Westliche Ideale vs. chinesische Mentalität
Hi Kate.
Es ging mir nicht primär darum,
_dass_ Kant Freiheit mit Anarchie frei setzt - darum kam es
mir ja komisch vor
Wie gesagt: der philosophische Anarchiebegriff ist nicht so banal, wie seine - sagen wir mal - ideologische Verwendung (Anarchie=Chaos, angerichtet durch bombenwerfende Rasputins) uns das weismachen will. Ich zitiere auf die Schnelle Prof. Wiki (Anarchie):
„… sind bestimmte Machtverhältnisse wie die Beeinflussung durch freiwillig angenommene Autoritäten (Mentoren, Trainer, Berater, etc.) mit Anarchie vereinbar, werden aber nicht durch Repression erzwungen. Insbesondere existiert in Anarchien keine lenkende Zentralgewalt, also kein Staat. Bekannte Anarchien sind dennoch von sozialen Normen und Regeln geprägt, unter anderem zur institutionalisierten Abwehr der Entstehung von Herrschaft.“
sondern der Autor des Buches scheint von
Freiheit = Anarchie auszugehen, da er an vielen Stellen die
Kontrollmechanismen Chinas verteidigt indem er so tut, als
würde ein Quäntchen Freiheit zum totalen Chaos führen, und
dies untermauert er mit Kant.
Mir liegt jetzt nur die Google-Fassung des Buches vor, die nicht alle Seiten enthält. Der Begriff „Anarchie“ taucht im kompletten Buch überhaupt nur ein einziges Mal auf (Seite 124). Kant wird ganze 5 Mal erwähnt (laut Namensverzeichnis), 3 dieser Stellen habe ich gelesen, und aus ihnen ist überhaupt nicht ersichtlich, was du dem Autor unterstellst. Vielleicht kannst du ja eine Stelle zitieren, die das zeigt, was du meinst.
Ich glaube nicht, dass der Autor Chinas gegenwärtiges Brutalregime (nach unseren westlichen Maßstäben ist es das) eins zu eins verteidigen möchte. Er argumentiert mehr in die Richtung, dass in China ein entscheidend großer Teil der Bevölkerung eine starke staatliche Kontrolle befürwortet bzw. ersehnt.
Der Autor zitiert auf Seite 10 meinen Namensvetter (Tran=Chan), den Filmstar Jackie Chan (von chinesischen Menschenrechtlern deswegen kritisiert): „Ich habe mehr und mehr das Gefühl, dass wir kontrolliert werden müssen. Wenn wir nicht überwacht werden, tun wir doch, was wir wollen“. Der Autor nennt dies „eine weit verbreitete Ansicht“.
In der Buchwerbung des Verlags heißt es: „Die freiheitlichen Ideale des Westens erschüttern die traditionellen chinesischen Ordnungsmuster. Dass sich Individualität in China nur mit Rücksicht auf ein ausgeprägtes Harmoniebedürfnis entfalten darf, lässt sich auf der geistigen und politischen Geschichte des Landes erklären.“
Am Ende des Buches heißt es: „An Demokratie ist in naher Zukunft nicht zu denken. Es könnte aber sein, dass sich die Freiheitsspielräume in China dennoch vergrößern und am Ende die Zentralisierung nur noch für den Rahmen zuständig ist, den jedes gedeihliche Zusammenleben eines Volkes von fast eineinhalb Milliarden Menschen braucht.“
Gruß
Horst