Geburtslegende des Täufers
Ich hatte es etwa so gemeint … Als Sohn solcher Eltern ist man schon wer, auch ohne diese Vorgeschichte.
Nicht unbedingt. Die Eltern leben in einem Bergdorf in der Provinz von Judäa. Und die Priesterklasse, der Zacharia lt. Lukas angehört, war nicht gerade von herausragender Bedeutung.
Aber jedenfalls hat deren Sohn die Tradition ja eben nicht fortgeführt. Weder die Grundzüge seiner Predigt, noch die Konzeption seiner Tewilah im Wasser des Jordan waren in einer der maßgebenden jüdischen Schulen verankert. Seinen mutmaßlich enormen enormen Zulauf (dazu auch Flavius Josephus in „Jüdische Altertümer“) hatte er als Asket und weil er in der Prophetentradition verstanden wurde. Als solcher war er eher eine Aussteiger, wie Iris sagt, zumindest ein Außenseiter der offiziellen Linien.
Und dann die Ankündigung eines Sohns an Maria, an ein Niemand*, in Nazareth, dem Kaff, aus dem, ausweislich des Evangeliums, „nichts Gutes kommen“ kann. Diese Verschränkung des Alten mit dem Neuen, die zusammen also ein Kontinuum sind, in der Person des Johannes, - ich vermutete, dass dies doch einen Niederschlag in der frühen Theologie gefunden haben könnte.
DAS hat es ja auch! Die Frage nach der Bedeutung der Taufe Jesu durch ihn, die Frage, wieso - nach der Evangelien-Darstellung - seine Predigt fast ausschließlich auf die Ankündigung des Messias ausgerichtet war usw. das beschäftigt sehr wohl schon die frühesten Theologien. Origenes, Augustinus, Hilarius, Chrysostomus usw. machen die Verknüpfung der Tauftradition zum Thema, ebenso wie die Rolle, die Johannes für die Rolle des Jesus hatte. Auch, daß die synoptische Darstellung der Verbinung zwischen Joh und J sich von der johanneischen unterscheidet ist schon sehr früh Thema gewesen.
Aber daß Johannes 1. der Abkömmling einer Priesterfamilie war, und daß 2. deshalb der Taufe Jesu durch ihn irgendeine spezielle Bedeutung zugekommen sei, das finde ich bis dato nirgendwo problematisiert. Und ich hatte deine Frage so aufgefaßt, es ginge dir genau um diesen Punkt. Es war ja schon von vornherein eindeutig, daß die johanneische Taufe mit der Priesterschaft seiner Familie in gar keinem Zusammenhang stand.
Im Unterschied dazu jedoch sehr deutlich die Mittlerrolle des Täufers „zwischen den Zeiten“, also er als Scheitelpunkt der Tradtion und der von den frühen Christen interpretierten Zeit eines neuen Bundes. Und damit zugleich die Betonung der Kontinuität zwischen dem Neuen und dem (aus christlicher Sicht so gesehenen) Alten. Daher die Kontur des Täufers als „Vorläufer“, „Wegweiser“ usw. die ja alle vier Evangelisten betonen.
Aber jedenfalls spielt da seine priesterliche Familie nicht mit hinein. Nach Joh.-Ev. besteht Anlaß zu der Vermutung, daß Jesus ebenso wie (zumindest) einige seiner eigenen Schüler aus der Fan-Gemeinde des Täufers kamen, Jesus also ein Schüler des Täufers war, sich dann von diesem differenzierte und eine eigene Gemeinde um sich bildete (etwa so wie Aristoteles und sein Peripatos von Platon und dessen Akademia). Daher ja Jesus sich nach der „Initiation“ nach Galiläa aufmachte und dort predigte.
* Allerdings, wenn sie eine Base der Elisabet ist, über welche Ecke ist sie mit Maria verwandt? Weiß man darüber mehr?
Nein, darüber wissen nichtmal die apokrypehn Legenden etwas. Ausgehend von Lukas 1.65: „… und diese ganze Geschichte (panta ta rhemata tauta) wurde im ganzen Bergland von Judäa erzählt.“ habe ich selbst die Hypothese, daß Lukas (als einziger der Evangelisten) eben im Bergland von Judäa eine lokale Legendenbildung (vielleicht ja sogar ausgehend von dem tatsächlichen Geburtsort des Täufers) aufgegriffen hat und sie in der oben angedeuteten Intention in seinen Bericht eingebaut hat. Die Bestandteile der Episode, die Namen der Eltern (Elischeba ist die Frau Aarons!), das hohe Alter der beiden, die Ankündigung durch den Engel Gabriel, die Hymnen, besonders die des Zacharias, die eigentlich an seinen Sohn gerichtet ist, aber im Wesentlichen die Rolle Jesu thematisiert … das sind ja alles bekannte Elemente und für eine sekundäre Legendenbildung bestens geeignet.
Umfangreiche Diskussionen über die Rolle des Johannes und die Auseinandersetzungen zwischen seiner Gemeinde und der des Jesus in:
Josef Ernst: Johannes der Täufer. Interpretation, Geschichte, Wir…. Berlin 1989 ISBN 311011707X Buch anschauen
Und die Dissertation von Angelika Ottlinger: Vorläufer, Vorbild oder Zeuge? Zum Wandel des Täuferbildes im Johannesevangelium. St. Ottilien 1991 ISBN 3880968454 Buch anschauen
Gruß
Metapher