Moin!
Das Experiment ist in etwa genauso gut verlaufen, wie der
Versuch, Ostdeutschland von 0 auf 100 in den Westen zu
integrieren oder den Afghanen die Demokratie aufzuschwatzen.
Das „Experiment Deutsches Wirtschaftswunder“ ab 1950 hingegen
hat gezeigt, dass man auch mit sehr wenig Rohstoffvorkommen
und einer demographisch auf unnatürliche Weise negativ
beeinflussten Bevölkerungsstruktur einen
gewaltigenwirtschaftlichen Erfolg und schliesslich ein
funktionierendes Sozialsystem bauen kann.
das hat mit der Situation Afrikas heute oder vor 50 Jahren
überhaupt nichts zu tun.
Aber die DDR schon, ja?
In den typischen afrikanischen Ex-Kolonial- und heute
Bürgerkriegsländern war dies seitens großer Teile der
Bevölkerung nicht gewünscht.
Dafür, ich wiederhole mich, können wir nichts.
Die Situation der früheren Kolonialländer war eine völlig
andere. Die Leute dort wurden über hunderte Jahre unterdrückt,
versklavt und mißhandelt. Die einheimische Kultur und
Identität der Menschen wurde ihnen systematisch ausgetrieben,
jedes nationale und kulturelle Selbstbewußtsein nahezu
flächendeckend ausgemerzt. Die Menschen waren es über hunderte
von Jahren gewohnt, daß man ihnen einfache und einfachste
Tätigkeiten aufdrückte, die keinerlei Eigeninitiative (die
ohnehin nicht gewollt war) verlangten.
Das Staatswesen wurde von ausländischen Machthabern nach ihren
Vorstellungen und Bedürfnissen ohne nennenswerte Beteiligung
der einheimischen Bevölkerung gestaltet, was auch für die
gesamte Verwaltung, die Kirche und – sofern überhaupt
vorhanden –für die Schulsysteme, Sicherheitskräfte usw. galt.
Wir dürften von einer Zeit ab ca. 1830 sprechen.
Davor gab es in Afrika überhaupt kein Staatswesen.
Man hat nicht eines gegen ein anderes, aufoktroyiertes Staatswesen ausgetauscht.
Die Kolonialherren haben vielmehr einem völlig unorganisierten Konglomerat an Naturstämmen eine Struktur gegeben.
Ob das nun gut war oder nicht, sei dahingestellt.
Auch die Ausbeutung zweifle ich nciht an.
Aber was passiert heute?
Hunderttausende hochgebildete, im Ausland ausgebildete Afrikaner schaffen es nicht, dem Kontinent eine passende Verwaltung zu geben.
Vielmehr gehen bewaffnete Gruppen aufeinader los, Hilfsgelder werden veruntreut, Menschen hungtern. Dabei hält sie aber der westen keineswegs davon ab, ihre ursprüngliche Lebensweise wieder aufzunehmen. Nur will das offenbar keiner.
Am Ende der Kolonialzeit rückten die Ausländer zum
überwiegenden Teil ab und hinterließen Länder, denen sie über
hunderte Jahre ihren Willen aufgedrückt hatten und ohne sie
nicht funktionierte. Die Bevölkerung war ungebildet, ihrer
kulturellen Wurzeln beraubt, völlig unselbständig und auf das
Ausführen von einfachen Arbeiten nach genauen Anweisungen
getrimmt.
Die Menschen waren vor der Kolonialzeit ebenfalls ungebildet und keine High-Tech-Unternehmer.
Das ist der Grund dafür, daß in so vielen Ländern Diktaturen
entstanden, in denen den Menschen genauso gesagt wurde, was
sie zu tun und zu lassen hatten. Im Grundsatz hatte sich nur
die Hautfarbe der herrschenden geändert und ggfs. das Ausmaß
der Gewalt, das zur Anwendung kam.
Und daran denkst Du ist der Westen schuld?
Man hätte ja auch die westlichen Demokratiemodelle übernehmen können. Seit 2 Generationen gibt es hunderttausende hochgebildete Afrikaner, die es nicht geschafft )oder nicht versucht) haben, die Menschen in Afrika dafür zu begeistern.
Das Problem dabei ist m.E., dass die grundlegende Bildung fehlt. Die Menschen verstehen meist nicht, weshalb sie wählen gehen und Steuern bezahlen sollen. Das wussten sie aber vor 200 Jahren auch nicht…
Sich über diese Tatsachen Gedanken zu machen, hat nichts mit
„Gutmenschentum“ und „Betroffenheitsmoral“ zu tun, sondern
gehört zu den Mindestanforderungen an eine vernünftige Analyse
der Situation. In praktisch allen anderen Regionen ist die
Geschichte/Entwicklung anders verlaufen als bei uns und diese
Unterschiede gilt es zu verstehen, wenn man die aktuelle Lage
verstehen will und nach Lösungen für Probleme für die
betreffende Region sucht bzw. wenn man sich überlegt, ob eine
bestimmte Situation überhaupt ein Problem darstellt.
Im Vergleich zu Somalia haben wir jedenfalls kein nennenswertes Problem…
Wir sehen an den Entwicklungen in Nordafrika, dass die letzten Ausläufer der Kolonialstrukturen, die von den alten herren eingesetzten Diktatoren, nun neuen Systemen weichen, für die im Westen keiner etwas kann.
Oder fühlst Du Dich schuldig am Verhalten des ägyptischen Militärs?
Hast Du gegen Gaddhafi mitgekämpft?
Die Menschen werden sich neue Systeme suchen und schaffen.
Dies wird nicht mehr ohne äußeren Einfluss passieren. Dafür ist Afrika zu voll mit Rohstoffen.
Ein Land, das sich nun gut aufstellt und sich nciht erpressen oder ausnhemen lässt, hat beste Chancen.
Wenn die regierenden dort aber nur in die eigene Tasche wirtschaften, wird sich kein prosperierendes Staatswesen etablieren.
Und dafür können wir hier nichts.
Das Thema ist durch.
Man kann die Verantwortung nicht ewig bei anderen suchen.
Wenn Menschen über hunderte Jahren ausschließlich als
Arbeitsmittel dienten, entführt, herumkommandiert, mißhandelt
und mißbraucht werden, dann kann man ihnen nicht von heute auf
morgen die Schlüssel hinwerfen und sie alleine lassen.
Das ist auch nicht passiert. Vielmehr wurden Milliarden an
Hilfsgeldern aus aller Welt nach Afrika gepumpt und
Generationen sozialbewegter Jugendlicher aus aller Herren
Länder haben sich dort am Aufbau vernünftiger Strukturen
versucht.
Hat irgendwie nicht geklappt.
Ja, weil das der falsche Lösungsansatz ist. Materielle
Zuwendungen alleine sind genauso wenig eine Lösung wie das gut
gemeinte Rumgedaddel von engagierten jungen Menschen. Es
müssen lang angelegte Aufbauprogramme her wie das vor 60
Jahren in Deutschland der Fall war. Das dumme ist, daß das in
Afrika vielfach an den instabilen politischen Verhältnissen
bzw. der herrschenden kleptokratischen Klasse scheitert.
So war das häufig, denn gerade aus Deutschland und Frankreich kamen zahlreiche sehr langfristige Projekte. Aber man war in den Zilländern meist noch nicht einmal in der Lage, einen Brunnen am Laufen und ein Krankenhausgebäude in Stand zu halten.
Irgendwann sollte man einsehen, dass einer unterdrückenden Kolonialisierung in Afrika keine moralische folgen kann. Das will da keiner.
Darüber hinaus muß man die Menschen dort vernünftig ausbilden,
zur selbständigen Arbeit anleiten und ganz generell
Eigeninitiative und Verantwortungsbewußtsein fördern.
Das könnte so in einem Entwicklunsghilfebericht der undesregierung stehen und nur von leuten formuliert sein, die höchstens mal einen Club Med in Kenia besucht haben.
Sprich doch mal mit Leuten, die als Projektingenieure in Afrika versucht haben, einen Wartungstrupp für eine Solaranlage auszubilden.
Die werden Dir erzählen dass sie dachten, es mit 8-Jährigen zu tun zu haben. Zur Verfügung gestelltes Werkzeug ist 2 Tage nach Abrücken der Deutschen vertickt und nach 3 Monaten ist die Anlage im Eimer. Man stellt die elektrische Wasserpumpe mit Filter beiseite und arbeitet wieder mit Seil und Eimer.
Vergiß´ es, in Afrika deutsche Strukturen etablieren zu wollen. Selbst die eisenharten Kolonialherren sind daran gescheitert. Mit dem Schmusekurs der deutschen gutmenschen wird das noch weniger etwas.
Das ist
aber ein Vorgang, der nicht nach 5 Jahren abgeschlossen ist.
Da kannst Du 100 Jahre warten.
Wenn dann zwischendurch für 10 Jahre der nächste Diktator an
die Macht kommt, der einen Großteil der Bevölkerung
abschlachtet, ist das für die Entwicklung auch nicht wirklich
hilfreich.
So ist es.
Hinzu kommen die schwierigen Rahmenbedingungen, d.h. die
klimatischen, pedologischen und biologischen Spezialitäten.
Wüste, Regenwald und Steppe sind nun einmal für die
Landwirtschaft nicht geschaffen, erst recht nicht für
flächendeckende, intensive Landwirtschaft. Dazu kommen ganz
banale Probleme wie bspw. die Versorgung mit Ersatzteilen für
die bereitgestellten westlichen, hochmodernen Landmaschinen,
deren Unverträglichkeit bzgl. der klimatischen Verhältnisse
usw. Das alles sind Sachen, die man mit Geld und guten Worten
nicht kompensieren kann.
Möglicherweise wollen die Menschen das dort gar nicht. Vielleicht wollen sie einfach in einer Strohhütte raumhängen, Rinder züchten, Fische fangen und mit 4 frauen 18 Kinder zeugen.
Dass dabei dann mal ein paar 100.000 an einer Hungersnot sterben, ist klar. Aber möglicherweise juckt das dort einfach keinen.
Auch heute gibt es unter nicht wenigen jungen Erwachsenen, die
die DDR nie bewußt erlebt haben, noch bestimmte Ansichten,
Erwartungen und Verhaltensweisen, die durch die zwei
Generationen geprägt wurden, die in der DDR gelebt haben. Das
Abschütteln von 150 Jahren Kolonialherrschaft auf einem
weitgehend isolierten Kontinent dauert etwas länger als das
Abschütteln von 40 Jahren an der Grenze zwischen Ost und West.
Die DDR ist 20 Jahre her, die Kolonialzeit mindestens 56.
Die DDR gab ziemlich genau 50 Jahre. Die Kolonialzeit dauerte
teilweise 400 Jahre. Hinzu kommt, in diesen 400 Jahren in
Europa ein paar Sachen passierten, die in Afrika weitgehend
ausfielen: Aufklärung, industrielle Revolution, Entwicklung
bzw. Einführung des Schul- und Universitätswesens, die moderne
Medizin, Abschaffung der Feudalherrschaft und Demokratisierung
usw. usf.
Einverstanden.
Dennoch bin ich der Meinung, dass nach Jahrzehnten der Entwicklungshilfe deutlich mehr EIgeninitiative vorhanden sein müsste. Aber offenbar findet man die weissen ganz witzig und eine Wasserpumpe ganz nett. Aber ein Filterwechsel ist zu anstrengend, also hockt man lieber rum und schöpft mit dem Eimer.
Was ich damit sagen möchte: man kann niemanden auf Dauer zu etwas zwingen, was er nicht will. Schon gar nicht ohne Gewaltanwendung. Da wir aber keinen Afrikaner auf einen trecker prügeln wollen, sollten wir akzeptieren, dass unsere Hilfsmöglichkeiten begrenzt sind.
Was stattdessen passiert ist: Korruption, Stammeswirtschaft,
Genozide.
Stammeswirtschaft hat über Jahrtausende funktioniert.
Das ist richtig, alleridngs nicht so, wie man sich das hier
häufig vorstellt. Stämme überfielen sich gegenseitig, raubten
die FRrauen und töteten die Männer.
Also das, was in unserem Mittelalter - und auch davor - Gang
und Gäbe war und man in Kriegszeiten, die es ja durchaus
häufiger kam, immer wieder gerne praktizierte.
Klar.
Wir haben uns selbst davon befreit.
In Afrika fröhnt man diesem Laster noch. Und?
Aber wie bei einem Küchenmesser ist der Hersteller und
Verkäufer nicht oder nur sehr bedingt dafür verantwortlich,
was dann mit seinem Produkt gemacht wird.
Wenn man in Krisengebiete Waffen liefert, ist man für das, was
dann passiert, sehr wohl verantwortlich.
Ich meine, dass derjenige, der eine Waffe abfeuert, für die Konsequenzen verantwortlich ist.
Dass man Unheil nicht auch noch provozieren muss, ist auch klar und ich persönlich meine, dass Deutschland überhaupt keine Handfeuerwaffen oder Minen exportieren sollte.
Aber den Lieferanten einer Pistole für die Untaten irgendwelcher drogengeflashter Spinner verantwortlich zu machen, ist mir zu einfach.
Ich habe auch noch
nicht davon gehört, daß man mit einem Küchenmesser auf 100
Meter Entfernung 100 Menschen pro Stunde töten könnte. Auch
wenn man es immer wieder liest: das Küchenmesserargument war
noch nie ein gutes.
Deines Erachtens. Ich hingegen halte es für ein beispiel mit hohem Erklärungswert.
Wer denkt, die 1. Welt sei schuld und müsse nun helfen, räumt
automatisch ein, dass die Afrikaner zu blöde sind, das Problem
selbst zu lösen.
Offensichtlich sind die Europäer ja auch zu blöde bzw.
schaffen die Gebietsbereinigung auch nur mit Waffengewalt.
…weshalb wir uns nun heraushalten sollten.
Wenn vor der Kolonialiserung in Afrika alles so klasse war, sollten wir den Menschen die Gelegenheit geben, dorthin zurück zu finden.
Nur wer möchte schon die vielen über billige Bestechungsgelder verfügbaren Rohstoffe dort liegen oder anderen überlassen…?
3 Generationen dürften ausreichen. Deutschland hat nur zwei
benötigt…
Wovon sprichst Du?
Von der Entnazifizierung und später dann der Ent-DDR-isierung.
Ersteres war in den 70ern vom Tisch, letzteres ist in
spätestens 10 Jahren auch passé.
Also 30 Jahre für 50 Jahre DDR. Bei durchschnittlich 200
Jahren Kolonisierung sollte man also Afrika 120 Jahre
einräumen. Eine Schätzung, mit der ich mich durchaus
anfreunden kann.
Dass diese lineare Rechnung nicht funktioniert, dürfte klar sein.
Der Blick über den Tellerrand bundedeutscher
Betroffenheitsmoral schadet in den seltensten Fällen.
Siehe oben. Saubere Analyse hat nichts mit Betroffenheitsmoral
zu tun,
Richtig.
Nur sehe ich eine solche Analyse nicht.
Allerdings sehe ich in Deinem Text hier einen guten Ansatz, über den ich auch gerne nachdenke.
Leider machst auch Du es Dir zu einfach indem Du behauptest, die Kolonialzeit sei an allem schuld. Den dies impliziert, dass es davor in Afrika keine Probleme gegeben hätte.
Dies jedoch ist nicht richtig, denn es gab eben zuvor auch genozide, Hungersnöte und Kriege.
Afirka hatte nie eine demokratische Geschichte und möchte in Bezug auf die meisten Länder dort auch keine solche aufbauen.
Nur wir dneken einmal mehr, am deutschen Wesen müsste die Welt genesen. Das will die aber gar nicht…
sondern mit vernünftiger Vorgehensweise. Daß es
einfacher ist, simple Schuldzuweisung zu betreiben und seine
Hände in Unschuld zu waschen, bestreite ich nicht. Nur wird
das dem Problem nicht gerecht.
Ich stimme Dir zu.
Schuldzuweisungen machen keinen Sinn. Wir sind nicht schuld an der Misere in Afrika. Wir helfen vielmehr, das Schlimmste zu verhindern.
Außerdem geht es nicht um
Schuldzuweisung (wie Du die Sache aufzufassen scheinst),
sondern um Ursachenforschung zwecks besserer Problemlösung.
Wir können die Probleme in Afrika nicht lösen, weil eine Lösung usererseits dort nicht gewünscht ist.
Wer das Problem vereinfacht, indem er den Schwarzen Peter nach
Afrika schiebt, ignoriert die eigentlichen Ursachen und trägt
zur Problemlösung ganz sicher nicht bei.
Ich schiebe nichts irgendwohin.
ich meine lediglich, dass nach 2 Generationen das Thema Kolonialherrschaft vom Tisch ist und man sich in Afrika um seinen eigenen kram kümmern soll. Da die westliche Einmischung meist sowieso unerwünscht ist, ausser es geht um Geld, dürfte das leicht realisierbar sein.
Wir sollten uns generell aus Krisenherden heraushalten. Weder in Afrika, noch in Afghanistan oder der Mongolei will man Hilfe von uns, die über Geldzahlungen hinausgeht.
Unsere Moral ist die einer kleinen und schrumpfenden Bevölkerungsgruppe auf dieser Welt.
Gruß,
M.