Kants Moralphilosohie (GMS, KpV)

Hallo Ihr Lieben,

ich beschäftige mich gerade mit der Moralphilosophie Kants. Dabei drängt sich mir die Frage auf, ob eine Moralphilosophie, die gänzlich a priori, also frei von aller Erfahrung ist, in der Praxis wirklich Bestand hat?
Folgendes Beispiel will ich hier mal vorbringen: stellen wir uns mal Kaspar Hauser vor, der bis zum 18. Lebensjahr im Keller lebte und nun in die reale Welt entlassen wird, keinerlei Wissen/Erfahrungen über die in einer Gesellschaft geltenden Regeln und Normen hat bzw. nicht unbedingt einmal ein Rechts- bzw. Unrechtsbewusstsein besitzt, ist es für einen solchen Menschen wirklich möglich, Kants kategorischem Imperativ Folge zu leisten, nur allein weil er ein Vernunftwesen ist? Kann er einen solchen überhaupt formulieren?

Hi.

Dabei drängt sich mir die Frage auf, ob eine Moralphilosophie,
die gänzlich a priori, also frei von aller Erfahrung ist,

Hier muss man heute erst zwischen ontogenetisches und phylogenetisches a priori unterscheiden.
Der Grund der Moral ist angeboren, somit ontogenetisch a priori. Das kann man heute klar zeigen.

Das konnte Kant noch nicht wissen. Er hat leider von den Naturwissenschaften nicht viel gehalten und sogar Newton falsch verstanden.
Er erwähnt am Rande das zwar als denk möglich (wie auch die Evolution) aber er lehnt es ab weil nach seiner Meinung nicht beweisbar und somit nicht weiterführend.

Balázs

Onto und Phylo?

Hier muss man heute erst zwischen ontogenetisches und
phylogenetisches a priori unterscheiden.
Der Grund der Moral ist angeboren, somit ontogenetisch a
priori. Das kann man heute klar zeigen.

Wo ist der wesentlich Unterschied von Onto und Phylo? Meinst du mit dem Letzterem die Philosophie? Was hätte das dann mit Genetik zu tun, bitte erzähl mal, Balzac. Danke für Erzählung.
Punk-Evchen

Hier muss man heute erst zwischen ontogenetisches und
phylogenetisches a priori unterscheiden.
Der Grund der Moral ist angeboren, somit ontogenetisch a
priori. Das kann man heute klar zeigen.

Wo ist der wesentlich Unterschied von Onto und Phylo?

Hmm, schwere Frage, wirklich.
Und die Tante konnte da wirklich nicht helfen?

Meinst
du mit dem Letzterem die Philosophie?

Wie kommst du darauf?

Was hätte das dann mit
Genetik zu tun, bitte erzähl mal, Balzac.

Aber gern, die Philo nur indirekt das genannte a priori dafür direkt.

Danke für Erzählung.

Bitte, gern geschechen.

Punk-Evchen

Der ich die Lektüre von Gerhard Vollmer Werke über das Thema warm empfehle.

Balázs

Die Grenzen der NaWi - Folge 256
Hi Balazs.

Der Grund der Moral ist angeboren, somit ontogenetisch a priori. Das kann man heute klar zeigen.

„Grund der Moral“ und Moral - das ist nicht dasselbe. Bitte präzisieren.

Das konnte Kant noch nicht wissen. Er hat leider von den Naturwissenschaften nicht viel gehalten und sogar Newton falsch verstanden.

NaWi ist eine feine Sache, aber man sollte sie nicht verabsolutieren. Es gibt Dinge, darunter die wichtigsten, die kann die NaWi nicht mal im Ansatz erklären, auch wenn es per logischer Verrenkung manchmal versucht wird. Natürlich wissen das auch viele NaWis, es sind also nicht alle NaWis reduktionistische Troglodyten.

Punk-Evchens Irritation betr. deines Statement zu onto- und phylogenetischen Aspekten der Moral ist nachvollziehbar. Wenn du den „Grund der Moral“ für angeboren hältst (was gewiss diskutabel ist), dann ist er ein phylogentischer. Ontogenese ist eher Freuds Ansatz, der Moral als Verinnerlichung elterlicher Regeln definiert. Ich meine, dass beide Aspekte eine Rolle spielen. Der Widerspruch löst sich auf, wenn man phylogenetische Instinkte (auf die du wahrscheinlich als „Grund der Moral“ anspielst) als Voraussetzung für die ontogenetische Ausbildung von Moral annimmt.

Chan

Hi.

Dabei drängt sich mir die Frage auf, ob eine Moralphilosophie, die gänzlich a priori, also frei von aller Erfahrung ist, in der Praxis wirklich Bestand hat?

Moral ist für Kant keine Sache eines apriorischen Wissens, vielmehr ist der Kategorische Imperativ, die Basis für moralische Entscheidungen, ein rein formales Kalkül, das der Mensch mit lebendigem Inhalt (also moralischen Entscheidungen) zu konkretisieren hat. Natürlich geht das nicht ohne Lebenserfahrung (= Empirie). Dein Kaspar-Hauser-Beispiel hat als Gegenargument keine Relevanz. Er war sicher nicht bar jeder Vernunftkompetenz, also kein irrer Wilder ohne jeden Sinn für das Logische. Und Logik ist genau das, was den KI ausmacht. Freilich kann diese Logik in kunterbunter Vielfalt ausgelegt werden, es kommt nur auf die kontextuellen Definitionen an. Definiert man z.B. bestimmte Ethnien oder Gesellschaftsmitglieder als Nicht- bzw. Untermenschen, dann ist der KI mit der Forderung nach ihrer Auslöschung vereinbar, da der KI ja nur für „vollwertige“ Menschen gilt…

Chan

Hi Ch´an

Der Grund der Moral ist angeboren, somit ontogenetisch a priori. Das kann man heute klar zeigen.

„Grund der Moral“ und Moral - das ist nicht dasselbe. Bitte
präzisieren.

Gern:smile:
Erlaube mir hier eine Analogie; Elementarlogik-Logik.
Welche ihre „Grundsteine“ schon in der genetischen Code und ab wann eingeschrieben sind ist bei der Logik schon klar und die Entstehung ihre darauf bauenden Teile (nicht angeborene) ist experimentell verfolgbar sogar weit unter den Primaten.Mann sieht klar das da unter geeigneten Umständen ein Lernprozess, vielleicht besser ein Aufbauprozess ablauft.
Über die Moral bzw. über ihren angeborenen Teile ist auf dieser Weise (Experiment) auch eine Menge bekannt geworden.
Hier geht es schon lange nicht darum als ob, sondern was da alles noch angeboren ist und das warum.

Das konnte Kant noch nicht wissen. Er hat leider von den Naturwissenschaften nicht viel gehalten und sogar Newton falsch verstanden.

NaWi ist eine feine Sache, aber man sollte sie nicht
verabsolutieren.

Wer tut das wer noch beim Trost ist?:smile:
Benutzen darf man sie aber wohl grenzenlos oder?
Was sonst haben wir anderes, verlässlicheres, intersubjektiveres auf „Erkenntnis“ zu kommen?

Es gibt Dinge, darunter die wichtigsten,

Was sind diese?

die kann die NaWi nicht mal im Ansatz erklären, auch wenn es per
logischer Verrenkung manchmal versucht wird.

Sicher gibt es eine Menge die mit dem heutigen Zustand unseren Denkapparates schon prinzipiell nicht klär bar sind. Daher maßt sich die NaWi. an dieses wirkliche Problem nüchtern unter die Lupe zu nähmen und nach Denkzeugen Ausschau halten die da etwas uns weiterhelfen könnten statt den immer und überall als Ausweg propagierten Glaube an egal was als Heilmittel zu akzeptieren.
Man fand nötig selbst das vorhandenes Denkapparat mal näher zu betrachten, prüfen. testen.
Und da kommen leider Hiobsbotschaften auf uns fast täglich zu.
Sieht nicht rosig aus mit dem:smile:

Natürlich wissen das auch viele NaWis, es sind also nicht alle NaWis
reduktionistische Troglodyten.

Klar. Aber unser Vorstellungsraum ist glücklicherweise fast unbegrenzt.
Das ist was mir auch begründete Hoffnung macht.
Das macht aber den Satz (Dogma) der insulanen Philosophie noch lange nicht obsolet wonach die Prüfung des Puddings das essen ist:smile:
Daran sollen wir uns noch vorerst festhalten, oder?

Punk-Evchens Irritation betr. deines Statement zu onto- und
phylogenetischen Aspekten der Moral ist nachvollziehbar.

Das könnte zutreffen und wäre nicht weiter schlimm.
Nachzulesen hätte sie aber leicht können zumal sie sollte was über Kants a priori referieren nicht ich:smile:

Wie du merken konntest ich habe nicht mal auf ihre Provinzhumor reagiert (bis jetzt:smile:
Daran bin ich schon gewohnt, nicht sie ist der Erster dem nichts was besseres einfiel.
Wollte halt abwarten.

Wenn du den „Grund der Moral“ für angeboren hältst (was gewiss
diskutabel ist),

Nicht nur das. Klar und unmissverständlich zeig bar.

dann ist er ein phylogentischer. Ontogenese

Ja alles zeigt darauf hin und nichts dagegen.

ist eher Freuds Ansatz, der Moral als Verinnerlichung
elterlicher Regeln definiert.

Sehr weit entfernte Vorfahren und unmittelbare Eltern. Er wusste auch noch nicht über die Experimente oder hielt sie (Konrad Lorenz) nur nicht für Stichhaltig genug.
Offensichtlich geht er noch von „Tabula rasa“ aus.
Und denkt sie als Ergebnis eines reinen Lernprozesses (was ja teilweise auch stimmt)

Ich meine, dass beide Aspekte eine Rolle spielen.

Sicher, aber die Reihenfolge ist worüber wir hier einig werden sollten.
Die Analogie mit der Logik ist hier ja eher schon eine satte Isomorphie:smile:

Der Widerspruch löst sich auf, wenn man
phylogenetische Instinkte

Handlungsanweisungen für (phylogenetisch) bekannte Situationen wäre treffender.

(auf die du wahrscheinlich als
„Grund der Moral“ anspielst) als Voraussetzung für die
ontogenetische Ausbildung von Moral annimmt.

Ja, so ist es bzw. war gemeint meinerseits.

Und das ist unser großes Problem heute.
Die angeborene Teile (seien sie auch was auch immer ) langen offensichtlich nicht für die immer (exponentiell) komplexer werdende Probleme befriedigend zu lösen.
Man sieht ein, dass die Evoution da nicht mit der Geschwindigkeit mithalten in der Lage ist.
Deshalb arbeitet man an ihre mögliche Erweiterung seit dem goldenen Satz der ja nur ein angeborenen Aspekt als Tatsache feststellt.
Schon Kant zeigt seine Schwäche deutlich auf und das gerade animiert ihn sie zu eliminieren versuchen. Aber das geht ja weiter mit der Spieltheorie.
Wann, wenn, vor allem wie und ob überhaupt die Erweiterungen in die Code kommen ist eine ganz andere Frage, aber für mich die entschiedene:smile:
So lange aber müssen wir sie einzeln, mühsam und persönlich lernen, sie gemeinsam mithilfe der Vernunft gestalten.

Chan

Balázs

Interessant ist doch letztlich der ewige (scheinbare) Konflikt zwischen Nawis und Gewis, wobei man Erkenntnisse stets versucht, zu absolutieren. Das läuft dann da hinaus, dass „alles“ in die Weltanschauung der einen Seite hineingepackt wird und „alles“ in die andere Weltanschauung hineingezogen wird. Bleibt immer das Problem, ob man als Metaphysik die mechanistische Materie oder den spirituellen Geist zugrundelegt. Man kann SÄMTLICHE Erkenntnisse in eine von diesen beiden unversöhnlichen Gegensätze rein interpretieren. Ich verabsolutiere das mal, nach der Nawi, die Folgendes glaubt: ALLES ist durch die Natur evolutionär bedingt, also ist die Kultur ebenfalls nur naturwissenschaftlich zu begreifen.

Dagegen haben die Nawis ein erhebliches Problem, das sie ausblenden müssen, damit ihr Glaube funktioniert. Das Problem, das ich meine, ist das, was Kant mit a’ priori nämlich grundsätzlich gemeint hat-, dass die Nawi ja immer auf die Kultur angewiesen ist, wenn sie kommuniziert. Die Sprache, ohne die die Nawi nichts sagen könnte (und sie hat ja das größte Bedürfnis, ihr Wissen der ganzen Menschheit mitzuteilen), ist immer kulturell, und ohne die ist überhaupt nichts zu kommunizieren. Also lässt sich die ABSOLUTHEIT, mit der die Nawi ihr Wissen verbreitet, auch umdrehen von der Gewi, in dem auch die Nawi nichts anderes ist als im Grunde genommen „nur“ Geistes- bzw. Kulturwissenschaft.

(Zu deiner Bemerkung, lieber Balazs, dass mir in meinem „Provinzhumor“ nichts anderes einfiel, als nur der französische Romanschriftsteller Honoré de Balzac und dessen zum Teil schlüpfrigem NATURALISMUS, will ich nichts weiter sagen, da ich noch am Lernen bin. Ich hoffe aber, dass dies eines Tages reifere Früchte bringt, um in diesem Forum zu bestehen).
Punk-Evchen

Interessant ist doch letztlich der ewige (scheinbare) Konflikt
zwischen Nawis und Gewis,

Dass dir die paar Tausend Jahre noch als ewig erscheinen kann ich gut verstehen.

wobei man Erkenntnisse stets
versucht, zu absolutieren.

Ja, das ist offensichtlich in unser Natur (Ph. a priorie:smile:. Sicherheit muss her und das aber dali,dali:smile:
Obwohl schon Xenophanes uns eindringlich gemahnt hat. Aber wer las ihn, bzw. wer hatte dazu überhaupt die Möglichkeit geschweige kritisch nachzudenken gar ihn zu verstehen?
Gute Nachricht ist aber, dass heute zumindest die Möglichkeit kein Problem mehr ist.

Das läuft dann da hinaus, dass
„alles“ in die Weltanschauung der einen Seite hineingepackt
wird und „alles“ in die andere Weltanschauung hineingezogen
wird.

Lief darauf hinaus:smile:

Bleibt immer das Problem, ob man als Metaphysik die
mechanistische Materie oder den spirituellen Geist
zugrundelegt.

Ad Acta. Nur merken das noch viele nicht. Etwas Geduld.

Man kann SÄMTLICHE Erkenntnisse in eine von
diesen beiden unversöhnlichen Gegensätze rein interpretieren.

Interpretieren nicht. Mit Gewalt. bzw. Wunschdenken hineinzwingen wollen.

Ich verabsolutiere das mal, nach der Nawi, die Folgendes
glaubt: ALLES ist durch die Natur evolutionär bedingt, also
ist die Kultur ebenfalls nur naturwissenschaftlich zu
begreifen.

Erst Natur bombenfest definieren.
Wie sollte das aber ohne NaWi. gehen? Dein Vorschlag?:smile:

Dagegen haben die Nawis ein erhebliches Problem,

Soweit stimmt.

das sie ausblenden müssen, damit ihr Glaube funktioniert.

Das stimmt nicht.
Man hat schon lange den Gummibegriff aus dem Wörterbuch getilgt bzw. ihn präzisiert.
Wenn der NaWi. ihn trotzdem benutzt meint was ganz anderes darunter als der Gläubiger.

Das Problem,
das ich meine, ist das, was Kant mit a’ priori nämlich
grundsätzlich gemeint hat-,

Verwechselst du hier nicht (im Eifer des Gefechtes) sein „Ding an sich“ mit seinem a priorie?:smile:

Die Sprache, ohne die die Nawi nichts sagen könnte (und sie hat ja das
größte Bedürfnis, ihr Wissen der ganzen Menschheit
mitzuteilen), ist immer kulturell, und ohne die ist überhaupt
nichts zu kommunizieren.

Nun dem NaWi. ist schon lange bewusst was uns die argumentative Sprache brachte, das war der Durchbruch.
Und das auch wo ihre Grenze ist. Daher sucht sie nach den nächsten, vergleichbaren, qualitativen Sprung. Gute prinzipiell machbare Ansätze sind da und schon in Angriff genommen ohne, dass das geehrte Publikum von der Reichweite Kenntnis nahm.
Das kommt aber noch wie das Ammen in der Kirche:smile:
Bei dem Gläubigen scheint das noch nicht ganz der Fall zu sein:smile:

Also lässt sich die ABSOLUTHEIT, mit
der die Nawi ihr Wissen verbreitet,

Tut sie das wirklich? Wo?
Sie bemüht sich um Theorien. Und kann zeigen, dass sie für uns Menschen die letzte erreichbare Stufe ist auf dem Weg zum Erkenntnis.

auch umdrehen von der
Gewi, in dem auch die Nawi nichts anderes ist als im Grunde
genommen „nur“ Geistes- bzw. Kulturwissenschaft.

Wenn einer Gewissheit/Priorität beansprucht, dann ist das die Gewi:smile:
Erst lernt sie langsam begreifen/wahrzunehmen, dass sie ohne den Stand der NaWi. einbeziehen immer arg daneben lag.
Die Liste ist lang. Kant ist vielleicht das beste Beispiel dafür. Er war zwar ein außerordentlich scharfer Denker aber was ist von ihm heute als gesichert übriggeblieben?
Das Ding an sich und die erkenntnisstiftenden Kategorien (zwar nicht genau die was er akribisch aufzählt:smile:.
Beide waren aber schon lange vor ihm intuitiv bekannt, für evident und daher nicht weiter für erläuterungsbedürftig gehalten. (Xenophanes, Aristoteles)
Sein unvergessliches Verdienst ist diese uns kristallklar zu zeigen.
Er war ein Gigant.

(Zu deiner Bemerkung,

Bedenke; ich leide schon lange an Altersmilde:smile:)

Aber der Humor ist für mich ein sehr ernsthafte Angelegenheit (steht ja ganz oben in der Liste der Merkmalen der Intelligenz:smile:)) wo ich keinen Spaß verstehen kann, sry:smile:

: Ich hoffe aber, dass dies

eines Tages reifere Früchte bringt, um in diesem Forum zu
bestehen).

Und das wird wie ich das wähne und auch hoffe, daher deine aufrechte Bemühungen schon voraus honorieren muss:smile:

Punk-Evchen

Dein Balsac