Hallo allerseits,
nachdem wir - dem Team sei Dank - endlich ein PR-Brett haben, möchte ich Euch die folgende offizielle Stellungnahme nicht vorenthalten. Der Text stammt von
Rupert Ahrens (GF der Kommunikationsagentur Ahrens und Behrent & Präsident der GRPA) und
Eberhard Knödler-Bunte (Chef des PR Kolleg Berlin & Sprecher des Arbeitskreises der PR-Ausbilder).
Was sagt Ihr dazu?
Beste Grüße
Tessa
Wie man das PR-Image ruiniert.
Die Affäre des Moritz Hunzinger
Der Fall Scharping wirft sein Schlaglicht auf das System Hunzinger. Moritz Hunzinger ist Kontakthändler. Er bringt zusammen, wer Macht hat oder sich von ihr etwas verspricht: Lobbyisten, Politiker, Medienleute. In erlesener Umgebung oder im hauseigenen Salon werden Kontakte im kleinen Kreis angebahnt und Geschäfte auf den Weg gebracht. Daran ist nichts verwerflich. Die Kontaktanbahnung lebt von Verschwiegenheit und Diskretion. Wer diese Regeln verletzt, unterminiert seine Geschäftsbasis. Moritz Hunzinger hat diese Regeln mehrfach gebrochen. Bereitwillig plaudert er in den Medien aus, wer alles ihm die Ehre gibt und wer mit Geld von ihm bedacht wird. Die prominente Namensliste ist lang und sehr CDU und FDP-lastig. Dennoch hat ihm seine unverfrorene Selbstinszenierung nicht geschadet. Bisher.
Der Fall Scharping hat das Blatt gewendet. Moritz Hunzinger betritt die Bühne der Öffentlichkeit als PR-Berater eines prominenten SPD-Politikers. Damit ist die Rollenkonfusion perfekt. Als Kontaktvermittler führt er Verteidigungsminister Scharping den Lobbyisten der Wirtschaft zu. Als PR-Berater berät er Scharping in allen Fragen seines öffentlichen Auftritts bis hin zu dessen persönlichen Outfit.
Beide Aktivitäten gehen schief. Die Deals mit Panzern und U-Booten kommen nicht zustande, und Scharping stolpert unter Hunzingers Betreuung von Peinlichkeit zu Peinlichkeit. Scharping findet nicht die richtigen Worte zur richtigen Zeit, bedient sich der Flugbereitschaft für private Zwecke, geht in Krisenzeiten baden und lässt sich ein neues, kostspieliges Outfit verpassen, das er mit Geldern ungewisser Herkunft begleicht. Damit sind die Grundmuster von Scharpings Image gelegt.
Ein professioneller PR-Berater hätte dies zu vermeiden gewusst. Er hätte Scharping geraten, sich mit dem zu inszenieren, was er ist und nicht, was er sein möchte. Er hätte ihn als Coach beim Kommunikations- und Medientraining begleitet und ihm eine lockerere Körpersprache vermittelt. Und er hätte ihm vor allem geraten, alle Dinge zu unterlassen, die nicht auch öffentlich werden können.
Stattdessen animiert Hunzinger seinen Klienten zum Großeinkauf in eine Frankfurter Edelboutique und schaut zu, wie in einer emotionalen, durch Kriegsängste aufgeladenen Situation Liebes- und Badefreuden auf einer Ferieninsel vor dem Kameras des Boulevardblattes Bunte inszeniert werden.
Ein erfahrener PR-Berater hätte Rudolf Scharping zu kommunikativen Maßnahmen geraten, die den Wünschen und Erwartungen der Öffentlichkeit an einen soliden und verantwortungsbewußten Verteidigungsminister entgegenkommen. Stattdessen lässt Moritz Hunzinger es zu, dass Scharping Bilder und Symbole produziert, die die Wertvorstellungen seines Klientels verletzen, vor allem in der eigenen Partei.
Aber der Skandal ist nicht, dass Hunzinger sein PR-Handwerk nicht versteht und Scharping dies nicht begreift. Was Hunzinger zum Urheber einer Affäre macht, ist der Umstand, dass er die Loyalität gegenüber seinem Auftraggeber verletzt. Als PR-Berater hätte er die Verantwortung gehabt, Rudolf Scharping gegenüber dem Zugriff der Medien zu schützen. Und als Kommunikations-Profi hätte er die Funktion gehabt, Scharping bei der kommunikativen Vermittlung seiner Themen und Botschaften zu unterstützen. Stattdessen lässt er Scharping von einer Kommunikationsfalle in die andere tapsen. Scharping wird vorgeführt und Hunzinger kann oder mag es nicht verhindern. Vom Resultat her ist es müßig zu spekulieren, wer diese Kommunikationsfallen gelegt hat. Die eitle Selbstbespiegelung von Moritz Hunzinger reicht als Motiv völlig aus, und sie macht auch vor der akuten Krise nicht Halt.
Auf dem Höhepunkt der Krise mauert sich Scharping in eine hehre Opferposition ein, während Hunzinger seinen Anteil an der Krise geschwätzig zum Normalfall eines PR-Geschäftes erklärt. Die Rollen sind wieder einmal vertauscht. Wo die Öffentlichkeit von dem Verteidigungsminister eine persönliche Erklärung erwartet, in der er seine Motive und seine Sicht der Dinge der Öffentlichkeit verständlich macht, zieht er sich in ein trotziges Schweigen zurück. Im Gegenzug dazu sonnt sich Hunzinger im aufgeregten Medieninteresse und lässt keine Chance zum persönlichen Auftritt aus. Beide Protagonisten begehen den Kardinalfehler, vor dem jede Krisen-PR warnt. Die PR-Beratung des Moritz Hunzinger wird selbst zu einem Nachrichtenfaktor. Kaum eine Medienberichterstattung, die ihm nicht eigene Artikel widmet.
Damit gewinnt die Affäre Hunzinger eine neue Dimension. Hunzinger wird in der Öffentlichkeit zum Repräsentanten eines Berufsstandes, dem man ohnehin nur halbseidene Machenschaften und undurchsichtiges Agieren zutraut. Kein Wunder, dass er damit all jene auf den Plan ruft, die PR als ein seriöses Beratungsgeschäft und als ein professionelles Handwerk betreiben. Der Fall Scharping macht Moritz Hunzinger endgültig zum Dauerärgernis für die PR-Branche. Dagegen hilft nur eine öffentliche Auseinandersetzung.
Ihre Thematik ist nicht die moralistische Kritik an Hunzingers Verhalten. Seine Kunden müssen selbst die Erfahrung machen, was sie von einem Berater haben, der seine Auftraggeber auflaufen lässt. Was sich aber an der Affäre Hunzinger thematisieren lässt, ist ein neues Verständnis von PR, das sich als solides und verlässliches Beratungsgeschäft versteht. Davon freilich hat Hunzinger noch nie etwas gehalten. Mit dem Ehrenkodex der PR-Branche könne er kein Geld verdienen, soll er einem Journalisten gegenüber gesagt haben.
Inzwischen hat sich der Fall Scharping erledigt, und keine noch so gute PR-Beratung wird ihn retten können. Scharping ist nicht nur das Opfer einer falschen und unprofessionellen PR-Beratung, sondern er ist hereingefallen auf einen Kontakthändler, der ihn unter dem Deckmantel von Beratung für seine Zwecke instrumentalisiert hat. Ein wenig mehr an politischem Instinkt hätte ihm helfen können, dieses Spiel zu durchschauen.
Wer professionelle PR-Beratung benötigt ist offenkundig Moritz Hunzinger selbst. Sie könnte ihm helfen, seine öffentliche Auftritte rationaler zu kalkulieren. Und sie könnte ihm deutlich machen, wieweit er entfernt ist von einer PR-Beratung, die diesen Namen verdient.