Judenstrick, warum heißt er so?

Hallo ihr Lieben,

ich diskutiere grad mit Kollegen:
Geraucht haben wir es alle als Kinder, aber keiner weiß, warum der Judenstrick Judenstrick heißt…

Kann uns jemand aufklären?

Danke und Gruß,
agnes

Hi
kommt von Jutenstrick (Waldrebe)
lg O

http://www.fotocommunity.de/pc/pc/display/18734358

Servus,

hmm - ich bin vielleicht komisch, aber einen Eintrag in einer Fotocommunity (wo das dazugehörige Bild noch dazu definitiv eine Passionsblume zeigt, und keine Clematis) halte ich nicht für sonderlich verlässlich…

Aber danke dir :smile:

Gruß,
agnes

Hallo, Agnes,

Eintrag in einer Fotocommunity

der wurde offenbar aus http://de.wikipedia.org/wiki/Waldreben übernommen.

Gruß
Kreszenz

Hallo, Agnes,

Eintrag in einer Fotocommunity

der wurde offenbar aus http://de.wikipedia.org/wiki/Waldreben
übernommen.

macht es das besser?
da sind äpfel und birnen ja noch verwandter…

lg,
tilli

p.s. dass der judenstrick sofort zu jutenstrick gemacht wird: ist das vorauseilende politische korrektheit?
so wie negerkuß und schaumzuckerware mit schokoüberzug?

link mal ins deutschbrett? würde mich mal interessieren…

Eintrag in einer Fotocommunity

der wurde offenbar aus http://de.wikipedia.org/wiki/Waldreben
übernommen.

macht es das besser?
da sind äpfel und birnen ja noch verwandter…

Es ging um den Eintrag zu „Judenstrick“, nicht um die verwechselte Pflanze.

Gruß
Kreszenz

Hallo,

Die sehen nur so ähnlich aus! Keine Clematis-Art hat die spektakülären „Marterwerkzeuge“ und die „Dornenkrone“ wie die Passiflora caerulea, Passionsblume, des Fotocommunity-Eintrags. Der Botaniker krümmt sich! Ausserdem sind alle Clematisblüten 4-zählig.

Gruss von Julius

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Moin,

mit Google findet man -zigmal die Erklärung „Der volkstümliche Name Judenstrick stammt von Jutenstrick.“ Einige der Seiten habe ich angeklickt, aber nirgends eine Quellenangabe gefunden.
Bei http://germazope.uni-trier.de/Projects/WBB/woerterbu… und http://www.zeno.org/Zeno/-/Lexika habe ich das Wort nicht einmal gefunden.

Als Kind in Südwestdeutschland habe ich die Clematis/Waldrebe ebenfalls geraucht. Wir nannten sie „Lianen“, das Wort „Judenstrick“ habe ich nie gehört.
In einigen Google-Ergebnissen steht, dass man das Wort in der Schweiz benutzen würde. Könnte es sein, dass es nur im sehr südliche deutschen Sprachraum gebräuchlich ist?

Pit

1 Like

Hallo, Julius,

Agnes äußerte - wegen des falschen Fotos - Zweifel an der Kompetenz der Foto-Einsenderin, und ich wies darauf hin, dass die Erklärung (wie der ganze Text zum Foto) nicht auf deren Mist gewachsen, sondern aus Wikipedia übernommen war.

Die sehen nur so ähnlich aus! Keine Clematis-Art hat die
spektakülären „Marterwerkzeuge“ und die „Dornenkrone“ wie die
Passiflora caerulea, Passionsblume, des
Fotocommunity-Eintrags.

Das trifft sicher alles zu, aber da es eigentlich um den Begriff „Judenstrick“ geht, erscheint mir die Tatsache, dass das Bild aus der Foto-Community nicht die im darunter stehenden Text beschriebene Pflanze zeigt, in diesem Zusammenhang irrelevant.

Gruß
Kreszenz

Eintrag in einer Fotocommunity

der wurde offenbar aus http://de.wikipedia.org/wiki/Waldreben
übernommen.

macht es das besser?
da sind äpfel und birnen ja noch verwandter…

Es ging um den Eintrag zu „Judenstrick“, nicht um die
verwechselte Pflanze.

es ging darum, warum er heißt, wie er heißt.
wenn er nach einer pflanze heißt, ist es in meinen augen durchaus relevant, nach WELCHER pflanze er so heißt.

tilli

erscheint mir die Tatsache, dass
in diesem
Zusammenhang irrelevant.

das hammwer gemerkt.
aber: wenn es darum geht, dass das zeug zum beispiel zu rauchen ist, sollte man sich doch ein wenig umtun, um was es sich handelt.
falsche bilder in communities hin oder her.

es gibt genug leute, die sich aus germer magenbitter gemacht haben, weil sie dachten, das wäre der purpurenzian.
und das magenweh wurde NICHT besser :wink:

tilli

wenn er nach einer pflanze heißt, ist es in meinen augen
durchaus relevant, nach WELCHER pflanze er so heißt.

Wo ist denn ein anderer Pflanzenname als „Clematis“ erwähnt?

Aus der Bildunterschrift _ „Judenstrick oder Clematis …“ _ mit dem (kopierten Wiki-)Text zu „Waldrebe/Clematis“ auf http://www.fotocommunity.de/pc/pc/display/18734358 scheint mir doch eindeutig hervorzugehen, dass die Einsenderin die abgebildete Pflanze für eine Clematis hielt.

Gruß
Kreszenz

Hallo Pit,

ja, das kann gut sein! Ich komme aus dem Chiemgau.

Danke und viele Grüße,
agnes

Jetzt tut’s euch ned streiten da unten :smile:

Danke für die rege Beteiligung!
Vielleicht kommt der Weisheit letzter Schluss ja noch daher…

Schönen Abend,
agnes

Moin,

mit Google findet man -zigmal die Erklärung „Der volkstümliche Name :Judenstrick stammt von Jutenstrick.“

ja, und die, die auch angeben, wo sie das her haben, berufen sich alle auf Wikipedia (jedenfalls die, wo ich nachgeschaut habe), wo wiederum kein Beleg genannt wird. Die anderen haben’s wahrscheinlich ebenfalls von der allwissenden Müllhalde …

Die Bezeichnung ‚Strick‘ ist klar - die Lianen wurden zum Besenbinden verwendet. Mit Stricken aus Jutefasern sind sie eigentlich nicht zu verwechseln. Der Vorsatz ‚Juden‘ dürfte schlicht stellvertretend für die minderwertige Qualität des ‚Stricks‘ gestanden haben und somit einen antijüdischen/diffamierenden Hintergrund haben.

Freundliche Grße,
Ralf

Servus,

Könnte es sein, dass es nur im sehr
südlichen deutschen Sprachraum gebräuchlich ist?

am 48. Breitengrad war es Ende der 1960er Jahre noch gebräuchlich, wenngleich von den Schullehrern nicht gern gehört. Der Begriff „Jute“ im nämlichen Sprachraum gänzlich ungebräuchlich, alldieweil dort Jutesäcke nach der Bindung des Gewebes „Rupfensäcke“ heißen, Werg halt Werg heißt und Seilereiwaren aller Art „hämpfen“ (= aus Hanf) oder halt „Plastik“ sind.

Analog peiorativ der in der nämlichen Gegend noch relativ lange Zeit gebräuchliche Ausdruck „Judenwirtschaft“, „Judenhandel“ für unsaubere Geschäfte und gar „Sell ischt doch a Jud’“ schlicht für einen unehrlichen Kaufmann, wie katholisch er auch sei.

Nebenbei: Typisch volkstümlich-antisemitische Stereotypen. Eine Unzahl derer aus der weiteren Umgebung von Buchau, die sie benutzten, kannten zumindest bis 1938 persönlich einen Moos oder einen Einstein oder einen Essinger, auf den sie nichts kommen ließen, der ihnen schon einmal aus einer Klemme geholfen hatte etc. etc. …

Schöne Grüße

MM

Hallo,

Wie dieses???

Na, is ot aber da krümmt sich ja der Botaniker: Veratrum nigrum und Gentiana sp.!!!
Klingt ja wie Allium ursinum und Colchicium autumnale bzw. Convallaria majalis!

Gruss von Julius

Hallo Agnes,

ich habe jetzt mal Marzells Wörterbuch der deutschen Pflanzennamen konsultiert. Eine genaue Erklärung zum Juden im Judenstrick (den es so lt. Marzell nur in Oberbayern, Bayerisch Schwaben und Lech-Aschau gibt) steht dort zwar nicht, aber aus den gegebenen Daten kann man sich’s zusammenreimen – und es hat ganz und gar nichts mit Jute zu tun!

Zunächst erklärt Marzell Pflanzennamen, die sich von „Liene“ ableiten. Dieses „Liene“ ist unklarer Herkunft, hat uns ja aber auch nicht weiter interessiert.

Unter Punkt 2 geht es dann um die Namen, die sich auf die „zähe[n], seil- oder strickähnliche[n] Stengel, die wie ‚Reben‘ an Bäumen und Hecken hinaufklettern“, beziehen. Manche dieser Namen, so heißt es weiter, gälten nur für die Stängel. Gut, soll uns auch nicht stören.
Interessant ist in erster Linie nur, dass diese Stängel lt. Marzell „auch zum Binden verwendet“ werden – aber von minderwertiger Ware ist nirgends die Rede.
Und nun folgen die Namen (Hervorhebungen von mir): Schloßseiler, Madlenerseiler, Nonneseil, Hurenseil, Judenseil, Narrenseil, Affenseilchen, Wolfsseil, Hexenseil, Waldstrick, Deiwels- / Teufelsstrick, Judenstrick, Hexenstrang, Hurenstrang usw. usf.
Aha, die Juden sind in „guter“ Gesellschaft unter Huren, Hexen und Teufeln. Warum, das wird zunächst nicht erklärt.

Genaueres findet man unter Punkt 3: Namen, die sich auf die „wollige[n], haar- oder bartähnliche[n] Fruchtstände“ beziehen, wobei diese Namen zuweilen nur für die Fruchtstände gelten:
Alter Mannsbart, Herrgottsbart, Petersbart, Judenbart, Geißbart, Münchenbart, …, Deuwelshâr, Hexenhaar, Muttergotteshaar usw. usf.
Was sagt uns das? Auf den Bart oder das Haar wäre man ja beim Anblick der Fruchtstände noch leicht gekommen, und dann wird halt irgendetwas mit diesem krausen Haar assoziiert. (Mich wundert ein wenig, dass sich keine vulgären Ausdrücke finden lassen – Marzell scheut sich eigentlich nicht davor.) Da fällt einem natürlich der Bart des Herrgotts ein, aber eben auch das wilde Haar des Teufels oder einer Hexe (hierhin passt auch, dass die Pflanze im Litauischen ragãnė – von rãgana = Hexe – heißt) oder das krause Haar der Juden.
Vielleicht (aber das ist jetzt meine eigene Vermutung) spielt auch die Giftigkeit der Pflanze dabei eine Rolle, dass man sie mit Hexen, Teufeln und eben Juden assoziiert hat.

Na, und wenn die Früchte der Bart des Juden sind (übrigens auch der Judenbart ist lt. Marzell regional in Bayerisch-Schwaben anzusiedeln), dann sind die Ranken eben dessen Seile bzw. Stricke.

Liebe Grüße
Immo

P.S. Was raucht man denn von der Pflanze? Die Ranken? Kann man daran überhaupt ziehen? Kriegt man davon einen Rausch?
Und macht man das nur in Bayerisch-Schwaben / Oberbayern, oder raucht man die auch woanders? Machen das die Kinder noch heute, oder muss man dafür schon ein paar Jahre aus der Schule raus sein, um noch Clematis geraucht zu haben?
Fragen über Fragen, die ich mir als Berliner so stelle, wenn ich in Deinem Beitrag lese: „Geraucht haben wir es alle als Kinder.“

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Hallo!

P.S. Was raucht man denn von der Pflanze?

Die verholzten Ranken. Bei uns hatten die meisten Zigaretten- oder Zigarrendicke.

Kann man
daran überhaupt ziehen?

Ja - das Holz ist porös, fast schwammartig, deswegen kann man da gut dran ziehen.

Kriegt man davon einen Rausch?

Kann ich jetzt nicht behaupten. Schmeckt ein bißchen wie Lagerfeuer oder geräucherter Schinken - verbranntes Holz halt.

Und macht man das nur in Bayerisch-Schwaben / Oberbayern, oder
raucht man die auch woanders?

Keine Ahnung - ich bin aus Oberbayern.

Machen das die Kinder noch
heute, oder muss man dafür schon ein paar Jahre aus der Schule
raus sein, um noch Clematis geraucht zu haben?

Hmmm … bei mir ist es etwa 15 jahre her.

Geraucht haben wir es alle als
Kinder.

Alle nicht, aber viele. :smile:

Gruß,
Max

Grüß Euch,
gebürtig im Achental kann ich, was Agnes schreibt, nur bestätigen.Auch wir haben das Zeugs geraucht.( Pfui Deifi)Im farbigen Naturführer „Strauchgehölze“ ist die Alpen-Waldrebe ( Clematis alpina ) abgebildet und genau beschrieben. Und was Kreszenz schreibt, es wurde aus dem Jutenstrick ein Judenstrick wird auch befestigt.

Schönen Abend
Nastaly

Nastaly