Kann es sein das die zeitliche Einteilung - anhand von Baumringen - Fehler in der Zeiteinteilung verursacht?

Hallo und guten Tag,

vor ein paar Tagen hat mir ein Bekannter „grossspurig“ erklärt, das die Dendrochronologie nicht zuverlässig ist. Er hat behauptet, das es bei Bäumen zu mehreren Jahresringen in den üblichen 365 Tagen eines Jahres kommen kann. Ich weiss nicht, ob das stimmt - oder ob ich das verarscht worden bin??? ich hab mal gehört, das die zeitliche Einteilung mithilfe von Jahresringen der Bäume äusserst genau sei. Wenn es aber stimmt das Bäume pro Jahr - aus was für Gründen auch immer - mehrere Baumringe produzieren, dann währe die Dendochronologie äusserst unzuverlässig??? Ich weiss nicht wie ich das beurteilen soll. Dazu hätte ich gerne eine verbindliche und nicht aus „nichtssagenden Floskeln“ bestehende Antwort. Vielleicht kennt sich hier einer damit aus und kann mir dazu eine passende Antwort geben.
Ich bedanke mich im Voraus & verbeleibe grüssend MAESSY!

naja je nach Region hast du sogar keinen Baumring, da es dort keine wirklichen jahreszeitlichen Schwankungen gibt, siehe dazu Tropenholz

Wachstumsringe entstehen dann, wenn das Wachstum periodisch pausiert. Das kann durch den Wechsel der Jahreszeiten, aber auch den Wechsel von Trocken- und Feuchtzeiten ausgelöst werden.
Das können dann auch zwei pro Jahr sein.
Es passiert aber nicht spontan bei einem einzelnen Baum, dass er einen zusätzlichen Jahresring ausbildet. Ein auslösendes Ereignis wirkte sich auf alle Bäume in diesem Gebiet aus, so dass alle die gleiche Anomalie aufwiesen.

Die Dendrochronologie setzt deshalb voraus, dass nur Bäume der gleichen Art aus dem gleichen Gebiet verglichen werden, die unter gleichen Bedingungen wuchsen. Einen kanadischen Baum mit einem australischen zu vergleichen, ergibt Murks und wird deshalb auch nicht gemacht.

:wave:
KHK

Danke für die Antwort - das hilft mir weiter, caou!

Dendrochronologien werden mit C14-Messungen gestützt und dienen später wieder
zur ´Kalibrierung´ von C14-Messungen, was zirkulär und wenig wissenschaftlich ist.

Der Hauptgrund für die Unmöglichkeit einer objektiven
Kalibrierung durch die Dendrochronologie ist, dass deren ´Mastersequenzen´,
also die aus vielen Einzelringsequenzen kombinierten Totalsequenzen, aus
denen sich angeblich der atmosphärische C14-Gehalt zu jedem Zeitpunkt
der von der Sequenz erfassten Vergangenheit erschließen lasst, erst
durch Vor-Datierungen durch C14 zustande gekommen sind. D.h. um eine bestimmte
Ringsequenz chronologisch in die Mastersequenz einzuordnen (was immer an mehreren
Stellen möglich ist), wird die Probe durch C14 ungefähr vor-datiert.

Weil diese Vor-Datierung aber aus genannten Gründen unsicher ist, weist
die Mastersequenz an unbekannt vielen Stellen eventuell falschdatierte
Sequenzen auf, die aber als Basis für die Ermittlung eines früheren
atmosphärischen C14-Gehalts herhalten, wenn eine archäologische
C14-Messung vorgenommen wird. Kurz gesagt: Die wechselseitige
Inanspruchnahme von Radiokarbon-Messung und Dendrochronologie ist
zirkulär und damit wissenschaft nicht oder kaum haltbar.

chan

Aussagen wie von Ihrem Bekannten oder Ch_an basieren schlicht auf Unwissen. Die Dendrochronologie ist sehr exakt und es muss in dieser Disziplin zwar große Sorgfalt angewendet werden, es gibt aber keine generellen Probleme. In gemäßigten Breiten kommen mehrere Ringe pro Jahr schlicht nicht vor.

Eine Überprüfung davon gelingt Erstens durch Analyse rezenter entsprechender Bäume gemäßigter Breiten. Dabei fällt auf, dass immer genau 1 Baumring pro Jahr entsteht - außer das Jahr war in klimatisch absoluten Ausnahmenfällen extrem schlecht, so dass ein Wachstumsring sehr selten ganz ausfällt.

Zweitens gibt es neben der Radiokarbon-Datierung (die bei weitem genau genug ist, um große Abweichungen der 1 Ring / Jahr - Regel gegebenenfalls zu erkennen bei mehrere 1 000 Jahre alten Bäumen - solche Abweichungen gibt es schlicht bei keiner jemals getesteten Probe, bzw. in seltenen abweichenden Fällen wurden bei den entsprechend sorgfältigen Reanalysen methodische Fehler der Erstanalyse aufgedeckt - diverse andere Beweise für die 1 Ring / Jahr -Regel: Historische Chroniken des Wetters und vor allem rein archäologisch-historisch datierte Zeugnisse die Bauholz enthalten. Von diesen gibt es derart viele, Größenordnung viele Millionen Artefakte von ausreichend dickem Holz (davon aber nur relativ wenige mit mehr als 1000 Jahren Alter), dass die Genauigkeit der Dendrochronologie insgesamt völlig außer Zweifel steht. Hinzu kommen außerdem Ereignisse wie Flächenbrände oder Naturkatastrophen, die in den regionalen Jahresringen erkennbar sind und deren Asche / Sedimente durch Vergleich mit Chroniken sowie geologische, z.B. mittels Isotopenanalyse ganz verschiedener Isotope, und biologische Datierungen (der Samen, Pollen) nochmal mehrere voneinander unabhängige Zeitskalen-Verifizierungen bereit stellen. Die insgesamt große Genauigkeit der Dendrochronologie (Genauigkeit +/- 0 Jahre, das heißt auf das Jahr genau bei Referenz-Schnitten auf bis zu 12 000 Jahre in die Vergangenheit) trifft aber unter Umständen nicht auf einzelne Proben zu, falls jene in dendrochronologisch zweifelhaftem Zustand sind: Z.B. geringe Anzahl an Ringen, schlechte Erhaltung der Probe, unbekannter geografischer Fundort (so dass der Vergleich mit anderen Proben uneindeutig ist, falls zudem die Ringzahl der Probe klein ist) o.ä.

Ich vergaß noch, dass es klimatische Archive aus Tropfsteinen gibt, deren Wachstum auf Niederschlagsperioden basiert sowie die Analyse von Temperatur-Jahresgang-Wellen aus Bohrkernen, die Analyse von Eisbohrkernen, an denen man anhand der Niederschlagsmuster ebenfalls Jahre abzählen kann und weitere Methoden. Alle diese Bohrkerne liefern unabhängige Datiermethoden über enthaltene radioaktive Isotope und bestätigen die sehr selten durchbrochene 1 Ring / Jahr - Regel der Dendrochronologie und stimmen außerdem mit der Ringdicke gut überein (wenig Niederschlag = dünner Ring). Die einzige Möglichkeit also, dass da irgendetwas nicht stimmt, wäre dass sowohl Bäume sich früher ganz anders verhalten hätten als in den letzten 100 Jahren und dass radioaktive Isotope sich früher ganz anders verhalten hätten. Zusammen mit geologischen und astronomischen Erkenntnissen ergäbe sich aber kein konsistentes Bild. Die Radioaktivität muss schon Milliarden von Jahren abgelaufen sein wie sie es heute tut. Außer falls Gott uns Menschen absichtlich täuschen wollte. Wenn er das aber unbedingt will, sollten wir seinem Willen folgen und das glauben, was er uns vorsetzt :wink:

Vielen Dank für die in meinen Augen äusserst qualifizierte Antwort, sie hat mir einige sehr brauchbare Argumente im Gespräch mit dem oben erwähnten Bekannten gebracht. Ein Glück das es gute Fachleute gibt!!!
Grüsse MAESSY!