Ist Satire Kunst?

Was ist dann Kunst?
Freiheit?
Und die der anderen ist dann was?
Toleranz?
Das zu Erduldende?

Franz
ungelistet

Kunst- oder Satirefreiheit bedeutet, dass es keine Autorität geben darf, die festlegt, was Kunst oder Satire ist und was nicht.
Und wie alle Freiheiten ist auch die Kunst-/Satirefreiheit eingeschränkt, sobald sie die Freiheiten und Rechte andere tangiert.

Wenn sich jemand tangiert fühlt, kann er ja klagen. Die Frage ist doch immer, was der „Künstler“ damit bezweckt.
Wenn ich über Frauen herziehe, bis ich Sexist. Wenn es Carolin Kebekus oder Mario Barth tun, ist es Satire.

Es darf nicht ohne Grund keine Autorität geben, die darüber entscheidet. Entartet hatten wir schon.

Das kann eigentlich nicht sein. Die „Festlegung“ trifft als erstes der „Künstler“ oder „Satiriker“. Das sind die primären Autoritäter, wenn ich es mal so bezeichnen darf.

Zudem wären die Begriffe Kunst und Satire nicht definierbar. Oder: Alles, was nicht bestimmt oder bestimmbar ist, wäre Kunst. Bzw. Satire.

Franz

Verstehe ich es richtig: K oder S sind schlicht Dienstleistungen für die Öffentlichkeiten? Über die Öffentlichkeiten entscheiden?

Eine Art Religion?

Franz

Welcher Künstler macht seine Kunst nur für sich selbst, oder welcher Satiriker schreibt für die eigene Schublade?
Natürlich ist es für die Öffenlichkeit. Die entscheidet dann ob es ihr gefällt und sie dafür geld ausgibt. Wenn nicht ist müssen die die K uns S einen neuen Job suchen. Ein Schimpanse malt ein Bild und der Markt sagt es ist Kunst und zahlt 100.000 $ dafür. Der Schimpanse ist dann zwar noch kein Künstler, aber sein Bild ist Kunst.

Mit Autorität meinte ich nicht den Künstler. Der Künstler kann sich zwar selbst Künstler und seine Arbeit Kunst nennen, aber das verprlichtet sonst niemanden zu irgendwas.

Vor knapp 20 Jahren hatte der damalige New Yorker Bürgermeister Giuliani versucht eine Kunstaustellung zu verhindern und hatte dem Museum bereits bewilligte Zuschüße von 7 Millionen Dollar gestrichen, weil ihm das eine oder andere gezeigte Kunstwerk nicht gefiel. Die Sache ging vor Gericht. Giuliani verlor.

Chris Ofilis’ „heilige Jungfrau Maria“.
Das Bild war auf Elefantendung platziert.

Zusammengefasst: Irgendso ein Typ, der zufällig ein bischen politische Macht hatte, wollte bestimmen was Kunst ist und was nicht. Er berief sich darauf auf den „guten Geschmack“.

Sprich, sie steht nicht über dem Gesetz (um Dir beizupflichten).

Natürlich ist Ofilis’ Bild Kunst, in meiner Wahrnehmung sogar gute Kunst. Diese Mariendarstellung erschüttert die gängige Vorstellung davon, wie Maria ausgesehen habe. Wodurch ist diese Vorstellung geprägt? Wollen wir diese Prägung einfach akzeptieren, oder sind wir mündig, eine mystischeFigur selber zu verstehen, uns ihr anzunähern, anzufreunden. Genau dies tut Ofilis, und sein Bild lädt uns dazu ein, es ihm gleichzutun. Dem vermeintlich Selbstverständlichen zu mißtrauen.
Das tut, vermag Kunst. Nicht IST Kunst.
Satire tut etwas ähnliches. Wenn Volker Pispere den Satz der Bundeskanzlerin „Wir müssen in dieser Frage eine gemeinsame Lösung finden“ konsequent als vollkommen unnütze Satzhülse entlarvt, gibt er seine Wahrnehmung dieses Satzes preis und hinterlässt damit die bequeme Alltagswahrnehmung, es sei ein Kernsatz politischen Handelns.
Genau das ist das Gefährliche an der Kunst und an der Satire. Wer ein Interesse daran hat, festgelegte Normen (und Machtverhältnisse) zu erhalten und zu stärken, kann eigentlich nur gegen Kunst und Satire sein, deshalb ist Kunst immer auch politisch.
Den Satz Karl Kraus’, daß Satire alles dürfe, sollten wir im Zusammenhang betrachten. Erstens war Karl Kraus wohl einer der zugleich ernsthaftesten und engagiertesten wie auch witzigsten Satiriker und bei alledem ein grundanständiger Mensch. Und natürlich wandte er sich vor allem gegen das, was „man“ eben absolut NICHT durfte, nämlich den KuK-Zynismus entlarven.
Ansonsten dürfen Kunst und Satire alles, was man von Rechts wegen darf. Warum auch nicht? Das dürfen nicht nur Kunst und Satire, das dürfen alle.