Krishnamurtis Ontologie
Hi Alex.
wo liegt der Unterschied zwischen der Advaita-Lehre und der von Krishnamurti?
Mir liegen im Moment zu wenig Originaltexte von K. vor, daher gehe ich nur ein bisschen auf den verlinkten Text ein, und auch dort nur auf den ersten „ontologischen“ Teil.
Je näher ich mich mit Krishnamurti befasse, desto ähnlicher
kommt es mir wie Advaita nur aus einer anderen Perspektive
vor.
K. war grundsätzlich ein Anhänger der Advaita-Lehre, schien aber ein paar Einzelaspekte anders zu sehen als die Shankara-Tradition, z.B. was den Realitätsgrad oder -gehalt von Einzelphänomen betrifft (genannt wird als Beispiel „the tree“).
Hier sagt der Text:„The possible ontological distinction is what Krishnamurti … gives evidence of being, primarily, a realist and would seem to favor a parinamavada interpretation of the relationship between the phenomenal world of apparent multiplicity and the non-dual essence or Brahman.“
Die Anspielung auf parinamavada betrifft die Realitätsauffassung der Sankhya-Lehre, die zwar dem Vedanta zwar wichtige Anregungen gegeben hatte, im Prinzip aber sehr unterschiedliche Ansichten vertrat. Materie ist in ihrer Sicht etwas Reales und nicht etwas rein Illusionäres, wie der Advaita Vedanta sagt. Siehe:
„This interpretation (giving reality to the effect – i.e., the world – as an actual, and not merely apparent, transformation of the cause – i.e., Brahman) is accepted by the dualistic Samkhya school of Hinduism but rejected by the Advaitins.“
Der Text legt also nahe, dass K. dazu tendierte, Brahman als Urgrund des Seins bzw. aller Phänomene anzunehmen, im Unterschied zum Advaita aber diesen Phänomenen nicht komplett die Realität absprach. Im Gegenteil: die Formen der Welt - eben die Phänomene - sind für K. (so sagt der Text) - reale Effekte des Urgrundes=Brahman.
„Krishnamurti, for example, says that trees, nature, the cosmos, pain, etc., are real independent of man’s awareness of them, or at least independent of thought.“
D.h. Bäume sind für K. reale Dinge und nicht nur Projektion eines verblendeten Subjekts, was ja der Advaita behauptet. Die Frage bleibt, ob der reale Baum, so wie ihn ein Verblendeter („in avidya“) sieht, der gleiche Baum ist wie jener, den ein Erleuchteter (jivanmukta) sieht. Denn der Verblendete sieht den Baum als separates Objekt, der Erleuchtete aber als Teil des Brahman.
Der Text lässt offen, ob K. zu letzterer Anschauung neigt:
„If the latter is the proper interpretation (and there may be academic dispute over this point), then Krishnamurti might be considered, for all intents and purposes, to be an Advaitic jivanmukta who sees brahman in all things (i.e., who sees only brahman).“
Ein philosophisches Problem bleibt, wie K. die Realität der Dinge (die er annimmt) mit dem vedantischen Brahman-Konzept (nur Brahman ist wirklich) logisch vereinbart. Hier hat laut Text die Sankhya-Lehre, wie schon oben erwähnt, K. dazu angeregt, Brahman als Urgrund und Quelle realer Wirkungen anzunehmen (anders als im Advaita, wo die Formen, die Brahman hervorbringt, irreal sind).
Gruß
Horst
PS. Hier ist eine spanische Quelle, die bestätigt, dass K. prinzipiell ein Anhänger des Vedanta und der Brahman-Lehre war:
http://www.revistabiosofia.com/index.php?option=com_…
Zitat:
„Aunque en principio K. niega su adscripción a cualquier tradición, las similitudes de su doctrina con la filosofía Vedanta Advaita son, a nuestro modo de ver, más que evidentes. Los conceptos fundamentales, siempre presentes en su enseñanza, del no dual “Brahman” absoluto, el “avidya” (ignorancia), el “moksha” (libertad), el “Karma” (causación), la “vía negativa” de su método, la aparente y falsa “multiplicidad” del mundo fenoménico e ilusorio (“maya”), son todos ellos correlativos a esa antiquísima tradición hindú, que se remonta a los más vetustos “Vedas”. Podría decirse que Krishnamurti sería un auténtico “jivamukta” advaita que ve a “Brahman” en todas las cosas, en el sentido de la versión monista (Advaita) del Vedantismo tradicional.“