Radikalenerlass
Hallo!
nun kann man kaum behaupten, dass der Radikalenerlass sich gegen Idealisten richtete.
Doch, genau das kann man mit Fug und Recht behaupten. Der Radikalenerlass richtete sich gegen Idealisten und Ideale, die den damals Mächtigen gegen den Strich gingen. Es reichte, ins Visier des Verfassungsschutzes geraten zu sein. Dafür wiederum konnte schon Wehrdienstverweigerung reichen oder die Teilnahme an einer als unbotmäßig betrachteten Demonstration. Aber eigentlich brauchte es keinen Anlass. Irgendein diffuser Verdacht reichte http://www.swr.de/report/kampf-um-gerechtigkeit-eine… .
Er richtete sich gegen die Einstellung solcher Personen in den ÖD, denen man nicht zusprach sich :auf dem Boden unserer Verfassung zu bewegen.
Beim “nicht zusprechen” lag eines der Probleme. Ansichten und Behauptungen irgendwelcher Leute reichten. Mit Verfassungstreue hatte schon die Vorgehensweise nichts zu tun und auf Verfassungstreue wurde im ÖD einschließlich Justiz und bis in die höchsten Staatsämter – auf gut Deutsch – geschissen. Man konnte ohne jedes Risiko am äußersten rechten Rand angesiedelt sein, gerne auch wie Globke die Rassengesetze mitverfasst haben – spielte alles keine Rolle. Aber wehe, jemand fuhr z. B. Herrn Strauß öffentlich vernehmbar an den Karren. Dann wurden alle Register gezogen. Spiegel-Redakteure konnten damals ein Lied davon singen. Bei jungen Leuten war es einfacher. Die wurden per Radikalenerlass zu Tausenden dauerhaft kalt gestellt. Hatte mit Rechtsstaatlichkeit nicht einmal entfernt etwas zu tun. Es war eine obrigkeitliche Disziplinierungsmaßnahme, mit der sich alle Verantwortlichen als Amtsträger in einem demokratischen Gemeinwesen disqualifizierten.
Dies spreche ich Mitgliedern der DKP auch heute noch nicht zweifelsfrei zu.
Die DKP kam in Westdeutschland zu keinem Zeitpunkt über die Rolle einer unbedeutenden Randerscheinung mit sehr überschaubarer Mitgliederzahl hinaus und taugte schon von daher nicht als Rechtfertigung für den Radikalenerlass. Machte aber nichts, sie passte wunderbar ins damals herrschende Feindbild und taugte als Vorwand, denn einer Mitgliedschaft in der DKP bedurfte es gar nicht, um ins Visier von Leuten zu geraten, die kuschende Linientreue wollten, wie sie es zu Zeiten gewohnt waren, als noch Ordnung herrschte. Einige Semester Mitgliedschaft in einer als unbotmäßig geltenden studentischen Gruppe reichte für das berufliche Aus.Dagegen war ein Jahrzehnt Mitgliedschaft in der NSDAP und eifrige Mittäterschaft auch gerne mit Blut an den Händen für den ÖD zwar nicht zwingende Voraussetzung, aber in keiner Weise abträglich. Jede andere Sichtweise hätte nicht funktioniert, immerhin bestand die Bundesrepublik aus den gleichen Leuten wie zuvor der NS-Staat. Dessen Spitzenpersonal weilte zwar nicht mehr unter den Lebenden und ein Teil des Mittelbaus hatte sich nach Südamerika davon gemacht, aber die meisten Leute waren noch da und bekleideten nach wie vor Ämter.
Ohne das zuvor dem Führer treu ergebene Personal hätte es im Bundestag ziemlich leer ausgesehen, es hätte kaum Richter, nur wenige Polizisten und nur ein paar einsame Verwaltungsleute und Lehrer gegeben. Der Rüstungsindustrie, deren Mitarbeiter durch den Verfassungsschutz überprüft wurden und ehemalige Wehrmachtsoffiziere in der Belegschaft darauf achteten, dass sich nicht trotz Überprüfung Subversives tat, hätte es an Mitarbeitern gemangelt. Die neu aufgestellte Bundeswehr sowie die Nachrichtendienste hätten kein Führungspersonal gehabt.
Der Radikalenerlass war ein auf dem rechten Auge vollkommen blinder Akt staatlicher Willkür zur Disziplinierung. Die Regierenden hatten Demokratiedefizite. War bei ihrer Vorgeschichte auch kaum anders zu erwarten. Und so waren sie an Widerrede aus dem gewöhnlichen Volk so gar nicht gewöhnt. Das galt auch in der Außenpolitik. Keine Militärdiktatur konnte zu eklig sein, um von deutschen Politikern nicht hofiert zu werden. Wer Einwände hatte, womöglich anlässlich des Schah-Besuchs demonstrierte, bekam erst Polizeiknüppel und dann den Radikalenerlass zu spüren.
Ebensowenig denjenigen, die sich am unbekämpften linken Rand der Linkspartei weiterhin damit :beschäftigen, eine sozialistische Republik zu errichten.
Wie sieht denn diese Beschäftigung aus? Handelt es sich womöglich um Leute, die Änderungen im Rahmen der Verfassung anstreben oder Sachverhalte ablehnen, die gar nicht in der Verfassung festgeschrieben sind? Was sich innerhalb des Rahmens der Verfassung abspielt, muss nicht jedem gefallen. Trotzdem darf für Mehrheiten zur Realisierung geworben werden.
Ich würde auch ungern einen Rechtsaußen der NPD als Lehrer sehen.
Kann ich nachvollziehen, obwohl es an der Stelle schwierig wird. Ich habe grundsätzliche Einwände gegen Parteienverbote und hoffe, dass das Ansinnen, die NPD zu verbieten, scheitert. Ohnehin ist dem braunen Gedankengut mit Verboten nicht beizukommen. Ohne Verbot der Partei hat sie als verfassungskonform zu gelten. In der Folge gibt es keinen Grund, NPD-Mitglieder vom ÖD auszuschließen. Das gilt natürlich auch für Lehrer.
Wir müssen mit etlichen seltsamen Leuten zurecht kommen, mit Kreationisten, Esoterikern, Hobbyjägern, Berufssoldaten, Volksmusikliebhabern, Katzenhassern, Zuhältern, Fußballfans, Klerikern, Ballermannurlaubern, Nasenringträgern, Bregenessern, Staubsaugervertretern und sogar mit CDU/CSU-Wählern … wenn ich`s mir recht überlege … unter so vielen dubiosen Zeitgenossen fallen ein paar weitere Hohlköpfe in Gestalt von NPD-Mitgliedern gar nicht mehr ins Gewicht
Gruß
Wolfgang