Kann jemand mit bloß 1 falschen Zeugen jeden ins Gefängnis bringen?

Konkrete Vorfälle, die mir genannt wurden:
Ein Autofahrer nimmt 2 Teenagerinnen als Anhalter mit, nach eine Weile sagen die, dass sie an der Ecke raus wollen und außerdem vom Fahrer 50.- verlangen, andernfalls würden sie ihn wg. sex. Übergriffs anzeigen. So geschah es, der Fahrer erhielt eine Gefängnisstrafe ohne Bewährung!

Anderer Fall:
Man hört von Verkehrsunfällen, bei denen es nicht genügt, wenn das Opfer sich vor Ort einige Zeugenaussagen sichert, welche seine Unschuld belegen. Denn beim Prozess kommt der Schuldige mit noch mehr falschen Zeugen, denen man nicht nachweisen kann, dass ihre Aussagen unwahr sind.
Angeblich müsse der Richter, falls nicht weitere Indizien oder Beweise vorliegen, der Partei, die mehr Zeugen benennen kann, rechtgeben!

Wirklich?

  • Genügt es, wenn sich 2 Personen geschickt eine gemeinsame, erfundene, nicht widerlegbare Geschichte/Verbrechen ausdenken, um jeden beliebigen ins Gefängnis zu bringen?
  • Entscheiden Richter bei sich widersprechenden Zeugenaussagen, falls nicht andere Indizien oder Beweise vorliegen, tatsächlich oft bis immer zugunsten derjenigen Prozesspartei, die numerisch mehr Zeugen anführt?

Hallo,

Nein.

Nein.

Grüße
Pierre

4 Like

Wieviele wahre oder falsche Zeugen sind denn nötig,
falls nicht weitere Indizien oder Beweise vorliegen,

  • um bei einem realen Verbrechen die Verurteilung des Täters zu erreichen?
  • bei einem nur fiktiven Verbrechen eine Verurteilung eines Unschuldigen zu erreichen?

und damit ist anompfirsich bereits alles gesagt.

Schöne Grüße

MM

2 Like

Deine Fragen lassen sich nicht pauschal beantworten. Denn jeder Rechtsfall ist völlig einzigartig.

Wenn ein Richter Deine 20 angeblichen Zeugen für völlig unglaubwürdig hält, sich deren Aussagen und Deine alle gegenseitig widersprechen, dann kann unter Umständen ich den Fall auch ohne einen einzigen Zeugen gewinnen, nur weil er meine Schilderung für deutlich glaubwürdiger hält.

3 Like

Ist es bei den 2 genannten Fällen, bei denen keine weiteren Indizien, Beweise o. dgl. vorliegen, wirklich so, dass der Richter nur nach Plausibilität entscheiden darf?
Dann können 2 raffinierte, übereinstimmende Lügner, die Ort und Tat geschickt fingieren, schon genügen, um jeden beliebigen ins Gefängnis zu bringen?

Ja. Das ist sein Job.

So pauschal wie Deine Frage ist, muss man sie pauschal mit Nein beantworten.

Etwas weniger pauschal: es gab, gibt und wird es weiterhin geben: Fälle, in denen Menschen vor Gericht Falschaussagen machen und andere Menschen zu Unrecht ins Gefängnis kommen.

2 Like

Vor Gericht wird gelogen, dass sich die Balken biegen. Das erkennt man schon daran, dass zwar der erste Zeuge sehr überzeugend spricht, dass der zweite aber genauso überzeugend das glatte Gegenteil behauptet.

Das ist ziemlich genau das Gegenteil der Realität. Es gibt bei der Beweiswürdigung gerade keine Formeln. Vielmehr gilt die sogenannte freie Überzeugung des Gerichts. Dazu heißt es für das Strafverfahren in § 261 StPO:

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

Für den Zivilprozess sagt § 286 ZPO:

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

Das kann genügen, ja. Ein Brotmesser kann ja auch genügen, einen Mord zu begehen. Und wie wir im Fall eines berühmten Wettermoderators gelernt haben, führt selbst die nachgewiesene Falschbeschuldigung keineswegs zwingend zu einer Bestrafung.

7 Like

Das ist definitiv falsch.

3 Like

Überschätze nicht die Erinnerungsfähigkeit von Menschen. Beide können sehr überzeugt sein, die Wahrheit zu sprechen (sie lügen nicht), aber sich falsch erinnern. Sie irren einfach.
Also nicht immer (!) das Böse vermuten …

2 Like

Als Berufs-Jurist und Hobby-Historiker bin ich mir des Problems der Erinnerungsfehler durchaus bewusst, obwohl ich Frieds „Der Schleier der Erinnerung“ noch nicht gelesen habe. Schon als Kind wurde ich Opfer eines „Knallzeugen“, der nicht gesehen haben konnte, was er zu sehen gehabt glaubte, weil es so halt nicht geschehen war. Für meine insofern missverständliche Formulierung bitte ich um Nachsicht.

4 Like

Was willst Du jetzt hören? Ja, das kann alles passieren und passiert auch, die Welt ist böse, die Justiz ungerecht und dumm, … Das ist das Ende! Wir werden alle sterben!

Sorry, aber dein Einstieg in das Thema ist schon wirklich schräg. Glaubst Du wirklich, dass Juristen bis zum Richteramt eine der langwierigsten und anspruchsvollsten Ausbildungen machen, die man in Deutschland so machen kann, nur um dann hinterher die Zeugenaussagen einfach nur abzuzählen? Siehst Du in Richtern nur strunzdoofe Gestalten, die keinerlei Lebens- und Berufserfahrung sammeln und haben, und die sich deshalb von jeder auch noch so dummen abgesprochenen Geschichte aufs Eis führen lassen? Sind Staats- und Rechtsanwälte deines Erachtens auch nur Staffage im Gerichtssaal, damit es „würdig aussieht“, die aber keinerlei wirkliche Funktion haben, wie z.B. mal Zeugen so richtig in die Mangel zu nehmen, denen sie eine zu gute Geschichte nicht abnehmen? Dient ein Instanzenzug mit immer umfangreicher besetzten Spruchkörpern auch nur für imposante Fernsehbilder?

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung ist alles andere als ein „netter Spruch“. Der Spruchkörper muss vielmehr aus allen vorliegenden Beweismitteln und in der Gesamtschau aller Aspekte für eine Verurteilung zu der Überzeugung gelangen, dass keine vernünftigen Zweifel daran bestehen, dass sich ein Lebenssachverhalt so zugetragen hat, dass die angeklagte strafbare Handlung vom Täter verwirklich worden ist. Zehn Zeugenaussagen, die zu gut sind, um wahr zu sein, weil sie unnatürlich exakt sind und in wesentlichen Details übereinstimmen, aber in weiteren Teilaspekten vollkommen auseinander fallen, können dabei mit einem Wisch vom Richtertisch gefegt werden, wenn der Spruchkörper zu der Überzeugung gelangt ist, dass es sich hier um abgesprochene Falschaussagen gehandelt hat. Er kann sich statt dessen auf eine einzige vollkommen in eine andere Richtung gehende Aussage stützen, die z.B. auch zu anderen Beweismitteln passt, … Das wird und muss dann auch im Urteil genau so stehen, damit es ggf. in einer höheren Instanz auf genau dieser Grundlage angegriffen werden kann!

Und alle beteiligten Profis kennen das Spiel mit abgesprochenen Zeugenaussagen, und wie man denen auf den Grund kommt (s.o.) nur zu gut, und wissen damit umzugehen. Im Zweifelsfall wird dann eben zugunsten des Angeklagten entschieden, wenn erhebliche Zweifel bestehen, eine Verurteilung angemessen auf Grundlage der Ergebnisse der Beweisaufnahme begründen zu können.

Insoweit funktioniert das System grundsätzlich gut und zuverlässig. Man muss aber nun einmal akzeptieren, dass darin nun einmal Menschen arbeiten, die individuell entscheiden, andere Menschen Dinge anders sehen können und niemand davor gefeit ist, auch mal erfolgreich aufs Glatteis geführt zu werden. Und daran kann man grundsätzlich auch nichts ändern. Aber insbesondere der Instanzenzug sorgt für eine „Qualitätssicherung“, die es außerhalb der Rechtsprechung kaum in dem Maße gibt.

4 Like

Hallo @Wiz,

schau Dir seine anderen zwei Threads an und Du wirst feststellen, daß nur interessiert, was die eigene Sichtweise bestätigt.

&tschüß
Wolfgang

1 Like

Ich denke je mehr Zeugen desto größer die Gefahr dass das auffliegt. Ein gewiefter RA wir jeden so lange und geschickt befragen bis genug Widersprüche für erhebliche Zweifel sorgen. Die Richter sind auch nicht so doof dass die nicht merken was da läuft. Bei denen Beispielen würde eine Dashcam übrigens für Klarheit sorgen.