Hallo Erdbeerzunge!
Wie teuer ist ein Energieberater?
Es geht hier nicht um „teuer“ oder „billig“…
Zusätzliche Wärmedämmungsmaßnahmen lohnen sich finanziell fast niemals. Das sagt selbst die KfW:
http://www.t-online.de/wirtschaft/energie/versorgerw…
Leider gelang es mir bisher nicht, die Studie im Original aufzutreiben. Sollte der Artikel in der „Welt“ die von der KfW in Auftrag gegebene Prgnos-Studie nicht heftig verfälscht und fehlinterpretiert haben, haben auch die Autoren der Studie nichts begriffen. Der „Welt“-Artikel, der auch in Rundfunknachrichten zitiert wurde, besteht durchweg aus grobem Unfug mit keiner einzigen brauchbaren Zeile. Da ist z. B. von Vollkosten von irgendwas um 400 € pro m² beim Neubau die Rede und im Weiteren, wie sich die Vollkosten durch Dämmung um 150 € erhöhen. Sodann wird der bis 2050 von der Volkswirtschaft für Dämmung zu treibende Gesamtaufwand der Ersparnis an Energiekosten gegenüber gestellt, wobei gemäß „Welt“-Artikel ein Defizit in dreistelliger Milliardenhöhe bleibt und daraus der Schluß folgt, daß sich Dämmung nicht rechnet. Ohnehin zeugt es von Mißverständnis des Problems, nur von Dämmung zu reden. Es geht um energetische Gebäudesanierung, was umfassender und vielschichtiger als nur Dämmung ist.
Für 400 € pro m² kann man eine Garage auf dem Niveau von billigen Vermietobjekten herstellen, aber für Wohnflächen entstehen bei einfachen Ansprüchen Kosten in ungefähr dreifacher Höhe. Daran hat sich übrigens durch Dämmung bei Neubauten nur wenig geändert. Die Kosten bei Neubauten steigen allenfalls deutlich, wenn man ein Passivhaus erstellt oder gar Energieüberschuß erzielen möchte. Unter der Voraussetzung korrekter Wiedergabe durch den „Welt“-Autor sind bereits die der Berechnung zugrunde liegenden Zahlen unbrauchbar. Die darauf beruhenden Ergebnisse sind deshalb ebenso unbrauchbar.
Obskur wird es, wenn jemand bis auf die letzte Milliarde genaue volkswirtschaftliche Zahlen bis zum Jahr 2050 vorzurechnen vorgibt. Solche Zahlen setzen mindestens Kenntnis der Preisentwicklung für Primärenergieträger im genannten Zeitraum voraus. Sie setzen ferner voraus, daß wir 2050 überhaupt noch bezahlbare Primärenergieträger wie Öl und Gas zum Verheizen haben. Aber davon kann niemand ausgehen. Die Frage, ob jemand alljährlich in seinem schlecht gedämmten EFH steigende Kosten für Heizmaterial ausgeben will, stellt sich gar nicht. Vielmehr stellt sich die Frage, ob er überhaupt noch irgend bezahlbar heizen kann, ob er also in der kalten Bude sitzt oder ob der Energiebedarf so gesenkt wird, daß sich Heizung bezahlbar mit welchem Energieträger auch immer darstellen läßt.
Die Studie (falls die „Welt“ nicht grob sinnentstellend berichtete) wird also nicht einmal den nackten Kostengesichtspunkten aus Mieter- oder Eigentümersicht bei der energetischen Gebäudesanierung gerecht. Immerhin geht es bei der Senkung des Energiebedarfs nicht nur um Kosten für den Einzelnen, sondern um die Senkung des CO2-Ausstoßes. Klimawandel ist zwar angesichts des langen Winters nicht das Thema, das im Moment die Gemüter bewegt, aber das ändert nichts am globalen Problem, dem sich die Menschheit mit ihrem Verhalten zu stellen hat. Von all dem abgesehen hat energetische Gebäudesanierung mit der Steigerung der Behaglichkeit in Wohnräumen einen Aspekt, der sich nicht in Geld ausdrücken läßt. Das hat etwas mit Lebensqualität zu tun. Es ist ein deutlich spürbarer Unterschied, ob raumseitige Wandoberflächen die Temperatur der Raumluft annehmen oder ob sie im Winter eiskalt werden.
Der Einbau von Wärmedämmung (auch der Austausch von Fenstern etc.) ist etwas für reiche Leute und Idealisten.
Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Man muß schon über reichlich finanzielle Mittel verfügen, will man die schneller als das Einkommen steigenden Heizkosten wegstecken und man muß Idealist sein, wenn man in der Stube sitzend die Jahreszeit an den Wandoberflächen spüren und hinter den Schränken an der Dicke des Schimmelbewuchses messen will. Außerdem sollte man über ausreichend Ignoranz gegenüber der eigenen Gesundheit verfügen.
Zusammenfassung: Rein finanziell betrachtet ist es preiswerter, im ungedämmten Haus mit Baujahr 1929 1,5x :soviel Holzpellets zu verfeuern, als das Haus in 1m dickes Styropor zu packen, und Heizkosten zu sparen.
Ginge es um solche Schichtdicken aus Isoliermaterial und/oder nur um den Faktor 1,5 beim Energiebedarf, würde ich dir zustimmen. Aber deine Aussage hat mit der Realität so gar nichts gemein. Die Wohnhäuser unserer Altvorderen – das gilt auch noch für viele bis vor wenigen Jahrzehnten hergestellte Gebäude – hatten durchschnittlich einen Energiebedarf von 300 kWh pro Quadratmeter und Jahr. Das bedeutete in der Praxis 3.000 Liter Heizöl für ein kleines EFH mit 100 m² Wohnfläche. In Einzelfällen war noch deutlich höherer Energiebedarf zu beobachten. In vielen nicht oder nicht sachgerecht sanierten Gebäuden hat sich daran bis heute nichts geändert. Nach sachgerecht durchgeführter energetischer Sanierung unterhält man sich über die Größenordnung von 30 kWh pro m² und Jahr. Es geht also um den Faktor 10! Daß solcher Erfolg oft nicht einmal ansatzweise erzielt und zuweilen außer Geldausgabe gar nichts oder sogar Nachteiliges erreicht wird, hat Ursachen, auf die ich in einer Antwort auf das Ursprungsposting einging. Eine der Ursachen liegt darin, energetische Gebäudesanierung auf die Montage von Dämmmaterial nach der Viel-hilft-viel-Methode zu reduzieren.
Du erwähnt Holzpellets wohl im Glauben, es handele sich um einen dauerhaft preisgünstigen Brennstoff. Holzpellets waren pro kWh Heizwert anfänglich deutlich preisgünstiger als die kWh aus Heizöl oder Gas. Die Preisdifferenz ist aber im Abschmelzen begriffen, was aufgrund von Marktmechanismen vorhersehbar war. Der Rohstoff für Holzpellets ist nachwachsend, aber dennoch ist die jährlich zur Verfügung stehende Menge begrenzt. Dafür existiert genaues Zahlenmaterial, dessen Heraussuchen und Aufbereiten ich mir jetzt aber schenke. Ein nennenswerter Anteil der Wohngebäude läßt sich mit Holzpellets jedenfalls nicht heizen, weil es dafür schlicht nicht genug Holz gibt. So hatten Kriegszeiten und erste Nachkriegsjahre fatale Auswirkungen auf den Waldbestand, weil zu viele Leute auf Holz als Brennstoff angewiesen waren. Außerhalb solcher Krisenzeiten haben wird es mit nachhaltiger Forstwirtschaft zu tun, die sich zudem hierzulande an vielen Standorten von schnell wachsenden Nadelbaumbeständen zugunsten von Mischwald wandelt. Hinsichtlich Schädlingsanfälligkeit, Windbruch, Waldbrandgefahr und auch im Interesse des langfristigen wirtschaftlichen Nutzens sowie der Artenvielfalt sind Mischwälder oft vorteilhafter, bringen aber hinsichtlich kurzfristig verfügbarer schierer Masse für niedrigwertige Anwendungen wie Pellets-, Papier- und Spanplattenherstellung weniger Ertrag. Steigende Nachfrage bei bestenfalls konstantem Angebot treibt den Preis für den Rohstoff der Holzpellets und natürlich den vom Endverbraucher zu zahlenden Preis. Dieser Preis nähert sich zwangsläufig dem Heizölpreis an. Daß die Forstwirtschaft zugunsten der Pelletserzeugung eine Rolle rückwärts macht und wieder zum Irrweg vergangener Jahrhunderte (der aufgrund heute nicht mehr vorhandener Wirtschafts- und Bedarfsstrukturen mit zudem anderem Umweltbewußtsein eingeschlagen wurde) mit Fichten-Monokulturen zurück kehrt, ist nicht zu erwarten. Immerhin bringt eine ganze Lkw-Ladung mit Fichtenabschnitten für Spanplatten oder Pellets weniger als mancher einzelne edlere Stamm, für dessen Erwerb ein Möbeltischler oder Bootsbauer schon mal einige hundert Kilometer anreist Ich beschreibe diesen Punkt so ausführlich, weil viele Leute dem Irrglauben an den dauerhaft billigen Brennstoff Holz anhängen. Wie oben erwähnt, steht Holz zum Heizen in volkswirtschaftlich nennenswertem Umfang nicht zur Verfügung. Den ohnehin knappen Stoff auch noch als Ersatz für energetische Gebäudesanierung hinzustellen, ist vollkommen abwegig. .
Die Ölförderung hat ihren Höhepunkt bereits überschritten und bei der Gasförderung steht es bevor. Öl und Gas wird es noch lange geben, aber die Risiken, Kosten und Umweltbelastungen zur Förderung der letzten Reste steigen, während die Nachfrage ebenfalls steigt. Deshalb werden Öl und Gas absehbar zum Verheizen zu teuer. Dieser Zeitpunkt wird mit hoher Wahrscheinlichkeit innerhalb der Nutzungsdauer heutiger Maßnahmen zur energetischen Gebäudesanierung liegen. Der „Welt“-Artikel prognostiziert hohe Belastungen für die Volkswirtschaft, geht aber mit keinem Wort auf zu erwartende Belastungen ein, würden wir auf energetische Gebäudesanierung verzichten und die zum Heizen benötigten Energieträger stehen nicht mehr irgend bezahlbar zur Verfügung.
Marktmechanismen machen es zum Irrtum, durch Wechsel des Energieträgers längerfristig steigenden Kosten ausweichen zu können. Tatsächlich führt nur Senkung des Energiebedarfs zur Beherrschung der Kosten und eher über kurz als über lang zur Situation, daß man überhaupt noch heizen kann.
Nach meinem Eindruck melden sich im Moment immer mehr Leute in allen möglichen Medien zu Wort, auch hier bei www, denen die ganze Richtung mit Ausstieg aus der Kernenergie, Ausbau der Nutzung von Wind- und Sonnenenergie und Senkung des Energiebedarfs für die Gebäudeheizung nicht paßt. Mit unglaublicher Erkenntnisresistenz wird der immer gleiche Unfug erzählt. Hat man jemandem mit zwingender Begründung den Zahn vom demnächst billigen Gas gezogen, taucht der gleiche Mensch an anderer Stelle mit abermals der gleichen abwegigen Behauptung wieder auf. Andere ignorieren einfach, daß die Speicherung überschüssigen Stroms aus Wind und Sonne längst möglich und ihre Durchführbarkeit großtechnisch nachgewiesen ist. Das hindert diese Leute nicht, immer wieder die gleiche Platte vom „Zufallsstrom“ aufzulegen. Auch einige Bundestagsabgeordnete treiben dieses Spiel. Einigen ist sowieso alles viel zu kompliziert. Die werfen dann den Namen Trittin ins Publikum, was manchen Zeitgenossen als Beweis reicht, daß Veränderung unseres Umgangs mit Energie nicht nötig sei und wir wie die Altvorderen weitermachen sollten. Ähnlich agieren manche Vertreter von Partikularinteressen, etwa Vermieter, die an ihren überalterten Hütten nichts machen wollen und abwohnen lassen – Heizkosten zahlen ja die Mieter. Zuweilen wird noch unsere Wettbewerbsfähigkeit ins Feld geführt, obwohl jedem klar sein sollte, in welche prekäre Situation sich Volkswirtschaften begeben, die in der Abhängigkeit von knapper und teurer werdenden fossilen Energieträgern verharren. Unklar bleibt nur, ob die Vertreter des Weitermachens-wie-bisher bloß dämlich sind oder dämlich auf der Zuwendungsliste irgendwelcher Interessenvertreter stehen. Obwohl ein modernes Haus nur 300 Liter Heizöl statt der 3.000 Liter eines Hauses aus den 60ern braucht, gibt es Leute, die ihr Zeilenhonorar mit der Behauptung verdienen, energetische Sanierung brächte nichts. Der sachkenntnisfreie „Welt“-Artikel gehört in diese Kategorie.
Gruß
Wolfgang