Hallo,
Dir ist schon klar, dass es hier im Grund um die allergrundsätzlichsten Fragen der Psychotherapie geht? 
Insofern wird es keinem von uns gelingen können, hier befriedigende Antworten vorzubringen …
Meine Bekannte führt bei ihrer Argumentation diese Beispiele
an:
Eine ehemalige Schulkameradin von uns war notorisch faul, hat
alles immer vor sich hergeschoben und das Wort
Teilnahmslosigkeit ist für sie erfunden worden. Letzte Woche
hat meine Bekannte sie wieder einmal getroffen und unsere
Schulkollegin war wie ausgewechselt.
Obwohl sich in ihrem Leben nichts geändert haben zu scheint
(laut meiner Bekannten.)
Na, zumindest ist die Freundin Deiner Bekannten nun keine Schülerin mehr, insofern hat sich ja doch schon gravierendes an ihrer Lebenssituation geändert (mehr Verantwortung, Zwang zum Geld-Verdienen, vielleicht ist sie jetzt weniger genervt, etc.) …
Der Wandel dieser Person kann 1000 Gründe haben, darüber ließe sich hier nur spekulieren.
Unsere Schulkollegein hat gesagt, sie
sein einfach eines Tages aufgewacht und habe gewusst, dass sie
sich ändern muss und hat ihr Leben umgkrempelt.
Klar gibt es solche „Erweckungserlebnisse“; ein klassisches wäre das des drop-outs, der irgendwann so genervt von seiner (freiwilligen) sozialen und materiellen Situation ist, dass er ganz plötzlich, spontan, ohne irgendeinen erkennbaren Auslöser einen Job sich sucht, und dabei hängenbleibt.
Lästerer sagen, auf diese Weise seien viele Hippies nach Silicon Valley gekommen 
Der Punkt aber ist: in diesem Beispiel ist das Neue im Alten irgendwie schon vorbereitet, die Ressourcen (Bildung, Werte, Einstellungen) sind schon vorhanden zu dem Zeitpunkt, an dem sie eine plötzliche Umwertung erhalten, in den Dienst des neuen Lebensentwurfes treten.
Dieses Muster, dass sich beim „plötzlichen Umbruch der ganzen Lebenssituation“, bei genauerem Hinsehen eigentlich gar nicht soviel geändert hat, „lediglich“ (und das ist aber extrem viel) der Organisator, die Ausrichtung der Persönlichkeit, die Indienstnahme der Persönlichkeit für einen neuen Lebensstil, scheint mir recht angemessen zu sein.
Man sieht also je nach Perspektive, den totalen Umbruch des Lebensstils (der ja immer personalisierend als „Charakter“ erlebt wird), wie auch die Kontinuität der „Grundzüge“.
Mein Ex Freund hat eines Tages beschlossen, dass er wie Arnold
Schwarzenegger sein will. Seit diesem Tag ist er ein
schlechter Klon von ihm.
ist er nun Gouverneur geworden? 
Die Tatsache, dass er vermutlich nicht beschließen kann, Michael, Roger, Demi, Gary, John, Julianne oder Peter Moore zu werden, zeigt, dass nicht der Tag der entscheidende ist, an dem beschlossen wird, A.S. zu werden, sondern die Ereignisfolge, die ihn dazu brachte, A.S. werden zu können bzw., was hier das gleiche ist, werden zu wollen.
Auch hier natürlich die besagten 1000 Gründe …
Nur ein mögliches Szenario aus 1000: er mag -weshalb auch immer- schon lange mal daran gedacht haben, seinen body sorgsam zu builden, da aber das Geld nicht fürs Fitness-Studio reichte, bestanden 1000 Gründe, warum er das eigentlich gar nicht wollte, aber sobald das Geld dann reichte, wollte er es dann immer schon unbedingt 
Garantiert trifft das auf Deinen Freund nicht zu, aber so hätte es auch laufen können …
Ich frage mich dabei nur, ob es sich dabei aber wirklich um
eine Veränderung der Persönlichkeit handelt oder nur um eine
mehr oder weniger mühsam aufrecht erhaltene Fassade.
Genau diese Frage halte ich für entscheidend;
ich selbst würde dabei nicht unterscheiden zwischen Fassade der Persönlichkeit und Kern der Persönlichkeit, weil man mit einer solchen Art der Unterscheidung von Oberfläche und Tiefe argumentativ leicht in Teufels Küche kommen kann, aber dieses Denkmuster, eine scheinbar totale Veränderung der Persönlichkeit „lediglich“ als Neuordnung der bisherigen Persönlichkeitsmerkmale, welche auf der Ebene der Merkmale hohe Kontinuität bewahren, zu verstehen, das scheint mir angemessener zu sein als „die große Charakteränderung“ sehen und anstreben zu wollen.
Denn, meine Schwester will mehr Selbstdisziplin. Ihre
Disziplinlosigkeit befördert sie oft in ziemlich präkere
Situationen, aber egal was sie versucht, sie kann es nicht
ändern. Der Wille ist da, aber die Umsetzung ist unmöglich.
Was an ihr selbst liegt, wobei wir wieder da wären.
Wenn aber die beiden anderen ihre Persönlichkeit/Charakter so
„einfach“ und grundlegend ändern konnten, was läuft dann bei
allen die es erfolglos versuchen falsch?
auch hier die 1000 Gründe … 
Aber man kann vielleicht ein paar Großgruppen der Gründe unterscheiden:
-
bei bestimmten „harten“ organischen Störungen kann man Dinge definitiv wollen, die nicht funktionieren können, z.B. der Parkinson-Erkrankte will sein Muskelzittern nicht, aber er kann den Willen natürlich nicht umsetzen
-
bei bestimmten „weicheren“ organischen Störungen, kann man Dinge wollen, die nicht funktionieren können, aber man kann lernen wollen, mit diesem Nicht-Funktionieren so klar zu kommen, als ob der ursprüngliche Wille umgesetzt werden könnte; der ADHSler wäre hier vielleicht ein Beispiel
-
dann gibt es „innerpsychische“ Hemmungen, irgendwelche „Fixierungen“ etwa, die dafür sorgen, dass man nicht wollen können kann, was man eigentlich wollen täte (hier müsste man aber vielleicht verschiedene Niveaus des Wollens unterscheiden, z.B. bewusstes Wollen und unbewusstes Wollen), etc.
-
dann wiederum gibt es Hemmungen, die darin bestehen, dass man manche Dinge will, aber ganz schlicht und einfach erst mal lernen muss, diese zu können (hier geht es also eher um die Unterscheidung von Wollen und Wissen, statt um Binnendifferenzierung des Wollens).
-
etcpp.
Ich weiß, ich weiß, meine Antwort ist hochabstrakt und viel Blabla um nichts, aber sie ist halt die Antwort auf eine Frage, die hochabstrakt ist … 
Viele Grüße
Franz