Joh 8.7 Wer ohne Sünde ist,

…werfe den ersten Stein.

Ich habe gehört, dass diese Stelle erst später in die Bibel eingefügt wurde.
Kann mir jemand dazu mehr sagen?
Mir würde schon z.B. eine Seite reichen, auf der ich Zusatzinformationen zur Bibel finde.

Danke für Eure Antwort!

Hallo.

Ich habe gehört, dass diese Stelle erst später in die Bibel
eingefügt wurde.
Kann mir jemand dazu mehr sagen?

Ja und nein. Bei dieser (wie vielen anderen) fällt mir aber sofort auf, dass der Schreiber, kaum noch Wissen über die Zeit und das Leben damals in Israel hatte. Davon abgesehen, ist es eine der vielen ironischen Stellen, welche durch Christen aber selten als solches erkannt werden.

Die Ironie an der Stelle ist nämlich, dass die Menge Gerechtigkeit üben will, was bedeutet, Sünden zu sühnen. Und genau macht hier Jesus die Menge darauf aufmerksam, dass alleine schon ihr Gedanke, dieses durch Schmeissen von Steinen, herbeizuführen, nichts anderes als das Gegenteil, nämlich selber eine schlimmer Sünde darstellte. Jesus musste hier also eben nicht auf etwas ausserhalb der Situation anspielen oder darauf hinweisen, dass wir alle nicht ohne Sünde sind, sondern die Situation selber reichte hier schon völlig aus.

Und das Unwissen des Erzählers drückt sich eben darin aus, dass „Steinigung“ zur Zeit Jesus so eben genau nicht abliefen. Aus jüdischer Sicht stellte so etwas übelste Barbarei dar, welche selbst ein todeswürdiges Vergehen darstellt. Daraus sieht man schon, dass der Erzähler hier etwas nach erzählt, zu dem er kaum selber Zugang hat und hierbei seine eigene Lebenswirklichkeit einbringt.

In wie weit dieses nun vom restlichen Text noch abweicht und noch später als der restliche Texte begefügt wurde, können sicherlich andere Experten hier beantworten.

Gruss,
Eli

Joh. 7.53-8.11
Hi,

die ganze „Ehebrecherin“-Episode Joh. 7.53-8.11 ist nicht enthalten in den ältesten gefundenen Manuskripten: Papyrus Bodmer II (= P66, ca. Ende 2. Jhdt, möglicherweise sogar 125 n.Ch.), Papyrus Bodmer XV (= P75, Ende 2. Jhdt) und anderen. In den kanonischen Fassungen ist sie erst Anfang des 4. Jhdt. enthalten.

Bei Eusebius (264-340 n.Ch.) erwähnt in seiner Kirchengeschichte, daß es eine solche Erzählung gebe. Das scheint der früheste Hinweis zu sein.

Zusatzinformationen zur Bibel

Beste Empfehlung, zumindest als Internetangebot:
Joerg Sieger: Einleitung

Gruß
Metapher

Hey, viiielen Dank für Eure schnellen und ausführlichen und tollen Antworten!
Super!!

Steinigung: Der gescheiterte Intrigeversuch
Hi Eli,

Ja und nein. Bei dieser (wie vielen anderen) fällt mir aber sofort auf, dass der Schreiber, kaum noch Wissen über die Zeit und das Leben damals in Israel hatte.

Hast du denn Wissen über die Rechtsprechung der damaligen Zeit? (Wir sprechen über die Zeit der römischen Besatzung)

Die Ironie an der Stelle ist nämlich, dass die Menge
Gerechtigkeit üben will, was bedeutet, Sünden zu sühnen. Und
genau macht hier Jesus die Menge darauf aufmerksam, dass
alleine schon ihr Gedanke, dieses durch Schmeissen von
Steinen, herbeizuführen, nichts anderes als das Gegenteil,
nämlich selber eine schlimmer Sünde darstellte.

Deine Interpretattion der Stelle scheint mir etwas blauäugig. Könnte aber daran liegen, daß du sie gar nicht gelesen hast, denn das Ganze spielt sich sehr wohl im Rahmen jüdischer Rechtsprechung ab, denn genau darum geht es in der Episode: Man will versuchen zu beweisen, daß, J. die jüdische Rechtssprechung in Frage stellt, um ihn dann verklagen zu können.

Joh. 8.4.: und sprachen zu ihm: "Meister, diese Frau istr auf frischer Tat beim Ehebruch erwischt worden. 8.5. Moses aber hat uns im Gesetz vorgeschrieben, solche Frauen zu steinigen. Was sagst du dazu?"

Es geht also um 3.Mo. 20.10 bzw. 5.Mo. 22.22-24

Es geht also hier um Recht sprechung. Die reale Ausführung der nach dem Gesetz vorgeschriebenen Steinigung steht hier gar nicht zur Debatte, weil die zur Zeit der römischen Besatzung gar nicht im Kompetenzbereich der jüdischen Gerichtsbarkeit lag. Es geht hier also keineswegs um die Frage der (versuchten) Lynchjustiz, wie du offenbar vermutest (und die an anderen Stellen des Joh.-Ev. tatsächlich angedeutet wird).

Nun ist es nach dem mosaischen Gesetz (dito 5.Mo.) der Ankläger, der den ersten Stein zu werfen hat. Und genau hier greift die rhetorische Raffinesse des Herausgeforderten, die er auch an anderen Stellen des 8. Kap. beweist: Er stellt gar nicht in Frage, daß der Frau nach Gesetzeslage die Steinigung zuzusprechen ist. Er fordert vielmehr nur den oder die Ankläger heraus, sich selbst der Gewissensfrage zu unterwerfen - und beschämt sie dadurch: Sie müssen erkennen, daß der Intrigeversuch gescheitert ist (J. widerspricht dem Gesetz nicht) und daß er zugleich durch den Rekurs auf die eigene Gewissenslage die (allerdings eh nur theoretische) Realisierung der Strafe verhindert. Sie sollen Steinigen, aber sie fesseln sich moralisch selbst die Hände.

Das ist - allerdings nur in der johanneischen Darstellung - überhaupt der Kern der ganzen Auseinandersetzung zwischen J. und den dem zeitgenössischen Parishim.

Du liegst also mit dieser Bemerkung:

Aus jüdischer Sicht stellte so etwas übelste Barbarei dar, welche selbst ein todeswürdiges Vergehen darstellt. Daraus sieht man schon, dass der Erzähler hier etwas nach erzählt, zu dem er kaum selber Zugang hat und hierbei seine eigene Lebenswirklichkeit einbringt.

recht heftig daneben. Es war eine Frage der Rechtsprechung und nicht eine der Verhinderung von Lynchjustiz.

Das einzige, was mit der damaligen Rechtsprechung an der Episode nicht konform geht: Der am Ehebruch beteiligte Mann muß ebenfalls gesteinigt werden. Wobei btw. mindestens zwei Augenzeugen gefordert werden (was der ganzen Sache der Ehebruchsanklagen eh eine etwas pikante Note gibt).

Gruß
Metapher

6 Like

ot: auch 2011…
…bleibst Du, Metapher, ein unverbesserlicher Sternesammler :smile:

Alles Gute weiterhin!

Hallo Elimelech,

auf der Wormser Rabbinersynode wurde 1220 offiziell für das gesamte Judentum die Steinigung abgeschafft. Das ist eine Pionierleistung aus historischer und menschlicher Sicht.

Warum stehst Du nicht stolz hierzu, sondern stellst eine Mutmassung auf?

das Unwissen des Erzählers drückt sich eben darin aus,
dass „Steinigung“ zur Zeit Jesus so eben genau nicht abliefen

Könnten wir uns nicht darauf einigen: Das wissen wir nicht!

Gruss,
Mike

Hallo.

Hast du denn Wissen über die Rechtsprechung der damaligen
Zeit? (Wir sprechen über die Zeit der römischen Besatzung)

Ich weiss, allerdings bedarf es hier keines Wissens über die Rechtssprechung im Speziellen. Es geht darum, dass hier ein Text allem widerspricht, was man über die Zeit weiss und annehmen oder aus anderem folgern kann. Ein solcher Widerspruch bedarf einer Erklärung, welche der vorliegende Text eben gerade nicht gibt, noch auf die Idee kommt, dieses anmerken zu müssen.

Deine Interpretattion der Stelle scheint mir etwas blauäugig.
Könnte aber daran liegen, daß du sie gar nicht gelesen hast,
denn das Ganze spielt sich sehr wohl im Rahmen jüdischer
Rechtsprechung ab, denn genau darum geht es in der Episode:
Man will versuchen zu beweisen, daß, J. die jüdische
Rechtssprechung in Frage stellt, um ihn dann verklagen zu
können.

Das habe ich sehr wohl gelesen und eben genau solches spielt sich ausserhalb der Rechtssprechung ab, welches schon damit anfängt, dass nicht eine Schuld zu bestätigen ist, sondern die Unschuld zu widerlegen usw. usw. Es gibt hier einfach zu viel Fehlverhalten gegen diese Rechtssprechung, gegen Bedingungen welche einer Rechtssprechung vorlaufen müssen, dass Jesus Kommentar hier nach wie vor meiner „blauäugigen“ Interpretation entspricht.

Es geht also hier um Recht sprechung. Die reale
Ausführung der nach dem Gesetz vorgeschriebenen Steinigung
steht hier gar nicht zur Debatte, weil die zur Zeit der
römischen Besatzung gar nicht im Kompetenzbereich der
jüdischen Gerichtsbarkeit lag. Es geht hier also keineswegs um
die Frage der (versuchten) Lynchjustiz, wie du offenbar
vermutest (und die an anderen Stellen des Joh.-Ev. tatsächlich
angedeutet wird).

Eben, und genau darum schliesst die Rechtssprechung ein solches öffentliches Vorführen und Beschuldigen der Frau aus und ist eben nach wie vor selber ein Vergehen, was dem der Frau nicht nachsteht.

Ich sehe hier nach wie vor keinen Widerspruch zu meiner Interpretation.

Nun ist es nach dem mosaischen Gesetz (dito 5.Mo.) der
Ankläger, der den ersten Stein zu werfen hat. Und genau hier
greift die rhetorische Raffinesse des Herausgeforderten, die
er auch an anderen Stellen des 8. Kap. beweist: Er stellt gar
nicht in Frage, daß der Frau nach Gesetzeslage die Steinigung
zuzusprechen ist. Er fordert vielmehr nur den oder die
Ankläger heraus, sich selbst der Gewissensfrage zu unterwerfen

  • und beschämt sie dadurch: Sie müssen erkennen, daß der
    Intrigeversuch gescheitert ist (J. widerspricht dem Gesetz
    nicht) und daß er zugleich durch den Rekurs auf die eigene
    Gewissenslage die (allerdings eh nur theoretische)
    Realisierung der Strafe verhindert. Sie sollen Steinigen, aber
    sie fesseln sich moralisch selbst die Hände.

Eben, eben.

Es war eine Frage der Rechtsprechung und
nicht eine der Verhinderung von Lynchjustiz.

Das ist mir klar, aber durch die Darstellung der Steinigung im Text, gilt eben auch zweiteres.

Das einzige, was mit der damaligen Rechtsprechung an der
Episode nicht konform geht: Der am Ehebruch beteiligte Mann
muß ebenfalls gesteinigt werden. Wobei btw. mindestens zwei
Augenzeugen gefordert werden (was der ganzen Sache der
Ehebruchsanklagen eh eine etwas pikante Note gibt).

Und noch eben einige andere Vorbedindungen, welche fast alle nicht erfüllt sind. Und hierdurch begeht jeder, welcher öffentlich die Frau beschuldigt oder anklagt, ebenso ein todeswürdiges Vergehen.

Gruss,
Eli

rätselhaftes Argumentieren
Hi Eli,

Hast du denn Wissen über die Rechtsprechung der damaligen Zeit? (Wir sprechen über die Zeit der römischen Besatzung)

Ich weiss, allerdings bedarf es hier keines Wissens über die Rechtssprechung im Speziellen.

Ich halte mal fest: Deine Argumente implizieren, daß es keines historischen Wissens bedarf.

Es geht darum, dass hier ein Text allem widerspricht, was man über die Zeit weiss

Wem " allem" widerspricht der Text? An welcher Stelle?
Und: Es bedarf also doch eines historischen Wissens?

Ein solcher Widerspruch

Nochmal: Wo widerspricht der Text wem?

bedarf einer Erklärung, welche der vorliegende Text eben gerade nicht gibt, noch auf die Idee kommt, dieses anmerken zu müssen.

Auch das ist neu, daß eine antike Anekdote zu einer historischen juristischen Abhandlung verpflichtet ist.

Das habe ich sehr wohl gelesen und eben genau solches spielt sich ausserhalb der Rechtssprechung ab, welches schon damit anfängt, dass nicht eine Schuld zu bestätigen ist, sondern die Unschuld zu widerlegen

Wenn du die Anekdote tatsächlich gelesen hast, kannst du mir sicher die Stelle benennen, an der es um Schuld oder Unschuld geht?

Eli, hier geht es darum, daß J. aufgefordert wird, einen Kommentar zu geben („was sagst du dazu?“) zu der nach dem mosaischen Gesetz zuzuordnenden Strafe. Der Text setzt die Schuldfrage als geklärt voraus und die ist überhaupt nicht das Thema.

Es gibt hier einfach zu viel Fehlverhalten gegen diese Rechtssprechung

Dann laß doch mal die Katze aus dem Sack: Welches Fehlverhalten gegen welche Rechtsprechung?

Eben, und genau darum schliesst die Rechtssprechung ein solches öffentliches Vorführen und Beschuldigen der Frau aus und ist eben nach wie vor selber ein Vergehen, was dem der Frau nicht nachsteht.

Ich wiederhole mich ungern, da ich nicht glaube, undeutlich geschrieben zu haben. Für dich nochmal: An welcher Textstelle geht es um „Beschuldigung“?

Gruß
Metapher