Hai, Paruna,
Du schreibst leider nirgendwo Dein Alter - wäre schön, wenn Du das mal kundtun könntest…
kann mir einer von Euch etwas zum Thema Karma und
Kurzfassung: Karma ist eine Variante zum Thema Schicksal - allerdings nicht, wie es in unserem Kulturkreis verstanden wird, als blind zuschlagende Macht, die willkürlich Gutes und Schlechtes verteilt, sondern als Bürde, die im Zuge der ständigen Wiedergeburt, von einem Leben ins nächste geschleppt wird. Hast Du also im letzten Leben alles „richtig“ gemacht, dann hast Du in diesem Leben ein gutes Karma, hast Du alles mögliche „falsch“ gemacht, dann hast Du ein schlechtes Karma und jede Menge Probleme in diesem Leben (richtig und falsch stehen in Anführungszeichen, weil das äußerst glaubensabhängig ist).
Karmatherapie sagen?
Hierzu fällt mir nur Lästerliches ein…
Gibt es Erfahrungsberichte, die Ihr mir
mitteilen könntet?
Nein, sowas hab ich auch nicht, aber zu dem Rest kann ich was sagen:
Meine Oma hat meiner Mutter eingeredet,
ihr Mann wäre nicht ehrlich, würde sich nicht um mich kümmern.
Deine Oma hat also in die Ehe Deiner Eltern reingeredet und, grob ausgedrückt, versucht, einen Keil zwischen sie zu treiben… Kinder, selbst, wenn sie selbst noch nicht richtig sprechen können, bekommen solche Dinge sehr genau mit. Das bedeutet, daß Du als kleines Kind mitbekommen hast, daß Deine Oma Deinen Vater für einen schlechten Menschen gehalten hat und (hier wage ich mal 'ne Vermutung) Deine Mutter hat dem scheinbar nicht entschieden widersprochen. Du, so als kleines Kind, konntest diese Wertung nicht mit eigenen Erfahrungen abgleichen, d.h. zwei zu eins gegen Deinen Vater und Du hast Dich - konntest Dich nur - dem anschließen.
Als gerade sprechen konnte, habe ich gefragt, was ich machen
könnte, um lieber zu sein.
Dieser Satz (plus dem Wissen, daß kleine Kinder dazu neigen, sich schuldig zu fühlen, wenn sie zum Mittelpunkt, oder auch nur zum Mittel zum Zweck, einer Streitigkeit werden) bestärkt mich in der Überzeugung, daß Du die Probleme ausbadest, die Deine Oma mit ihrem Schwiegersohn hatte.
da ich Ängste seit
früher Kindheit habe (wie z.B. Angst vor Entführung u.ä), bin
ich unerklärlicherweise immer gegen alles das, was mein Vater
sagt, macht und voll auf Distanz zu ihm, was mir selber leid
tut. Als Kleinkind wollte ich mir schon nicht die Schuhe von
ihm zubinden lassen.
Wenn man bedenkt, daß Kinder noch ein recht einfaches Verständnis von Gut und Böse haben, dann ist da überhaupt nichts unerklärlich - zwei Menschen, denen Du absolut vertrautest, haben gesagt (oder wenigstens nicht widersprochen), daß der Dritte schlecht wäre, gleichzeitig wurde Dir dauernd gesagt, daß „…Du Dich nicht so anstellen sollst, ist doch Dein Vater…“ - wunderst Du Dich wirklich darüber, daß Du Ängste entwickelt hast?
Meine Mutter hat die Idee gehabt, mich
zu solch einer Therapeutin zu schicken,
Wie gesagt - Dein Alter wäre interessant…
Deine Mutter scheint beim Anblick von Hufspuren ein grünes Zebra zu suchen, um zu vermeiden zuzugeben, daß es sich um das Pferd handelt, daß sie hat entlaufen lassen…
Anders ausgedrückt: hier wird etwas auf Dein Karma geschoben, also auf Dein Fehlverhalten in einem früheren Leben, was offensichtlich die Ursache im innerfamiliären Streß hat. Nicht irgendein obskures Karma macht Dir die Ängste, sondern Deine Eltern und Deine Oma haben, schlicht und ergreifend, was falsch gemacht, haben Dich mit ihren Problemen belastet und Dich als Waffe in ihren Streitigkeiten eingesetzt und jetzt, wo Du mit diesen Altlasten zu kämpfen hast, wird nicht etwa zugegeben, daß was falsch gelaufen ist (schließlich kann jeder Fehler machen), sondern Du sollst in Therapie, weil Dein Karma daran schuld ist - bloß nicht sagen: „Kind, wir haben Fehler gemacht…“, bloß nicht zugeben, daß man nicht perfekt ist… Es ist eben leichter, auch die restliche Last einfach auf Dir abzuladen… (BTW: es macht mich ziemlich sauer, wenn Eltern ihre Probleme einfach auf ihre Kinder abwälzen, weil sie selbst zu feige/zu dumm/zu träge/zu egoistisch sind, sich damit auseinanderzusetzen - und wenn es nur darum geht, der eigenen Mutter zu sagen, daß sie sich gefälligst aus der Ehe raushalten soll)
Kann das mit meinem Karma zu tun haben?
Nach dem, was ich bisher über den Begriff Karma gelernt habe, funktioniert das so nicht. Daß das Karma daran schuld ist, wenn ein Kind Albträume vom Verbrennen hat, weil es im vorherigen Leben verbrannt ist, ist die Erfindung westlicher Filmemacher…
Was bedeutet das
alles…macht mir wieder Angst…
Ich hätte in der Situation auch Angst - unter dem Deckmäntelchen halbverstandener östlicher Philosophie wird Dir die Schuld daran zugeschoben, daß Du nicht „normal“ bist, nicht so funktionierst, wie sich Deine Mutter/Oma/Eltern vorgestellt haben, daß Du und Deine Ängste ein ständiges Mahnmal dafür bist, daß sie Fehler gemacht haben, daß sie ihre Probleme nicht lösen konnten, ohne Dich in Mitleidenschaft zu ziehen, daß sie nicht perfekt sind…
Es ist durchaus möglich, daß Du tatsächlich Hilfe brauchen könntest, um die Schäden wieder gut zu machen, die sie an Dir angerichtet haben - diese Hilfe ist aber mit Sicherheit nicht eine Karma-Therapie, denn der Fehler liegt nicht bei Dir, weder in diesem, noch in einem vorherigen Leben…
Gruß und allerbeste Wünsche
Sibylle