Lieber Kollege!
Beide Deutungen sind möglich, und sie hängen von der konkreten Gedichtzeile ab, von deren Rhythmus, also der Sinnbetonung, derzufolge Sinneinheiten möglichst nicht zerrissen werden sollten. Ich erfinde einmal zwei Beispiele für Deinen Fall:
x X x X x X x
Wer singt mit uns ein Liedlein?
Hier würde ich von einem dreihebigen Jambus ausgehen, die Endung ist dann weiblich-klingend - das, was Du als „Nachtakt“ bezeichnet hast. Diese Interpretation ist sozusagen die metrisch unmarkierte Variante, da ohne Auftakt von der ersten Silbe an gezählt wird.
Ein schönes altes Liedlein!
Hier jedoch wäre mir die sozusagen markierte Variante, ein Trochäus mit Auftakt sympathischer, um die lexikalischen Einheiten „schönes“, „altes“ und „Liedlein“ nicht zu zerreißen.
Im ersten Fall würden, wenn man so will, Metrum und Rhythmus übereinstimmen, im zweiten Fall nicht. Der Oberstufenschüler kann dies für seine Gedichtinterpretation unter Umständen nutzbar machen.
Was weiter unten geschrieben wurde - den Namen habe ich jetzt vergessen - kann natürlich auch eine Hilfe sein.
Herzliche Grüße
Wolfgang Zimmermann