wenn es um Joghurt selbst machen geht, ist lt. allen mir bekannten Rezepten H-Milch bzw. abkochen nötig.
Weiß jemand, warum?
Die heute erhältliche „Frischmilch“ ist doch so keimarm, dass sie wochenlang haltbar ist, welche Kulturen sollten da unkontrolliert die Vormacht übernehmen, wenn man ordentlich Milchsäurebakterien zugibt?
Oder gibt es gefährliche Keime, die bei der Temperatur ebenfalls unterstützt weden und in kleinen Mengen schaden können?
diese Empfehlung stammt aus der Zeit, als Frischmilch noch pasteurisiert war.
Heute, wo „Frischmilch“ abegesehen von wenigen Ausnahmen (z.B. Schwarzwaldmilch Freiburg in Pfandflaschen) ESL-Milch ist, d.h. genauso hoch erhitzt wie H-Milch und mit dem gleichen widerlichen Kochgeschmack, kann man diese für Joghurtgärung in der eigenen Küche genauso nehmen wie H-Milch. Es gibt keinen wesentlichen Unterschied.
Entscheidend für das Ergebnis sind die Milchsäurebildnerstämme, die man nimmt. So wird z.B. der extrem billige Joghurt von Dogan u.a. mit Milchpulver hergestellt, aber es werden dabei richtig geile Laktobacilli verwendet, gegen die man das meiste, was „cremig gerührt“ vom deutschen Michel kommt, gradaus vergessen kann.
Ich nutze den Joghurt überwiegend zur Eisherstellung, da will ich meist weniger Joghurtgeschmack (der ist nur für die Konsistenz nötig). Da sind die labberigen Joghurtkulturen schon recht.
Aber wo es um Joghurtgeschmack geht, hast Du mit Dogan sehr recht, der schmeckt wie echter Joghurt.
was ist denn das?
(Kuh-) Milch wird zwar immernoch von Kühen hergestellt, aber was meint Rewe mit „traditionell“?
Ich bin auf einem Bauernhof groß geworden, habe daher einige Vorstellungen von den Traditionen der Milchherstellung - mind. 2 (Großeltern, Eltern).
Das geht von Melken per Hand und nur Grünfutter bei meinen Großeltern, die sich und 2 Helfer von 8 Kühen ernähren konnten bis zu einfachen Melkmaschinen und dem Zusatz von Kraftfutter bei den Eltern, die schon etwas über 20 Kühe brauchten, um Familie und Maschinen zu finanzieren (jeweils bei ca. 70 Arbeitsstunden pro Woche und Nase, 52 Wochen im Jahr).
Heute läuft es schon ganz anders, kaum eine Kuh sieht eine Weide oder bekommt im Winter Heu und die Tiere sind so hochgezüchtet, dass die Euter fast am Boden schleifen. Eine Bauernfamilie braucht ca. 80 solcher Kühe, um halbwegs über die Runden zu kommen - noch.
Anders ist es bestenfalls bei Biomilch, aber auch die Betriebe arbeiten nicht mehr, wie vor 100, 50 oder 30 Jahren.
Was also soll „traditionell hergestellt“ in dem Zusammenhang heißen?
Praktisch alles, was als ‚Frischmilch‘ im Regal steht, mit dem manchmal klitzekleinen Hinweis „länger haltbar“, ist hocherhitzte ESL-Milch. U.a. „Landliebe“ vertreibt ESL-Milch auch in Pfandflaschen.
Weil ESL-Milch auch „Frischmilch“ heißen darf und nur mit dem Zusatz „länger haltbar“ angeboten werden muss, gibt es umgekehrt für die fast ausgestorbene pasteurisierte Milch die Bezeichnung „traditionell hergestellt“.
Eine von ganz wenigen Molkereien, die noch pasteurisierte Milch (Vorsicht! auch dort parallel zur ESL-Milch!) anbieten, ist Schwarzwaldmilch Freiburg i Br.
Beiläufig: Mit was für einer Melkanlage die Rohmilch gewonnen ist, spielt dabei keine Rolle - Eimermelkanlage, Absaugmelkanlage, Doppelvierer - Doppelsechser - Melkkarusell - Roboter: Immer muss in D Milch entweder pasteurisiert oder hocherhitzt sein, wenn nicht die Bedingungen für die Abgabe von Rohmilch als „Vorzugsmilch“ erfüllt sind, d.h. hektoliterweise Detergenzien und Desinfektionsmittel den Kanal runterlaufen.
Wohl spielt aber eine Rolle, in welchem Land die Milch verkauft wird. Ich habe in sehr schöner Erinnerung aus den Ferien 2017 den Automaten. der in Langeac direkt neben dem Eingang vom Intermarché steht, wo man vollkommen legal Rohmilch erwerben kann, die zur Verbesserung der Haltbarkeit lediglich mikrofiltriert, aber sonst weiter nicht erhitzt ist, weder auf 80 Grad noch auf 90 oder auf 100. Das ist Milch, die hygienisch der illegal in D bis in die 1980er Jahre „direkt vom Bauern“ bezogenen Milch weit überlegen ist, und die dennoch keinerlei Kochgeschmack hat. So geht das auch, wenn man will. Bloß halt nicht beim deutschen Michel, der immer perfekt auf die Seuchen vorbereitet ist, die hundert Jahre vorher bedeutend waren.
Was Aprilfisch sagt.
Auf allen Packungen (außer bei Rewe Biomilich und bei manchen Flaschen von Landliebe, aber die habe ich seit Wochen nicht mehr gesehen, die Schwarzwaldmilch steht hier nur als „länger haltbar“ in den Kühlfächern) steht „traditionell hergestellt“ und d.h. sie wird etwas früher schlecht (hält trotzdem etliche Tage über das Mindesthaltbarkeitsdatum hinaus).
Mein Mann isst Müsli mit Milch und kriegt das neue „länger haltbar“-Zeug nicht runter. Leider ist die Bauernhofmilch auch nichts für ihn, die ist zu fett und verursacht sofort den flotten Otto bei ihm (wer hat behauptet, Ehemänner seien einfach zu halten?!)
Ich schmecke den Unterschied, wenn ich einen Schluck pur nehme, aber da ich Milch eigentlich nur in Tee und Kaffee oder beim Kochen und Backen verwende, stört mich der Geschmack nicht so sehr wie ihn. Eigentlich verstehe ich überhaupt nicht, warum sich nicht mehr Menschen gegen diese Verschlimmbesserung wehren. Braucht man wirklich Milch, die einen Monat lang ungeöffnet im Kühlschrank stehen kann, ohne schlecht zu werden?
dann sollte doch einfach „pasteurisiert“ draufstehen, damit auch ein Landei versteht, worum es geht.
„Traditionell“ kann vieles und nichts bedeuten und „hergestellt“ ist in dem Zusammenhang falsch, das macht die Kuh, nicht die Molkerei.
Dummes Werbewischiwaschi.
Sondern eine transparente, klare Kennzeichnung, im Gegensatz zu Werbeslogans einheitlich für den gesamten Sektor:
Jaja.
Ungefähr so, wie die Brötchen auf dem Acker wachsen.
Wie lange etwas üblich sein muss, um „Tradition“ genannt zu werden, sei mal dahingestellt. Beim Pasteurisieren von Milch geht es um etwa 90 Jahre, konkret 1930. Im Vergleich zu dem im Lauf der letzten 20 Jahre forciert eingeführten ESL-Technik ist es jedenfalls die viel ältere, und sehr vieles, was als „Tradition“ bezeichnet wird, ist nicht älter als vielleicht hundert Jahre.
Für den nördlichen Teil Deutschlands sollte man Hemme in den Ring werfen. Neben vernünftiger Butter, Joghurt und eben solcher MIlch sollte man in dem Zusammenhang noch das Stichwort Carageen freie Sahne erwähnen.
Wie auch immer höher erhitzte Milch wird nicht langsamer „schlecht“. Nach dem Öffnen verderben alle Milchsorten grundsätzlich gleich schnell. Nur wird hoch erhitzte Milch nicht saue, so dass man das nicht so leicht schmeckt. Denn bei „echter“ Frischmilch ist dieser saure Stich genau das, was man als erstes merkt. Der Verderbgeschmack bei erhitzter Milch merkt man auch aufgrund des (komischen) Eigengeschmacks später. https://www.bzfe.de/forum/index.php/forum/showExpMessage/id/44562/page1/22/searchstring/+/forumId/3
Der springende Punkt bei Milch ist, sie möglichst konstant kühl und unter möglichst wenig Sauerstoffzufuhr zu lagern. Das heißt eben möglichst nicht auf Frühstückstisch rumstehen lassen. Es kommt dann auch auf die Verpackung an. Die beste ist für mich der Beutel von Hemme-Milch. https://hemme-uckermark.de/produkte/milch-milchgetraenke/
Das ist ein Beutel mit Griff, der einen Unterdruck erzeugt und sich nach dem Ausgießen von selbst schließt, dabei so gut wie keine Luft drin lässt. Geöffnete Milch ist so locker eine Woche haltbar. Seit wir die Milch in dem Beutel nutzen, werden selbst kleinere Milchmengen nicht mehr schlecht.
Das hat auch schon reihenweise Büromilchtrinker überzeugt, die im Irrglauben, dass H-Milch besser in Sachen Haltbarkeit sei, erst mühsam überredet werden mussten, einen Versuch zu starten. Es funktioniert wirklich.
Diese Art der Verpackung ist Glas und Tetrapack um Längen überlegen.
Ich als überwiegend Milchinkaffeetrinker schmecke den Unterschied übrigens auch da.
stimmt nicht, sondern auch wenn man „traditionell hergestellte“ pasteurisierte Milch verwenden will.
Der gesamte Zusammenhang ist des langen und breiten in diesem Thread diskutiert worden, und ich frage mich schon ein bizzle, was Du mit Deiner Einlassung bezweckst. Gibt es vielleicht 0,2 Cent für jede gepostete Wortserie?
Interessant. Da werde ich gleich mal versuchen, aus leckerem 10%igen Joghurt vom Griechen mit Milchpulver von Nestlé mehr Joghurt zu produzieren,
LG
Amokoma1
„Traditionell hergestellte Milch“ gibt’s an jeder Milchstelle (will sagen: selbst im hiesigen Rewe-Markt - für Glasflaschen muss man allerdings in den Biomarkt), aber wo muss man für Sauerrahmbutter hin? Hab ich bisher noch nirgends entdeckt.
Und ist der Unterschied tatsächlich so gewaltig? Hier heißt es „Geschmacklich ist sie kaum von der mildgesäuerten Butter zu unterscheiden.“
wie gesagt für mich einer von insgesamt drei Artikeln, für die ich zu Rewe gehe - die CAP-Filiale und der Türke, bei denen ich sonst einholen gehe, sind in andere Richtungen breit aufgestellt, aber nicht bei Butter. Übrigens ist „einfach“ pasteurisierte Milch (nicht die „länger haltbare“ ESL-Milch) durchaus selten zu finden, ich weiß schon, wovon ich da rede.
Wie auch immer: Sauerrahmbutter hat nach und nach das Feld geräumt, derzeit kenne ich außerhalb der „Bio“-Szene, wo sie normal ist, nur noch Schwarzwaldmilch Freiburg als Anbieter. „Gewaltig“ ist vielleicht kein passender Ausdruck, für mich ist der Unterschied halt wichtig, weil mir Sauerrahmbutter als Vehikel dient, das noch einige andere verschwundenen Aromen (stellvertretend für untergegangene Mikrokosmen) transportiert.
Vor rund vierzig Jahren habe ich ab und zu Faßbutter aus der Molkerei eines Franziskanerinnenklosters bekommen, an dem mein Vater konsularisch tätig war. Das war noch eine Klasse extra, aber bei industriell hergestellter Sauerrahmbutter kann man immerhin in diese Richtung bereits ein wenig ahnen, was Butter sein kann.
Es klappt nach meinem Versuch (10% Joghurt vom Griechen mit Milchpulvermilch von Nestle) unter untypischen Bedingungen ( 3 Tage bei 7 Grad im Kühlschrank, weil ich weg war) relativ gut, allerdings nicht joghurtperfekt:
Ist zwar angedickt, hat aber nicht Festigkeit von Joghurt, schmeckt aber richtig lecker.