Kitten lernen durch Beobachtung und ahmen das Verhalten ihrer Mutter und anderer im Haushalt lebende Katzen nach.
Das ändert nichts daran, dass diese Zeit für den Kater längst vorbei ist. Zudem hat der Kater kein Sozialisationsproblem, sondern misst seine Kräfte. Und das tut er bei dem, den er für schwach genug hält, sich das bieten zu lassen.
Hieran wird keine andere Katze etwas ändern. Nach dem Welpenalter lernen Tiere von anderen Tieren selten die Verhaltensweisen, die dem Menschen gefallen, sondern die, die größtmöglichen Erfolg versprechen. Wenn eine Katze es für lohnenswert erachtet, gestreichelt zu werden, wird sie sich z.B. mit hoher Wahrscheinlichkeit das Verhalten, das zu diesem Ziel führt, abschauen. In diesem Fall würde die „Erziehungstheorie“ also durchaus greifen.
Wenn ihr das Gestreicheltwegen aber schnuppe ist und sie stattdessen auf eine Ausweitung ihres Reviers Wert legt, wird es ihr schnurz sein, was die andere Katze zu diesem Zweck unternimmt.
Das Spielverhalten eines jugendlichen Katers hat überhaupt nichts mit Aggression zu tun.
Sorry, aber das ist Quatsch. Natürlich hat das Verhalten mit Aggression zu tun. Aggression gehört zu den überlebenswichtigen und biologisch verankerten Verhaltensweisen JEDEN Individuums. Dabei ist Aggression nichts „Böses“, sondern schlicht und ergreifend notwendig, um mit Bedrohungen fertigzuwerden.
Es handelt sich dabei um das Einüben wichtiger Verhaltensweisen. In diesem Spiel kommt es in der Regel nicht zu gegenseitigen Verletzungen.
Welches Verhalten übt ein 8 Monate alter Kater, der einen Menschen angreift? Beutefang? Kaum. Beobachtet man das Verhalten von Katzen gegenüber ihrer Beute, dann stellt man fest, dass sich die Katze beim Anschleichen still verhält. Der Sympathicus ist unterdrückt und wird erst im Moment des Tötungsbisses aktiviert.
Anders bei einer Katze, die um die Rangordnung kämpft. Hier ist der Sympathicus von Anfang an höchst aktiv. Die Katze zeigt Drohverhalten, wie Fixieren, Fellsträuben, mit dem Schwanz schlagen oder Fauchen, bevor sie angreift. Damit sind wir deutlich eher bei dem Verhalten, das der Kater gegenüber seiner Besitzerin zeigt. Interessant ist dabei, dass Rangordnungskämpfe eigentlich ein innerartliches Phänomen sind. Sobald Säugetiere verschiedener Arten sich einen Lebensraum teilen, kommen diese Ansprüche aber auch zwischen den Arten zum Tragen.
In Spielsequenzen werden diese Rangordnungskämpfe stark ritualisiert. Es wird imponiert, was das Zeug hält, aber es erfolgt keine ernsthafte Verletzung des Gegners. Und das ist völlig unabhängig von der Beschaffenheit der Haut. Die Zähne (und Krallen) von Raubtieren sind immer auch dazu geeignet, Artgenossen zu verletzen oder zu töten, wenn diese eine Bedrohung darstellen. Im innerartlichen Spiel werden Beißhemmungen dadurch gelernt, dass der Gebissene zurückbeißt oder sich mit den Krallen wehrt und entsprechend laut wird. Und nein, eine Katze sagt nicht höflich „Miau, du hast mir eben wehgetan“.
Selbst WENN der Angriff noch eine konsequenzgeminderte Spielhandlung darstellen sollte, müsste eine entsprechende Reaktion des Menschen der Katze signalisieren, dass dieses in dieser Form nicht angebracht ist. Da Zurückbeißen für Menschen eher nicht möglich ist und sie auch nicht über Krallen verfügen, muss der Mensch mit seinen Waffen antworten. Und nichts anderes tue ich, wenn ich die Katze packe und von mir wegschleudere oder den Fuß, an dem sie sich festgebissen hat zum Wegschleudern benutze. Von „durch-den-Raum-Treten“, wie du es effektheißerisch benennst, ist dabei nicht die Rede.
Bei einem so jungen Tier ist das extrem unwahrscheinlich.
Wenn ein Kater in diesem Alter nicht schon gelernt hat, was seine Verhaltensweisen bewirken, wäre er nicht überlebensfähig. Jedes Säugetier lernt von frühester „Kindheit“ an, wie es seine Umgebung beeinflussen kann. Wenn nicht, lebt es nicht lange.
Schöne Grüße
Jule