Lieber MM,
dieser Typus ist tatsächlich verschwunden. Wer heutzutage vom Schreiben leben kann, schreibt alles und das ununterbrochen. Die Masse machts.
Die Honorare haben eine Null vor dem Komma verloren. Macht ja nüscht, es drängen genügend arbeitslose Journalisten nach. „Gebrauchstexte“ gibt es für 1 Cent pro Wort und drunter, zweifelhaften Textbörsen, die Texte wie Meterware verhökern, sei Dank. Dort tummelt sich denn auch alles, was eine Tastatur hat.
Wer von den Belletristen für eine Kurzgeschichten 50,- € erhält, darf sich schon glücklich schätzen. Meist wehren die Verleger Nachfragen nach Honorar empört mit dem „Argument“, sie hätten ja selbst so viel Arbeit mit der Anthologie gehabt, ab.
Lesungshonorare, die der Mindestforderung von ver.di zumindest nahe kommen, kann man mit der Lupe suchen. Veranstalter sagen gern: „Aber das ist doch auch Werbung für Sie!“ Was sie aber nicht daran hindert Eintrittsgeld zu nehmen - wobei so eine gelungene Lesung doch auch Werbung für den Veranstalter wäre! (Ganz zu schweigen von den Restaurants, die jeder von uns gern öffentlichkeitswirksam über den grünen Klee lobte, würden wir dort kostenlos beköstigt!)
Bei den darstellenden Künstlern gibt es eine Initiative gegen solcherlei Ausbeutung wehrt. Sie nennt sich Art but Fair (http://artbutfair.org/).
Etwas Vergleichbares versuchen wir in verschiedenen Schriftstellergruppierungen gerade für uns auf die Beine zu stellen.
Herzliche Grüße
Ann da Cáva