Lieber TTheTim
Um Deine Frage klären zu können müsste einiges eindeutiger formuliert sein: Eine Handbewegung ist eine motorische Operation, bei der bestimmte Muskeln kontrahiert werden. Die kleinste motorische Operation ist ein Akt, welcher jedoch nie isoliert vorkommt sondern immer kombiniert mit andern Akten. Vermutlich meinst Du also eher eine Handlung wenn Du Bewegung schreibst. Eine Handlung ist ein System von Akten, d.h. bereits eine relativ komplexe motorische Operation. Soviel zur biomechanischen Klärung.
Einer ganz anderen Klasse von Prozessen sind jene zuzurechnen, welche im Gehirn ablaufen, damit sich die Hand bewegt, nämlich neulonale Prozesse. Diese sind biochemische Prozesse im Zentralnervensystem. Zentral sind dabei jene neuronalen Prozesse, welche die relativ komplexe motorische Operation auslösen und steuern. Daneben gibt es auch neuronale Prozesse bis hinein in die peripheren Nerven, die dafür sorgen, dass die Steuerungssignale die entsprechenden Muskeln reizen. Soweit stark vereinfacht dargestellt wie motorische Operationen gesteuert werden. Nun ist es jedoch nicht so, dass Bewegungen so simpel gesteuert werden, denn auf diese Weise wäre die subtile Steuerung von Bewegungen bei z.B. Tanz oder Sport usw. nicht möglich, ja wir wären vermutlich nicht einmal in der Lage zu stehen und zu gehen. Dazu muss unser Organismus auch Prozesse z.B. im Gleichgewichtsrezeptor (Sinnesorgan im Innenohr/Labyrinth) neuronal in die Bewegungssteuerung integrieren. Sobald wir Bewegungen ausführen, die durch Wiederholungen (Üben/Training) mehr oder weniger routiniet sind, greift die Bewegungssteuerung zusätzlich auf unsere Erinnerung zurück. Die Bewegungssteuerung erfolgt dann (sehr vereinfacht formuliert) so, dass im Gehirn ein zu erwartender Körperzustand antipiziert wird und sich die Steuerung darauf beschränkt, Abweichungen von diesem Zustand zu korrigieren. Dies entspricht dem Bestreben des Organismus, die Gehirntätigkeit, welche extrem viel Energie verbraucht, möglichst sparsam zu betreiben. Dass das alles mehrheitlich unbewusst erfolgt, entspringt ebenfalls diesem Effizienzprinzip, denn Bewustseinsprozesse sind dann noch zusätzliche Prozesse in einem weiteren Gehirnareal. Das kannst Du selbst ausprobieren, wenn Du versuchst z.B. beim Fahrradfahren alle Deine Bewegungen bewusst zu halten - vermutlich wirst Du stürzen.
Jetzt jedoch zum Kern Deiner Frage: Was meinst Du mit „messen“ einer Handbewegung? Da ist einmal die dreidimensionale und zeitliche Vermessung der motorischen Operation und weiters die „Vermessung“ der neuronalen Prozesse. Solche Vermessungen finden z.B. mit bildgebenden Verfahren statt, mit denen bildlich dargestellt werden kann in welchen Gehirnregionen erhöhte Aktivitäten stattfinden. Oder es können die Signale gemessen werden, die über die Nerven an die Muskeln weitergeleitet werden. In der Humanmedizin/Neurobiologie macht man sich solche Untersuchungen und entsprechendes Theoriewissen zu nutze, um z.B. die Steuerung von künstlichen Prothesen bei versehrten Menschen zu verbessern.
Du fragst, ob wir meinen können, die Hand bewegt zu haben, ohne dass wir dies wirklich taten. „Meinen“ können wir grundsätzlich alles, mit konkreten Ereignissen in uns und um uns muss das gar nichts zu tun haben. Meinen ist vielleicht aber nicht das, was Du ansprechen willst - möglicherweise hast Du an „erleben“ gedacht. Es ist jedoch auch so, dass wir z.B. eine Handbewegung erleben können, indem unser Gehirn sich an diese Handbewegung - die wir so oft ausgeführt haben - erinnert, jedoch damit nicht die Signale des gegenwärtigen Zustands der Hand koppelt. Dann erleben wir die Handbewegung so, als ob wir sie auch ausführten.
Ich hoffe, das was ich hier schreibe hat etwas mit dem zu tun, was Du wissen willst. Falls ja, kann ich Dir ein (mittlerweile schon etwas älteres, dafür sehr gut verständliches) Buch zur Lektüre empfehlen:
Roth, G. (2003). Fühlen, Denken, Handeln. Wie das Gehirn unser Verhalten steuert. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Liebe Grüsse
Esco