Wenn man die Piratenpartei verfolgt, fällt einem der Begriff „Liquid Feedback“ immer wieder auf. Jedoch stellt sich für mich die Frage, ob dieses Modell ein Erfolg werden und sich als Demokratierevolution heraustellen könnte. Wie seht ihr das?
Hallo,
leider kann ich nicht weiterhelfen.
Biala
Hallo sonnenbluemchen2306,
leider bin ich - familiär - aktuell sehr beansprucht, und neben der Spur. Deshalb bitte nicht so viel erwarten, jetzt.
Um mich trotzdem in´s Thema - schon mal etwas - rein-zu-tun, das, was ich bisher dazu bereits beschäftigen und verstehen konnte; nicht sehr viel:
Zum Ersten vermisse ich einen guten, passenden Begriff, eine gute WortWahl in Deutsch.
Flüssiges Zurück-Füttern ist ein ge-eigneter Begriff für den, der weiß worum es geht, was gemeint ist.
Auch die anderen Parteien können ohne wirkliche RückMeldungen eigentlich nicht arbeiten, so meine Einschätzung.
Wo ist also der bedeutende Unterschied bzw. das besondere am Feedback der Piraten-Partei im Vergleich mit den anderen Parteien.
Das was ich bis jetzt verstehen konnte, der Ansatz, die Idee dahinter, scheint mir auf jeden Fall gut gemeint, und erstrebens-wert und verfolgens-wert, grundsätzlich: für Demokratie.
(Deshalb auch hier noch mal: wo ist das Besondere daran bei der PiratenPartei ?)
Ein zweiter Punkt, der mir wichtig ist: Was passiert bei, wie geschieht, Liquid Feedback ?
Ohne sich grundsätzlich damit zu beschäftigen, was bei Kommunikation ALLES stattfindet - ich möchte es deshalb mit einem besseren Begriff als ´Kommunikation´ benennen, schaffe ich leider gerade nicht -, ist es meiner Meinung nach schwierig, Liquid Feedback zu be-urteilen, zu gestalten, zu verwirklichen, um-zusetzen.
Was also passiert bei Gespräch, Unterhaltung, Diskussion ?
Genauer kann ich leider jetzt nicht formulieren.
So-weit für heute. Gruß.
Hallo Sonnenblümchen,
ich denke ja.
Liebe Grüße
Frank
Hallo Sonnenblümchen,
ich sehe das etwas schwierig. Es ist richtig, dass eine direkte Demokratie, in der Form wie sie die Piratenpartei mit Liquid Feedback betreiben möchte, für viele Mitbürger interessant scheint.
Man sollte aber bedenken, wenn alles und jede Entscheidung, die politisch getroffen werden muss, über Liquid Feedback getroffen wird, kann es zu Verzögerungen kommen, viele Menschen, die sich mit dem zu bewertenden Thema gar nicht genug auskennen treffen nicht richtige Enscheidungen usw.
Es ist ein interessantes Modell, wird sich jedoch nicht in der Politik durchsetzen.
Viele Grüße
Hallo sonnenbluemchen2306,
das bedeutungs-vollere des Liquid Feedback der Piraten-Partei scheint mir, der gleichzeitige Ansatz (Gestaltung, Durchführung) einer völlig anderen, neuen Partei-Struktur.
Dies setzt neben dem Wunsch, dem Anspruch, die Fähigkeit dazu voraus, oder wenigstens den Willen, dies so auch leben zu wollen und verwirklichen zu wollen.
Somit ist die Bedeutung des Liquid Feedback der PiratenPartei nicht ohne diesen gleichzeitigen Anspruch einer eigenen neuen Partei-Struktur - Augenhöhe, nicht von oben nach unten, an den Sachfragen aus-gerichtet und nicht an Partei-Interessen - zu verstehen.
Gruß.
Hab mich eben schlau gemacht auf den Seiten der Piratenpartei Deutschland. Also ich meine nicht dass das geht. Ist wie in Grimms Märchen „Der Müller und sein Esel“. Die wichtigen Entscheidungen sind langfristig. Da geht es nicht dass einmal ja und dann etwas später nein gesagt wird je nach Wechsel der liquid-Mehrheit. Ich denke eher dass unsere Volksverteter besser überwacht werden müssten: Vor jeder Ausschussitzung eine Diskussion mit einem representativen Querschnitt von bereitwilligen Bürgern. So könnte nicht so leicht ‚gemauschelt‘ werden, wie bisher.
Hallo!
Wenn man die Piratenpartei verfolgt, fällt einem der Begriff
„Liquid Feedback“ immer wieder auf. Jedoch stellt sich für
mich die Frage, ob dieses Modell ein Erfolg werden und sich
als Demokratierevolution heraustellen könnte. Wie seht ihr
das?
Kurz zu den Begriffen: Das Konzept ist Liquid Democracy, was eine Form von Delegated voting ist; die von der Piratenpartei eingesetzte Software heißt Liquid Feedback.
Liquid democracy reagiert auf Bteiligungs- Repräsentationsdefizite eines rein repräsentativen politischen Systems: Menschen geben sich nicht mehr damit zufrieden, per Wahl die politische Macht nur zu delegieren; das liegt an der zunehmenden Differenzierung und Pluralisierung der Gesellschaft.
Unser politisches System kommt aus einer Zeit, in der es einerseits recht aufwendig war, politisch teilzuhaben (zeit- und kostenaufwendige Kommunikation und Mobilität), andererseits die Gesellschaft noch viel weniger individualisiert war und es noch große, relativ homogene Milieus gab. (Das Arbeitermilieu, das bürgerliche, das katholische …) Damals war dieses politische Modell sehr sinnvoll: Repräsentation war technisch sinnvoll, weil nur so die hohen Transaktionskosten von Mobilität und Kommunikation kompensiert werden konnten, und es war gesellschaftlich akzeptabel, weil die politische Meinungsbildung viel stärker gleichartig innerhalb der Milieus stattfand.
Jetzt ist Mobilität viel günstiger, Kommunikation fast umsonst und es gibt nicht mehr in allen Politikfeldern so einheitliche Milieus wie damals – wir haben aber immer noch das System, das auf diese Rahmenbedingungen zielt.
Dadurch entsteht Unzufriedenheit mit dem politischen System: Die Menschen wollen viel stärker teilhaben, wollen sich einbringen, wollen beteiligt werden – aber nicht überall; es gibt für alle verschiedene Themen, die so wichtig sind, daß man sich selbst einbringen will, aber auch Themen, in denen es völlig OK ist, wenn das an andere delegiert wird. (Mir als Baden-Württemberger ist Stuttgart 21 zum Beispiel völlig egal, und ich war sehr zufrieden damit, daß sich die Parlamente damit beschäftigen; mich dann doch noch für die Volksabstimmung informieren zu müssen, fand ich reichlich lästig. Im Gegensatz dazu würde ich viel lieber stärker in die Bildungspolitik Einfluß nehmen können.)
Direkte Demokratie, also vor allem Volksabstimmungen, aber auch so etwas wie die Landgemeinden der Schweiz (wo alle stimmberechtigten Bürger abstimmen können), hat den Nachteil, daß alle sich beteiligen müssen, wenn sie die Entscheidung mitgestalten wollen. Indirekte, repräsentative Demokratie hat den Vorteil, daß man sich nicht beteiligen muß, sondern (leider immer im Bündel) andere damit beauftragen kann.
Liquid democracy ist jetzt ein Konzept, das die Vorteile von direkter und repräsentativer Demokratie verbindet: Ich kann mich selbst überall da einbringen, wo es interessant für mich ist, kann aber den Rest an Leute delegieren, denen ich vertraue.
Liquid democracy ist noch in einem experimentellen Stadium – aus meiner politikwissenschaftlichen Sicht scheint mir das ein sehr geeignetes System zu sein, um Demokratie verfahrensmäßig unter den gegenwärtigen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen auszugestalten. Natürlich ist es schwer einzuschätzen, ob das Konzept auch massentauglich ist: Werden sich so neue Experten-Oligarchien bilden? Ist das System dafür tauglich, daß tatsächlich alle es benutzen, oder erzeugt es neue Ausschlüsse? (Schon unser bestehendes Wahlsystem ist für manche zu kompliziert.)
Ich bin jedenfalls froh, daß die Piratenpartei im großen Stil mit Liquid democracy experimentiert, und hoffe, daß es noch an weiteren Orten eingesetzt wird.
Meine Prognose ist, daß es nicht zur großen Revolution kommt; wir werden noch lange ein grundsätzlich repräsentatives System haben. Aber ich glaube, daß dieses System an vielen Stellen durch Lehren, die aus Liquid-democracy-Versuchen gezogen werden, verbessert werden wird.
Tut mir leid. Mit der Piratenpartei habe ich mich zu wenig befasst. Der Ausdruck: Liquid feedback" ist mir nicht gelaeűfig. Entschuldige, meine Tastatur hat keinen AE mit Punkten. Bin zurzeit in Ungarn.