"Käsiger" Geschmack bei Apfelwein

Hallo Leute,

vorletzte Woche war ich in einer Apfelkelterei in Maintal und habe verschiedene Apfelweine probiert. Bei allen Geschmacksunterschieden fiel mir doch bei allen Apfelweinen ein leicht käsiger Geschmack auf (etwa wie der Geschmack der dunkleren Randschicht von Butter, die einige Tage/Wochen im Warmen steht).

Ich habe vorsichtig gefragt, woran das liegen könne. Der Besitzer der Kelterei erklärte dies dadurch, dass bei Apfelwein, im Gegensatz zu Wein aus Trauben, die zweite (malolaktische) Gärung nicht stattfinden würde und somit die Äpfelsäure erhalten bliebe und diesen Geschmack verursachen würde.

Nun glaube ich gelesen zu haben, dass nicht alle Weine aus Trauben die zweite Gärung mitmachen, trotzdem ist mir ein solcher Geschmack noch nie aufgefallen. Außerdem denke ich mir als einfacher Geist, dass doch eher die Milchsäure, die bei der malolaktischen Gärung entsteht, einen solchen käsigen Geschmack verursachen sollte (bei dem Namen!).

Ich wollte nicht genauer nachfragen und tue das daher hier: Kann jemand von Euch diesen käsigen Geschmackseindruck bestätigen oder hatte ich Halluzinationen? Gibt es einen Fachausdruck dafür? Wie kommt diese Geschmackskomponente zustande? Wenn die obige Erklärung stimmt: Warum findet man das nicht bei Wein aus Trauben?

Grüße, Thomas

P.S.: Da es keine Werbung in eigener Sache ist, darf ich wohl sagen, dass sich der Besuch (Apfelkelterei Stier in Maintal) gelohnt hat. Ich habe viel gelernt und war von der Geschmacksvielfalt überrascht.

Guten Tag Thomas,

dass bei Apfelwein, im Gegensatz zu Wein aus Trauben, die zweite
(malolaktische) Gärung nicht stattfinden würde und somit die
Äpfelsäure erhalten bliebe und diesen Geschmack verursachen
würde.

Als gelegentlicher Apfelwein-Trinker bin ich sehr überrascht von dieser Stellungnahme.
Natürlich ist vieles nur subjektives Emfpinden, aber ich meine, das müsste genau umgekehrt sein.
Wenn ein (wie auch immer gearteter) Wein keiner malolaktische Gärung unterzogen wurde, dann dürfte er wohl auch nicht käsig (wir sagten früher „seifig“ - siehe unten) riechen und schmecken.

Diese malolaktische Gärung wird bei wenigen Weißweinen durchgeführt ( z. B. bei Chardonnay, bei Fendants in der Schweiz), es sollte aber wohl nicht bei Rieslingen geschehen (obwohl ich schon mal einen von der Mosel getrunken habe - kann man aber vergessen).

Bei Rotweinen wird die mal. G. wohl öfters durchgeführt, speziell bei Spätburgenden in Deutschland. Vor Jahren - also in der Anfangszeit - ist das dann öfter zu riechen und zu schmecken gewesen, dass derartige Weine „seifig“ waren.
Inzwischen haben die Winzer glücklicherweise gelernt, damit umzugehen - man findet das heute kaum noch.

Vielleicht kann ja ein Apfelwein-Spezialist in diesem Forum noch etwas dazu äußern!?

Gruß Walter VB

Hallo Thomas,

Bei allen
Geschmacksunterschieden fiel mir doch bei allen Apfelweinen
ein leicht käsiger Geschmack auf (etwa wie der Geschmack der
dunkleren Randschicht von Butter, die einige Tage/Wochen im
Warmen steht).

das hört sich für mich nach einem Milchsäurestich an, der in der Regel als ‚molkeartig‘ beschrieben wird. Kann auch an Sauerkraut erinnern. Definitiv ein Fehler.

Ich habe vorsichtig gefragt, woran das liegen könne. Der
Besitzer der Kelterei erklärte dies dadurch, dass bei
Apfelwein, im Gegensatz zu Wein aus Trauben, die zweite
(malolaktische) Gärung nicht stattfinden würde und somit die
Äpfelsäure erhalten bliebe und diesen Geschmack verursachen
würde.

Das ist definitiv falsch. Insbesondere bei zu warmen Temperaturen setzt beim Most eine Umwandlung der Apfelsäure in Milchsäure ein, was sich durch verstärkte Gasbildung bemerkbar macht. Der nicht nur bei Wein, sondern auch bei apfelwein auftretende Milchsäurestich wird durch Milchsäure und Gärungsnebenprodukte wie Diacetyl hervorgerufen, nicht durch Apfelsäure.

Bei Einsetzen einer Milchsäuregärung must der Most schleunigst von der Hefe abgezogen und geschwefelt werden, bevor er ungeniessbar wird. Eine geringfügige Milchsäurevergärung kann erwünscht sein, da sie die Gesamtsäure vermindert und der Apfelwein dann etwas weicher und runder schmeckt. Bei einem Milchsäurestich wurde jedoch definitiv zu lange gewartet. Noch ein wenig mehr, und der Most ist verdorben - die Übergänge sind fließend. Die Kunst des Kellermeisters besteht darin, den richtigen Zeitpunkt zum Hefeabzug zu erwischen. Der wurde hier wohl verpasst.

Freundliche Grüße,
Ralf
(zwar kein Apfelwein-, aber Cidre-Aficionado)