuer anrechenbar war. Bei den in den 1990er Jahren üblichen Honoraren für „Consultants“ in der IT hingen von der beschriebenen Abgrenzung schon mal Beträge von 25.000 DM p.a. ab, die zu haben oder nicht schon einen spürbaren Unterschied ausmacht.

Das muss man im Einzelfall rechnen. Das hängt davon ab, wie hoch der Gewerbeertrag über dem Freibetrag liegt, und es sieht in Eschborn mit einem Hebesatz von 280 (so dass die gesamte Gewerbesteuer auf die ESt angerechnet wird) anders aus als in Frankfurt am Main mit einem Hebesatz von 460, wo je nach Sachlage doch ein schmerzhafter Brocken am Steuerpflichtigen hängenbleibt. Und es hängt auch davon ab, wie groß die „gefühlte“ Anstrengung ist, die für eine saubere administrative Trennung der beiden Unternehmensbereiche notwendig ist. Erfahrungsgemäß hassen hochkarätige Wissenschaftler und Techniker diesen Kram wie der Deubel das Weihwasser, so dass dann leicht ein ziemlich hoher monetärer Verlust mit dem Wegfall dieser Anstrengung ausgeglichen wird.

Schöne Grüße

MM

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Danke für die Einblicke.