KH in Frankreich: Diagnose ja, Behandlung nein?

Guten Morgen,

dieser Tage jährt sich ein Erlebnis, das ich letztes Jahr in einem Pariser Krankenhaus hatte. Eine Freundin hatte sich während des Urlaubes verletzt und ich habe sie ins Hospital Lariboisière neben der Gare du Nord begleitet.

Es hatte alles wunderbar funktioniert, Formalitäten, Diagnose etc,- mich hat aber überrascht, dass wir nach der Diagnose, was ihr denn fehlte, nur mit einer Liste umliegender Apotheken ausgestattet wurden, wo wir uns mit den zur Diagnose passenden Medikamenten und dem Verband eindecken könnten - im Hospital haben wir nichts bekommen, sondern wurden in aller Freundlichkeit hinauskomplimentiert. Das hat mich doch ziemlich verwundert, dass nach erfolgter Diagnose keine eigentliche Behandlung erfolgt, sondern man das selbst besorgen muss. Ist das in Frankreich allgemein so üblich?

Viele Grüße

Jerry

Servus,

es ging dabei konkret um die Medikamente, nicht um die Behandlung. Wer in F keine Zusatzversicherung hat, sondern nur bei der gesetzlichen Sécu versichert ist, muss Medikamente selber bezahlen. Patienten aus dem Ausland sind gesetzlich Versicherten gleichgestellt. Im Fall D erstattet die deutsche Krankenkasse die Kosten für die Medikamente ganz oder teilweise nach Vorlage der Belege.

Schöne Grüße

MM

Hi,

soviel zum Thema Scheiß deutsches GEsundheitswesen…

Die Franzi

Hallo,

so einfach ist das nicht. Der französische Arbeit nehmer anteil beträgt nur einen kleinen Bruchteil des Arbeitnehmeranteils in Deutschland. Dafür sind die Zuzahlungen halt höher. Will der Arbeitnehmer in Frankreich das Risiko dieser Zuzahlungen nicht übernehmen, kann er sich Zusatzversichern.

Man sollte eigentlich glauben, dass diese Methode förderlich ist, um den Medikamentenkonsum zu reduzieren - weil eben die Medikamente selbst bezahlt werden müssen (so nicht zusatzversichert). Interessanterweise ist allerdings genau das Gegenteil der Fall.

Im übrigen zählt die WHO das in Frankreich zu den besten Gesundheitssystemen.

LG Petra

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Hi,

diese ausfürhungen sind mir schon klar (ohne dass ich das frz Gesundheitssystem kenne), denn es war ja von Zusatzversicherungen die Rede.
Was glaubst du, wie viele sich rechtzeitig ausreichend zusatzversichern? Wie definiert man ausreichend? Was passiert, wenn ich kränker werde und plötzlich die Zuzahlungen alles auffressen, was man vorher an Beitragszahlungen gespart hat und je sparen wird? Nimmt einen dann noch einer der Versicherer? Es sind ja VERSICHERER, und keine KASSEN.
Falls es so sein sollte, dass jemand, der wenig Zusatzversicherungen hatte und dann teurer krank wurde, sich noch nachträglich versichern kann, bin ich bereit, meine Meinung zu ändern. Sonst nicht. (Zu mir: MS, gesetzlich versichert, Zusatzversicherungen kann ich keine abschließen außer eine erhöhung des Krankentagegeldes. Falls ich doch je verbeamtet werden sollte, kostet mich das einiges an Beitrag , weil ich in der gesetzlichen bleiben muss und niht wechseln kann. Deutschland zahlt aber meine Medikamente, in England zB wäre das mein Privatvergnügen)
Ich verstehe ja das Argument mit der Sichtbarkeit der Kosten für die Patienten. War eine weile privat versichert, da sieht man die Rechnungen, und das ist schon lehrreich. Aber man sollte auch immer die Konsequenzen überdenken.

Die Franzi

Servus,

nicht als Argument, sondern bloß zur Illustration sei angemerkt, dass ich bei meinen ersten Frankreichfahrten - nicht mehr ganz frisch allerdings, das war vor gut dreißig Jahren - dort als zum Straßenbild gehörig nicht nur die große Zahl von Menschen, die sich aus Mülltonnen ernährten, wahrgenommen habe, sondern auch die große Zahl von Menschen mit bedeutenden Lücken im Gebiss, bis zur Zahnlosigkeit, und von Menschen mit Stahlkronen im Gebiss - was wohl zu Zeiten das billigste geeignete Material war.

Andererseits habe ich später sehr gute Erfahrungen in F gemacht, als ich auf den Trichter gekommen war, dass man zu Notdienstzeiten in F auch ohne sich weiter auszukennen die relativ bessere Behandlung bekommt: In den Ärztehäusern, die in etwa der Polyklinik der DDR entsprechen: Dass da ein akutes Abdomen durch einen Gynäkologen in Augenschein genommen wird, wie das in D durchaus vorkommen kann, kommt nicht in Frage.

Ein Letztes noch zur Frage Arbeitgeber- Arbeitnehmeranteile: Ein französisches Brutto ist schlicht nicht mit einem deutschen vergleichbar. Die Abzüge für den Arbeitnehmer halten sich in Grenzen, aber obendrauf türmt sich ein gigantischer und kaum in allen Details durchschaubarer Berg an charges patronales, von dem teilweise kaum nachvollzogen werden kann, wo er eigentlich hingeht (was z.B. den überbetrieblichen Fortbildungsfonds betrifft)…

Schöne Grüße

MM

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Hallo Martin,

vielen Dank für Deine Antwort. Das Argument mit der Krankenversicherung ist sehr einleuchtend.

Aber organisatorisch verstehe ich es immer noch nicht. Es würde doch keinen finanziellen Unterschied machen, ob ich die Medikamente direkt im Krankenhaus vom Arzt bekomme und gleich dort bezahle anstelle erst zur Apotheke gehen zu müssen, die womöglich (wie bei uns, da Wochenende) gar nicht so leicht zu finden ist und vielleicht gewisse Produkte auch nicht vorrätig hat.

In meinem Fall wurde für meine Freundin eine spezielle Schiene benötigt, die an diesem Sonntag in keiner Apotheke aufzutreiben gewesen ist. Da würde es doch Sinn machen sie gleich im Krankenhaus zu erhalten, mal davon abgesehen, dass sie dort ein fachkundiger Mensch anlegen hätte können. Sonst wäre das ja auch mir überlassen gewesen.

Wenn man das anders organisiert kostet es nicht mehr, die Hilfeleistung wäre jedoch deutlich größer. Oder wo ist mein Denkfehler?

Viele Grüße

Jerry