Kalzifizierung von Kristallen?

Hallo!
Stoße in einem Roman auf obiges, im Original: … like the slow calcification of crystal …
Im selben Text (grob übersetzt): …wie das Konservieren einer toten Hornisse in Kristall, einen Tropfen Gift auf ewig am Stachel hängend …"

Kalzifizierung und Kristall - geht das zusammen? Und tote Hornissen in Kristall? In Bernstein meinetwegen . Und wenn man sie künstlich in Kristall betten wollte, bekäme man das mit dem Tropfen Gift wohl nicht hin. Oder irre ich mich?

Gruß,
Eva

Calcification ist meines Erachtens nicht einfach nur „Einbetten in Kristall“, sondern Einbetten in Kalzit oder ein anderes Karbonat. Das ist sicherlich nicht möglich mit einem Gifttropfen der noch am Stachel hängt, auch wenn es grundsätzlich denkbar ist, ein Insekt in einer wässrigen Lösung heraus in Kristall zu betten.

Allerdings dürfte dieser Kristall kaum durchsichtig werden. Ob so ein Kristall durchsichtig ist (vorausgesetzt, dass Mineral kann überhaupt durchsichtige Kristalle erzeugen), hängt davon ab, wie fehlerfrei die Kristallstruktur ist und dies wiederum wird unter anderem von der Kristallisationsgeschwindigkeit bestimmt. Das Ergebnis hätte auch keine schönen regelmäßigen Flächen, sondern sähe aus, als hätte man das Tier in grobem Zucker gewälzt.

Aus welchem Roman stammt das?

Hallo Eva,

der Autor geht dort in seiner metaphorischen Rede (über gewisse „Augenblicke“) ein wenig seltsam (und offenbar in kompletter Unkenntnis) mit dem Begriff „crystal“ um:

In der einen Passage meint der Autor ganz sicher „amber“ und nicht „crystal“. Aber umgangssprachlich bzw. von Laien wird auch manchmal eben ein Bernsteinstück als „crystal“ bezeichnet (wie im Deutschen auch als „Kristall“): „… wie die Konservierung einer toten Hornisse in Bernstein, ein [nicht einen!] Tropfen Gift auf ewig an ihrem Stachel hängend.“

In der zweiten Passage bemüht er die Metapher der Stalaktitenbildung (Kalkstein bzw. Kalzit = Kalziumkarbonat) in einer Tropfsteinhöhle: Es tropft durch ein Loch im Boden (bzw. im „loam“) „wie die langsame Bildung von Kalkstein“. So müßte es theoretisch heißen. „calcification of crystal“ (das würde heißen „Verkalkung von Kristall“, statt bestenfalls „… to crystall“, „… zu Kristall“) ist kompletter Unsinn, schon deshalb, weil diese Verkalkung (Ausfällung von Karbonat-Salzen aus säurehaltigem Wasser) nicht zu kristallinem, sondern zu amorphem Kalzit führt.

Bei manchen Autoren ist halt der Gebrauch von Metaphern aus Gebieten, von denen sie nix verstehen, so eine Sache. Aber wem sag ich das :wink:

Viel kopfzerbrechendes Vergnügen mal wieder!
Schönen Gruß
Metapher (noch nicht kalzifiziert)

addendum

Insofern das Ausfällen von Karbonat unter gewissen Umständen auch zu Kalzit in Kristallform führen kann, wäre ein Zugeständnis an den Autor (da es ja um eine Metapher geht und nicht um eine mineralogische Abhandlung): „… tropft … wie die allmähliche Bildung von Kalzit-Kristallen“.

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Hallo und Danke für Deine Ausführungen!
Roman darf ich noch nicht nennen :frowning: Ich überlege fast, ob ich in der Plauderecke mal nach Erscheinen die Bücher aufführen sollte , zu denen ich hier mit Fragen genervt habe …

Ich gehe natürlich bei einem Roman auch davon aus, dass manche Metaphern bissl verrutscht sind und man vieles in übertragenem Sinn verstehen muss, aber bevor ich evtl. eine kleine Korrektur vornehme, möchte ich mich immer vergewissern, ob der Autor nicht vielleicht besser informiert war als ich. Im vorliegenden Fall soll m.E. das Bild der Hornisse entstehen, die in so etwas wie Bergkristall eingeschlossen, also genau zu erkennen, klar und glänzend.

Dass ich denke, so etwas ist nicht möglich, muss ja nicht heißen, dass es doch geht und ich weiß es nur nicht, deshalb meine vielen nervigen und oft womöglich albern erscheinenden Nachfragen :wink:

Gruß,
Eva

Ich finds aber gut, dass du hier fragst :slight_smile: viel zu oft lese ich in deutschen Übersetzungen Formulierungen, die keinen Sinn ergeben, weil der Übersetzer keine Ahnung hatte…

Am besten fand ich bisher: „Er führte das feindliche Flugzeug und feuerte einige Runden“ :smile:

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Was soll ich sagen - mal wieder vom Feinsten :smile:

In meiner Antwort oben habe ich schon angemerkt, dass ich natürlich bei Romanen nicht jede Metapher auf die Goldwaage lege, aber wie peinlich, wenn man was ändert, weil man überzeugt ist, der Autor hat sich vertan, um später - viel zu spät - zu erfahren, dass er recht hatte und man sich der Verdummbesserung schuldig gemacht hat.

Gewappnet mit dem von Dir und Zerschmetterling bereitgestellten Wissen, kann ich nun fröhlich weiterarbeiten :smile:
Gruß,
Eva

Er hätte besser 'n paar spendiert :grin:

Hi Eva,

in diesem Fall war es ja nicht schwer, deinen Text zu finden. Und das war auch gut so. Denn ohne den Kontext konnte man ja aus deinen kurzen Zitaten nicht darauf kommen, dass es sich um Metaphern (und um verquaste noch dazu) handelte :smile:

Das war bei zahlreichen früheren physikalischen und religionshistorischen Fragen von dir ja auch so, dass erst aus der Stellung in der storyline deutlich wurde, was der Autor meinte, bzw. gemeint zu haben meinte.

Dafür ist ja wer-weiss-was da :slight_smile: :slight_smile: :smile:
Und leider ganz selten noch - zumal bei deinen Fragen - erfüllt es halt noch den Zweck, den es mal hatte, als es ihn noch hatte …

Schönen Gruß
Metapher